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Das Toleranzpatent Kaiser Joseph II.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Kaiser Joseph II.
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Titel: Das Toleranzpatent Kaiser Joseph II.
Untertitel:
aus: Handbuch aller unter der Regierung des Kaisers Joseph des II. für die K.K. Erbländer ergangenen Verordnungen und Gesetze in einer Sistematischen Verbindung
Herausgeber: Joseph Kropatschek
Auflage:
Entstehungsdatum: 1785
Erscheinungsdatum: 1785
Verlag: Johann Georg Moesle
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Erscheinungsort: Wien/Österreich
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Quelle: Österreichische Nationalbibliothek - ALEX Historische Rechts- und Gesetzestexte Online, Commons
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Vorbemerkungen

Das Toleranzpatent Kaiser Joseph II. bedeutete eine Zäsur in den k. k. Erbländern, wo bis dahin nur die katholische Religion anerkannt war und Andersgläubigen, hier auch Akatholiken genannt, ihre Glaubensausübung stark erschwert wurde, sie sogar in Salzburg vor die Alternative gestellt worden waren, entweder zum katholischen Glauben zurückzukehren oder das Land zu verlassen. Siehe hierzu den Wikipedia-Artikel Salzburger Emigrationspatent.

1780 starb Josephs Mutter, die Kaiserin Maria Theresia, die noch den Gedanken der Gegenreformation angehangen hatte. Als Exponent des aufgeklärten Absolutismus und um glaubensbedingte Emigration zu beenden, setzte es sich Joseph II. zum Ziel, der Stigmatisierung der Akatholiken ein Ende zu setzen. Dies geschah vor Allem durch sein nachstehendes Toleranzpatent von 1781, mit dem den Protestanten lutherischen und calvinistischen Glaubens, sowie den nicht mit Rom unierten Orthodoxen und den Juden eine gewisse Gleichberechtigung zugestanden wurde. Dies galt allerdings nicht für die hussitische Lehre (Herrenhuter Brüdergemeinen, abwertend auch Lampelbrüder geheißen) und diverse andere Sekten. Weiterhin sollte aber der katholische Glaube die dominante Rolle spielen. Im Laufe der folgenden Jahre folgten viele weitere Verordnungen und Gesetze, die das eigentliche Toleranzpatent präzisierten und auslegten.

Joseph Kropatschek (gebürtig in Böhmen, † 1809 in Wien) war seit 1780 in Wien als Hofsecretär bei der damaligen Hofkammer in Münz- und Bergwesen tätig. Er unternahm es, die Theresianische und Josephinische, später auch die Leopoldinische Gesetzgebung zu sammeln und in übersichtlicher oder chronologischer Weise zusammenzustellen und zu veröffentlichen. Dies hat in nachstehendem Werk zur Folge, dass die ausführenden Verordnungen in das eigentliche Toleranzpatent zwischengeschoben wurden, hier ersichtlich an den Einrückungen. Zur leichteren Verständlichkeit für die Nutzer seiner Sammlung setzte er jeweils Randbemerkungen ein, die in Kurzform den Inhalt der Paragraphen wiederholten.
(WS-Redaktion)


[421]
Toleranz der geduldeten Religionen.


Toleranz N. I.
Das ganze Religionspatent, wo irgend eines eingeführt war, soll von nun an aufgehoben, alle darinn anbefohlenen Ausübungen eingestellt, und in keinem Stücke ein Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten mehr gemacht werden. Was die muthwilligen Aufhetzer, oder die im Land herumirrenden Verführer betrifft, sind solche nach den allgemeinen politischen Gesetzen einzuziehen und zu bestrafen. Das Religionspatent: aller Unterschied zwischen Katholischen und Protestanten hört auf.
Hofdekr. vom 30. Juni 1781.
Solang sich die irrgläubigen Landesinwohner ruhig und friedlich betragen, ist ihre Bekehrung lediglich der unendlichen Barmherzigkeit Gottes, und der bescheidenen Mitwirkung der Geistlichkeit zu überlassen. Wenn sie sich aber unterstünden, andere von dem katholischen Glauben abwendig zu machen und zu verführen: so sind sie nach der obigen Vorschrift zu bestrafen. Doch bleibt der Landesstelle Wie sich gegen irrgläubige Landesinwohner zu benehmen sei.

[422]

über, diese Strafe härter oder gelinder zu verhängen.
Hofdekret vom 28. August 1781.
 Den augsburgischen und helvetischen Religionsverwandten, dann den nicht unirten Griechen wird ein ihrer Religion gemässes Privatexerzizium allenthalben gestattet, und es soll der katholischen Religion allein der Vorzug des öffentlichen Religionsexerziziums verbleiben; den beiden protestantischen Religionen aber, so wie der schon bestehenden nicht unirten griechischen ist überall, wo es nach der unten bemerkten Anzahl der Menschen und nach den Fakultäten der Einwohner thunlich ist, und die Akatholischen nicht bereits im Besitze des öffentlichen Religionsexerziums stehen, das Privatexerzizium auszuüben erlaubt. Daher Toleranzgesetz.
 1) den akatholischen Unterthanen, wo hundert Familien existiren, wenn sie auch nicht in einem Orte, sondern einige Stunden entfernt wohnen, ein eigenes Bethaus, iedoch – wo es nicht schon anders ist – ohne Glocken, Thürme und öffentlichen Eingang von der Gasse, nebst einer Schule zu erbauen, auch alle Administrirung ihrer Sakramente und Ausübung des Gottesdienstes, sowohl im Orte selbst, als auch deren Uiberbringung zu den Kranken in den dazu gehörigen Filialen, Vorschrift in Absicht des Bethauses.

[423]

dann die öffentlichen Begräbnisse mit Begleitung ihres Geistlichen erlaubt wird. Die weiter entfernten aber können sich in das nächste, iedoch inner den k. k. Erbländern befindliche Bethaus begeben, ihre erbländischen Geistlichen und Glaubensverwandten besuchen, und ihren Kranken mit nöthigem Seelen- und Leibestroste beistehen, iedoch unter schwerester Verantwortung nie verhindern, daß ein von dem Kranken verlangter katholischer Geistlicher berufen werde.
Wenn sich 100 Familien, oder nur 500 Personen zu einer der tolerirten Religionen bekennt haben, ist ihnen gestattet, ein schon bestehendes, oder ein neues Bethaus zu ihrem Gottesdienste einzurichten, und einen Seelsorger von ihrer Religion auszusuchen.
 Hofdekret vom 31. Jäner 1782.
100 Familien oder 500 Personen können ein Bethaus einrichten.
Dann haben die Kreisämter auf die Sicherstellung und Richtigkeit der Landes- und übrigen Abgaben den sorgfältigsten Bedacht zu nehmen, damit auch die von den Unterthanen zur Herstellung ihrer Bet- und Schulhäuser übernehmenden Beiträge nicht entweder dem Kontribuzions- oder ihrem guten Nahrungsstande nachtheilig werden, und die landesfürstlichen oder sonstigen Schuldigkeiten ins Stecken gerathen. Uibrigens wird den Unterthanen gestattet, zur Erbauung ihrer Bet- und Schulhäuser, Was die Kreisämter dabei wegen der Sicherstellung der Abgaben zu leisten haben.

[424]

und Unterhaltung der Pastoren auser Lande Kollekten zu machen.
 Hofdekret vom 6. März 1782.
Und wenn auch die nahe gelegenen Ortschaften oder Gemeinden die normalmässige Zahl von 100 Familien oder 500 Personen übersteigen, sollen sie, um durch Erbauung mehrerer Oratorien und Aushaltung mehrerer Pastoren in keinen Uibereilungsschaden zu verfallen, indessen mit einem den Anfang machen, wo mit der Zeit, wenn es ihren Kräften angemessen gefunden würde, ihnen ohne Anstand ein zweites, auch drittes Oratorium gestattet werden wird.
 Hofdekret vom 13. März 1782.
Was zu thun sei, wenn die Ortschaften die Zahl von 100 Familien oder 500 Personen übersteigen.
Wo aber alte zerfallene Kirchen, welche zum katholischen Gebrauche nie verwendet worden sind, oder vormals gewesene protestantische Kirchen sich befinden, derer Steine und Materialien noch vorhanden sind: so können selbe den protestantischen Gemeinden zur Ersparung der Kosten überlassen werden, doch dergestalt, daß sie solche auf die vorgeschriebene Art errichten oder aufbauen, und das Kreisamt von iedem sich ereignenden Uiberlassungsfalle die Anzeige an die Landesstelle zu machen habe.
 Hofdekret vom 18. März 1782.
Alte zerfallene katholische oder protestantische Kirchen können den protestantischen Gemeinden überlassen werden.

[425]

Bis zur Errichtung eigener Bethäuser können sie indessen an Sonntagen an einem bestimmten Orte, ohne iedesmal einen Erlaubnißzettel ansuchen zu müssen, ihre Andachtsübungen verrichten, welches auch von den Hussiten unter dem Namen Lutheraner zu verstehen ist..
 Verordnung in Böhmen vom 26. April 1782.
Bis zur Errichtung der Bethäuser können sie an einem bestimmten Orte ihre Andacht verrichten.
2) Können sie ihre eigenen von den Gemeinden zu erhaltenden Schulmeister bestellen, über welche iedoch die Landesschuldirekzion, was die Lehre, Methode und Ordnung betrifft, die Einsicht zu nehmen hat.
 Mehrmal verordnet mittels des Hofdekrets vom 31. Jäner 1782.
Wegen der Schulmeister.
Die Akatholischen aber müssen ihre Kinder indessen, bis sie eigene Seelsorger und Schullehrer haben werden, in die nach der Normalvorschrift eingerichtete nächste Schule schicken.
 Hofdekret vom 31. Jäner 1782.
Die Akatholischen sollen indessen die Kinder in die nächste Normalschule schicken.
Diese akatholischen Kinder können, so oft der Religionsunterricht gegeben wird, aus der Schule gehen.
 Hofdekret vom 23. August 1782.
Diese Kinder bleiben aus, wenn der katholische Religiosunterricht gegeben wird.

[426]

Und wo schon katholische Schulmeister sind, da ist die Aufstellung akatholischer Schulmeister nicht nöthig; hingegen muß in ienen Orten, wo kein katholischer Schulmann sich befindet, und die Zahl der akatholischen Kinder entweder im Orte, oder in einer solchen Nachbarschaft, aus welcher die Kinder ganz füglich dahinkommen können, so beschaffen ist, daß man sonst einen Schulmeister zu halten pflegt, für die Errichtung einer akatholischen Schule gesorgt werden.
 Hofdekret vom 23. August 1782.
Wo katholische Schulmeister sind, ist kein akatholischer nöthig.
Die Besuchung der Schulen, dann der Aufenthalt und Unterricht der helvetischen Religionsverwandten in Hungarn soll nur ienen gestattet werden, welche sich mit einem kreisämtlichen auf das Datum der landesstelligen Bewilligung beziehenden Passe ausweisen werden.
 Hofdekret vom 6. Hornung 1783.
Welchen die Besuchung der Schulen in Hungarn erlaubt sei.
Es werden den Akatholischen Schulmeister gestattet, iedoch müssen sie selbst von ihnen unterhalten werden, und normalmäßig geprüft sein.
 Hofdekret vom 14. November 1783.
Die Akatholischen können Schulmeister halten, müssen aber solche erhalten.

[427]

3) Dürfen sie, wenn selbe ihre Pastoren dotiren und unterhalten, dieselben auswählen; wenn aber die Obrigkeiten selbe dotiren und unterhalten wollen; so haben sie das ius praesentandi. Jedoch soll die Konfirmazion durch die existirenden protestantischen Konsistorien, und wo keine sind, durch die im Teschnischen oder Hungarn schon bestehenden protestantischen Konsistorien ertheilt werden, so lange, bis nicht die Umstände fodern, in den Ländern eigene Konsistorien zu errichten.
 Republizirt in Böhmen mittels Verordnung vom 7. August 1782.
Wie und von wem die Pastoren gewählt werden.
Alle anzustellenden Pastoren sollen entweder von dem teschnischen Konsistorium augsburgischer Konfession, oder von dem Superintendenten in dem Königreiche Hungarn die erfoderlichen Attestate über ihren Lebenswandel, und ihre Fähigkeiten zur Erhaltung der landesfürstlichen Konfirmazion beibringen.
 Hofdekret vom 6. März 1782.
Alle anzustellende Pastoren müssen Attestate haben.
Und da dermal von da nicht hinlängliche Pastoren zu bekommen sind; so können auch fremde Pastoren aus dem Reiche, wenn sie mit den obigen Zeignissen versehen sind, angenommen werden.
 Hofdekret vom 13. März 1782.
Es können auch fremde Pastoren angenommen werden.

[428]

Allein die Absendung der Unterthanen an die Herrenhutergemeinde um Lehrer und Anweiser in ihrer Religion soll auf alle Wege hindangehalten werden.
 Verordnung in Böhmen vom 16. März 1782.
Die Absendung der Unterthanen an die Herrenhutergemeinde betref.
Da die von Privatpatronen, oder Gemeinden präsentirten katholischen Pfarrer von Bezahlung einiger Tax befreiet sind, auch solche eigentlich nur von ienen akatholischen Pfarrern, die Patronatus regii sind, abgefodert werden kann: so wird doch denen diese Taxe, weil sie erstens nur gering dotirt werden können, dermal nachgesehen.
 Hofdekret vom 19. Juli 1782.
Wegen derienigen Pfarrern nachzusehenden Tax.
Und da die gute Ordnung allerdings erfodert, daß den Akatholischen ihre Pastoren gehörig vorgestellt werden: so sollen indessen, bis ein eigenes Konsistorium, oder wenigstens ein Superintendent bestehen werden, die aufzustellenden, und von der Landesstelle gehörig konfirmirten Pastoren durch ein von dem Kreisamte hierzu für ieden Fall eigens zu benennendes Individuum den Akatholiken vorgestellt, und ihnen überhaupt die gewissenhafte Erfüllung ihrer geistlichen Hirtenpflichten nachdrücklich empfohlen werden.
 Hofdekret vom 28. September 1782.
Indessen sind die Pastoren den Akatholiken durch ein Individuum vom Kreisamte vorzustellen.

[429]

Von den akatholischen Predigern aber sind unter angemessener Strafe, und allenfälliger Absetzung keine anderen Ingebohrnen, als die schon zu einer der bereits als akatholisch erklärten Familien gehören, und sich mit den gewöhnlichen unter Vorwissen der Landesstelle ertheilten Zeignissen ausweisen können, daß sie sich deßwegen bei ihrer Ortsobrigkeit gemeldet haben, zu ihren Glaubensgemeinden und Andachtsübungen zuzulassen.
 Hofdekret vom 21. Hornung 1783.
Welche akatholische Prediger zu ihren Glaubensgemeinden zuzulassen sein.
So wurde auch weiter befohlen, daß die Pastoren unter Amozionsstrafe niemanden ohne den gehörigen Meldungszettel zu ihren Andachtsübungen zulassen sollen.
 Hofdekret vom 17. November 1782.
Kein Pastor soll iemand ohne Meldungszettel zu den Andachtsübungen zulassen.
4) Die Jura Stolae verbleiben so, wie in Schlesien dem Parochus Ordinarius vorbehalten.
 Mehrmalen verordnet vermittes des Hofdekrets vom 31. Jäner 1782.
Jura Stolae sind dem Parochus ordinarius vorbehalten.
Und da die katholischen Pfarrer solche von den Akatholischen ziehen: so sollen auch dieselben die Tauf- Trau- und Sterbfälle der Akatholiken unter den bisherigen Vorsichten genau und richtig, und in der nämlichen ununterbrochenen Ordnung, wie bisher, einverleiben. Uibrigens bleibt den Pastoren unbenommen, Die Katholischen Pfarrer haben die Tauf- Trau- und Sterbfälle der Akatholiken einzuverleiben.

[430]

ihre Matrikel besonders zu ihrer Privatnotiz zu führen.
 Hofdekret vom 22. Hornung 1782.
Wo also die Stola allein den katholischen Pfarrern wegen Führung der Matrikel gebühret, sind die Akatholiken den Meßnern nichts mehr zu geben schuldig, wie auch den Schulmeistern, wenn sie ihre Kinder nicht in die katholischen Schulen schicken, sondern ihre eigenen protestantischen Schulen errichtet haben.
 Hofdekret vom 13. März 1782.
Was zu thun sei, wo die Stola allein den katholischen Pfarrern wegen Führung der Matrikel gebührt.
5) Die Judikatur in Religionssachen der Akatholischen nach ihren Religionssätzen wird der politischen Landesstelle mit Zuziehung eines ihrer Pastoren und Theologen aufgetragen, von welcher der weitere Rekurs an die politische Hofstelle freisteht. Judikatur in Religionssachen der Akatholischen.
6) Die Heirathsreverse wegen Erziehung der Kinder hören von nun an gänzlich auf, und sollen bei einem katholischen Vater alle Kinder, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts ohne Anfrage in der katholischen Religion erzogen werden, bei einem protestantischen Vater und einer katholischen Mutter hingegen ist dem Geschlechte zu folgen. Heirathsreverse wegen Erziehung der Kinder.

[431]

In Ansehung iener Kinder, welche zu ihren akatholischen Aeltern nicht zurückgehen, sondern bei katholischen Leuten, um der Gefahr des Zwanges zu entgehen, bleiben wollen, können überhaupt keine Jahre bestimmt werden, da die Aufklärung der Umstände, der heitere Begriff, die vollkommenste Freyheit, keine gemachten Reizungen, noch weniger vorgegangene Strafe und Unwille auch als entfernte Ursachen des Berufs in Betrachtung kommen müssen. Wenn also alle diese Erforschungen, keine ausgenommen, in Gegenwart der eigenen Aeltern, Anverwandten und Religionsgenossen gründlich vor sich gegangen, bestättiget, und nach einem Verlaufe von 6 Monaten wiederholt, und erneuert worden sind: so kann ein Kind bei was immer für Jahren, wenn es sich zur katholischen Religion erklärt, nicht anders als in selber unterrichtet, an- und aufgenommen werden, so wie im Gegentheile, wenn nur eine von diesen Betrachtungen mangelt, ein Kind, in was immer für Jahren es sich auch befinde, sobald es nicht sui juris ist, als wegen eines nicht aus wahren Ursachen entstandenen Berufes seinen Aeltern und Befreundten nicht benommen, oder vorenthalten werden kann.
 Hofdekret vom 28. März 1782.
Wie in Ansehung iener Kinder vorzugehen sei, welche zu ihren akatholischen Aeltern nicht zurückgehen, sondern bei katholischen Leuten, um der Gefahr des Zwanges zu entgehen, bleiben wollen.

[432]

Diese allerhöchste Entschliessung hat auch Bezug auf die Judenkinder; denn gleichwie ein akatholisches Kind von seinen Aeltern nicht genommen, und in dem katholischen Glauben erzogen werden kann, so darf auch kein Judenkind getauft werden, bis man nicht versichert ist, daß es die hinlängliche Erkenntniß, und entweder einen übernatürlichen, oder einen aus Uiberzeugung erfolgten Antrieb zur Taufe habe, wozu weder Furcht noch Anlockung, noch was immer für eine Leidenschaft die Ursache gegeben haben. Und dieß ist iedesmal gründlich zu untersuchen, weil es der Religion an guten Christen, nicht aber nur an Getauften gelegen ist.
 Hofdekret vom 31. März 1782.
Dieß bezieht sich auch auf die Judenkinder.
7) Können die Akatholiken zum Häuser- und Güterankaufe, zum Bürger- und Meisterrechte, zu akademischen Würden und Zivilbedienstungen künftig dispensando zugelassen werden, und sind zu keiner andern, als ihrer Religion angemessenen Eidesformel, weder zur Beiwohnung der Funkzionen der dominanten Religion, wenn sie nicht selbst wollen, anzuhalten. Auch soll ohne Rücksicht auf Religion in allen Wahlen und Dienstvergebungen – wie es bei dem Militär stets geschieht – allein auf Rechtschaffenheit und Fähigkeit der Kompetenten der genaue Bedacht genommen Die Akatholiken können zum Häuser- und Güterkaufe, zum Bürger- und Meisterrechte, zu akademischen Würden und Zivilbedienstungen künfig dispensando zugelassen werden.

[433]

werden. Dergleichen Dispensationes Possessionum, und zum Bürger- und Meisterrechte sind bei den unterthänigen Städten durch die Kreisämter, bei den königlichen und Leibgedingstädten durch die Landesstelle ohne alle Erschwerung zu ertheilen. Die sich ergebenden Abschlagsmotiva der angesuchten Dispensazion sind iedesmal der Landesstelle, und von da dem allerhöchsten Orte zur Einholung der allerhöchsten Entschliessung anzuzeigen. Wo es aber um das Jus incolatus höheren Standes zu thun ist: da ist die Dispensazion nach vorläufig vernommener Landesstelle von der k. k. böhmischen Hofkanzlei zu ertheilen.
 Hofreskript vom 13. und in Böhmen Patent vom 30. Weinmonat 1781. in Gräz vom 17. Weinmonat 1781.
Der letzte Gegenstand ward durch eine spätere Verordnung dahin erläutert, daß iene Zivilbeamte, die sich zur akatholischen Glaubenslehre erklären, ferner so lange bei ihren Bedienstungen per viam dispensationis zu lassen sind, bis sie sich derselben durch einen übeln Lebenswandel, oder durch ausgeübte Partheilichkeiten und Gehässigkeiten gegen ihre katholischen Mitbürger unwürdig und verlustig machen. Dann sind auch die noch in keiner Zivilbedienstung stehenden Akatholiken zu den stabilirten Bedienstungen per viam dispensationis
Erläuterung des letzten Gegenstandes.

[434]

nach der obern höchsten Patentalvorschrift zuzulassen. Doch in Rücksicht aller anderen ad nutum amovibilium oder auf gewisse Zeit bestimmten Bedienstungen steht es denen, welche dergleichen Bedienstungen zu vergeben haben, frei, ob sie die akatholischen Beamten nach verlaufener Zeitfrist beibehalten wollen. Die Dispensazion für einen anzustellenden Akatholiken kann die Obrigkeit sowohl für den Fall, wenn sie die Bedienstung unmittelbar zu vergeben hat, als auch, wenn die Besetzung durch eine ordentliche Wahl der Kandidaten, und durch die obrigkeitliche Bestättigung zu geschehen hat, gegen vorläufige Anezige an das Kreisamt selbst ertheilen, wenn den Kandidaten auser der Religion sonst kein anderes Hinderniß im Wege steht; iedoch muß nie von einer Parität oder gleichen Anzahl das mindeste bestimmt werden.
 Patent in Böhmen vom 13. Hornung 1782.
Das obere allerhöchste Hofreskript wurde auch den Ordinarien – um es der Welt- und Regulärgeistlichkeit bekannt zu machen – mit dem Auftrage mitgetheilt, die unterstehende Geistlichkeit, und besonders die bestellten Seelsorger zur Erfüllung ihrer Amtspflichten zu ermahnen, und ihnen vorzüglich wohl einzubinden, daß sie allen Anlaß zu Zwistigkeiten in Glaubenssachen gänzlich vermeiden, Das obere Hofreskript wurde auch den Ordinarien mitgetheilt.

[435]

und nach dem wahren Sinne der christlichen Toleranz auch gegen Irrende liebvoll, und mit aller Sanftmuth sich benehmen, folglich sich aller unanständigen Ausdrücke, oder Lästerungen der Religionsgegner enthalten, um so mehr aber durch deutlichen und ersprießlichen Unterricht, durch Uiberzeigung und gute Beispiele, wie es ohnehin die Pflicht eifriger Seelsorger fodert, die anvertrauten Pfarrgemeinden in der wahren allein seligmachenden Religion zu stärken, oder Irrende zurückzuführen sich bestreben sollen.
 Hofdekret vom 14. und 24. Weinmonat 1781., dann vom 14. Jäner 1782.
Uiberhaupt wird den Kreisämtern öfter die genaue Befolgung der ergangenen Toleranzgesetze, und die Erhaltung des Stillschweigens unter dem Volke in Beziehung auf die Religionsunterschiede, und damit auf die allseitige Erhaltung der Ruhe Sorge zu tragen anbefohlen.
 Hofdekret vom 19. März 1782.
Die Kreisämter haben auf die Toleranzgesetze zu wachen.
Auch wurden alle Obrigkeiten und Aemter zu einem bescheidenen Betragen gegen Akatholiken angewiesen. Vermittels des
 Hofdekret vom 31. Jäner 1782.
Die Obrigkeiten und Aemter haben sich gegen Akatholiken bescheiden zu betragen.