Schachendspiele/ Bauernendspiele/ Positionsvorteil
Entfernter Freibauer
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Ein entfernter Freibauer stellt in einem Bauernendspiel einen wichtigen Vorteil dar. Wenn jeweils beide Könige einen gegnerischen Freibauern aufhalten und schlagen müssen, gewinnt am Ende diejenige Seite, deren König als erster zu den Bauern am anderen Flügel gelangt.
1.Kb3-c3 c5-c4 2.a3-a4+ Kb5xa4 Es ist nutzlos, dieses Schlagen aufzuschieben, weil Weiß sonst einfach seinen a-Bauern immer weiter vorrückt
3.Kc3xc4 Ka4-a3 4.Kc4-d5 Ka3-b3 5.Kd5-e5 Kb3-c3 6.Ke6-f6 Kc3-d3 7.Kf6xg6 Kd3-e3 8.Kg6xh5 Ke3-f3 9.Kh5-g5 Kf3xg3 10.h4-h5 Weiß hat entscheidenden Vorteil
Dieses zweite Beispiel ist ebenfalls sehr leicht zu verstehen:
1.f4-f5 Kd5-e5 2.f5-f6 Ke5xf6 3.Kd3xd4 Kf6-e6 4.Kd4-c5 Ke6-d7 5.Kc5xb5 Kd7-c7 6.Kb5-a6 Kc7-b8 7.Ka6-b6 mit Gewinnstellung
Blockierte Bauern
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Weiß am Zug gewinnt:
1.b2-b4! blockiert die schwarzen Bauern
1... Kf5-e6 Der Bauerndurchbruch c6-c5 hilft nicht, weil nach b4xc5 der weiße Bauer mit einem Schachgebot zur Dame wird
2.Kf4-e4 Ke6-d6 3.Ke4-d4 Kd6-e6 4.Kd4-c5 Ke6-d7 5.f4-f5 Kd7-c7 6.f5-f6 Kc7-d7 7.f6-f7 Kd7-e7 8.Kc5xc6 Weiß gewinnt
Schwarz am Zug hält leicht Remis:
1...c6-c5! Verhindert die Blockade des Bauern, die soeben zum Verlust führte
2.b2-b3 c5-c4 3.b3xc4 b5xc4 4.Kf3-e3 c4-c3 5.Ke3-d3 Kf5xf4 6.Kd3xc3 Zwei nackte Könige sind natürlich Remis
In Stellung 4a sind die Figuren am Königsflügel um eine Linie nach rechts verschoben. Deshalb kann Schwarz Remis halten, auch wenn Weiß am Zug ist:
1.b2-b4 c6-c5! Im Unterschied zur vorhergehenden Stellung zieht Weiß auf c8 nicht mit Schach ein, sodass sich Schwarz auf b1 ebenfalls eine Dame holen kann.
2.b4xc5 b5-b4 3.c5-c6 b4-b3 4.c6-c7 b3-b2 5.c7-c8D b2-b1D Siehe Diagramm 4b
In diesem Damenendspiel hat Weiß zwar einen Bauern mehr und ist am Zug, trotzdem endet die Partie nur Remis. Es gibt keine Möglichkeit, den weißen Bauern vorzuziehen und gleichzeitig genügend Felder zu haben, um den eigenen König vor Schachgeboten zu verstecken. Werden die Damen abgetauscht, entsteht ein remises Bauernendspiel.
Weiß am Zug gewinnt:
1.a4-a5! Blockiert die schwarze Bauernmajorität am Damenflügel. Schwarz hat danach dem Plan des Weißen, einen entfernten Freibauern am Königsflügel zu bilden, nichts mehr entgegen zu setzen.
1...Ke6-d6 2.g2-g4 Kd6-e6 3.h2-h4 c6-c5 4.g4-g5 Kd6 5.h5 Ke6 6.g6 Siehe Diagramm 5b
6...h7xg6 7.h5xg6 Ke6-f6 8.Ke4-d5 Kf6xg6 9.Kd5xc5 Kg6-f6 10.Kc5-b6 Kf6-e6 11.Kb6xb7 Ke6-d6 12.Kb7xa6 Kd6-c6 13.b2-b4 Siehe Diagramm 5c
Allerdings gewinnt Weiß auch ohne diese Blockade, zum Beispiel wenn Schwarz am Zug 1...b7-b6 spielt. In diesem Fall besteht der entscheidende Vorteil von Weiß in dem entfernten Freibauern, den er auf der g-Linie bilden kann. Während der schwarze König diesen Bauern beseitigen muss, bricht der weiße König am Damenflügel ein.
Reservetempo
[Bearbeiten]Bereits in einigen diskutierten Stellungen zeigte es sich, dass Zugzwang ein wichtiges Motiv in Bauernendspielen ist. Wenn sich die Könige in Opposition befinden und sich gegenseitig am Durchbrechen hindern, ist meist diejenige Seite im Nachteil, die die Opposition aufgeben muss, weil sie keinen anderen Zug hat.
In Stellung 6a kann Weiß zum Beispiel nicht gewinnen, weil er die Schlüsselfelder des Bauern d4 (c7, d7, e7, c6, d6, e6) nicht erobern kann:
1.Kd5-e5 Kd7-e7 2.d4-d5 Ke7-d7 3.d5-d6 Kd7-d8! 4.Ke5-e6 Kd8-e8 5.d6-d7+ Ke8-d8 6.Ke6-d6 Patt.
In Stellung 6b hat Weiß ein Reservetempo, er kann d3-d4 ziehen. Dadurch wird Schwarz an den Zug gebracht, muss die Opposition aufgeben und verliert:
1.d3-d4! Kd7-e7 2.Kd5-c6 Weiß kontrolliert ein Schlüsselfeld und gewinnt.
In dieser Stellung verfügt Weiß über drei Reservetempi (f3-f4, h2-h3, h3-h4). Formal hat auch Schwarz einen Bauernzug übrig (g6-g5), es zeigt sich aber, dass er diesen nicht nutzen kann:
1.Kg2-h3 Schwarz kann nicht g6-g5 spielen, weil er dann nach f3-f4 Material verliert
1...Ke8-f7 2.Kh3-h4 Kf7-f6 3.f3-f4 Das erste Reservetempo, Weiß erobert das Feld g5
3...Kf6-f7 4.Kh4-g5 Kf7-g7 5.h2-h3 Das zweite Reservetempo, Weiß dringt nach h6 ein
5...Kg7-f7 6.Kg5-h6 Kf7-f6 7.Kh6-h7 Kf6-f7 (Auf 7...g6-g5 folgt 8.Kh7-h6 g5xf4 9.g3xf4 mit Gewinn)
8.h3-h4 Das dritte Reservetempo, Schwarz wird von seinen Bauern vertrieben
8...Kf7-f6 9.Kh7-g8 Weiß erobert die schwarzen Bauern
Bauerndurchbruch
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Eine sehr bekannte Stellung. Wegen des weit entfernten schwarzen Königs (er steht außerhalb des Quadrats des Bauern auf c5) kann Weiß einen Durchbruch unternehmen:
1.b5-b6!
a) 1...c7xb6 2.a5-a6 b7xa6 3.c5c6 Der c-Bauer geht zur Dame
b) 1...a7xb6 2.c5-c6 b7xc6 3.a5-a6 Der a-Bauer geht zur Dame
1.g4-g5 h6xg5 (Mit 1...Kd5-e5 kann Schwarz in das Quadrat des g-Bauern gehen und diesen aufhalten. Aber nach 2.g5-g6 besitzt Weiß einen gedeckten Freibauern und gewinnt leicht. )
2.h5-h6 In das Quadrat dieses Bauern kann der schwarze König nicht mehr laufen und der schwarze g-Bauer ist weiter vom Umwandlungsfeld g1 entfernt als der weiße h-Bauer von h8. Weiß gewinnt.
1.e5-e6! f7xe6 Schwarz kann diesen Bauern nicht ignorieren, weil er sonst weiter vorrückt
2.Ka1-a2 e6-e5 3.Ka2xa3 e5-e4 4.Ka3-b4 Der weiße König steht im Quadrat des schwarzen e-Bauern und wird diesen erobern, während der schwarze König an den gedeckten weißen Freibauern auf f6 gefesselt ist.
1.b2-b4! a5xb4 Dieser Zug ist nur die Nebenvariante, der die Idee des Durchbruchs illustriert. Nach 2.a4-a5 befindet sich der schwarze König außerhalb des Quadrats des a-Bauern, der mit Schach(!) in eine Dame umgewandelt wird. Der weiße König kann nicht beide schwarzen Bauern aufhalten. Aber er kann einen von ihnen vernichten, indem er sich zu demjenigen begibt, der zuerst vorrückt. Das reicht, um die benötigten Tempi für die Umwandlung auf a8 zu gewinnen.
Die Hauptvariante ist komplizierter:
1...Kf8-e7 2.b4-b5 Ke7-d6 Der schwarze König befindet sich im Quadrat des b-Bauern, aber dieser ist ein gedeckter Freibauer, den er nicht erobern kann.
3.Kd2-e2 Kd6-e6 4.Ke2-f3 Ke6-e5 Siehe Diagramm 11b. Der schwarze König kann beides, im Quadrat des b-Bauern bleiben und seinen f-Bauern verteidigen
5.Kf3-g4! Der einzige Gewinnweg. Weiß lässt die Umwandlung des f-Bauern in eine Dame zu, um seinen b-Bauern ebenfalls in eine Dame zu verwandeln.
5...Ke5-e4 Der schwarze König hat das Quadrat verlassen, um seinen eigenen Bauern zu unterstützen. Alles andere ist chancenlos.
6.b5-b6 f4-f3 7.Kg4-g3 Die Position des weißen König ist im späteren Damenendspiel wichtig.
7...Ke4-e3 8.b6-b7 f3-f2 9.b7-b8D f2-f1D Siehe Diagramm 11c. Schwarz kann den Damentausch nicht vermeiden.
10.Db8-e5+ Ke3-d2 (Kd3? Db5+!) 11.De5xa5+ Kd2-d1 12.Da5-d5+ Kd1-c1 (Kc2? Dg2+!) 13.Dd5-c5+ Kc1-d1 (Kb1? Db5+!) 14.Dc5-d4+ Kd1-c2 15.Dd4-f2+ mit Damentausch und gewonnenem Bauernendspiel