Uman
Uman (ukrainisch und russisch Умань, polnisch Humań) ist eine Stadt in der Ukraine im Osten der historischen Region Podolien. Sie gehört zur Oblast Tscherkassy und ist zugleich Verwaltungssitz des Rajons Uman.
Uman | |||
Умань | |||
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Basisdaten | |||
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Oblast: | Oblast Tscherkassy | ||
Rajon: | Kreisfreie Stadt | ||
Höhe: | 166 m | ||
Fläche: | 41,0 km² | ||
Einwohner: | 88.300 (1. Januar 2004) | ||
Bevölkerungsdichte: | 2.154 Einwohner je km² | ||
Postleitzahlen: | 20300 | ||
Vorwahl: | +380 4744 | ||
Geographische Lage: | 48° 45′ N, 30° 13′ O | ||
KOATUU: | 7140800000 | ||
Verwaltungsgliederung: | 1 Stadt | ||
Adresse: | пл. Леніна 1 20300 м. Умань | ||
Website: | http://uman-rada.gov.ua/ | ||
Statistische Informationen | |||
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Geschichte
Erste Siedlungsspuren auf dem Gebiet des heutigen Uman lassen sich bis 3000 v. Chr. nachweisen, durch ständige Konflikte mit einfallenden Horden dürfte eine durchgehende Besiedlung bis ins 16. Jahrhundert jedoch unwahrscheinlich gewesen sein.
Nach mehreren erfolgreichen Feldzügen des polnisch-litauischen Hetmans Roman Sanguszko gegen die Tataren, wurde das mehrheitlich von Ukrainern bewohnte Gebiet ab 1566 schrittweise in den polnischen Staat eingegliedert und Teil der neu geschaffenen polnischen Woiwodschaft Bracław. Der Name der heutigen Stadt fand seine erste urkundliche Erwähnung als Umań jedoch erst 1609. Eine so bezeichnete Wüstung war dem polnischen Magnaten Walenty Kalinowski übertragen worden, der in der Folge an der Stelle eine Festung errichten ließ und polnische Siedler anwarb. 1616 wurde die rasch wachsende Siedlung im Schatten der Festung zur Stadt erhoben und war bis 1629 auf rund 6000 Einwohner angewachsen, die mehrheitlich aus Polen sowie Angehörigen der jüdisch-polnischen Minderheit bestanden.
Im Zuge der Osmanisch-Polnischen Kriege gelang die Stadt von 1672 bis 1699 zwischenzeitlich unter die Kontrolle des Osmanischen Reiches. Nach der Rückführung ins Polnische Königreich verlieh man ihr unter dem Namen Humań schließlich 1706 das Magdeburger Stadtrecht. In den Folgejahren ließ der polnische Magnat Stanisław Kostka-Ortyński zahlreiche Neubauten und neue Festungsanlagen errichten. Die Stadt blieb von den Konflikten in der Region jedoch nicht verschont. Insbesondere Aufstände der ukrainischen Bauern gegen die polnischen Feudalherren mündeten 1768 im Massaker von Uman, bei dem unter der Leitung der ukrainischen Kosaken Maksym Salisnjak und Iwan Gonta schätzungsweise 2000 jüdische, katholische und unierte Bewohner der Stadt ermordet wurden.[1]
Nach den Teilungen Polens kam Uman an das Russisches Kaiserreich, blieb jedoch unter Verwaltung des polnischen Magnaten Stanisław Szczęsny-Potocki. Zwischen 1796 und 1802 ließ dieser von dem preußischen Landschaftsarchitekten Ludwig Metzel den Sophienpark anlegen, der nach Szczęsny-Potockis griechischstämmiger Ehefrau Zofia benannt wurde.
Uman entwickelte sich ab dem 18. Jahrhundert zu einem wichtigen Zentrum sowohl der polnischen als auch der jüdischen Kultur. Mit knapp über 31.000 Einwohnern war sie zu jener Zeit auch die zweitgrößte Stadt in der historischen Region Podolien. Die Stadt war darüber hinaus einer der wichtigsten Schauplätze des Novemberaufstandes von 1830. Nach dessen Niederschlagung verlor die polnische, zumeist katholische, Bewohnerschaft jedoch an Bedeutung. Bis 1914 lebten nur noch 2.100 Polen in Uman, gleichzeitig wuchs der Anteil der jüdischen Einwohner durch Neuankömmlinge kontinuierlich an. So waren vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges mehr als 60 Prozent der Einwohner Umans Juden.[2]
Ab 1917 wurde Uman Teil der kurzlebigen Ukrainischen Volksrepublik. 1919 ermordeten die Truppen des ukrainischen Ataman Matwij Hryhorjew in Uman etwa 350 Juden ermorden.[3] 1920 war die Stadt zudem ein bedeutender Schauplatz des Polnisch-Sowjetischen Krieges, wurde allerdings 1922 in die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik eingegliedert.
Im Zweiten Weltkrieg kam es in Uman zu zahlreichen Massakern des NKWD sowie 1941 in der Nähe der Stadt zwischen der Wehrmacht und der Roten Armee zur Kesselschlacht bei Uman. Diese dauerte vom 3. bis 8. August 1941, wobei beide Kriegsparteien große Verluste erlitten. Rund 100.000 sowjetische Soldaten gerieten in deutsche Gefangenschaft. Nach der Einnahme der Stadt durch die Wehrmacht wurde am nordöstlichen Stadtrand ein Feldflughafen eingerichtet. Nachdem die Rote Armee mit einem Keil schon Ende Januar 1944 fast bis zum Feldflughafen vorgedrungen war, der bis in die Höhe von Swenyhorodka zurückgedrängt wurde, gelang ihr in der ersten Märzwoche 1944 die Rückeroberung von Uman im Zuge der Uman-Botosaner Operation. Unverzüglich danach wurde am Stadtrand vom NKWD das Sammellager Nr. 33 für Kriegsgefangene eingerichtet. Während der deutschen Besatzungszeit waren ferner über 14.000 Juden aus Uman deportiert worden.
1991 wurde Uman mit seinen damals etwa 91.000 Einwohnern Teil der unabhängigen Ukraine. Die jüdische Gemeinde der Stadt wächst seitdem wieder kontinuierlich und zieht auch Einwanderer aus Israel an, die im Tourismus tätig sind.
Im Verlauf des russischen Überfalls auf die Ukraine 2022 wurde Uman durch russische Artillerie beschossen, wobei ein Fahrradfahrer ums Leben gekommen ist. Der Vorfall wurde auf Video festgehalten.[4]
Wichtige Pilgerstätte chassidischer Juden
Uman hat sich zu einer bedeutenden Pilgerstätte des Chassidismus entwickelt.
1963 erreichte der in New York lebende Rabbiner Gedaliah Fleer auf der Suche nach dem Grab des für die Chassiden bedeutenden Rabbiners Nachman von Bracław das damals militärisch gesperrte Uman, nachdem er im Jahr zuvor bei einem ersten Versuch kurz vor der Stadt festgenommen worden war. Dieser Erfolg sprach sich schnell herum. Danach folgten zunächst weitere illegale Reisen chassidischer Juden; in der späteren Sowjetzeit gab es einzelne Uman-Reisen, die von der offiziellen Agentur Intourist organisiert wurden.[5]
Nach dem Zerfall der Sowjetunion entwickelte sich die Stadt zu einer jüdischen Pilgerstätte. Mittlerweile kommen allein an Rosch ha-Schana, dem jüdischen Neujahrstag, jährlich etwa 30.000 Pilger nach Uman.[6][7]
Wirtschaft und Verkehr
Der wirtschaftliche Schwerpunkt der Stadt liegt auf dem Maschinenbau und der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Uman liegt an den Fernstraßen M 05 (Kiew–Odessa) und M 12 (Winnyzja–Kropywnyzkyj), welche sich in der Stadt kreuzen.
Städtepartnerschaften
Uman unterhält folgende Städtepartnerschaften[8]:
- Ashkelon, Israel
- Davis, USA
- Gniezno, Polen
- Haapsalu, Estland
- Kórnik, Polen
- Łańcut, Polen
- Milford Haven, Wales, Groß Britannien
- Nof HaGalil, Israel
- Radviliškis (Radwilischken), Litauen
- Romilly-sur-Seine, Frankreich
- Safed, Israel
Söhne und Töchter der Stadt
- Iwan Skoropadskyj (1646–1722), Hetman der ukrainischen Kosaken
- Mykola Biljaschiwskyj (1867–1926), ukrainischer Archäologe, Anthropologe, Ethnograph und Kunsthistoriker.
- Mordechai Spektor (1858–1925), jiddischer Erzähler
- Jan Cherniavsky (1892–1989), kanadischer Pianist
- Mischel Cherniavsky (1893–1982), kanadischer Cellist
- Ilja Maiselis (1894–1978), ukrainisch-russischer Schachspieler, Theoretiker, Historiker und Literat
- Igor Smolitsch, Kirchenhistoriker
- Valentin Gitermann (1900–1965), Schweizer Historiker, Lehrer, Redakteur und Politiker
- Jurij Smolytsch (1900–1976), ukrainisch-sowjetischer Schriftsteller
- Elie Spivak (1902–1960), kanadischer Geiger und Musikpädagoge
- Iwan Tschernjachowski (1906–1945), sowjetischer General
- Sara Barkin (1908–2002), kanadische Sängerin und Pianistin
- Mark Zborowski (1908–1990), Anthropologe und NKWD-Agent
- Jack Barkin (1914–1996), kanadischer Sänger
- Iossif Iljitsch Gichman (1918–1985), Mathematiker
- Oxana Suprun (1924–1990), Bildhauerin
- Jakiw Lapynskyj (1928–2020), Komponist
- Oleksij Pawlenko (* 1977), ukrainischer Minister
- Wolodymyr Ostaptschuk (* 1984), Radio- und Fernsehmoderator
Weblinks
- Website über den Sophienpark (Memento vom 23. September 2009 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- Eintrag HAIDAMACKS in der Jewish Encyclopedia, abgerufen am 5. April 2016
- Paul R. Magocsi: Historical Atlas of Central Europe. University of Washington Press, Seattle 2002. ISBN 978-0-295-98146-8. S. 109.
- The slaughter of the Jews in the Ukraine in 1919. In: Internet Archive. Abgerufen am 16. September 2021.
- Ukraine Casualties in the Hundreds As Civilians Bear Brunt of Russia's Attack. In: Newsweek. Abgerufen am 27. Februar 2022.
- Konrad Schuller: Im neuen Schtetl. Die Juden im ukrainischen Uman wurden von Stalin deportiert, von Hitler ermordet. Das Grab des großen Rabbis verschwand unter Beton. Jetzt sind die Chassiden wieder da. Zu Tausenden kommen sie aus New York und Israel, singen und tanzen. Ihr höchstes Gebot ist echte Freude. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 22. September 2013.
- Chassiden? - Nein, danke! In: Jüdische Allgemeine vom 13. September 2012.
- Cathrin Kahlweit: Zu Gott tanzen. Wenn die Juden Neujahr feiern, herrscht in Uman Ausnahmezustand. In: Süddeutsche Zeitung vom 26. September 2014, S. 13.
- Міжнародні зв'язки (ru) In: uman-rada.gov.ua. Uman. Abgerufen am 8. November 2021.