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3. Die Kidariten in Baktrien

Die Kidariten zählen zu den wenigen östlichen Hunnenvölkern, die auch in der westlichen Überlieferung ihren Niederschlag fanden. Hervorzuheben ist der Bericht des Priscus († um 474), eines spätantiken Geschichtsschreibers im Dienste des oströmischen Kaisers, der über einen Konflikt der Sasaniden-Könige Yazdgard II. (438–457) und Peroz (457–484) mit den Kidariten berichtet. Diese Auseinandersetzung soll durch die Weigerung Yazdgards ausgelöst worden sein, mit den Kidariten vereinbarte Tributgelder weiter zu bezahlen. 467 wurden die Kidariten von Peroz besiegt und ihre Hauptstadt Balaam – sie ist vermutlich mit Balch im nördlichen Afghanistan zu identifizieren – wurde vorübergehend vom Sasaniden-König eingenommen. Priscus spricht in diesem Zusammenhang ausdrücklich von „Hunnen, die Kidariten genannt werden“.

In den chinesischen Chroniken der Nördlichen Dynastien (386–581) wird berichtet, dass die Hauptstadt der Kidariten (dort Da Yuezhi genannt) Balch (Boluo) gewesen sei. Unter der Führung ihres Königs Kidara (Jiduoluo) hätten sie die großen Berge überquert und seien in Indien eingefallen. Auch fünf nördlich von Gandhara gelegene Königreiche hätten unter der Herrschaft der Kidariten gestanden. Jiduoluos Sohn regierte in Fulousha (Peschawar, Pakistan) in Gandhara. Die Kidariten seien mit ihren Herden umhergezogen und hätten Gold- und Silbermünzen verwendet.

Wann sich die Kidariten in Baktrien ansiedelten, ist nicht eindeutig zu ermitteln. Fest steht, dass sie zu den frühesten hunnischen Stämmen zählen, die im Zuge ihrer Sesshaftwerdung in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts mit einer eigenen Münzprägung in Baktrien begannen. Aus ihren Münzen wird klar ersichtlich, dass sie sich als Erben der großen Kuschan-Könige fühlten, deren Reich sich ehemals von Zentralasien bis weit nach Indien erstreckte. Auf den Münzen führen die Kidariten daher mitunter den Titel eines „Königs der Kuschan“, weshalb sie in der byzantinischen und chinesischen Geschichtsschreibung als Kuschan bezeichnet werden. So könnte auch eine Nachricht des römischen Historikers Ammianus Marcellinus († um 395) erklärt werden, der zufolge der Sasaniden-König Schapur II. (309–379) den Winter des Jahres 356 mit seinen Truppen an der Nordostgrenze seines Reiches – also wohl im Grenzgebiet zu Baktrien – bei Chioniten (= Hunnen) und Kuschan (= Kidariten) zubrachte.

Kontext
  • A. Stammeszeichen (Tamga) der Kidariten

A. Stammeszeichen (Tamga) der Kidariten

  • B. Stadtplan von Balch (©: Philippe Marquis, DAFA)
  • B. Luftbild von Balch (©: Philippe Marquis, DAFA)
  • B. Ansicht des südlichen Abschnitts der Stadtmauer von Balch (©: Philippe Marquis, DAFA)

B. Balch (Nord-Afghanistan), Stadtplan und Ansicht des südlichen Abschnitts der Stadtmauer. (©: Philippe Marquis, DAFA)

Balch, die „Mutter aller Städte“, war über Jahrhunderte Hauptstadt und Verwaltungszentrum von Baktrien, ab 370 n. Chr. auch Sitz und Münzstätte der Kidariten. Priscus († um 474), ein spätantiker Geschichtsschreiber, berichtet, dass die Kidariten im Jahre 467 vom Sasaniden-König Peroz (459–484) besiegt und ihre Hauptstadt Balch eingenommen wurde. Priscus spricht in diesem Zusammenhang ausdrücklich von „Hunnen, die Kidariten genannt werden“.

weitere Informationen
  • C. Tonbulle eines Kidariten-Königs, der den Titel „[…] König der Hunnen, Großkönig der Kuschan, Herrscher von Samarkand“ führt. 4./5. Jh. n. Chr. (©: Aman ur Rahman)

C. Tonbulle eines Kidariten-Königs, der den Titel „[…] König der Hunnen, Großkönig der Kuschan, Herrscher von Samarkand“ führt. 4./5. Jh. n. Chr. (©: Aman ur Rahman)

  • D. Tonbulle eines Kidariten-Königs, gefunden in Kafir Kala. 4./5. Jh. n. Chr. (©: Usbekisch-italienische archäologische Expedition)

D. Tonbulle eines Kidariten-Königs, gefunden in Kafir Kala. 4./5. Jh. n. Chr. (©: Usbekisch-italienische archäologische Expedition)

  • E. Kafir Kala, Siedlung mit befestigter Burganlage, 12 km südlich von Samarkand, im Tal des Serafschan-Flusses (Usbekistan) gelegen. (©: Simone Mantellini, Usbekisch-italienische archäologische Expedition)
  • E. Kafir Kala, Siedlung mit befestigter Burganlage, 12 km südlich von Samarkand, im Tal des Serafschan-Flusses (Usbekistan) gelegen. (©: Simone Mantellini, Usbekisch-italienische archäologische Expedition)

E. Kafir Kala, Siedlung mit befestigter Burganlage, 12 km südlich von Samarkand, im Tal des Serafschan-Flusses (Usbekistan) gelegen. (©: Simone Mantellini, Usbekisch-italienische archäologische Expedition)

Die Hauptphasen der Besiedlung reichen vom 4. bis ins 8. Jh. n. Chr., als die Burg von den Arabern teilweise niedergebrannt wurde. Im Zuge der Ausgrabungen wurde ein Verwaltungsarchiv mit über 400 Tonbullen gefunden, die zeigen, dass die Stadt im 4./5. Jh. unter kidaritischer Herrschaft stand.

  • F. Stupa des buddhistischen Klosters von Tepe Marandschan (in Kabul) (©: Michael Alram)

F. Stupa des buddhistischen Klosters von Tepe Marandschan (in Kabul). (©: Michael Alram)

Ein im Zuge der Ausgrabungen 1933 entdeckter Münzschatzfund dokumentiert das Ende der sasanidischen Herrschaft in Kabulistan. Er enthielt neben 367 sasanidischen Silberdrachmen aus der sasanidischen Reichsmünzstätte in Kabulistan auch zwölf goldene Schüsseldinare der Kidariten aus Balch (vgl. Nrn. 5, 6). Der Schatz muss um etwa 385 n. Chr. verborgen worden sein. Die ehemals sasanidische Münzstätte in Kabulistan wurde dann von den Alchan übernommen (s. Vitrinen 6, 7).

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