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RE:Schwein

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Tierart
Band II A,1 (1921) S. 801815
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Schwein.

Namen.

1. Griech. ὗς (σῦς), lat. sus, ai. sūkara ‚wilder Eber‘, av. , alb. ϑi, ahd. , aisl. syr. – lat. suīnus vom S., got. swein, ahd. ags. swīn, engl. swine, altnord. swin, altsl. svinija, Schwein, griech. ὕινος vom S. Der Name des S. bezieht sich nach den einen Erklärern auf seine Fruchtbarkeit, nach anderen auf seine Vorliebe für Morast und Schmutz, oder er soll bloß schallnachahmend sein. – 2. porcus, Demin. porculus, porcellus (porcus von Varro l. l. V 97 und r. r. II 417 auf griechischen Ursprung zurückgeführt), umbr. purka, lit. pàrszas, altslov. prase, altir. orc, althd. farah, fark, angels. fearh, engl. farrow, ndl. varken S., mhd. varch, dazu Demin. vērkel, vērchel Ferkel. Von porcus sind die romanischen Wörter abgeleitet: ital. porco, sard. porcu, rum. porc (poarca Name eines Kinderspiels), prov., franz. porc, span. [802] puerco, puerca, ptg. porco, porca. – 3. χοῖρος ‚Ferkel‘, skr. ghrshvis, altn. grīs; vom S. χοίρειος, χοίρινος, τὸ χοιρίδιον, χοιρίον, ὁ χοιρίσκος. – 4. δέλφαξ, dem. δελφακίνη, δελφάκιον ‚junges S.‘ – 5. aper ‚Eber‘, althd. ebur, mhd. eber, angels. eofer (aus Eoferwîc ‚Eberstadt‘ engl. York), altbulg. vēpri. Die Reihe schließt sich an vorgerm. eprús an. Aus aper haben sich die romanischen Wörter gebildet; sardisch abru, mittelsard. porcabru, nordsard. polcabru. – 6. scrōfa ‚Mutter.S., Sau‘ (Demin. scrofula ‚Halbdrüse‘), ital. scrofa, venez. scrova, rum. scroafa, scroerfa. – 7. verres ‚Eber‘, ai. vŕšah ‚Stier‘, vŕšan ‚Männchen, Mann, Hengst‘, ital. verre, -o, sard. berre, piem. bero ‚Widder‘, rum. vier, cat. verro. – Dialektische Namen sind: πτέλας, σύβρος Eber, μαρίς S., μολόβριον, κολύβιον Wildferkel. Prellwitz² E. W. d. gr. Spr. Walde² Lat.-et. W. Kluge Et. W. Körting Lat.-rom. W.

Abstammung und Entwicklung

des S. Von den zahlreichen Wild-S.-Arten kommen als Stammformen für das Haus.-S. der alten Kulturwelt nur zwei in Betracht: 1. Sus scrofa ferus, das gemeine Wild.-S. (Schwarzwild), das noch heute im mittleren und südlichen Europa, am Nordrand Afrikas von Algier bis Ägypten, sowie in ganz West- und Mittelasien auftritt. Die Frischlinge sind gestreift (Livree), die alten Sauen dunkelbraun bis schwarz gefärbt. 2. Sus vittatus, ein in Ostasien heimisches Wild-S., das seinen Namen führt von der von der Wange bis zum Halse laufenden weißen Binde, die allein von der Livreestreifung noch übrig geblieben ist. Es findet sich noch auf den malayischen Inseln, auf Java und Sumatra. Schon in vorgeschichtlicher Zeit ist das Wild-S. Haustier geworden. Oft ist beobachtet worden, daß wilde Frischlinge sich dem Menschen rasch anschließen und zahm werden. Andererseits ist es freilich auch vorgekommen – z. B. in Sardinien und wahrscheinlich auch auf den Kykladen –, daß Haus-S. verwildert und zu wilden Stammformen wieder zurückgekehrt sind. Mit der Domestikation des S. haben sich Umwandlungen im Körperbau vollzogen, die sich als eine Folge der veränderten Lebensweise erklären, so sind die Eckzähne, die nicht mehr als Waffe gebraucht werden, kleiner geworden. Da bei dem meist an den Stall gebundenen zahmen Tier die Wühlarbeit zurücksteht, tritt eine Veränderung des Kopfes ein, dessen früher langgestreckte Form nun kürzer geworden ist. In Europa ist in der älteren Steinzeit das Haus-S. noch nicht bekannt, erst in der mittleren Steinzeit haben die Pfahlbauern der Schweiz es gezüchtet. Dies sog. Torf-S. Sus vittatus palustris ist ein Tier von mäßiger Größe mit hoher Stirn, kurzem Rüssel und meist aufrechtstehenden Ohren. Es unterscheidet sich so wesentlich von dem europäischen Wild-S. Sus scrofa ferus, daß es von diesem nicht abstammen kann, sondern eingeführt sein muß. L. Rütimeyer nimmt nun an, daß das Torf-S. aus Asien eingewandert ist, und zwar der Sus indicus-Rasse angehört, die ihrerseits durch Domestikation des ostasiatischen Binde-S. Sus vittatus entstanden ist. Zur Sus indicus-Rasse sollen auch die in den Trümmern [803] von Niniveh bei Kujunshik gefundenen Knochenreste gehören, ebenso wie die Haus-S. der mittleren Dynastie Ägyptens, wie eine deutlich erkennbare Umrißzeichnung eines gemästeten ägyptischen S. mit kurzen stehenden Ohren zeigt. Die Bekanntschaft mit dem Torf-S. mag nun die Pfahlbauern angeregt haben, ihrerseits auch das einheimische Wild-S. Sus scrofa ferus zu zähmen. Das nun auftretende europäische Land-S. unterscheidet sich in der Tat von dem Wild-S. nur durch unwesentliche, mit der Domestikation zusammenhängende Merkmale. Durch Kreuzung dieses europäischen Land-S. mit dem Torf-S. wird schon in jener alten Zeit asiatisches Blut in das erstere gekommen sein, doch herrschte das europäische Blut bei weitem vor. In der Neuzeit jedoch hat das asiatische Blut infolge umfangreicher Einführung chinesischer S. – schon 1740 traf Linné diese in Schweden an – in den Kulturrassen Europas die Oberhand gewonnen. In den englischen Rassen ist das europäische Blut heute fast vollständig verdrängt worden (C. Keller Naturgesch. der Haustiere 1905).

In ganz Asien war das S. in vorgeschichtlicher Zeit verbreitet. Zumal in China, wo der blühende Gartenbau und die Reiskultur die Stallfütterung des S. begünstigte, konnte sich die S.-Zucht so vorteilhaft entwickeln, daß die anderen Haustiere, selbst das Rind, zurücktraten, zumal dieses als Ackergenosse zur menschlichen Nahrung nur selten benützt wurde. Hingegen ging schon frühzeitig die Kultur des S. in den von Semiten bewohnten heißen Ländern Mittel- und Westasiens auffallend zurück. Als Grund für diese Erscheinung muß das rituelle Verbot, vom Fleisch des S. zu essen, betrachtet werden. Nicht die Abneigung vor dem auch die unreinlichsten Dinge fressenden Tiere mag den Gesetzgeber zur Ablehnung des sonst so geschätzten Haustieres geführt haben, wohl aber die Rücksicht auf die Gesundheit des Volkes. Führt doch der Fettgenuß in heißen Gegenden leicht zu schlimmen Hautkrankheiten, ja selbst zum Aussatz. So verbot das Mosaische Gesetz (III. Mos. 11, 7) ausdrücklich den Genuß des S.-Fleisches. Daß trotz dessen in Syrien und Palästina S. gehalten und verspeist wurden, geht aus Jes. 65, 4 und 66, 3. 17, sowie aus der Erzählung von den Sauherden der Gadarener (Matth. VIII 30–32[WS 1]) hervor. Wenn auch die Massen des Volkes immer wieder die Neigung zeigten, S.-Fleisch zu essen, so blieb doch den gesetzestreuen Männern das S. ein verabscheuungswürdiges Tier. Sie erlitten den qualvollsten Martertod lieber, als daß sie sich bereden ließen, von dem nach griechischer Sitte dargebrachten S.-Opfer zu essen (II. Makk. 6 u. 7). In dem mit Syrien verbundenen Ägypten wurde das S. auch als unrein angesehen. Hieraus erklärt sich, daß so wenige Abbildungen von S. auf ägyptischen Denkmälern zu finden sind. Daß jedoch S.-Herden auch in Ägypten gehalten sind, zeigt einmal die Bemerkung Herodots (II 14), daß in Ägypten S. zum Eintreten der Saat verwandt wurden, sodann auch, daß die S.-Hirten dort zu einer verachteten Kaste gehörten und keinen Tempel betreten durften. Die Seele des Gottlosen sollte in ein S. übergehen, das als Symbol des bösen Gottes Seth betrachtet wurde (bei [804] O. Keller zwei Abbildungen ägyptischer Wandbilder von S. nach Wilkinson S. 393 und 394, Fig. 138 und 139). Die Abneigung gegen das S. hat Muhamed übernommen, so kommt es, daß es bis zum heutigen Tage in den Ländern des Islams nicht gezüchtet wird.

Das S. bei den Griechen und Römern.

In den Urwäldern mit reicher Eichen-, Buchen- und Kastanienmast gedieh das Wild-S. in so großen Mengen, daß es oft in die an die Wälder angrenzenden Felder einbrach und die kärglichen Pflanzungen der Urbewohner vernichtete. Die Furcht vor der zerstörenden Kraft des Wild-S. findet in verschiedenen, häufig gewandelten Sagen des Altertums ihren Niederschlag, in denen hervorragende Helden die bedrängten Landleute von der Plage des Flurenschädigers befreien. So feierte man Theseus als den Bezwinger der die Umgegend von Krommyon verheerenden Wildsau Thaia, Herakles, der den erymanthischen Eber lebendig fing, Meleager, der den kalydonischen Eber erlegte. Jagdtrophäen eines altgriechischen Helden sind die dreißig Eberzähne, die Schliemann in einem Grabe zu Mykenai aufgefunden hat. Aus alter Zeit mag sich die Sitte griechischer und römischer Krieger herleiten, Helm, Schild und Wehrgehänge mit der Figur des als Kampfgegner nicht zu unterschätzenden Ebers zu schmücken (das Wehrgehänge des Herakles Hom. Od. VI 611, die Hauer des Wild-S. als Verzierung des Helms Il. X 263). Das Vorkommen des Wild-S. im Altertum wird bezeugt in Aetolien (Il. IX 538f.), am Parnass (Od. XIX 394), auf dem Isthmus (Paus. I 27, 9), am arkadisch-elischen Grenzgebirge (Xen. an. V 3, 10), am arkadischen Erymanthos und dem lakonischen Taygetos (Od. VI 103f.), bei Phelloe und in Achaia (Paus. VII 26, 10).

Bei Homer heißt das Schwarzwild meist σῦς, mit dem Beinamen ἄγριος (Il. VIII 338. IX 539). Der Eber oder Keiler κάπριος (Il. XI 414. XII 42. XVII 282), σῦς κάπριος (Il. XI 293. XVII 281), κάπρος (Il. XI 324. XVII 725. XIX 197. 251. 254. 266), σῦς κάπρος (Il. V 783. VII 255. XVII 21; Od. κάπρος), συῶν ἐπιβήτωρ κάπρος (Il. XXIII 278, mit Bezug auf den zahmen Eber (Od. XI 131). Der Keiler heißt im Hinblick auf seine Kraft und Ausdauer ἀκάμας (Il. XVI 823), sonst χλούνης (Il. IX 539 = ὁ ἐν χλόνῃ εὐναζόμενος) in der Saat liegend, ὀλοόφρων (Il. XVII 21) verderblich, ἀγριόδους ὗς (Il. X 264) weißzahnig. Dies Beiwort auch vom zahmen S. (Od. VIII 60 und substant. Od. XIV 416). Über die Wildsau und ihre Jagd s. den Art. Jagd.

Wie ausgedehnt die S.-Zucht schon in alter Zeit war, zeigt im vierzehnten Buche der Odyssee die Schilderung der dem Eumaios unterstellten Herden. In dem mit einer Steinmauer umgebenen Hofe, den Eumaios in der Abwesenheit seines Herrn selbständig gebaut hatte, befanden sich 12 Kofen συφέοι mit je 50 weiblichen Zucht-S. θήλειαι τοκάδες. Auch für die Ferkel χοῖροι waren besondere Kofen errichtet. Die männlichen ἄρσενες zur Mast bestimmten S. wurden abgesondert gehalten. Durch die tägliche Inanspruchnahme hatte sich ihre Zahl bereits auf 360 vermindert. Am Tage befanden sich die S. auf der Weide σύες ἀγρόμενοι, am Abend kehrten sie von [805] dieser zurück und wurden in den Hof eingelassen αὐλίζεσθαι, wo sie von vier starken Hunden bewacht wurden. Weitere zwölf S.-Herden συῶν συβόσια waren auf dem Festlande untergebracht. – Außer den auf den Weideplätzen wachsenden Kräutern werden den S. als Nahrung gegeben ἄκυλος (Od. X 242), die eßbare Eichel der grünen Eiche πρῖνος (Quercus ilex L.) und βάλανος (Od. XIII 409), die Eichel der Steineiche δρῦς (Quercus robur L.). Auch die Früchte des Kornelkirschbaums καρποὶ κρανείης (Od. X 242) dienten als S.-Futter. Die drei genannten Früchte wirft Kirke den klagenden, in S. verwandelten Gefährten des Odysseus als Futter vor (Od. X 241ff.). Das von den Griechen der homerischen Zeit gezüchtete S. scheint einer spät reif werdenden Rasse angehört zu haben, da ein fünfjähriger Eber ὗς πενταέτηρος (Od. XIV 419) für den geschätzten Gast zubereitet wird, und sogar von neunjährigen Mast-S. σύαλοι ἐννέωροι (Od. X 390) die Rede ist. Die Kulturrassen der Neuzeit sind im zweiten Lebensjahre, häufig auch schon früher ausgewachsen und schlachtreif. Möglich, daß bei Angabe der Zahlen dichterische Übertreibung vorliegt. Ferkel galten als minderwertige Nahrung, mit der sich die Knechte zu begnügen hatten (Od. XIV 81). Nach dem Schlachten, das meist in Gegenwart der Gäste stattfand, weil gewöhnlich ein Opfer damit verbunden war, wurden dem Tiere die Borsten am Feuer abgesengt (Od. II 300. XIV 75), alsdann wurde es in große und kleine Stücke kunstvoll zerlegt und die Fleischteile, mit weißem Mehle bestreut, wurden am Spieße gebraten (Od. XIV 437). Der Rücken νῶτος, ῥάχις (Il. IX 208) und die Lendenstücke νώτοισι διηνεκέεσσι (Il. VII 321) wurden dem geehrtesten Gaste als die besten Stücke zugeteilt (Od. XIV 437), der dann seinerseits von ihm Bevorzugte daran teilnehmen ließ (Od. VIII 474–476). Außer dem Braten am Spieß war auch das Auslassen des Fettes κνίση im brodelnden Kessel bekannt (Il. XXI 363). Die für den Südländer auffallende Vorliebe für das Fette tritt in der häufigen Betonung dieser Eigenschaft hervor (Od. XIV 19 u. 41). Die meisten Beiwörter beziehen sich auf den Fettreichtum des Mastschweines: σίαλος ζατρεφής (Od. XIV 19), σίαλος ἁπαλοτεφής (Il. XXIII 363), ὗς μάλα πίων, σύες θαλέθοντες ἀλοιφῇ. Aus dem Fett und Blut des S. scheint auch die Füllung der großen Ziegenmagenwürste γαστέρες αἰγῶν gewesen zu sein, die auf glühenden Holzkohlen gebraten und zum Abendschmause ἐπὶ δόρπῳ verzehrt wurden (Od. XVIII 44 u. 119. XX 26). Die Herden auf Ithaka waren der Obhut des Eumaios anvertraut, des δῖος ὕφορβος (Od. XV 301), συβώτης, ὄρχαμος ἀνδρῶν (Od. XIV 22), ὑῶν ἐπίουρος (Od. XIII 405. XV 39), dem vier Unterhirten zur Seite standen (Od. XIV 25. 410). Über die Verwendung des S. und besonders des Ebers zu Opfern bei Sühnopfern, Verträgen und Eidschwüren s. u.

Das S. in geschichtlicher Zeit.

In Griechenland wie in Italien legte man der S.-Zucht eine große Wichtigkeit bei. Auch im kleinsten ländlichen Betriebe wurde als selbstverständlich vorausgesetzt, daß die im Haushalte benötigten Speckseiten von Tieren eigener Zucht stammten (Varro r. r. I 22). Kurzbeinige, starknackige, gedrungen gebaute, große, einfarbige [806] Eber (verres) mit kleinem Kopfe und langgestreckte Sauen γρομφάδες, γρομφίδες, scrofae sollten zur Zucht genommen werden. Zum Bespringen sollen die Eber ein Alter von 8 Monaten bis 3 J. haben. Die Paarung erfolgte gewöhnlich im Vorfrühling in der Zeit zwischen dem Favonius und der Frühlings-Nachtgleiche, weil alsdann die Sauen, die vier Monate tragen, im Sommer zu einer Zeit werfen, wo der Boden kräuterreich ist. Zur ersten Paarung sollen die jungen Sauen nicht vor einem Alter von 20 Monaten zugelassen werden, so daß sie beim ersten Wurf das zweite Lebensjahr vollendet haben. Die Fruchtbarkeit bleibt bis zum neunten Lebensjahre. Im Anfange der Trächtigkeit werden die Sauen in schlammige Gegenden geführt, wo sie sich im Moraste wälzen können. Vor dem Wurfe wird jede Sau in ein besonderes Abteil hara des Kofens suile gebracht, wo sie mit ihren Ferkeln porcelli bis zu deren Entwöhnung abgesondert verbleibt. Sind mehrere gleichaltrige S.-Familien auf dem Gute, so wird die Muttersau mit den ihr gehörenden Ferkeln durch ein mit flüssigem Pech aufgemaltes Zeichen kenntlich gemacht. Die Einrichtung der S.-Ställe war praktisch und der noch heute üblichen sehr ähnlich. Der Stall suile war in einzelne Abteile harae geteilt, deren Wände so hoch waren, daß eine trächtige Sau sie nicht überspringen konnte, und doch niedrig genug, um dem umhergehenden Hirten porculator jederzeit Einblick in die einzelnen Abteilungen zu gewähren und gegebenenfalls die durch die Trägheit oder Unachtsamkeit der Mutter gefährdeten Ferkel zu retten. Die an der Türe befindliche Schwelle soll so hoch sein, daß ganz kleine Ferkel, die der Mutter nachspringen wollen, sie nicht zu überschreiten vermögen. Trotzdem das Tier den Schmutz liebt, muß in seinem Stalle Sauberkeit herrschen und sein Lager trocken und reinlich sein. Sand oder anderes Streumaterial soll die Feuchtigkeit an sich ziehen. Nachdem die Sau geworfen hat, erhält sie reichlicheres Futter, damit sie ausreichend Milch besitzt. Zwei Pfund in Wasser geweichte Gerste und anderes Futter sollen ihr täglich am Morgen und Abend gereicht werden, fehlt es an anderem Futter, muß die Gerstenportion verdoppelt werden. Sobald die Saugschweinchen lactantes acht Tage alt sind, kann man sie mit der Mutter auf den S.-Hof lassen, um sich etwas zu verlaufen, doch sind sie zunächst noch an den Stall gebunden. Die abgesetzten Saug-S., die delici oder nefrendes heißen, weil, wie Varro erklärend sagt, sie noch keine Bohnen kauen (frendere), wurden in Ferkelherden, deren Beaufsichtigung Sklavenkindern oblag, in der Nähe des Gutes auf die Weide getrieben. Während bei Homer von Ferkelfleisch noch geringschätzig gesprochen wird, war es zur perikleischen Zeit in Attika eine sehr beliebte Speise. Spanferkel aß man in Athen zum Brei von Erbsen und Linsen und rühmte die Zartheit des Bratens. Ihr Preis betrug zur Zeit des Peloponnesischen Kriegs 3 Drachmen (Aristoph. Pax 373). Das Rösten verstand man in Elis am besten. Die gleiche Geschmacksänderung zeigte sich im kaiserlichen Rom, wo mit der Vorliebe für alles Weichliche auch Saugferkel als Leckerbissen in Aufnahme kamen. Demgemäß rät Columella (VII 9), alle nicht zur Zucht und zum eigenen Verbrauche [807] benötigten Ferkel möglichst schnell zu verkaufen, wenn das Landgut in der Nähe einer größeren Stadt gelegen ist. Beim Kaufe zu Zuchtzwecken mußte nach einer alten Kaufformel der Verkäufer versichern, daß die S. selbst gesund seien und aus einer gesunden Herde stammten (Varro II 4). Sauen von guter Rasse können zweimal im Jahre ferkeln und jedesmal bis 20 Junge zur Welt bringen (Plin. VIII 205), so daß die Zucht eine wichtige Einnahmequelle des Landwirts bildet. Allerdings nimmt die Fruchtbarkeit mit zunehmenden Jahren ab. Auch war der zweite, in den Winter fallende Wurf nicht gleich gut. Die Tiere waren kleiner und gediehen bei mangelnder Milch weniger. Die heranwachsenden S. wurden während der guten Jahreszeit in Herden, die aus 100 bis 150 Stück bestanden, zur Weide getrieben. Diese konnte auf bergigem Gelände und im Tale liegen. Der Natur der S. entspricht am meisten sumpfiger Waldboden, in dem sie nach Wurzeln und Knollen wühlen, Würmer und Engerlinge ausgraben, sich zu ihrem Vergnügen im Schlamme wälzen oder in seichtem Gewässer herumpatschen können. Im Sommer sind für die S. vorzugsweise Waldungen aufzusuchen, wo Eichen, Steineichen, Buchen, Kastanien, Nußbäume, wilde Ölbäume, Kornelkirschen, Erdbeerbäume, Schlehen, Holzbirnen und andere Bäume wachsen, deren zu verschiedenen Zeiten reifende Früchte die Herde fast das ganze Jahr hindurch sättigen. In sehr obstreichen Gegenden trieb man die S. auch auf mit Obstbäumen bepflanzte Wiesengründe, wo sie das Fallobst der Äpfel-, Birnen-, Pflaumen-, Nuß- und Feigenbäume aufsuchten. Da der allzu gierige Genuß unreifer Kräuter im Frühling bei den Tieren leicht Durchfall und demzufolge Abmagerung herbeiführt, so gab man ihnen morgens vor dem Verlassen des Stalles bereits zu fressen. Für die ungünstige Jahreszeit mußte ein reichlicher Vorrat an Futtermitteln gesammelt sein. Als Stallfutter dienten Eicheln, die in gemauerten Gruben aufgehoben und auf dem Boden geräuchert wurden, Gerste, Bohnen, Erbsen und andere Hülsenfrüchte, wenn sie wohlfeil zu haben waren. Von allen Tieren gewöhnen sich S. am leichtesten an jedes Futter, auch werden sie am schnellsten groß und fett, doch ist ein Wechsel des Futters für ihr Gedeihen sehr zuträglich, da die Wirkung der verschiedenen Nahrungsmittel in bezug auf Fleisch und Fettansatz verschieden ist (Aristot. hist. an. VIII 141). Nachdem sie drei Tage gehungert haben, d. h. wohl mager gefuttert worden sind, setzt die Mast ein, die bei zweckmäßiger Fütterung bereits in zwei Monaten zu gutem Erfolg führt. Das Fettwerden wird durch Ruhe und die Möglichkeit, sich im Schlamm wälzen zu können, sehr gefördert (Aristot. VII 8). Um die Mast zu beschleunigen, kastrierte man die Eber, und zwar am liebsten im Frühling oder Herbst bei abnehmendem Monde. Ein solcher Eber hieß maialis. Auch die weiblichen Tiere wurden bei den Römern bisweilen aus gleichem Grunde verschnitten. Selbst Ferkel wurden gemästet (Athen. XIV 656 f). Als Mastfutter dienten neben den genannten Eicheln Gerste und Hülsenfrüchte, Hirse, Holzbirnen und besonders Feigen. Durch die Feigenmast sollte ein eigentümlich süßlicher Geschmack der Leber erzielt [808] werden, der eine Zeitlang von der feinen Küche Roms bevorzugt wurde (Varro r. r. II 4. Col. VII 9. Plin. VIII 205–212).

Das Schlachten der S. geschah in der kalten Jahreszeit, um den Jahresbedarf durch Einsalzen und Räuchern aufbewahren zu können. S., die geschlachtet werden sollten, reichte man tags zuvor kein Trinkwasser. Das geschlachtete Tier, aus dem man die unnötigen Knochen entfernt hatte, wurde in große Stücke zerlegt, die, mit grobkörnigem Salze eingerieben, neun bis zwölf Tage lang mit Gewichten beschwert auf einem Brett liegen mußten. Vom dritten Tage ab wurde das Einreiben mit Salz täglich von neuem wiederholt, sodann wurde das Fleisch mit Süßwasser abgewaschen, an die Luft zum Trocknen und sodann in die Rauchkammer gehängt. Ein anderes, auch im Sommer anzuwendendes Verfahren war, das Fleisch in pfundgroße Stücke zu schneiden und unter beständigem Dazwischenstreuen von Salz in Dolien oder Serien zu schichten. Oben darauf wurden zur Beschwerung Steine gelegt, damit das Fleisch ständig unter der Salzlake blieb (Col. XII 53). Sollten Schinken πέρναι, κωλαί, σκελίδες, πετασῶνες (Vorderschinken), pernae, petasones, eingesalzen werden, so wurde der Beinknochen abgehackt, und die rund geschnittenen Schinken wurden in eine mit Salz ausgestreute Dolie gelegt, daß die Haut nach unten kam. Die Salzschicht zwischen den einzelnen Schinken mußte so stark sein, daß sich das Fleisch nicht berühren konnte. Nach fünf Tagen wurden die zuunterst liegenden Schinken nach oben gelegt, nach dem zwölften Tage wurden die Schinken aus der Lake herausgenommen, sorgfältig abgewischt, zwei Tage in die Luft und drei Tage in den Rauch gehängt, hierauf nochmals abgewischt, mit Öl, unter das etwas Essig gemischt war, eingerieben und in der Fleischkammer aufbewahrt (Catto r. r. 162). Die zahlreichen Wurstarten γαστέρες, ἀλλᾶντες, χορδαί, farcimina, botuli, tomacula, circelli, isicia, hillae wurden sowohl frisch gegessen, gekocht und auf dem Rost gebraten, als auch geräuchert und aufbewahrt. In den Großstädten boten Wursthändler ἀλλαντοπῶλαι, botularii heiße Würstchen auf tragbarem Roste feil. Wie die S.-Braten von altersher in Griechenland und Rom die eigentliche Festbraten waren, so erfreute sich auch später noch zur Zeit des größten Luxus das S.-Fleisch besonderer Bevorzugung. Wenn Plinius sagt, daß zu seiner Zeit die Köche verstanden hätten, S.-Fleisch auf 50 verschiedene Arten zu bereiten, so findet diese Angabe ihre Bestätigung in dem Kochbuche des Apicius, der im siebenten Abschnitte, wo er von den Leckerbissen handelt, 32 Gerichte aus den verschiedensten Teilen des S. und außerdem noch unter den Braten 22 verschiedene Zubereitungsarten für S. und gefüllte Spanferkel angibt. Das bekannteste dieser Rezepte ist ‚porcus Troianus‘, bei dem der Bauch des Tieres mit Würsten, Hühnern, Eiern und Gemüsen gefüllt wurde (s. den Art. Kochkunst). Die römische Kochkunst der Kaiserzeit zeigte neben der Vorliebe für Spanferkel und die weichlichen Innenteile des S. Geschmack an uns widerlich erscheinenden Gerichten, die aus sumen und vulva hergestellt waren. Um sich letztere in besonders zartem Zustande zu [809] verschaffen, wurden trächtige Sauen mit ausgesuchter Grausamkeit getötet, ein Verfahren, das von Plinius (VI 210) und Plutarch (de esu carn. II 1) lebhaft getadelt wird. Die Grausamkeit, ein Mast-S. durch einen plötzlich eingegebenen Trunk Met zu ersticken (Plin. VIII 209), wodurch ebenfalls ein feinerer Geschmack des Fleisches erzielt werden sollte – das Verfahren wurde auch bei Hühnern angewandt – scheint gleichfalls Anstoß erregt zu haben. Auf dem Apostelkonzile zu Jerusalem wurde den Heidenchristen aufgegeben, sich des Genusses der auf diese Art getöteten Tiere zu enthalten (Acta apost. XV 20). Auch das S.-Schmalz adeps wurde in der römischen Küche reichlich verwandt. Cato (79 u. 80) gibt zwei Rezepte an für in kochendem Schmalz gesottenes Backwerk. Zu dem bei Hochzeiten besonders üblichen Mostkuchen mustaceus wurden zwei Pfund Schmalz verwendet (s. die Art. Kochkunst und Kuchen). – Welche Folgen einzelne Landwirte durch sachgemäße Mästung der S. erzielt haben, erzählt Varro (r. r. II 4). So wurden auf dem Landgute eines gewissen Sucus die S. durchweg so fett, daß sie weder gehen noch stehen konnten. In Lusitanien, wo der Preis für ein fettes S. fünf Drachmen betrug (Polyb. XXXIV 8, 7), soll das zwei Rippen umfassende Stück Fleisch eines S. 23 Pfund gewogen und die Höhe von Speck und Fleisch auf dem Rücken einen Fuß und drei Finger betragen haben. Von einem 1000 Pfund schweren Eber erzählt auch Seneca. Märchenhaft allerdings klingt eine Erzählung, wonach eine Spitzmaus sorex sich in den Fettwanst einer Sau, die sich nicht fortbewegen konnte, eingenistet und dort Junge geworfen habe (Varro II 4). Daß fette Sauen von Ratten angenagt werden, wird auch heute noch behauptet. – In Städten wurden S. nur von gewissen Gewerbetreibenden, wie Müller und Bäcker, gehalten. Der Bedarf der Großstadt mußte, soweit die umliegenden Güter ihn nicht decken konnten, durch Einfuhr ergänzt werden. So wurde die Hauptstadt mit Magenwürsten aus Falerii ventres Falisci versorgt, aus Lukanien kamen die berühmten Lucanicae hillae (Mart. IV 46, 8. XIII 35. Apic. II 60), aus Ostia und Puteoli die ofellae (Apic. VII 265), kleine Stücke eingesalzenen Fleisches, Schinken aus Caere und dem Lande der Marser (Edikt des Diocletian IV 9). Die besten und größten Schinken wurden nach Varro (II 4, 10) aus Gallien bezogen, und zwar aus Cisalpina (Polyb. II 15. Strab. V p. 218), aus Transalpina von den Sequanern (Strab. IV p. 192) und aus Belgica (Strab. IV p. 197. Mart. XIII 54. Ed. Diocl. IV 8). Geschätzt waren auch die cerretanischen Schinken aus den Pyrenäen und die cantabrischen (Strab. III p. 162. Mart. u. Diocl. an den angeführten Stellen). Dies zeigt, wie viele Spezialitäten allein auf dem Gebiete des S.-Fleisches das Altertum bereits gekannt hat. Über die Preise des S.-Fleisches, das erheblich teurer als das Rindfleisch war, gibt das Edikt des Diocletian vom J. 301 Aufschluß. Hiernach kostete das Pfund S.-Fleisch etwa 90 Pfennige. Das Pfund vulva kostete 22 Denare, die Leber eines Feigenmast-S. und bestes Pökelfleisch hatten als Höchstpreis 16 Denare. Für menapischen, cerretanischen und marsischen Schinken war für das Pfund der Höchstpreis 20 Denare, [810] für S.-Schmalz 12 Denare. Der riesenhafte Verbrauch des S.-Fleisches nötigte den Kaiser Alexander Severus zu dem Verbote, säugende S. und Milchferkel zu schlachten. Diese Maßnahmen hatten schon nach zwei Jahren eine wesentliche Verbilligung des beliebtesten Genußmittels zur Folge. – Vom S. wurde alles verwendet: Borsten, Haut, Mist, vor allem erwiesen sich die verschiedensten Teile wertvoll für die Heilkunde. Neben dem S.-Schmalz fanden hier Hirn, Mark, Blase, Leber Verwendung (Plin. XXVIII 152. Aelian. nat. an. XVI).

Die verantwortliche Persönlichkeit für das Gedeihen der Herde war der Sauhirt, der durch die klassische Schilderung des Eumaios in der Odyssee eine dichterische Verklärung erfahren hat. Die Obliegenheiten des Hirten verteilten sich auf Wartung der Tiere im Stalle und beim Weidegang. Den Stall und die einzelnen Abteile für die Mutter-S. hat er sauber zu halten und mit Streu zu versehen, sich der trächtigen und werfenden Säue besonders anzunehmen. Ist der Wurf zu zahlreich, so entfernt er sofort einige der Neugeborenen, da die wenigsten Sauen mehr als 8 Ferkel zu ernähren vermögen. Er sorgt dafür, daß die Sauen durch reichliches Futter und nährenden Trank bei Kräften erhalten und am Verspeisen der eigenen Jungen verhindert werden. Das Auge des erfahrenen Hirten unterscheidet die einzelnen Familien auch ohne die üblichen mit Pech aufgemalten Kennzeichen. Er gewöhnt die Tiere daran, daß sie ihn kennen und dem Tone seines Hornes folgen. Den Weidegang muß er je nach dem Klima und der Jahreszeit früher oder später beginnen, die Tiere sowohl vor dem schädigenden Einfluß des Reifes am Morgen, wie vor der Hitze am Mittag schützen. Ehe er die Stalltüre öffnet, stößt er ins Horn, worauf sich die Tiere zur Entgegennahme einer Frühmahlzeit im Hofe versammeln. Alsdann führt er sie auf mehr oder weniger entfernte Weideplätze oder in Waldungen. Ein Hornsignal am Mittag läßt die umherschweifenden Tiere sich zur Rast im Schatten versammeln. Ein erneutes Hornsignal gibt das Zeichen zur Rückkehr am Abend. Bei seiner Tätigkeit wird der Hirte von wachsamen Hunden von beträchtlicher Größe unterstützt. Herden von 100 bis 150 Stück können von einem Hirten betreut werden, bei größerer Zucht war die Anstellung mehrerer Hirten, die dann einem Oberhirten unterstellt waren, erforderlich. Das Verhältnis der zu haltenden S. mußte sich nach der Zahl der Schafe richten, da die Molken der Schafmilch für die entwöhnten Ferkel besonders wichtig waren. Nach Cato 150 konnte auf zehn vorhandene Schafe ein S. gehalten werden. Eine der wichtigsten Pflichten des Hirten war die Wartung der Tiere bei Krankheiten. Diese, welche gewöhnlich im Sommer auftreten, äußern sich durch Fieber, Schwindel, Freßunlust und großen Durst. Der Hirt beugt ihrer weiteren Verbreitung durch Aderlaß und Absonderung des erkrankten Tieres von der übrigen Herde vor, auch kennt er die vielfachen erprobten Mittel, die dem kranken Tiere Erleichterung verschaffen. Um der im Sommer oft auftretenden Erkrankung ganzer Herden vorzubeugen, ist es zweckmäßig, die in den Hundstagen des Wassers dringend bedürftigen S. nicht, wie die anderen Tiere, zweimal täglich zu tränken, [811] sondern sie in der Nähe eines fließenden Wassers zu weiden (Col. VII 10). Aristoteles (hist. an. VIII 137ff.) erwähnt die Krankheiten der S., von denen er zwei mit dem Namen κραυρᾶ eine dritte als βράγχος bezeichnet. Die eine Art der κραυρᾶ sollte sich hauptsächlich in Kopfschmerzen äußern, was mit der Bemerkung Varros übereinstimmt, daß die erkrankten S. den Kopf schräg halten und an Schwindel leiden, bei der anderen Art tritt Durchfall ein. Βράγχος äußert sich in einer Entzündung des Halses, der Füße und des Ohres. Hierbei kommen brandige Stellen vor, die faul werden können. Bei frühzeitiger Entdeckung des Übels vermag der Hirte ὑοβοσκός durch Ausschneiden der entzündeten Stelle das Fortschreiten der Krankheit zu hemmen. Am βράγχος leiden die S. besonders, wenn der Sommer den weidenden Tieren überreichliche Nahrung spendet und ihr Fettwerden bereits in den heißen Monaten eintritt. Maulbeeren und öftere warme Bäder gewähren Erleichterung, ebenso wie ein Einschnitt unter der Zunge. S., die mit Finnen χάλαζαι behaftet sind, haben an den Schenkeln, den Schultern und am Halse, wo sich die meisten Finnen zeigen, schlaffes Fleisch. Ist die Zahl der Finnen gering, so nimmt das Fleisch einen süßlichen Geschmack an, ist sie groß, so schmeckt es wäßrig. Saugferkel können nicht von den Finnen befallen werden. Das Futtern mit den Körnern einer Getreideart τίφη soll mit Erfolg gegen das Übel angewendet werden.

Das S. im Kultus.

a) Griechenland.

Es erscheint selbstverständlich, daß ein Tier, das seit ältester Zeit im Haushalte der Völker des Altertums eine so wichtige Stelle einnahm wie das S., vorzugsweise den Göttern dargebracht wurde. Entspricht es doch gerade dem Begriffe des Opfers, durch Hingabe einer dem Spender wertvollen Sache, die Gunst der Himmlischen zu erringen oder ihren Zorn zu versöhnen. In homerischer Zeit werden die Götter gleichsam als Tischgäste gedacht, die sich mit an dem kräftigen Mahle erfreuen. Von den sieben Teilen, in die Eumaios das zu Ehren seines unbekannten Gastes geschlachtete und gebratene Mastschwein zerteilt hat, gibt er einen Teil den Nymphen, einen zweiten dem Hermes unter frommem Gebet, nachdem er vor dem Schlachten die Stirnborsten in die knisternde Flamme geworfen hat (Od. XIV 414–438). Fast allen Göttern wurde das S. geopfert, vornehmlich denjenigen, die mit dem Feldbau in Beziehung standen, so der Demeter (Schol. Aristoph. Ran. Ael. de nat. animal. X 16. Hygin. fab. 277) und dem Dionysos (Schol. Aristoph. Plut. 1129. Inschr. v. Kos im Journ. hell. stud. IX 335 Z. 46). Dagegen sollte Aphrodite im allgemeinen dem S. nicht hold sein (Cauer Del. inscr.² n. 435. Aristoph. Acharn. 793. Paus. II 10, 4 u. a.), doch brachte man ihr in Argos an dem Feste der Hysterien zahme S. als Opfer dar, Kallim. Hypomnem. frg. 100 h 1 bei Athen. III 95 f (vgl. die stehende Figur mit S. im linken Arm. Schliemann Tiryns 417f.). Mit diesem S.-Sühnopfer der Hysterien mag, wie Dümmler vermutet, dasjenige der Aphrodite Καστνιῆτις vom Kastnionberge bei Aspendos, das eine Kolonie der Argeier war, im Zusammenhange stehen (s. Dümmler Art. Aphrodite o. Bd. I [812] S. 2756[WS 2]). Das Dreiopfer τριττύς, τριττύα, bei dem vornehmlich ausgewachsene männliche Tiere: Stier, Widder, Eber (Od. XI 131) geweiht wurden, findet sich bei besonders feierlichen Gelegenheiten. Handelte es sich darum, größere Massen zu speisen – Opfer vereinigter Familien, Gemeinden oder des Staates – so kam das Zwölfopfer δωδεκηίς (Soph. Trach. 760, Hesych.), δωδεκᾷδες (Inschr. Bull. hell. VII 215) und das Hundertopfer Hekatombe in Betracht. Bei diesem letzteren großen Opfer wurde einerseits die Hundertzahl nicht immer eingehalten, andererseits wurden neben den teuren Rindern auch kleinere Schlachttiere, vornehmlich S. dargebracht. Hinsichtlich der Beschaffenheit der Opfertiere ist zu bemerken, daß selbstverständlich bei Speiseopfern nur fehlerfreie, gewöhnlich in schlachtreifem Alter stehende Tiere ἱερὰ τέλεια verwandt wurden. Ausnahmen wurden von den Spartanern (Plat. Alk. II p. 149A) und den Eretriern berichtet (Ael. de nat. anim. XII 34). Für Reinigungsopfer galten Ferkel als besonders geeignet. Über 19 Monate sollte nach einer Inschrift von Keos (Dittenberger Syll. 348) das Opfer-S. nicht sein. Die Opferung von Ferkeln wird oft erwähnt (Athen IV p. 139B, IV p. 172A. IX 54 p. 396X und D u. a.). Selbst saugende Tiere γαλαθηνὰ ἱερεῖα, die schon zehn Tage nach dem Wurf als τέλειοι bezeichnet wurden, konnten geopfert werden (Hes. s. τέλεια). Eine ausführliche Schilderung eines Reinigungsopfers findet sich bei Apoll. Rhod. Arg. IV 702ff. Iason und Medeia unterziehen sich nach Ermordung des Apsyrtos bei Kirke einer Reinigung. Diese letztere schlachtet ein noch saugendes Ferkel, läßt das Blut des Tieres über die Hände der Mörder fließen und wäscht die blutigen Hände unter Anrufung des Zeus Katharsios mit reinem Wasser ab. Dies Wasser und das fluchbeladene Ferkel mußten als unrein beseitigt werden. Mit Ferkelblut wurde Orest vom Muttermorde entsühnt (Aisch. Eumenid.). Durch ein Ferkelopfer τὰ περίστια wurde das athenische Volk bei Volks- und Festversammlungen gereinigt (Schol. Aristoph. Eccl. 128). Mit Ferkelblut wurden Plätze, auf denen größere Volksversammlungen stattfinden sollten, vor Beginn der Verhandlungen besprengt, weil unter der Menge ein Befleckter sein konnte (Aristoph. Ach. 43; Eccl. 128). Denselben Gebrauch bezeugt die Mysterieninschrift von Andania, nach der der Priester das Theater durch das Opfer von drei Ferkelchen (χοιρίσκους) reinigte (Dittenberger Syll. 388, 68). Solchem Reinigungsopfer unterzogen sich auch die 16 Frauen, welche die Heraien zu Olympia leiteten, und die Hellanodiken, die Kampfrichter bei den olympischen Spielen (Paus. V 16, 2ff). – Bei Sühnopfern und Opfern für die chthonischen Gottheiten, die verhältnismäßig selten vorkamen, wurde das Fleisch nicht gegessen, sondern der Vernichtung anheimgegeben. Auch wurden die Tiere nicht mit emporgehobenem Haupte geschlachtet, sondern mit niedergedrücktem Kopfe, so daß das Blut gleichsam von der Erde aufgesogen wurde. Ein eigenartiges S.-Sühnopfer brachten die Frauen Athens an den der Demeter und der Persephone geweihten Thesmophorien zu Ehren eines gewissen Eubulos dar, dessen S. beim Raub der Persephone in die sich spaltende Erde [813] versunken sein sollten. Sie versenkten in einen Schlund χάσματα, μέγαρα, ἄδυτα lebende Ferkel, deren verweste Überreste von den sog. ἀντλήτριαι, Schöpfweibern, später wieder hervorgeholt und dann auf das Saatfeld zur fruchtbringenden Düngung gebracht wurden (Schol. Luk. dial. mer. II 1, 9). – Bekannt ist das älteste Eidopfer (Hom. Il. XIX 256ff.): Agamemnon schneidet bei seinem dem Achilleus geleisteten Eidschwur zuerst die Stirnborsten des Ebers ab, den Talthybios ihm zuführt. Unter Anrufung des Zeus, der Gaia, des Helios und der Erinyen legt er den Eid ab, indem er der Götter Fluch auf sich herabruft, falls er nicht die volle Wahrheit gesagt hätte. Dann zerschneidet er die Kehle des Opfertieres, das Talthybios in das Meer schleudert den Fischen zum Fraß. – Bei der Statue des Zeus Horkios mußten in Olympia die Agonisten, ebenso wie ihre Väter, Brüder und Lehrer der Gymnastik, bei dem Opfer eines Ebers schwören, daß sie keine unlautere Handlung, keinen Frevel gegen die Gesetze des Agon begehen wollten (Paus. V 24, 9). Ebenso schworen die, welche die Agonisten zu untersuchen hatten, daß sie nach Recht und Gerechtigkeit urteilen wollten (Paus. V 24, 10). An den Namen eines kleinen Ortes in Messenien Κάπρου σῆμα bei Stenykleros knüpfte sich die Sage, daß Herakles über einem geopferten Eber den Söhnen des Neleus einen Eid geschworen und von ihnen entgegengenommen habe (Paus. IV 15, 8). (Stengel Die griech. Sakralaltertümer, Hdb. 1890).

b) Rom.

Schon Varro (II 4) macht unter Hinweis auf alte Erntesitten und Hochzeitsgebräuche der Könige darauf aufmerksam, daß das S. das erste Opfertier wie im alten Griechenland, so auch in Latium gewesen sein müsse. Zu allen Reinigungs- und Sühnopfern konnte das S. verwendet und demgemäß den verschiedensten Gottheiten dargebracht werden. Naturgemäß kamen die alten Ackergottheiten in erster Linie in Betracht. Bevor die Ernte eingebracht wurde, opferte auf jedem Bauernhofe der Landmann ihnen und besonders der Ceres ein weibliches S., die porca praecidanea, nachdem er zuvor durch die Darbietung von Opferkuchen strues, fertum die Gunst des Ianus und des Iuppiter angerufen hatte (Cato 134, vgl. Fest. p. 218a, 17. Gell. IV 6, 7). Da die Toten bei den Mächten der Unterwelt weilen, deren Gunst zur Erlangung einer guten Ernte durch dies Opfer gewonnen werden sollte, so brachte man die porca praecidanea auch bei der Bestattung verstorbener Familienglieder als Sühnopfer für etwaige Versäumnisse dar, durch welche die unterirdischen Gottheiten bei der Totenfeier verletzt waren (Varro de vit. P. R. 3 frg. 18b. Non. 163, 21). An den feriae sementivae, dem an den letzten Tagen des Januar zu Ehren der Ceres und Tellus, den ‚Müttern der Früchte‘, abgehaltenen Saatfeste, wurde neben einem Speltopfer eine trächtige Sau geopfert (Ovid. fast. I 670f.). S.-Opfer waren auch verbunden mit dem Kultus der altitalischen Bona dea Fauna, mit der später die griechische Frauengottheit Damia identifiziert wurde, deren Dienst wahrscheinlich um das J. 272 v. Chr. von Tarent nach Rom kam (Wissowa Religion und Kultus d. R., Hdb. 1902 und Art. Bona Dea o. Bd. III S. 690). Zunächst wurde der Bona Dea im April ein feistes S. porca opima [814] als Sühnopfer geweiht. Sodann wurden bei der Feier, welche am 1. Mai die Fratres arvales in deren am Abhange des Aventinus gelegenen Tempel veranstalteten, zwei junge S. porcae oder porciliae piaculares geopfert. Eine porca wurde auch beim Damium, dem Hauptfeste der Bona Dea, das unter Ausschluß der Männer jährlich im Anfange Dezember in dem Hause eines Magistrats cum imperio von den römischen Matronen unter Teilnahme der Vestalinnen gefeiert wurde, dargebracht. – Auch dem Silvanus, als Gott des Feldes und Anbaues, sowie dem Mars, dem Beschirmer der Fluren und Herden, wurden S. geopfert. Selbst die Laren, die man sonst nur durch unblutige Opfergaben ehrte, erhielten an Festtagen den ihnen zukommenden Anteil vom Fleisch des Opferschweines. – Das schon den Griechen bekannte Dreiopfer ‚S., Schaf, Rind‘ findet sich auch bei den Römern als suovetaurilia oder solitaurilia, die bei dem Flurumgange der Ambarvalien und dem Lustrum dargebracht wurden. Die Opfertiere waren, wie aus Abbildungen ersichtlich ist, ausgewachsene Tiere männlichen Geschlechtes. Daß aber Landleute auch ganz junge Tiere geopfert haben, Ferkel, Lamm und Kälbchen, geht aus Cato 141 hervor. Solche junge Tiere wurden natürlich nicht um die Grenzen des Besitztums getrieben, sondern sie mußten getragen werden. Jedoch mußten die Ferkel mindestens 10 Tage alt sein, sie hießen dann porci sacres (altertümliche Form für sacri), weil sie ad sacrificium puri waren (Varro II 1). Von einer gewissen Bauernschlauheit zeugt die Bemerkung Catos, daß, falls der Befund der Eingeweide nicht als günstig erachtet würde, das Opfer der lactantes nicht als Lustration, sondern als Sühnopfer piaculum gelten solle. Auch beim Abschluß feierlicher Verträge war ein Dreiopfer üblich, bei dem die Hand oder das Schwert der Vertragschließenden in das Blut des Opfertieres getaucht wurde. Auf ältester Kultvorstellung beruhte bei Abschließung von Bündnissen das Töten des Opferebers durch einen Kieselstein silex, den Iuppiter lapis, der im Tempel des Iuppiter Feretrius aufbewahrt und als Symbol des rächenden Zornes des höchsten Gottes betrachtet wurde. Unter Anwendung solch geheiligter Symbole wurde nach Verlesung einer alten Bundesformel von dem Pater patratus, dem bevollmächtigten Fetialen[WS 3], nach dem Bericht des Livius (I 24) das Bündnis zwischen Rom und Alba Longa geschlossen. In ähnlicher Weise sind von den Fetialen bei Vornahme völkerrechtlicher Handlungen S.-Opfer nach altem Ritus vollzogen. Wie das S. das Opfertier des völkerrechtlichen Bundes war – vgl. auch die Erzählung von der weißen Sau mit ihren dreißig weißen Ferkeln (Verg. Aen. II 390. Prop. IV 1, 35. Iuv. VII 72) –, so auch des Ehebundes. Die jungen Eheleute sollen in Etrurien, wie in Latium und in Großgriechenland, gemeinsam ein S. geopfert haben. Mit S.-Fett wurden die Pfosten der Eingangstüren zur Wohnung der Neuvermählten bestrichen (Varro II 4, 9). Aus den Münzen des Domitian ist ersichtlich, daß noch im J. d. St. 841 der Kaiser bei der von ihm veranstalteten Säkularfeier der Göttin Tellus ein S. als Sühnopfer für den Staat geweiht hat.

Die wichtige Stellung des S. im Wirtschaftsleben der Römer bezeugen noch die alten Namen: [815] Aper, Porcius, Verres, Scrofa. Der letztere Beiname wurde nach Varro (II 4) dem Großvater des von ihm als Sachverständigen für S.-Zucht angeführten Tremellius Scrofa gegeben. Dieser hatte als Quaestor in Vertretung des abwesenden Praetors Licinius Nerva das Heer in Makedonien befehligt und dabei nach seinen eigenen Worten ‚die Feinde zerstreut, wie die Sau die Ferkel‘ (Varro II 4).

Das S. im Sprichwort.

Ἀντὶ κακῆς κυνὸς ὗν (Zenob. Centuria I). Für einen schlechten Hund ein gutes S. = unvorteilhafter Tausch. – Βοιωτία ὗς (Pind. Ol. VI 90). Ein böotisches S. = Ὗς Ἀθηνᾶν (Demosth.; vgl. Theokr. id. V 23: ὗς ποτ’ Ἀθαναίαν ἔριν ἤρισεν. Das S. hat mit der Athene Streit angefangen = Das S. will die Athene belehren = Anmaßung eines Dummkopfs einem Weisen gegenüber. – Den gleichen Sinn haben: Sus Minervam (Cic. epist. fam. IX 18; quaest. acad. I 5, 18. Censor. de die natali I) und Sus oratorem (Cic. de orat. II 57). – Ἐν πηλῷ ὥσπερ ὕες (Luc. Anach. vgl. Lucr. de rer. nat. VI 978). Im Schlamme wie die S. – Μὴ βάλητε τοὺς μαργαρίτας ὑμῶν ἔμπροσθεν τῶν χοίρων (Matth. VII 6). Eure Perlen werft nicht vor die Säue = Verschwendet nicht edle Dinge an Unwürdige. – Ὗς λουσαμένη εἰς κύλισμα βορβόρου (II. Petr. II 22). Das S. wälzt sich nach der Schwemme wieder in dem Kot = Nach Besserung wieder in schlechte Angewohnheiten zurückfallen. – Aliter catuli longe olent, aliter sues. (Plaut. Epidic. IV 2, 9). Einen anderen Geruch haben die Hunde, einen anderen die S. – Nihil cum amaricino sui (Gell. Noct. praef. 19. Vgl. Lucr. de rer. nat. VI 973: Amaricium fugitat sus). Das S. läuft vor dem Geruch des Majoran weg. Das S. hat nichts zu schaffen mit Majoransgeruch. ‚S. kümmern sich nicht um köstliche Salben‘, Deutsches Sprichwort. – Porci cocti ambulant (Petron. 45). Die S. wandeln gebraten umher = ‚Die gebratenen Tauben fliegen in den Mund.‘ – A cane non magno saepe tenetur aper (Ov. rem. am. 422). Ein kleiner Hund stellt oft einen starken Eber. ‚Ein Kleinerer wird oft eines Größeren Herr‘, Deutsches Sprichwort. – Uno in saltu capere duos apros. (Plaut. Casina II 8, 40). Mit einem Sprung zwei Eber fangen = ‚Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen‘, Deutsches Sprichwort (s. Köhler Das Tierleben im Sprichwort der Gr. u. R. 1881).

Literatur:

O. Keller Die antike Tierwelt I 1909.

[Orth. ]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 28f.
  2. Vorlage: S. 16 275
  3. Vorlage: Festialen