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BLKÖ:Schmidt, August

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 30 (1875), ab Seite: 219. (Quelle)
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11. Schmidt, August (Schriftsteller, geb. zu Wien 9. Februar 1808). Sein Vater Adam (geb. 1777, gest. 13. August 1847), zuletzt Archivar der k. k. Credits-Hofbuchhaltung, war zwar Dilettant in der Tonkunst, aber einer von Jenen, welche sich von dem eigentlichen Musiker ex professo nur darin unterscheiden, daß sie, während jene oft die Kunst ihrem Berufe unterordnen, die Musik eben als Kunst ansehen und sich ihr mit voller Seele und heiliger Begeisterung widmen. Ueber Adam’s Lebenslauf bringt Luib’s „Wiener allgemeine Musik-Zeitung“ 1847, Nr. 98, nähere Aufschlüsse. Schmidt’s Mutter Franziska geb. von Graß war eine Enkelin des um Ungarns Montanwesen verdienten Bergrathes und Münzmeisters Pasquale Joseph Grafen von Damiani. [220] Das Talent und die Liebe zur Musik gab sich bereits im Kinde zu erkennen und, erst fünf Jahre alt, lernte August S. bereits die Geige spielen; im Alter von acht Jahren trug er in einer Wohlthätigkeits-Akademie ein Violin-Concert von Stametz tadellos vor und lernte bald darauf Beethoven kennen, der an den Knaben ein paar freundliche Worte richtete, deren noch der reife Mann immer mit Begeisterung gedenkt. Während S. das Piaristen-Gymnasium in der Josephstadt besuchte, setzte er unter Capellmeister Henneberg seine Musikstudien, und zwar nun im Gesange fort. Als S. mutirte, entwickelte sich seine dünne Altstimme zu einem kräftigen Baß, den der Gesangsmeister Schwarzböck so künstlerisch ausbildete, daß er für seinen Zögling ein Engagement an der Pesther Bühne erhielt, gegen dessen Annahme aber sein Vater Protest erhob. Was ihm von der Bühne einzuheimsen versagt blieb, ward ihm im Verkehre des geselligen Lebens reichlich zu Theil. Schmidt erntete nämlich als Liedersänger überall, wo seine klangvolle, tüchtig geschulte Stimme ertönte, reichlichen Beifall. Damals aber begann er schon seine Thätigkeit im Gebiete des Vereinswesens, denn es war im Jahre 1825 – Schmidt zählte erst 17 Jahre – als er mit Scherer [Bd. XXIX, S. 205] und Smeykal [s. d.] den „Verein von musikalischen Freunden“ stiftete, der später als „Verein für Kunst und Frohsinn“ eine größere Ausdehnung erhielt. Zugleich betheiligte er sich an dem „Kirchenmusik-Verein der Mechitaristen“ und an der Gründung des Kirchenmusik-Vereins an der französischen Nationalkirche St. Anna“, welcher nach verschiedenen Wandlungen noch zur Stunde als „Cacilien-Verein“ besteht. Als im Jahre 1828 eine Verordnung die bis dahin bestehende Begünstigung, welche Studirende von Militärdiensten befreite, aufhob, war S. eines der ersten Opfer des neuen Gesetzes und wurde zu dem Landes-Regimente Hoch- und Deutsch meister abgestellt. Ueber Verwendung des Vaters wurde er Cadet und kam in das Militär-Departement des Wiener General-Commando’s. Im Jahre 1832 zum Officier befördert, wurde er zur italienischen Armee, und zwar in die Station Verona geschickt. Dort im Verkehre lebenslustiger Kameraden, erwachten die Geister der Musik und Dichtung zu neuer Thätigkeit, dort schrieb und componirte S. eine Reihe von Soldatenliedern, die sich bald in der Armee einbürgerten und nach Jahren noch in Officiers- und Mannschaftskreisen gern gesungen wurden. Sie hatten sich allmälig in den Garnisonen Italiens verbreitet, man sang sie, so oft sich Gelegenheit bot, man dachte dabei weder des Dichters noch Compositeurs, sie waren, wenn man so sagen darf, zu soldatischen Volksliedern geworden. Andere Lieder Schmidt’s wurden von Hoven, Franz S. Hölzl, Neuling, Randhartinger, Aug. Kromer, Emanuel Pohl, Ferdinand Kloß, Zawerthal u. A. in Musik gesetzt. Endlich wurde S. des Soldatenspieles im Frieden müde, bat um Uebersetzung in Civil-Staatsdienste und wurde im Jahre 1834 Cassa-Officier in Wien. Sein Dienst ließ ihm Muße genug, sich mit Musik und Literatur zu beschäftigen, zu welch letzterer er durch den freundschaftlichen Verkehr mit J. N. Vogl, der S. in Wiens Schriftstellerkreise eingeführt hatte, angeregt wurde. Die erste größere Arbeit, womit S. debutirte, war die Novelle: „Der Kostöck“, welche zuerst im Jahrgange 1836 des Leopoldstädter Taschenbuches erschien, dann noch öfter, [221] unter anderem im Pesther Blatte „Spiegel“, nachgedruckt, in’s Ungarische und später für ein belgisches Blatt in’s Französische übersetzt wurde. Nun folgten sich rasch mehrere novellistische Arbeiten, so im Spiegel: „Der Federbusch“, eine militärische Erzählung“; „Agathe“, eine musikalische Allegorie“; – im Leopoldstädter Taschenbuche für 1837: „Das Ständchen, ein musikalisches Lebensbild“; – im Taschenbuche Frauenlob für 1837: „Imre“; und in den folgenden Jahrgängen: „Wahn und Liebe“; „Ketten und Freiheit“, welche letztere der geschickte Kupferstecher[WS 1] Joseph Kovatsch [Bd. XIII, S. 67) mit seinem Griffel illustirt hat. Es war dieß die letzte Arbeit des tüchtigen Künstlers; – in Saphir’s Humoristen: „Eine Nacht aus dem Leben eines musikalischen Enthusiasten“; „Die Todte als Brautwerberin“; – und im Taschenbuche Veilchen die Erzählung „Helene“. So war denn S. mitten in das schriftstellerische Leben und Weben Wiens im Vormärz hineingerathen, und die Journale und Wochenblätter jener Tage: „Der Sammler“, „Der Wanderer“, „Der Humorist“, die Bäuerle’sche „Theater-Zeitung“, das Oesterlein’sche „Morgenblatt“, „Der Zuschauer“ brachten aus seiner Feder Gedichte, kleinere kritische und geschichtliche Artikel, Reiseberichte und topographische Aufsätze u. s. w. [der wichtigeren Arbeiten S.’s geschieht noch auf S. 221 Erwähnung]. Diese schriftstellerische Thätigkeit hatte aber S. keineswegs seiner Lieblingskunst, der Musik, entfremdet, er bildete sich in derselben gründlich weiter und nahm bei dem tüchtigen Contrapunctisten Hieronym. Payer [Bd. XXI, S. 398][WS 2] längere Zeit Unterricht in der Composition. Als um diese Zeit der Schriftsteller D. F. Reiberstorffer [Bd. XXV, S. 144] die mit Karl Meisl [Bd. XVII, S. 284] gemeinschaftlich geführte Redaction des „Leopoldstädter Taschenbuches“ niedergelegt, trat S. an seine Stelle und setzte die Herausgabe dieses Almanaches fort, der nur die Unterstützung der Schauspielerswitwe Ziegelhauser[WS 3] zum Zwecke hatte und somit auch in den Beiträgen auf eigentlich literarische Almosen angewiesen war, fort. Schmidt gab dem Buche den neuen Titel: „Thalia“ und suchte es, so weit es in seinen Kräften stand, zu heben. Auch eröffnete er, um eine allgemeine Pflege der Novelle und Erzählung anzubahnen, die Herausgabe einer periodischen Schrift, betitelt: „Der Novellist“, wovon zwei Jahrgänge, 1838 und 1839, erschienen, mit dem zweiten Jahrgange aber wegen Mangels an Theilnahme aufgegeben werden mußte. Dafür begann S. im folgenden Jahre, 1840, die Herausgabe des musikalischen Taschenbuches „Orpheus“, das in der Almanach-Literatur durch seine reiche Ausstattung, wie den musikgeschichtlichen Inhalt einen ausgezeichneten Platz behauptet. Es erschienen davon drei Jahrgänge, 1840 bis 1842, die ersten zwei bei Riedl, der dritte bei Volke in Wien, die zu kostspielige Ausstattung hatte aber auch die Fortsetzung dieses Unternehmens unmöglich gemacht. Nachdem es S. aufgegeben, wollte er es mit einem tiefer in’s praktische Leben eingreifenden, mit einer Musik-Zeitung versuchen. Eine solche war, seit die von Kanne [Bd. X, S. 438] herausgegebene Musik-Zeitung im Jahre 1824 aufgehört hatte, in Wien, dieser ihres Musiklebens berühmten Stadt, nicht wieder erschienen. Am 1. Jänner 1841 begann S., von seinen schriftstellerischen Wiener Collegen nichts weniger als ermuntert, die Herausgabe der „Wiener [222] allgemeinen Musik-Zeitung“, die sich mit jedem Jahre gehaltreicher entwickelt, und von der S. nur wegen der niedrigen polizeilichen Vexationen des Grafen Sedlnitzky, nachdem er sie bis letzten Juni 1847 rüstig fortgesetzt hatte, freiwillig zurücktrat. In der letzten Nummer, die seinen Namen an der Spitze trägt, in Nr. 76 u. 77, 1847, bemerkt S. ausdrücklich in dem ersten Aufsatze: „An die Leser dieser Zeitung“: „Da es die Verhältnisse nun einmal nicht erlauben, den eigentlichen Grund, der mich dazu bestimmte, geradeheraus zu sagen, so mag er denn auch vor der Hand mein Geheimniß bleiben.“ Erst, als Herausgeber dieses Lexikons bei dem ihm befreundeten Schmidt um Aufklärung dieser Stelle bat, erst dann erzählte er, zu welchen nichtswürdigen Plackereien und empfindlichen Seccaturen der Wiener Polizeiminister griff, um Schmidt die fernere Redaction des sich mit jedem Jahre mehr entwickelnden und verbreitenden Blattes völlig zu verleiden. Die Ursache dieses unwürdigen Benehmens waren einige harmlose politische Anspielungen in einer Rede, welche Schmidt bei der Neuherstellung des Gluck’schen Grab-Monumentes auf dem Matzleinsdorfer Friedhofe gehalten [diese verhängnißvolle Rede ist im „Wanderer“ 1862, Nr. 165, im Artikel: „Aus einer überwundenen Epoche“ abgedruckt], und der nachhaltige Grimm über die Begründung des Männergesang-Vereins, dessen Bedeutung der Polizei-Präsident doch schon damals, als er erst im Keime lag, gewittert. Das waren der Menschheit unwürdige, unsagbare Zustände, welche das Jahr 1848 genügsam erklären. Was S. innerhalb den siebenthalb Jahren seiner Redaction geleistet, hat er in dem oben erwähnten Abschiedsworte: „An die Leser dieser Zeitung“, welche eigentlich ein Rechenschaftsbericht sind, in übersichtlicher Weise dargestellt. In die Periode dieser Redaction fällt die Gründung des Wiener Männergesang-Vereins, des ersten derartigen Vereins im österreichischen Kaiserstaate und somit des Stammvaters des halben Tausends der nun in Oesterreich bestehenden ahnlichen Vereine. Schmidt ist der Gründer dieses Vereins, die Mitglieder desselben gaben ihm mit der Inschrift des Ehrenbechers, welchen sie ihm am 8. November 1845 feierlich überreichten, eine gleichsam monumentale Bestätigung dafür. Die Inschrift dieses von Alex. Bittner nach der Zeichnung von Professor Westmann ausgeführten Bechers lautet: „Dem Gründer des Männergesang-Vereins in Wien Dr. August Schmidt aus dankbarer Anerkennung dargebracht am 2. (8.) November 1845 von einen Freunden, den Vereinsmitgliedern“. Schmidt selbst schrieb die Geschichte dieses seines Schooßkindes und sie enthält eine auf Thatsachen beruhende Darstellung seines eigenen Antheils an dem Vereine, dessen Direction er selbst in den ersten Jahren seines Bestandes, 1843–1845, geführt. Noch an einem anderen, für Wiens Musikleben einflußreichen Unternehmen hatte Schmidt, wie Hanslick in seiner „Geschichte des Wiener Concertwesens“, S. 316, berichtet, nicht unwesentlichen Antheil, nämlich an der Gründung der philharmonischen Concerte, deren erstes am 27. November 1842 im Redoutensaale stattfand. In die Zeit bis zum Anbruche der Märztage 1848 fällt auch die Gründung eines anderen geselligen Vereins, nämlich der „Aurora“, welche S. in Gemeinschaft mit einem anderen Gesangsfreunde [223] in’s Leben gerufen hatte. So sehr Schmidt für die Entwickelung des musikalischen Lebens in Wien, namentlich durch Bildung von Vereinen, thätig gewesen und als ausübender Musiker überall mitthat, wo Noth an Mann war, auf dem Felde der Composition ist er zwar nicht ganz unthätig geblieben, doch hat er sich auf demselben nur nebenbei bewegt. Außer den schon erwähnten Soldatenliedern, zu denen S. mitunter ältere und schon bekannte Melodien benützte, erschien von ihm im Stiche die Composition zu Jacobi’s Lied: „Der Kuß“, mit Pianofortebegleitung, als Beilage des Leopoldstädter Theater-Almanachs für 1838; im nämlichen Jahre in Oesterlein’s „Oesterreichischem Morgenblatte“ die Composition zu J. N. Vogl’s „Sei mir gegrüßt, Pannonia“; mehrere Partien von Schmidt componirter Walzer hatte Strauß (Vater) in sein Programm aufgenommen und öfter gespielt; sein Nationalgarde-Marsch für eine Militärcapelle wurde im Jahre 1848 volksthümlich und aller Orten vorgetragen; und mehrere Concertstücke für die Violine kamen wohl in den Vereinen, welche S. gründete oder doch gründen half, zur Aufführung, wurden aber nie gedruckt. Hingegen wurden von Schmidt gedichtete Lieder ziemlich oft und von den besten Componisten, wie schon bemerkt worden, in Musik gesetzt. Als in den Märztagen 1848 der alte Bann, der so drückend über Oesterreich lag, gebrochen und mit anderen Errungenschaften auch jene der Errichtung einer Nationalgarde gewonnen war, begrüßte auch S., der ehemalige Officier, leichtbegreiflich freudig dieses Institut, und als die Compagnien zusammengestellt und ihre Commandanten zu wählen waren, wurde S. zum Hauptmann der 4. Compagnie des 6. Bezirkes gewählt. Die Erlebnisse S.’s in dieser nichts weniger als behaglichen Stellung entziehen sich in einer ausführlichen Darstellung dem Zwecke dieses Werkes. Nur einige allgemeine Andeutungen mögen als geschichtlich feststehende Thatsachen hier am Platze sein. S.’s Stationsplatz befand sich auf dem Rennwege, während der ganzen Zeit seines Commando’s hatte daselbst weder ein Auflauf noch eine Katzenmusik, welche sonst allüberall täglich vorzukommen pflegten, stattgefunden. Verschiedene Versuche des täglich wachsenden Proletariats, das die Ambraser Sammlung, die kostbare Bildergallerie im Belvedere und das Uniform-Depot der Arcierengarde in den Bereich seiner Besitzerwerbungspläne gezogen hatte, blieben, Dank der Energie Schmidt’s, welche der Gallerie-Director Krafft, der Custos Bergmann und der Feldmarschall-Lieutenant Mengen in eigenen Dankschreiben rühmend anerkannten, unversehrt. Die immer sich wiederholenden Arbeiterunruhen nahmen die Thätigkeit Schmidt’s als Nationalgarde-Hauptmann in nicht geringem Maaße in Anspruch, und als die Octobertage herankamen, bestand S. mit seiner Compagnie die Feuerprobe. Graf Auersperg hatte mit der Wiener Garnison im fürstlich Schwarzenberg’schen Palais Posto gefaßt, von dort schickte er, während er mit dem Reichstage feindlich verhandelte, Sendboten an Windisch-Grätz und Jellačić, welche immer näher heranrückten, um die Stadt mit den eisernen Armen ihrer Armeen zu umfassen. Die Haltung des Militärs gegen die Garde war eine ausgesprochen feindliche. Da mit einem Male kam an Schmidt am 12. October die Meldung, die ganze Wiener Garnison habe sich aus dem Staube gemacht, er [224] mit noch einem Hauptmann des nächsten Bezirkes solle das verlassene Lager übernehmen und die Effecten an das Obercommando abführen. Kaum war dieser unter allen Umständen höchst beschwerliche und unangenehme Auftrag vollzogen, erhielt die Nationalgarde Befehl, die Linien zu verbarricadiren und sich zur Vertheidigung der Wälle bereit zu hatten. Also offener Bürgerkrieg, die vaterländische Nationalgarde gegen die vaterländische Armee! Und was der ganzen Verwirrung die Krone aufsetzte: Finanzminister Kraus wies die Gelder zur Vertheidigung Wiens aus dem Staatsschatze an, sanctionirte also ein Unternehmen, wofür später Messenhauser, Jelinek und Andere im Stadtgraben erschossen wurden!! S. führte sein Commando, bis die Stadt der Uebermacht in die Hände fiel. Mit der Einnahme Wiens war seine Rolle als Nationalgarde-Hauptmann ausgespielt; die Nachwehen blieben nicht aus, wenngleich sie auch Monate auf sich warten ließen. Ende Juni 1849 erhielt er die Vorladung vor das Strafgericht, nach mehrmaliger Vernehmung erfolgte die gänzliche Freisprechung und dann zeigte sich, wie wieder ganz natürlich in jenen argwöhnischen Kreisen, welche für die Correctheit des Beamten ihren besonderen Codex führen, jene reservirte Haltung, die den seiner Manneswürde sich bewußten, frei, aber ehrlich denkenden Patrioten diesen Wohldienern gegenüber mit Unwillen und Entrüstung erfüllt. Von nun an lebte S. seinem amtlichen Berufe, seinen schriftstellerischen Arbeiten, wozu sich noch ein drittes gesellte, die Pflege der Obstbaumzucht, die er schon im Jahre 1847 in einem eigens zu diesem Zwecke gepachteten Garten in Wien begonnen hatte, nun aber, nachdem er im Februar 1849 in Hadersdorf nächst Wien ein Anwesen mit einem großen Garten gekauft, ganz ernstlich betrieb. Er errichtete Samen- und Baumschulen, verschaffte sich Bäume und Edelreiser aus den fernsten Gegenden, und was er im Anbeginn zu seinem Vergnügen betrieben, setzte er nun als Fachmann wissenschaftlich fort. Die Resultate, welche er erzielte, waren nach zwei Seiten lohnend, sein Beispiel wirkte zuvörderst in der nächsten Umgebung ermunternd und fördernd, und dieß um so mehr, als er selbst eine nicht unbedeutende Anzahl von veredelten Bäumen an ärmere Landleute verschenkte, dann aber wurde ihm bei der im Jahre 1862 stattgehabten Obstausstellung für das von ihm ausgestellte selbsterzeugte Tafel- und Wirthschaftsobst die große Medaille zuerkannt. Ueber seine schriftstellerische Thätigkeit in dieser Richtung geschieht weiter unten bei Aufzählung der Werke S.’s nähere Erwähnung. Immer ein Förderer des geselligen Lebens mit nächster Zuhilfenahme des Gesanges und der Musik, gründete S. im Jahre 1853 unter den Zöglingen der seinem Hadersdorfer Tusculum nächstgelegenen Mariabrunner Forstakademie eine Liedertafel, welche sich einige Jahre erhielt und im Jahre 1858 über Anregung des Capellmeisters Stegmayr die Wiener Singakademie nach dem Muster der in Berlin bestehenden, die am 4. Mai g. J. eröffnet und zu deren Vorstand S. in der im October g. J. einberufenen General-Versammlung gewählt wurde, welche Stelle er durch zwei Jahre versah. Als dann im Jahre 1863 die ersten Schritte zur Gründung eines österreichischen Beamten-Vereins geschehen, betheiligte sich S. als Mitglied des Gründungscomité’s an der Ausarbeitung der Statuten und später – am 20. November 1864 zum Verwaltungsrathe des ersten [225] allgemeinen Beamten-Vereins der österreichischen Monarchie gewählt – bis zum Jahre 1867 an den Berathungen desselben. In seinem amtlichen Berufe war S. zum Controlor der Staats-Hauptcassen vorgerückt und hatte als solcher wiederholt längere Zeit provisorisch den Cassendirectors-Posten versehen. Im Juni 1869 bat er um seine Versetzung in den Ruhestand, welche ihm mit Decret vom 1. April 1870 mit gleichzeitiger Anerkennung seiner langjährigen treuen und eifrigen Verwendung gewährt wurde. Während dieser ganzen Zeit blieb S. in seinem schriftstellerischen Berufe ununterbrochen thätig, und neben mehreren selbstständigen Arbeiten veröffentlichte er Vieles in Journalen und Fachblättern. Die Titel seiner Werke und wichtigeren zerstreut gedruckten Aufsätze sind: „Rosen, gestreut auf das Grab meiner Gattin Magdalena Maria“ (Wien 1836), Schmidt hatte sich in erster Ehe mit Maria Magdalena, Tochter des Wiener Buchdruckers Franz Ludwig verheirathet, die Gattin aber bereits nach sechs Wochen an der Cholera verloren. Ihr sind die obigen „Rosen“ gewidmet, zu welchen überdieß Boltz [Cavilha, Bd. XIV, S. 414] Fitzinger, J. N. Vogl, Heinrich Krafft und Andreas Schumacher Beiträge geliefert haben. Das Büchlein selbst ist nie in den Handel gekommen; – „Musikalische Reisemomente (Hamburg 1846, J. Schuberth, 8°.), die Ergebnisse einer Reise, welche Schmidt im Interesse seiner Musik-Zeitung durch ganz Deutschland gemacht, und auf welcher er vornehmlich den deutschen Liedertafeln, Musikvereinen, Lehrinstituten und Opernhäusern seine Aufmerksamkeit zuwendete. Die Berichte erschienen anfänglich in seiner Zeitung und dann als Buch zusammengestellt unter dem obigen Titel: – „Wegweiser für Eisenbahnreisende von Wien nach Bruck an der Leitha“ (Wien 1847, Pfautsch u. Voß); – „Der Tourist und Führer durch die schönsten Gegenden der Umgebung Wiens“ (ebd. 1847, Wittenbecher, Siegel u. Kollmann, mit einer Karte von Franz v. Elekes), diese und die vorige Schrift erschienen ohne S.’s Namen; – „Der Wiener Männergesang-Verein. Geschichtliche Darstellung seines Entstehens und Wirkens zur Feier seines fünfundzwanzigjährigen Jubiläums“ (Wien 1868, Carl Fromme, 8°.); – „Denksteine. Biographien von Ign. Ritter von Seyfried, Joseph Edlen v. Eybler, Ignaz Franz Edlen v. Mosel, W. A. Mozart (Sohn), Hieronymus Payer, Johann Gänsbacher, Joseph Weigl, Thaddäus Grafen Amadé v. Varkony. Mit den von Joh. Stadler lithographirten Porträts der betreffenden Künstler“ (Wien 1848, Mechitaristen, 4°.), das Werk, ein schätzenswerther Beitrag zur Biographik der Tonkünstler, fiel in die 1848ger Periode und wurde in Folge dessen wenig, ja fast gar nicht beachtet. An die schon vorerwähnten belletristischen Arbeiten Schmidt’s schließen sich nun im Jahrgange 1863 der „Thalia“ die militärische Novelle: „Das Avancement“; – im Jahrg. 1864 die Erzählung: „Das Kirchlein im See“ und im Jahrg. 1866: „Die Verlobte eines Dämons“ (auch im Journal: „Wanderer“ 1864, Nummern vom 18.–30. April); – im „Wanderer“ 1862: „Eine Nacht auf der Haide“ (5., 8., 11. März). Von Schmidt’s sonstigen literarischen, fast ausschließlich im politischen Journale „Wanderer“ abgedruckten Beiträgen sind anzuführen: zur Kunstgeschichte: „Schikaneder’s Theater“ (22. December 1869); – „Grundsteinlegung des neuen Musik-Vereins-Gebäudes“ (6. Jänner 1870); – „Die Meistersinger“ (12. Februar [226] 1870); – „Ueber die Chronik der Linzer Liedertafel“ (20. Juli 1870); – „Jähns’ C. M. v. Weber“ (22. Juni 1871); – zur Topographie: „Ueber Wieliczka und Krakau“ (22.–28. Sept. 1864); – „DerNeusiedler-See“ (19.–22. Sept. 1866); – „Füred und der Platten-See (21., 22. August 1867); – Biographien und Nekrologe: „Meyerbeer (5. Mai 1864); – „August Poltz [Cavilha]“ (21. Juli 1864); – „Maler Johann Nejebse“ (22. April 1865); – „Johann Nep. Vogl“ (19. November 1866) [die ausführlichere Biographie seines Freundes veröffentlichte Schmidt in dem von Vogl begründten Volkskalender im Jahrgange 1869 und sind von derselben auch Separatabdrücke vorhanden; Nachträge brachte er im Jahrgange 1870]; – „Die großen Geiger (8., 15., 23., 30. Jänner und 6. Februar 1868), ein viel nachgedruckter Artikel; – „Karl M. Groß [Athanasius]“ (24. Februar 1868); – „Rossini“ (17. November 1868); – „Alexander Dreyschock“ (4. April 1869); – „Karl Breymann“ (13. u. 16. Februar 1870); – „Joseph Haydn’s Jubiläum“ (3. April 1871); – „Giulietta Grisi“ (3. April 1871); – „Ferdinand Prantner“ (9. Mai 1871); überdieß besorgte Schmidt für den „Wanderer“ vom Jahre 1850, bis das Blatt im Jahre 1872 auf eine polnische Gesellschaft überging, unter der dieses zweitälteste Blatt Wiens an der Entkräftung starb, ausschließlich die musikalisch-kritischen Artikel, und zwar seit 1856 als ständiger Musik-Referent dieses Journals. Wie schon bemerkt, war Schmidt auch Pomolog, und ebenfalls im „Wanderer“ erschienen von ihm außer zahlreichen literarischen Anzeigen landwirthschaftlicher Schriften auch kleinere und größere landwirtschaftliche Artikel, unter denen hier angeführt seien: „Ueber Bepflanzung der Communalwege mit Obstbäumen“ (18. December 1852; 18./19. Februar 1853);– „Ueber Gemeinde-Baumschulen“ (27. März 1853); – „Die Obstbaumzucht vom national-ökonomischen Standpuncte“ (31. August, 1. u. 2. September 1853); – „Anpflanzung der Roßkastanie“ (15. April 1856); – „Nutzen des Anbaues der Topinambur“ (9. Mai 1856); – „Ueber Obsternte“ (26. April 1861); – „Ueber landwirthschaftliche Kammern“ (5. Sept. 1862); – „Die Aufhebung des Bestiftungszwanges“ (17. Februar 1865); – „Ueber Seidenzucht“ (1. Februar 1871). Ueberdieß war S. über zwei Jahre (1850 bis 1852) als Wiener Correspondent für die von Schott in Mainz herausgegebene „Süddeutsche Musik-Zeitung“ thätig. Noch sei hier einiger Thatsachen gedacht an denen Schmidt zunächst betheiligt ist. Ueber seine in der „Musik-Zeitung“ veröffentlichte Aufforderung, den Grabstein Joseph Haydn’s auf dem Hundsthurmer-Friedhofe herzustellen, übernahm der Musikfreund Ferdinand Graf Stockhamer die Ausführung dieses Actes der Pietät. Ebenso war die volle Restauration des Denkmals, das Haydn zu Ehren in Rohrau steht, Schmidt’s Werk. Dadurch wird die Angabe der „Sonntagsblätter“ von L. A. Frankl, nach welcher Ritter von Luccam die Veranlassung zur Herstellung der Büste und des Denkmals von Haydn in Rohrau gegeben, berichtigt. Luccam kam Schmidt nur in der Veranstaltung der Enthüllungsfeier zuvor und maßte sich ein Verdienst an, das ihm gar nicht gebührt. Endlich regte S. auch die Wiederherstellung des Denkmals des Tonheros Gluck auf dem Matzleinsdorfer Friedhofe an und wurde in Folge der [227] bei der Enthüllungsfeier gehaltenen Rede das Opfer der Chikanen und Verfolgungen des Polizeiministers Grafen Sedlnitzky, welche so weit gingen, daß S. sich genöthigt sah, die Redaction der Musik-Zeitung niederzulegen, da ihm die niedrigen Nergeleien, welche der Graf gegen ihn in Anwendung brachte, die Fortführung der Redaction unmöglich machten. Es ist ein reiches und thätiges Leben, welches sich uns in dem S.’s darstellt, und es fehlte demselben auch in den betheiligten Kreisen nicht an mannigfacher Anerkennung: die Universität Jena graduirte S. zum Doctor der Philosophie, Se. Majestät der Kaiser Ferdinand zeichneten ihn mit der goldenen Medaille de litteris merito aus, viele Vereine nahmen ihn als Ehren- oder correspondirendes Mitglied auf, so u. a. die Accademia dei maestri e professori di musica di Sta. Caecilia (1842), die Musikvereine zu Pesth, Oedenburg und Güns, der Musikverein in letzterer Stadt ernannte ihn zum Ehren-Capellmeister mit der Verpflichtung, jährlich ein Vereins-Concert persönlich zu dirigiren, die Stadt Güns verlieh ihm das Ehrenbürgerrecht; ferner schickten ihm der Salzburger Dom-Musikverein, das Mozarteum, der Wiener Sängerbund, der Schubertbund ihre Diplome; der historische Verein für Unterfranken ernannte S. zum correspondirenden Mitgliede, ebenso der Henneberg’sche alterthumsforschende Verein in Meiningen anläßlich einer Abhandlung, welche S. über die in Steinamanger in Ungarn aufgefundenen römischen Alterthümer, als Todtenurnen, Aschenkrüge, Thränenkelche und Grablampen, geschrieben, und eingesendet; der Liederkranz in New-York schickte an S. im Juni 1869 das goldene Sängerzeichen und im November 1873 das deutsche Hochstift in Frankfurt das Diplom eines Ehrenmitgliedes und Meisters desselben. Schmidt, der im April 1873 seine Besitzung in Hadersdorf verkauft, lebt nun ganz seiner Muße, mit der Abfassung seiner Erlebnisse beschäftigt, in Unter-St. Veit nächst Wien im eigenen Hause. Aus seiner im Jahre 1839 geschlossenen zweiten Ehe mit Josephine Gerstner (gest. 12. Juli 1848) hat S. drei Töchter, von denen eine sich jüngst (im October 1847) mit dem k. k. Forst-Ingenieur Breymann, dem Sohne des Mariabrunner Professors Karl Breymann [Bd. XXIV, S. 366], vermälte. Außer an seinen Erlebnissen arbeitet S. auch an einer Geschichte der Wiener Kunstzustände vom Beginne dieses Jahrhunderts und an einer Geschichte des Theaters an der Wien. In der Geschichte des Wiener Musik- und Vereinslebens nimmt S. eine bleibende und hervorragende Stelle ein. Mit einer sich der edelsten Ziele bewußten Zähigkeit ging S. an die Bildung des Wiener Männergesang-Vereins, dessen europäischer Ruf fest steht und der kein eben leicht zerbröckelnder Kitt ist, welcher die Herzen des deutschen Oesterreichs und Deutschlands zusammenhält. Frei in seinem Denken, frei in seinem gesetzlichen Wollen, bot er kühn die Stirne dem kleinlichen Geistes-Eunuchen Sedlnitzky, der im Vormärz in beispielloser Willkür die Zuchtruthe über die Geister und Kämpfer in Oesterreich schwang. Lieber legte er die Redaction eines Blattes nieder, das sich unter seiner energischen Leitung von Jahr zu Jahr mehr emporgeschwungen und zu einem guten Fachblatte gestaltet hatte, ehe er die kleinlichen Chikanen des Gedankenschergen ferner ertragen mochte. Daß aber S. die Seele des Blattes war, dafür spricht das Siechthum, dem es nach seinem [228] Rücktritte allmälig verfiel, bis es endlich ganz aufhörte.

Schilling (G. Dr.). Das musikalische Europa (Speyer 1842, F. C. Neidhard, gr. 8°.) S. 299. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 476. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, gr. 8°.) S. 755. – Neue freie Presse (Wiener polit. Journal) 1865, Nr. 138. – Wiener allgemeine Musik-Zeitung, herausg von Dr. August Schmidt (4°.) V. Jahrg. (1845), S. 545, in der „Local-Revue“ ]wenn irgend noch ein Zweifel bestünde, daß Schmidt der Gründer des Männergesang-Vereins, diese Mittheilung wird ihn aufklären, welche Nachricht gibt von der Ueberreichung des Ehrenbechers an den „Gründer des Männergesang-Vereins Dr. August Schmidt“ durch die Mitglieder dieses Vereins; sie fand Statt in feierlicher Weise am 8. November 1845 – sie sollte am 2. stattfinden, wurde aber verschoben]; – dieselbe, VII. Jahrg. (1847), Nr. 76 u. 77: „An die Leser dieser Zeitung“. [An dem Tage, an welchem S. von der Leitung dieses Blattes, welche er siebenthalb Jahre geführt, zurücktrat, gab er eine Uebersicht des in dieser Zeit Geleisteten, und diese interessante Uebersicht ist der Inhalt des erwähnten Artikels.] – Presse (Wiener polit. Blatt) 1862, Nr. 112, im Feuilleton: „Aus halbvergangener Zeit. IX. Der Männer-Gesang-Verein“. – Porträte. 1) Lithographie von Stadler aus dem Jahre 1846 (Fol.); – 2) Lithographie von Haala über Veranstaltung der Nationalgarden der von Schmidt commandirten Compagnie, in Nationalgarde-Uniform, mit folgendem Facsimile: Für die Freiheit mein Leben, | Den Kameraden meine Treue, | Mein Schwert gegen jeden Feind des Vaterlandes, l Dr. August Schmidt, Garde-Hptm. ; – 3) ein in Oel gemaltes Bildniß befindet sich im Sitzungssaale des Männergesang-Vereins, für den es der Maler Karl Rahl ausgeführt hat.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Kuferstecher
  2. Vorlage: [Bd. XIII, S. 398]
  3. Ziegelhauser, Georg Julius.