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Der Tod der Liebenden (Heym)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Georg Heym
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Titel: Der Tod der Liebenden
Untertitel:
aus: Der ewige Tag. S. 54-55
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1911
Verlag: Rowohlt
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
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Bearbeitungsstand
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[54]
DER TOD DER LIEBENDEN


Durch hohe Tore wird das Meer gezogen
Und goldne Wolkensäulen, wo noch säumt
Der späte Tag am hellen Himmelsbogen
Und fern hinab des Meeres Weite träumt.

5
„Vergiß der Traurigkeit, die sich verlor

Ins ferne Spiel der Wasser, und der Zeit
Versunkner Tage. Singt der Wind ins Ohr
Dir seine Schwermut, höre nicht sein Leid.

Laß ab von Weinen. Bei den Toten unten

10
Im Schattenlande werden bald wir wohnen

Und ewig schlafen in den Tiefen drunten,
In den verborgenen Städten der Dämonen.

Dort wird uns Einsamkeit die Lider schließen.
Wir hören nichts in unserer Hallen Räumen,

15
Die Fische nur, die durch die Fenster schießen,

Und leisen Wind in den Korallenbäumen.

Wir werden immer bei einander bleiben
Im schattenhaften Walde auf dem Grunde.
Die gleiche Woge wird uns dunkel treiben,

20
Und gleiche Träume trinkt der Kuß vom Munde.


Der Tod ist sanft. Und die uns niemand gab,
Er gibt uns Heimat. Und er trägt uns weich
In seinem Mantel in das dunkle Grab,
Wo viele schlafen schon im stillen Reich.“

25
[55]
Des Meeres Seele singt am leeren Kahn.

Er treibt davon, ein Spiel den tauben Winden
In Meeres Einsamkeit. Der Ozean
Türmt fern sich auf zu schwarzer Nacht, der Blinden.

In hohen Wogen schweift ein Kormoran

30
Mit grünen Fittichs dunkler Träumerei.

Darunter ziehn die Toten ihre Bahn.
Wie blasse Blumen treiben sie vorbei.

Sie sinken tief. Das Meer schließt seinen Mund
Und schillert weiß. Der Horizont nur bebt

35
Wie eines Adlers Flug, der von dem Sund

Ins Abendmeer die blaue Schwinge hebt.