Max Emden

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Max James Emden, ca. 1928

Max James Emden (* 28. Oktober 1874 in Hamburg; † 26. Juni 1940 in Muralto, Kanton Tessin, Schweiz) war ein deutscher Chemiker, Großkaufmann, Kunstsammler und seit 1927 Eigentümer der Isole di Brissago im Lago Maggiore.

Leben

Familie und Jugend

Villa Emden, Brissago-Inseln, Schweiz

Max Emden war der Spross einer alteingesessenen jüdischen Hamburger Kaufmannsfamilie, Sohn von Jakob Emden und dessen Ehefrau Mathilde, einer geborenen Kann. Die Familie Emden war seit dem 18. Jahrhundert in Hamburg nachweislich ansässig, wobei die Emdens, wie der Name andeutet, ursprünglich aus Emden stammten.[1] Max Emden blieb nach seiner Konversion 1893 zeitlebens protestantischer Konfession.[2]

In Hamburg besuchte er „das Wilhelm-Gymnasium, an dem er am 7. September 1893 das Maturitätsexamen bestand“.[2] „Emden studierte Chemie und Mineralogie in Heidelberg, Genf, Zürich und Leipzig, wo er 1898 zum Dr. phil.“ promovierte.[3] Seine Militärpflicht erfüllte er 1896/97 beim 1. Leib-Husaren-Regiment Nr. 1 in Danzig.[2] 1910 heiratete er die am 3. November 1888 in Cerro Alegre (Valparaíso) geborene Chilenin Concordia Gertrud Hélène Anna Sternberg, genannt Anita.

M. J. Emden Söhne

Seit 1904 war Max Emden Teilhaber, später Alleininhaber des bereits 1823 in Hamburg gegründeten Textilhandelsunternehmens M. J. Emden Söhne, das er innerhalb weniger Jahre zu einem international agierenden Handelsunternehmen und Warenhauskonzern ausbaute. Emden erwarb dazu Grundstücke in den Zentren deutscher und ausländischer Großstädte, so unter anderem in Berlin, Potsdam, Chemnitz (Hansa-Haus von Hans und Oskar Gerson), Plauen, Stockholm, München und Budapest. Das Unternehmen war beteiligt beziehungsweise betrieb bekannte Kaufhäuser wie etwa das KaDeWe in Berlin gemeinsam mit dem Hauptgesellschafter Adolf Jandorf, das Corvin-Warenhaus in Budapest, das Allas-Warenhaus in Stockholm, das Kaufhaus Oberpollinger in München, das Kaufhaus Poetsch in Hamburg und das Kaufhaus Petersen in Wandsbek.

Villa Sechslinden

1906 ließ sich Max Emden von dem Hamburger Architekten Wilhelm Fränkel in Klein Flottbek ein Landhaus für 200.000 Mark errichten.[4][5] Heute befindet sich auf dem 26.000 m² großen Grundstück die Privatschule Jenisch-Gymnasium.[6]

Verkauf, Umzug auf die Isole di Brissago im Lago Maggiore, Verfolgung in Deutschland

Der international mit Merceriewaren erfolgreiche Unternehmer und Doktor der Philosophie verkaufte im Alter von knapp 50 Jahren den Großteil seiner Unternehmensbesitzungen an den Warenhaus-Konzern Karstadt (und andere) und zog sich danach mehr und mehr von seinen kaufmännischen Aktivitäten zurück. Das Hamburger Unternehmen widmete sich fortan noch der Verwaltung des nach wie vor umfangreichen Grundbesitzes, zudem behielt Emden die ausländischen Warenhäuser in seinem Besitz.

Er war in Ascona als Gast von Eduard von der Heydt auf dem Monte Verità. 1927 erwarb er, zunächst gemeinsam mit dem Violinisten Bronisław Huberman, der sich aber bald zurückzog, die Isole di Brissago im Lago Maggiore der schwer verschuldeten Inselbesitzerin Antoinette de Saint Léger. Er ließ die Gärten erneuern, die bestehenden Bauwerke im Wesentlichen abtragen und durch den Berliner Architekten Alfred Breslauer eine schlossartige Villa im klassizistischen Stil errichten. Das 33 Meter lange Römische Bad wurde durch Emden mit der Statue Die Badende des Bildhauers Georg Wrba versehen. Der heutige botanische Garten dort ist im Wesentlichen sein Werk. Aus der Zeit von Emden stammt der weibliche Akt des Bildhauers Werner Müller. Die Javanerin des Bildhauers Remo Rossi kam 1950 hinzu.

Arbeitszimmer Max Emden, Villa Emden, Brissago-Inseln, Schweiz

1931 kam es zu einer größeren Auktion aus der „Sammlung Dr. Max Emden“: Gemälde deutscher und französischer Meister des 19. Jahrhunderts, Möbel, Teppiche, Bronzen, deutsches Silber, Fayencen. Die Versteigerung war am Dienstag, den 9. Juni 1931 (Katalog Nr. 13) – Berlin, 1931.[7] Die Erlöse aus dieser Auktion wurden im gleichen Jahr in der Weltkunst veröffentlicht.[8]

Wegen seiner jüdischen Herkunft in Deutschland verfolgt, lebte der Millionär ab 1933 vorwiegend auf seinem Besitz im Kanton Tessin und umgab sich mit Frauen und Teilen seiner aus Deutschland geretteten Kunstsammlung. Was Emdens Kunstverständnis anbetraf, so vertrat er die Auffassung, „das Leben als solches“ sei „eine Kunst“.[9] 1930 weigerte sich die russische Malerin Baronin Marianne von Werefkin, die damals in Ascona lebte, trotz Armut ihm über seinen Mittelsmann ein Bild zu verkaufen, um zu zeigen „es gäbe noch Künstler, die ihr eigenes Werk achten, aber nicht wie hungrige Hunde jedem Bissen nachspringen, […] Emden meint, dass man alles kaufen kann, er verachtet die Menschen und die Künstler, weil sie um ihn wie hungrige Hunde lagern. […] besser, bettle ich bei eben solch armen Kerlen, wie ich es bin.“[10]

Emden war leidenschaftlicher Golf- und Polospieler. So „verdankt Ascona die Schaffung seiner schönen Golfanlage“ seiner und von der Heydts Hilfe.[11] In Hamburg-Rissen finanzierte er 1928 „mit einer großzügigen Spende“ das Clubhaus des Hamburger Golf-Clubs.[12] Emden war bis in die 1930er Jahre Eigentümer des Geländes des Hamburger Polo Clubs in Klein Flottbek, das er 1935 für den geringen Preis von 200.000 RM an die Stadt Altona verkaufen musste.[13]

1934 erwarb er das Bürgerrecht der den Brissago-Inseln benachbarten Gemeinde Ronco. Er erhielt Besuch von zahlreichen Prominenten, wie dem Aga Khan, dem König von Siam und Erich Maria Remarque.

Sammlungsverkäufe und Restitution an die Erben

Bernardo Bellotto, Der Zwingergraben in Dresden

Aufgrund wirtschaftlicher Not, ausgelöst durch die gegen sein Vermögen in Deutschland gerichteten Maßnahmen, Zwangsverkäufe und „Arisierungen“ von Grundstücken und Betriebsteilen, begann Emden ab 1938 mit dem Verkauf seiner in die Schweiz verbrachten Kunstwerke, darunter zwei Gemälde des Venezianers Bernardo Bellotto, die in die Sammlung Adolf Hitlers gelangten und sich lange im Besitz der Bundesrepublik Deutschland befanden bis sie erst 2019 auf Empfehlung der „Beratenden Kommission" an die Nachkommen Emdens restituiert wurden. Hierzu gehört das Bild Der Zwingergraben in Dresden.[14][13]

Das Erbe Max Emdens

Alleinerbe des väterlichen Vermögens nach dem plötzlichen Tod Max Emdens im Juni des Jahres 1940 wurde dessen einziger Sohn Hans Erich Emden. Zum Erbe gehörte die Inselgruppe der Isole di Brissago im Lago Maggiore, die ab 1941 verwaiste und verwilderte, als Emdens Sohn, der zuvor als Jude aus Deutschland ausgebürgert worden war, schließlich die Emigration nach Chile gelang. Hans Erich Emden ließ in diesem Zusammenhang offenbar mehrere berühmte Gemälde, u. a. den Blumengarten in Arles von Van Gogh, sowie von Renoir, Monet und anderen in der Obhut Schweizer Kunsthändler zurück, die die Kunstwerke unter ungeklärten Umständen an verschiedene Sammler, darunter an den deutsch-schweizerischen Waffenfabrikanten Emil Georg Bührle, verkauften.

Hans Erich Emden musste die Inseln nach dem Krieg aufgeben und verkaufte sie 1949 für rund 600.000 Franken an den Kanton Tessin und die umliegenden Gemeinden. Der Kanton machte die Inseln 1950 öffentlich zugänglich. Der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer war in den 1950er Jahren auf den Inseln und empfand die Aussicht auf Ascona als „eine der schönsten Europas“.

Ehrung

Am 18. Juli 2014 wurde ein Weg entlang des Botanischen Gartens in Hamburg-Klein Flottbek nach Max Emden benannt.[3][15] Der Wanderweg verläuft zwischen Hemmingstedter Weg und Hesten, zwischen Botanischem Garten und Poloplatz.[16] Der Antrag zur Benennung des Wegs enthielt die Begründung: „Der Weg führt mitten durch den ehemaligen Besitz Max Emdens, den er 1935 ‚freiwillig‘ der Stadt Hamburg verkauft hat.“[16] Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Altona gab dem Antrag unter dem Hinweis, dass Max Emden seinen Besitz „1935 für einen geringen Preis an die Stadt Altona verkaufen musste“, statt.[17]

Publikationen

  • Über die Reduktionsprodukte der Phenylglyoxyldicarbonsäure. Inaugural-Dissertation der Hohen Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig zur Erlangung der Doktorwürde. Druck von Metzger & Wittig, Leipzig 1898 (nicht im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek enthalten).
  • Hamburger Baukunst. Hamburg, November 1909 (nicht im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek enthalten). (Digitalisat Universitätsbibliothek Hamburg)
  • Der natürliche Arbeitstag : eine Rechenaufgabe. (Digitalisat Universitätsbibliothek Hamburg)

Filme

Am 10. April 2019 war in Hamburg Premiere des Dokumentarfilms Auch Leben ist eine Kunst – Der Fall Max Emden. Der Film arbeitet die Geschichte über Max Emden auf und schildert den aufwändigen Kampf der Erben um Restitution und Gerechtigkeit gegenüber den Behörden und privaten Kunstsammlern. Zahlreiche Experten äußern sich zum Thema Raubkunst und den Kunstwerken, die sich im Besitz von Max Emden befanden.[18]

Literatur

  • Ulrich Brömmling: Max Emden. Hamburger Kaufmann, Kaufhauserfinder, Ästhet und Mäzen. (Reihe: Mäzene für Wissenschaft, Neue Folge; Bd. 1). Wallstein, Göttingen 2020, ISBN 978-3-8353-3751-0.
  • Ulrike Knöfel: Für ein Opfer zu mondän. In: Der Spiegel 38, 2017; online unter dem Titel Das Schicksal des Kaufhauskönigs Emden (online).
  • Robert Landmann: Ascona – Monte Verità. Auf der Suche nach dem Paradies. Schultz, Berlin 1930; Huber, Frauenfeld 2000, ISBN 3-7193-1219-4.
  • Ulrich Luckhardt, Uwe M. Schneede: Private Schätze. Über das Sammeln von Kunst in Hamburg bis 1933. Ausstellungskatalog. Hamburg 2001.
  • Giuseppe Mondada: Die Brissago-Inseln in Vergangenheit und Gegenwart. Dadò, Brissago 1975.
  • Eberhard Mros: Die Brissago-Inseln und ihre Umgebung im launischen Spiel der Zeiten. E. Mros, Ascona 2011, ISBN 978-3-9523402-1-9.
  • Curt Riess: Ascona. Geschichte des seltsamsten Dorfes der Welt. Europa Verlag, Zürich 1964.
  • Birgit Schwarz: Hitlers Museum. Böhlau, Wien 2004, ISBN 3-205-77054-4.
  • Michael Sontheimer, Andreas Wassermann: Moral und Millionen. In: Der Spiegel. Nr. 45, 2006 (online – über die Kunstsammlung Emden).
  • Carlo Speziali: 1885 – 1950 – 1985. Le isole di Brissago. Brissago 1985, speziell S. 48 ff.
  • Francesco Welti: Der Kaufhaus-König und die Schöne im Tessin. Max Emden und die Brissago-Inseln. Huber, Frauenfeld 2010, ISBN 978-3-7193-1551-1.
  • Ursula von Wiese: Vogel Phönix. Stationen meines Lebens. Klio, Bern 1994, ISBN 3-906635-02-3. (Autobiographie).
  • Die Sammlung Dr. Max Emden. Auktion bei Ball-Graupe, Berlin, 9. Juni 1931 (Auktionskatalog); Universität Heidelberg (Digitalisat).
Commons: Max Emden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Brömmling, Ulrich: Max Emden. Hamburger Kaufmann, Kaufhauserfinder, Ästhet und Mäzen. Mäzene für Wissenschaft, Neue Folge, Band 1, Göttingen 2020, S. 18
  2. a b c Lebenslauf des Verfassers in: Über die Reduktionsprodukte der Phenylglyoxyldicarbonsäure. (Inaugural-Dissertation der Hohen Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig, vorgelegt von Max Emden, Hamburg). Metzger & Wittig, Leipzig 1898.
  3. a b Der Heimatbote, 63. Jg., 2014, Nr. 11 (November 2014), Soeth-Verlag, Glinde. (Online)
  4. Architekten- und Ingenieur-Verein zu Hamburg (Hrsg.): Hamburg und seine Bauten unter Berücksichtigung der Nachbarstädte Altona und Wandsbek. Hamburg 1914, Bd. 1, S. 540.
  5. Die Kunstwelt, deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst, 2. Jg. 1912/1913, Heft 8, S. 509 ff. (Digitalisat)
  6. Schulen Chronik
  7. Hermann Ball, Paul Graupe (Hrsg.): Die Sammlung Dr. Max Emden. Berlin 1931.
  8. Preisliste in Weltkunst. 5.1931, Nr. 24, S. 8.
  9. Curt Riess: Ascona. Geschichte des seltsamsten Dorfes der Welt. Zürich 1964, S. 97.
  10. Bernd Fäthke: Marianne Werefkin. München 2001, S. 234 f. („Nun haben wir eine ‚Bären-Ausstellung’ und um ein Bild von mir einen Riesen Scandal weil meine Bilder mit Liebe und Respect gekauft werden müssen aber nicht nur weil man Geld hat. Emden, der Inselkönig, hat gehört, dass es mir pekuniär sehr schlimm ginge, was auch wahr ist und er, der sich nie bemüht hat, sich um die Ascona-Künstler zu kümmern, nie eine ‚Bären-Ausstellung’ besucht hat, nie bei mir gewesen ist, beauftragte seinen Hofnarr wie er ihn nennt – eins meiner Bilder zu kaufen. Ich war so wütend, so empört – es war vor dem ‚Verbano’ bei vollem Nachmittagsbetrieb – dass ich eine Rede hielt und sagte, ich wollte zeigen, es gäbe noch Künstler, die ihr eigenes Werk achten, aber nicht wie hungrige Hunde jedem Bissen nachspringen, aus welcher Hand er auch sei, und ob ein Fußtritt dazu gehöre oder nicht […] Emden meint, dass man alles kaufen kann, er verachtet die Menschen und die Künstler, weil sie um ihn wie hungrige Hunde lagern. Ich mit meiner Kunst kann das nicht machen – besser, tausendmal besser, bettle ich bei eben solch armen Kerlen, wie ich es bin.“)
  11. Robert Landmann: Ascona, Monte Verità. Auf der Suche nach dem Paradies. Zürich/Köln 1973, S. 221.
  12. 100 Jahre Hamburger Golf-Club: Eine Biografie in Kürze. Hamburger Golf-Club e. V., abgerufen am 2. Februar 2017.
  13. a b Kunstverwaltung des Bundes
  14. Ulrike Knöfel, DER SPIEGEL: Nazi-Deutschland: Das Schicksal des Kaufhauskönigs Emden. In: Spiegel. Archiviert vom Original; abgerufen am 26. Februar 2021.
  15. Eingabe
  16. a b Anlage zur Eingabe von Herrn Dr. Winkelmann an den Hauptausschuss der Bezirksversammlung Altona vom 9. August 2012 (online)
  17. Drucksache. Abgerufen am 20. September 2017.
  18. Im Rahmen der Sternstunde Kunst strahlte SRF 1 erstmals am 22. November 2020 die Dokumentation Max Emden und der lange Arm der Nazis aus, die inhaltlich mit dem Film von André Schäfer und Eva Gerberding übereinzustimmen scheint.