Kommensurabilität (Mathematik)
In der Mathematik wird der Begriff Kommensurabilität in verschiedenen Zusammenhängen verwendet, neben der klassischen Verwendung (siehe Inkommensurabilität (Mathematik)) zum Beispiel auch in Gruppentheorie und Topologie.
Klassische Verwendung des Begriffs Kommensurabilität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwei reelle Zahlen a und b heißen kommensurabel (lat. zusammen messbar), wenn sie ganzzahlige Vielfache einer geeigneten dritten reellen Zahl c sind.
Diese Bedingung ist (für ) äquivalent dazu, dass das Verhältnis von und eine rationale Zahl ist:
- .
(Außerdem ist zu jeder reellen Zahl kommensurabel.)
Zum Beispiel sind alle rationalen Zahlen zueinander kommensurabel. Die Seite eines Quadrats und die Länge seiner Diagonalen sind inkommensurabel, denn nach dem Satz des Pythagoras ist , und die Annahme, dass dies eine Bruchzahl ist, lässt sich widerlegen. Hingegen sind und zueinander kommensurabel.
Gruppentheorie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Untergruppen einer gegebenen Gruppe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sei eine gegebene Gruppe, dann heißen zwei Untergruppen zueinander kommensurabel, wenn der Durchschnitt endlichen Index sowohl in als in hat.
Zum Beispiel sind aller Untergruppen der Gruppe der ganzen Zahlen zueinander kommensurabel: alle Untergruppen von sind von der Form für geeignete , der Durchschnitt hat endlichen Index bzw. in bzw. .
Abstrakte Gruppen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwei Gruppen heißen zueinander kommensurabel, wenn es einen Isomorphismus zweier Untergruppen endlichen Indexes gibt.
Dies ist insbesondere der Fall für kommensurable Untergruppen einer gegebenen Gruppe, hier kann man und setzen.
Zwei Untergruppen einer gegebenen Gruppe, die als abstrakte Gruppen kommensurabel sind, müssen nicht unbedingt im Sinne des vorherigen Abschnitts kommensurable Untergruppen sein.
Geometrische Gruppentheorie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf endlich erzeugten Gruppen kann man mit der Wort-Metrik eine Struktur eines metrischen Raumes auf dem Cayley-Graphen definieren. Kommensurable Gruppen haben quasi-isometrische Cayley-Graphen, die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht. Es gibt aber eine Reihe von Spezialfällen, in denen auch die Umkehrung gilt. Zum Beispiel ist eine Gruppe genau dann quasi-isometrisch zu , wenn sie (abstrakt) kommensurabel zu ist; oder sie ist quasi-isometrisch zu einer freien Gruppe genau dann, wenn sie zur freien Gruppe (abstrakt) kommensurabel ist. Wenn Fundamentalgruppen zweier nicht-kompakter hyperbolischer Mannigfaltigkeiten endlichen Volumens und gleicher Dimension sind, dann sind sie quasi-isometrisch genau dann, wenn sie (als Untergruppen der Isometriegruppe des hyperbolischen Raumes) zueinander kommensurabel sind.[1] Hingegen sind alle Fundamentalgruppen kompakter hyperbolischer Mannigfaltigkeiten einer gegebenen Dimension zueinander quasi-isometrisch, sie sind aber nicht immer zueinander kommensurabel.
Topologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwei topologische Räume heißen kommensurabel, wenn es einen topologischen Raum mit endlichen Überlagerungen gibt.
Zum Beispiel sind verschiedene Linsenräume zueinander kommensurabel, weil sie alle von der Sphäre endlich überlagert werden.
Der topologische und der gruppentheoretische Kommensurabilitätsbegriff hängen wie folgt zusammen. Wenn zwei topologische Räume kommensurabel zueinander sind, dann sind ihre Fundamentalgruppen kommensurabel, denn und enthalten jeweils eine Untergruppe von endlichem Index, die zu isomorph ist.
Für Räume, die eine gemeinsame universelle Überlagerung besitzen, zum Beispiel hyperbolische Mannigfaltigkeiten einer gegebenen Dimension, gilt auch die Umkehrung: zwei solche Räume sind kommensurabel genau dann, wenn ihre Fundamentalgruppen als Untergruppen der Gruppe der Homöomorphismen von kommensurabel sind.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Luisa Paoluzzi: The notion of commensurability in group theory and geometry
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Richard Evan Schwartz: The quasi-isometry classification of rank one lattices. Inst. Hautes Études Sci. Publ. Math. No. 82 (1995), 133–168 (1996).