Diskussion:blasiert
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[Bearbeiten]{{Herkunft und Bedeutungen}} Das Wort "blasiert" in seiner heutigen Semantik läßt nur noch schemenhaft auf seine Herkunft schließen, letztendlich erklärt es das bezogene Subjekt, den "Blasierten", zu einem Negativum, weil aus psychosozialer Sicht hier eine mögliche passive Herabsetzung Anderer im Allgemeinen oder des Betrachters (Redners) im Besonderen im Bezug auf den "Blasierten" vorausgesetzt wird.
Ausgehend von der Worthistorie muß dem hier jedoch dringend widersprochen werden, auch wenn in entsprechenden historischen Kontexten darin bereits unterschwellig die heutige Bedeutung mitschwingt. Sprachwissenschaftler beklagen die fortschreitende "Antiquiertheit" des Wortes in all seinen Formen innerhalb des modernen deutschen Wortschatzes, obwohl es gegenwärtig und auch zukünftig einen regen Bedarf an Synonymen gibt bzw. geben wird. Es ist daher bedauerlich, daß in der Lexikologie so gut wie keine Hinweise auf den Ursprung des Wortes "blasiert" zu finden sind und nur Synonyme der neuzeitlichen Semantik genannt werden. Der Bedeutungswandel im Laufe der Jahrhunderte hat die Sicht auf den Ursprung des Wortes derart verstellt, daß weder Duden, Fremdsprachenwörterbücher noch Lexika Auskunft über die Herkunft geben. Allerdings würde eine umfassendere Erklärung in den jeweiligen Werken den Rahmen sprengen.
Dabei ist die Worthistorie überraschend interessant. Zeitlich finden wir den Ursprung im Mittelalter, in der Zeit der Tjosten und Buhurts. Räumlich angesiedelt liegt die Quelle wohl im Normannischen, Alemannischen, West- und Mittelfränkischen Reich. Die französischen Wörter "Blason" für "Wappen" und "blasonner" im Sinne von "ein Wappen mit pompösem Zierat aufwerten" sind mit dem deutschen Wort "blasiert" verwandt. Überliefert ist jedoch leider nicht, ob die Ableitung im Deutschen direkt aus dem französischen Substantiv "Blason" oder aus dem später in der Heraldik verwendeten deutschen Verb "blasonieren" erfolgte. Möglicherweise geschah es aus beiden Richtungen parallel.
Beim Blasonieren wurden die Elemente eines Wappens in einer besonderen, künstlerisch ansprechenden Form definiert, was das Wappen in seiner Aussage aufwerten sollte. Je reicher ein Wappen verziert war, umso größer war das Ansehen seines Trägers. Hierbei muß man wissen, daß Wappen in den mittelalterlichen Hierarchien feudale Ansprüche und Hinweise auf ihre Durchsetzungskraft transportierten. Gezeigt wurden symbolisch neben dem Schild auch die Waffen des Trägers. "de Wappen" (althochdeutsch/niederdeutsch) bedeutet nichts anderes als im Angelsächsischen "the Weapons" und im Neuhochdeutschen "die Bewaffnung" einschließlich des Helmes und des bemalten Waffenschildes. Wer also "gewappnet" ging, war bewaffnet, nach heutiger Lesart eher "auf jedwede Situation vorbereitet".
Und wer im Mittelalter es sich leisten konnte, bewaffnet einherzugehen, entweder als freier Ritter oder sogar als territorialer Herr über Bewaffnete, besaß das heroldische Recht, dieses für Jedermann gut sichtbar vor sich her zu tragen. Man protzte also in der Heroldskunst (der "Heraldik") mit der kriegerischen Potenz oder dem Besitz allgemein. Waffen und Schild zeigten die Freiherren und Adligen, deren bevorzugte Sprache ohnehin alsbald das Normannisch-Westfränkische wurde (gegenüber dem Alemannisch-Mittelfränkischen; Elsaß-Burgund fielen an die Westfränkische Vormacht), in der definierten Heroldskunst "le Blason", welche bis auf die Standarten-Tradition der Römer zurückzuführen ist.
Ein Privilegierter der mittelalterlichen Gesellschaft mit herrschaftlichem Anpruch oder ein Teilnehmer an ritterlichen Turnieren ging also blasiert (oder blasoniert?), sobald er seinen ihm rechtmäßig zustehenden Blason offen zeigte. Dieses hatte ursprünglich nicht den unterschwelligen Anstrich von Dünkel, obwohl es gerade unter diesen Menschen Dünkelhafte zur Genüge gegeben haben mag, sondern diente dem Ausweis, mit wem man es zu tun hatte, wenn man im bewaffneten Hergehen aufeinander traf, also ob es sich um Freund oder Feind oder unbeteiligte Dritte handelte.
Da der Feudalismus allerdings im Absolutismus kulminierte und die Prunk- und Aneignungssucht der Herrschenden in ihrer ganzen Perversion ins Grenzenlose ausuferten, genossen die "Blasierten", also die Kaste der Wappenträger per se, bei der einfachen Bevölkerung immer weniger Ansehen, und die Blasiertheit, also das hochnäsige Vorsichhertragen eines Wappens, welches den Träger als durchaus privilegierten, gewissenlosen oder raffgierigen Zeitgenossen entlarvte, reduzierte sich einzig auf die Zuerkenntnis negativer Charakterzüge. Seit der Zeit der letzten Ludwige entwickelte der Begriff seine heutige Semantik, die Zeit der ritterlichen Semantik war endgültig vorbei und die alte Bedeutung geriet schnell in Vergessenheit. Heute bedeutet "blasiert" im weitesten Sinne nur noch "hochmütig und herablassend". (vorstehender nicht signierter Beitrag stammt von 87.185.149.226 • Diskussion • Beiträge ° --23:15, 28. Jan. 2017 (CET))