Digenea

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Digenea

Botulus microporus

Systematik
ohne Rang: Bilateria
ohne Rang: Urmünder (Protostomia)
Stamm: Plattwürmer (Plathelminthes)
Unterstamm: Saugwürmer (Trematoda)
Klasse: Digenea
Wissenschaftlicher Name
Digenea
Carus, 1863

Die Digenea sind eine Unterklasse der Saugwürmer (Trematoda), die zum Stamm der Plattwürmer gehören. Alle Arten dieser Unterklasse besitzen eine parasitische Lebensweise. Sie sind Endoparasiten und auf mindestens zwei Wirte angewiesen. Hiervon leitet sich der Name Digenea ab, was „zwei Generationen“ bedeutet. Diese Parasiten machen obligat einen Generations- und Wirtswechsel.[1] Zu Digenea gehört die Saugwurm-Gattung Sanguinicola („Blutwürmer“), welche die Blutwurmkrankheit (Sanguinicolose) verursachen.[2]

Sie ist möglicherweise die größte Klasse von Parasiten, die vielzelliger Tiere befallen.[3]

Adulte Individuen der Klasse Digenea haben eine für alle Plattwürmer typische, abgeplattete und längliche Form.

Morphologie des chinesischen Leberegels. Mouth=Mundöffnung, Oralsucker=Mundsaugnapf, Esophagus=Ösophagus, collecting tubule=Sammelrohr, common gonopore=gemeinsame Geschlechtsöffnung, Yolk Gland=Dotterstock, seminal vesicle=Samenbläschen, Vas deferens=Samenleiter, Oviducts=Eileiter, Shell gland=Mehlis-Drüse, Yolk duct=Dottergang, Ovary=Eierstock, Seminal receptacle=Receptaculum seminis, Testes=Hoden, Sperm duct=Samenleiter

Digenea sind meist Zwitter. Der männliche Geschlechtsapparat besteht aus den beiden Hoden (Testes), bei einigen Arten ist nur ein Hoden ausgebildet. Aus jedem Hoden entspringt ein Samenleiter (Vas deferens), der zur Geschlechtsöffnung (Genitalpore) führt. Auf dem Weg dahin durchzieht er den bei vielen Arten vorhandenen muskulösen Cirrussack und erweitert sich dort zu einem Samenbläschen. Das Endsegment bildet das männliche Begattungsorgan (Cirrus).[4] Der weibliche Geschlechtsapparat besteht aus den Eierstock (Ovarium), in dem die Geschlechtszellen gebildet werden. Zu ihnen gesellt sich der Dotterstock (Vitellarium), in dem Dotterzellen und Proteine, Lipide und Glykogen für die Schalenhaut und die Ernährung des Embryos produziert werden. Vom meist unpaaren Eierstock führt ein kurzer Eileiter (Oviduct) zum Samenbläschen (Receptaculum seminis) in dem die Spermien gespeichert werdenIn den Eileiter mündet auch der Dotterstock. Der Eileiter erweitert sich zur Ootype. Diese ist von den Zellen der Mehlis-Drüse umgeben. Ihre Funktion ist nicht abschließend geklärt, vermutlich fördert ihr Sekret die Zusammenballung der Dotterstockprodukte zur Schalenhaut. Nach der Ootype folgt der Uterus, der zur Geschlechtsöffnung (Genitalpore) führt. Beim manchen Arten ist dessen Ende durch Muskulatur verstärkt, was als Metraterm bezeichnet wird. Bei der Begattung wird das männliche Begattungsorgan (Cirrus) in den Uterus, manchmal auch in den Laurer-Kanal eingeführt. Der Laurer-Kanal ist ein bei vielen Digenea vorhandener zusätzlicher Gang, der vom Eileiter auf die rückenseitige Körperoberfläche führt und ebenfalls als Spermienspeicher fungiert.[5]

Digenea-Arten haben mehrere juvenile Stadien. Das Mirazidium hat eine Größe von bis zu 200 μm und bewimperte Epidermiszellen.[6] Im Stadium der Sporozyste hat der Körper abgerundete Enden und eine Zellschicht umgibt den Hohlraum des Körpers, in dem sich Redien bzw. Zerkarien entwickeln.[7] Redien verfügen über einen Pharynx, einen blind endenden Darm und ein Nervensystem. Zerkarien haben bereits die Organisation von Trematoden, jedoch ohne Entwicklung der Geschlechtsorgane. Sie haben einen Ruderschwanz, mit dem sie sich im Wasser fortbewegen.[8] Digenea ist die einzige Klasse, in der während der Entwicklung die Generation der Zerkarien ausbildet.[3]

Miracidium

Die Entwicklung erfolgt über mehrere Larvenstadien hinweg. Zuerst werden die Eier in wässrigen Umgebungen abgegeben, wo sie zum Mirazidium, einer frei schwimmenden Larve, heranwachsen. Die Larve dringt in Weichtier, beispielsweise Schnecke ein und reift zu einer Sporozyste mit Redien heran. Bei manchen Arten fehlt die Rediengeneration, dort bilden sich direkt Zerkarien. Die Zerkarie verlässt den Wirt und kann sich eigenständig im Wasser frei bewegen. Als zweiter Zwischenwirt wird ein Fisch oder Wirbelloser von der Zerkarie befallen; dort versetzt der Parasit sich in einen „Wartemodus“ in Form einer Metazerkarie. Sie wartet, bis dieser Zwischenwirt vom Endwirt, der immer ein Wirbeltier ist, verspeist wird. Im Endwirt angekommen ernährt sich der Wurm von diesem und ist fähig, Nachkommen zu zeugen. Dies geschieht meist durch Selbstbefruchtung, da die meisten Digenea zwittrig sind. Die Eier werden letztendlich über Ausscheidungen abgegeben, so dass ein neuer Entwicklungszyklus beginnen kann.[3][8]

Die ersten Generationen pflanzen sich hierbei asexuell durch Parthenogenese oder Knospung fort, lediglich bei der letzten Generation im Endwirt erfolgt eine geschlechtliche Fortpflanzung.[3]

Historische Forschung

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Jean de Brie war der erste, der 1379 einen Leberegel beschrieb. Laurent Garcin beschrieb 1730 mit Hirudinella marina, heute bekannt als Hirudinella ventricosa, eine Digenea-Art, die bis heute zuordenbar ist.[3]

Otto Friedrich Müller entdeckte 1773 Zerkarien. Er nahm an, dass es sich um adulte Würmer handelte und gab dieser vermeintlichen Gattung den Namen Cercaria.[3][9]

Im Jahr 1842 formulierte Japetus Steenstrup seine Hypothese zum Generationswechsel bei Würmern, die am Ende des 19. Jahrhunderts fast zeitgleich von Rudolf Leuckart und Algernon Thomas anhand des Beispiels des Großen Leberegels unabhängig voneinander beschrieben wurde. Julius Victor Carus benutzte erstmals 1863 den Namen „Digenea“ und definierte diese Gruppe so, dass bei den Tieren ein Larvenstadium in Weichtieren und sexuelle Fortpflanzung in Wirbeltieren vorliegt.[3]

Die Systematisierung auf Ebene der Unterordnungen wurde traditionell auf der Basis der Genese der Exkretionsblase vorgenommen. Danach ergaben sich zwei Überordnungen, Anepitheliocystidia mit den Ordnungen Strigeata und Echinostomida sowie Epitheliocystidia mit den Ordnungen Plagiochiata und Opisthorchiata.[1]

Die aktuell umfassendste Untersuchung zur Phylogenetik von Olson et al. teilt Digenea hingegen in zwei Ordnungen auf[10]:

  • Diplostomida Olson, Cribb, Tkach, Bray & Littlewood, 2003 - 1 Unterordnung mit 3 Überfamilien.
  • Plagiorchiida La Rue, 1957 – je nach Quelle 10[11] bis 13 Unterordnungen mit 19 Überfamilien.[12]

Die Aufteilung in drei Gruppen auf Ordnungsebene Strigeida, Echinostomida und Plagiorchiida wird durch die molekulare Phylogenetik nicht gestützt. Strigeida wird als Synonym von Diplostomida und Echinostomida als Synonym von Plagiorchiida angesehen.[12][10]

Die Digenea bestehen aus 80 Familien.

Bilharziose-Kreislauf: Zwischenwirte sind Wasserschnecken. Als Zerkarien dringen die Erreger durch die Haut in den Körper ein.
Zerkarien werden von Wasserschnecken freigesetzt und durchbohren die Haut von Säugetieren.
Lebenszyklus des chinesischen Leberegels: Nach Wasserschnecken parasitiert der Erregen in Fischen. Werden sie ungenügend gekocht oder roh verzehrt, können sie Menschen infizieren.
  • Johannes Dönges: Parasitologie. Mit besonderer Berücksichtigung humanpathogener Formen. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme, Stuttgart u. a. 1988, ISBN 3-13-579902-6.
  • H. Mehlhorn und G. Piekarski: Grundriss der Parasitenkunde. 6. Auflage. Heidelberg 2002.
  • Volker Storch, Ulrich Welsch: Kükenthal Zoologisches Praktikum. 27. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-41936-2.
Commons: Digenea – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Heinz Mehlhorn: Die Parasiten des Menschen: Erkrankungen erkennen, bekämpfen und vorbeugen. Spektrum Akademischer Verlag, 7. Auflage 2012, ISBN 978-3-8274-2270-5, S. 100–101.
  2. Rüdiger Spangenberg: Sanguinicola. In: Claus Schaefer, Torsten Schröer (Hrsg.): Das große Lexikon der Aquaristik. 2 Bände. Eugen Ulmer, Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-7497-9, S. 158 (Blutwurmkrankheit) und 869.
  3. a b c d e f g Thomas H. Cribb et al.: The Digenea. In: D. T. J. Littlewood & R. A. Bray (Hrsg.): Interrelationships of the Platyhelminthes. CRC Press, London 2001, ISBN 0-7484-0903-3, S. 168–185.
  4. Rafael Toledo: Digenetic Trematodes. Springer Nature, 2024, ISBN 978-3-031-60121-7, S. 20.
  5. Rafael Toledo: Digenetic Trematodes. Springer Nature, 2024, ISBN 978-3-031-60121-7, S. 22.
  6. Miracidium. In: Lexikon der Biologie. Spektrum Akademischer Verlag, 1999, abgerufen am 28. Januar 2023.
  7. Ernest J. Hugghins: Life History of a Strigeid Trematode, Hysteromorpha triloba (Rudolphi, 1819) Lutz, 1931. II. Sporocyst through Adult. In: Transactions of the American Microscopical Society. Band 73, Nr. 3, 1954, S. 221–236, doi:10.2307/3224061.
  8. a b Rüdiger Wehner und Walter Gehring: Zoologie. 24. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-13-367424-9, S. 717–722.
  9. Cercaria bei World Register of Marine Species (WoRMS), abgerufen am 28. Januar 2023
  10. a b c P. D. Olson, T. H. Cribb, V. V. Tkach, R. A. Bray, D. T. J. Littlewood: Phylogeny and classification of the Digenea (Platyhelminthes: Trematoda) In: International Journal for Parasitology 33, 2003, S. 733–755. (Online)
  11. Plagiorchiida bei World Register of Marine Species (WoRMS)
  12. a b Rafael Toledo, Bernard Fried: Digenetic Trematodes. Springer, 2. Auflage 2019, ISBN 978-3-030-18615-9, S. 26 und S. 30.
  13. Allen G.P. Ross, Paul B. Bartley, Adrian C. Sleigh, G. Richard Olds, Yuesheng Li: Schistosomiasis. In: New England Journal of Medicine. Band 346, Nr. 16, 18. April 2002, ISSN 0028-4793, S. 1212–1220, doi:10.1056/NEJMra012396.
  14. Dejan Micic, Aytekin Oto, Michael R. Charlton, Jean-Luc Benoit, Mark Siegler: Hiding in the Water. In: New England Journal of Medicine. Band 382, Nr. 19, 7. Mai 2020, ISSN 0028-4793, S. 1844–1849, doi:10.1056/NEJMcps1902741.
  15. Jong-Yil Chai, Bong-Kwang Jung: Foodborne intestinal flukes: A brief review of epidemiology and geographical distribution. In: Acta Tropica. Band 201, Januar 2020, S. 105210, doi:10.1016/j.actatropica.2019.105210 (elsevier.com [abgerufen am 12. Februar 2021]).
  16. Takeshi Shimazu, Hideto Kino: Metagonimus yokogawai (Trematoda: Heterophyidae): From Discovery to Designation of a Neotype. In: The Korean Journal of Parasitology. Band 53, Nr. 5, Oktober 2015, ISSN 1738-0006, S. 627–639, doi:10.3347/kjp.2015.53.5.627, PMID 26537043, PMC 4635838 (freier Volltext).
  17. Byoung-Kuk Na, Jhang Ho Pak, Sung-Jong Hong: Clonorchis sinensis and clonorchiasis. In: Acta Tropica. Band 203, März 2020, ISSN 1873-6254, S. 105309, doi:10.1016/j.actatropica.2019.105309, PMID 31862466.
  18. H. O. Dada-Adegbola, C. O. Falade, O. A. Oluwatoba, O. O. Abiodun: Gastrodiscoides hominis infection in a Nigerian-case report. In: West African Journal of Medicine. Band 23, Nr. 2, April 2004, ISSN 0189-160X, S. 185–186, doi:10.4314/wajm.v23i2.28116, PMID 15287303.
  19. Rodney A. Bray, Jean-Lou Justine: A review of the Zoogonidae (Digenea: Microphalloidea) from fishes of the waters around New Caledonia, with the description of Overstreetia cribbi n. sp. In: PeerJ. Band 2, 2014, ISSN 2167-8359, S. e292, doi:10.7717/peerj.292, PMID 24688868, PMC 3961169 (freier Volltext).
  20. T. J. Mcknight: A taxonomic study of the helminth parasites of the turtles of Lake Texoma. In: The University of Oklahoma (Hrsg.): Doctoral dissertation. 1959.
  21. David Ian Gibson, Arlene Jones, Rodney Alan Bray: Keys to the Trematoda. Wallingford, UK 2008, ISBN 0-85199-547-0, Kap. 43, S. 425.