Abraham Gesner

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Abraham Gesner

Abraham Pineo Gesner (* 2. Mai 1797 in Cornwallis Township, Nova Scotia, britische Seeprovinzen; † 29. April 1864 in Halifax, Nova Scotia) war ein nordamerikanisch-britischer Arzt, Chemiker und Geologe. Gesners Arbeiten gelten als wegbereitend für die moderne Erdölindustrie.

Herkunft und früher Werdegang

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Karte mit Verzeichnung der geologischen „Distrikte“ Nova Scotias aus Gesners erster umfassender geologischer Publikation (1836)

Abraham Gesner, dessen Vorfahren – zu denen auch der Schweizer Naturforscher Conrad Gessner gehören soll[1] – im frühen 18. Jahrhundert aus Mitteleuropa * nach Nordamerika kamen, war Sohn von Henry Gesner, dem Bruder des nordamerikanisch-britischen Politikers Abraham Gesner.[2] Henry Gesner stammte ursprünglich aus New Jersey, hatte aber im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg auf Seiten der Briten gekämpft und siedelte nach dem 1783er Frieden von Paris, wie viele andere Loyalisten, nach Nova Scotia („Neu-Schottland“) über.

Abraham Gesner Jr. genoss eine sehr einfache schulische Ausbildung, wie sie zu dieser Zeit typisch für die ländlich geprägten Regionen im östlichen Nordamerika war. Relativ kurz nach seiner Hochzeit ** studierte er ab 1825 mit finanzieller Unterstützung seines Schwiegervaters Medizin in London. *** Nach seiner Rückkehr nach Nova Scotia ließ er sich als Arzt in Parrsboro nieder. Nebenher betrieb er geologische Studien, sammelte zahlreiche Gesteins- und Mineralproben und veröffentlichte 1836 eine ausführliche Abhandlung über die Gesteinsformationen und Mineralvorkommen in Nova Scotia.[3]

* 
Zum Namen des einwandernden Vorfahren, seinem Verwandtschaftsgrad zu Abraham Gesner und seiner Herkunft sind die Angaben unterschiedlich. Laut Russell (1976) wanderte Gesners Großvater „Nicholas“ (ohne Lebensdaten) aus den Niederlanden ein,[4] laut A. T. Gesner (1912) Gesners Urgroßvater Johan Hendrick (1681–1745) aus der Pfalz („Palatinate of the Rhine“).[5] Zweitere Quelle nennt auch das Datum der Einwanderung: „10.–12. Juni 1710“.
** 
Auch hierzu existieren widersprüchliche Angaben. Laut Russell (1976) heiratete Gesner 1824,[4] laut A. T. Gesner (1912) heiratete er 1822.[6] Beim Namen seiner Frau, Harriet Webster, stimmen beide Quellen allerdings überein.
*** 
Laut Russell (1976) „scheint“ Gesner in London auch mineralogische und geologische Vorlesungen besucht zu haben und daher mit einem gesteigerten Interesse an den Geowissenschaften nach Nova Scotia zurückgekehrt zu sein.[4] Nach Murray (1993) bestand sein naturwissenschaftliches Interesse bereits vor Antritt des Medizinstudiums.[1]

Geologe in New Brunswick

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1837 arbeitete Gesner, noch in Nova Scotia wohnend, als geologischer Gutachter für ein Kohlebergbau-Unternehmen in der Seeprovinz New Brunswick („Neu-Braunschweig“). Im Zuge dessen veröffentlichte er offene Briefe an Sir John Harvey, den damaligen Vizegouverneur der Provinz, in denen er, zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung New Brunswicks, die Einrichtung eines geologischen Dienstes bzw. die Durchführung einer provinzweiten geologischen Aufnahme (engl. geological survey) forderte. 1838 genehmigte das Provinzialparlament die entsprechenden finanziellen Mittel (200 Pfund Sterling) und Gesner wurde mit der Durchführung der geologischen Aufnahme betraut.[7] Damit war er der erste behördlich angestellte Geologe sowohl einer späteren kanadischen Provinz als auch eines britischen Territoriums außerhalb des Mutterlandes.[7] Im Ergebnis der bis 1842 laufenden Aufnahme veröffentlichte Gesner fünf Berichte über die Geologie New Brunswicks[8][9][10][11][12] auf deren Grundlage auch eine relativ detaillierte geologische Karte erstellt wurde.[7]

Im Zuge der Beauftragung mit der geologischen Aufnahme war Gesner nach Saint John umgezogen.[6] Dort eröffnete er 1842 in seinem Wohnhaus das nach ihm benannte Gesner Museum. Es war eines der ersten öffentlichen Museen im zukünftigen Kanada. Ausgestellt wurde dort die von Gesner und seinen Angestellten privat in Nova Scotia bzw. während der Aufnahme in New Brunswick zusammengetragene geologisch-mineralogische Sammlung. Diese ging später an eine Art Genossenschaft über, die die Sammlung in einem Neubau in Saint John, dem Mechanics’ Institute, für die Öffentlichkeit zugänglich verwahrte und sie auch erweiterte. Schließlich ging sie an die Natural History Society of New Brunswick über und bildete einen Teil des Grundstockes der Sammlung des 1929 gegründeten New Brunswick Museums.[7][13]

Ebenfalls im Jahr 1842 begleitete Gesner den berühmten schottischen Geologen Charles Lyell an die Kliffküste der damals so genannten „South Joggins“ an der Bay of Fundy, heute eine sehr berühmte Fossilfundstelle und Weltnaturerbe.[14]

Beitrag zur Petrochemie

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Im Rahmen seiner geologischen Studien entwickelte Gesner 1846 ein Verfahren, mit dem ein relativ leicht entzündliches Mineralöl aus Ölschiefer gewonnen werden kann. Dieses Mineralöl nannte er Kerosin (sehr ähnlich, aber nicht 100 % identisch mit dem heute so bezeichneten Flugzeugtreibstoff), wobei es in Großbritannien später Paraffine oil, und im deutschen Sprachraum Petroleum („Steinöl“) genannt wurde. Petroleum verbrannte rußärmer und war billiger als das in Lampen damals allgemein benutzte Wal- oder Pflanzenöl.

1850 gründete Gesner die „Kerosene Gaslight Company“, die in Halifax Straßenbeleuchtungen errichtete und bald darauf auch in vielen anderen Orten des späteren Kanadas. 1854 expandierte die Firma in die USA und hatte dort in Long Island (New York) unter dem Namen „North American Kerosene Gas Light Company“ ihre erste Niederlassung. Am 27. Juni 1854 erhielt er auf seine Erfindung des Kerosins die US-Patente 11.203, 11.204 und 11.205.[4]

Durch den gewachsenen Bedarf an Kerosin sah es kurzzeitig so aus, als ob die Firma den Bedarf nicht mehr decken könnte. Erst durch die Entdeckung des Erdöls, aus dem ebenfalls Kerosin hergestellt werden kann, konnte der Bedarf weiterhin gedeckt werden.

1861 brachte Gesner eine Publikation mit dem Namen „A Practical Treatise on Coal, Petroleum and Other Distilled Oils“ heraus, diese wurde das Referenzwerk für die Mineralölgewinnung und -verarbeitung. Schließlich wurde Gesners Firma vom heute noch bestehenden Konzern Standard Oil aufgekauft und Gesner ging zurück nach Halifax, wo er an der Dalhousie University Professor für Naturgeschichte wurde.

Die kanadische Regierung, vertreten durch den für das Historic Sites and Monuments Board of Canada zuständigen Minister, ehrte Gesner am 7. Juni 1954 für sein Wirken und erklärte ihn zu einer „Person von nationaler historischer Bedeutung“.[15]

  • Gedenkstätte auf dem Camp Hill Friedhof in Halifax, 1933 errichtet von der „Imperial Oil Ltd.“, einer Tochtergesellschaft der Standard Oil
  • Kanadische Sonderbriefmarke mit seinem Porträt (2000)
  • Kendall Beaton: Dr. Gesner’s kerosene: The start of American oil refining. The Business History Review. Bd. 29, Nr. 1, 1955, S. 28–53, doi:10.2307/3111597 (alternativ: JSTOR:3111597)
  • Anthon Temple Gesner: The Gesner Family of New York and Nova Scotia. Middletown (CT), 1912 (archive.org)
  • Rainer Hempel: Abraham Gesner: Father of the petroleum industry. S. 129–138 in: Lothar Zimmermann, Hartmut Froeschle, Myka Burkein (Hrsg.): German Canadian Yearbook, Bd. 17. Historical Society of Mecklenburg, Upper Canada, Toronto 2002 ISSN 0316-8603
  • T. J. Murray: Dr Abraham Gesner: the father of the petroleum industry. Journal of the Royal Society of Medicine. Bd. 86, Nr. 1, 1993, S. 43–44, PMC 1293824 (freier Volltext)
  • Loris S. Russell: Gesner, Abraham. In: Dictionary of Canadian Biography, Bd. 9. University of Toronto/Université Laval, 1976 (HTML-Version)
Commons: Abraham Pineo Gesner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Murray: Dr Abraham Gesner: the father of the petroleum industry. J. R. Soc. Med. 86, 1993 (siehe Literatur)
  2. Abraham Gesner (1756–1851). Private Genealogie-Webseite von Doug Sinclair.
  3. Abraham Gesner: Remarks on the geology and mineralogy of Nova Scotia. Halifax 1836 (archive.org)
  4. a b c d Russell: Gesner, Abraham. Dict. Can. Biogr. 9, 1976 (siehe Literatur)
  5. A. T. Gesner: The Gesner Family of New York and Nova Scotia. 1912 (siehe Literatur), S. 7
  6. a b A. T. Gesner: The Gesner Family of New York and Nova Scotia. 1912 (siehe Literatur), S. 11–14
  7. a b c d Randall F. Miller, Diane N. Buhay, Michelle Hébert: Specimen Collections from Abraham Gesner’s Geological Survey of New Brunswick (1838 to 1842). Atlantic Geology. Bd. 48, 2012, S. 86–96, doi:10.4138/atlgeol.2012.005
  8. Abraham Gesner: First report on the geological survey of the province of New-Brunswick. Saint John (NB) 1839 (HathiTrust)
  9. Abraham Gesner: Second report on the geological survey of the province of New-Brunswick. Saint John (NB) 1840 (HathiTrust)
  10. Abraham Gesner: Third report on the geological survey of the province of New-Brunswick. Saint John (NB) 1841 (HathiTrust)
  11. Abraham Gesner: Fourth report on the geological survey of the province of New-Brunswick. Saint John (NB) 1842 (HathiTrust)
  12. Abraham Gesner: Report on the geological survey of the province of New-Brunswick, with a topographical account of the public lands, and the districts explored in 1842. Saint John (NB) 1843 (HathiTrust)
  13. George Frederic Matthew: Abraham Gesner – a review of his scientific work. Bulletin of the Natural History Society of New Brunswick. Bd. 15, 1897, S. 3–48 (BHL), S. 47 f.
  14. J. H. Calder: ‘Coal Age Galapagos’: Joggins and the Lions of Nineteenth Century Geology. Atlantic Geology, Bd. 42, Nr. 1, 2006, S. 37–51, doi:10.4138/2155
  15. Gesner, Abraham - National Historic Person. In: Directory of Federal Heritage Designations. Parks Canada/Parcs Canada, abgerufen am 22. Juli 2022 (englisch).