Elementarschadenversicherung
Die Zahl der Naturkatastrophen nimmt zu. Seit 1980 ist sie weltweit um jährlich rund drei Prozent gestiegen. Für Verbraucher:innen wächst damit die Notwendigkeit, sich gegen die Folgen von Naturgefahren wie Starkregen, Hochwasser und Erdrutsche abzusichern. Die normale Wohngebäudeversicherung deckt Schäden durch Hagel und Sturm ab. Verbraucher:innen können sich zusätzlich für eine Elementarschadenversicherung entscheiden. Die Marktdurchdringung spiegelt allerdings aktuell noch nicht die Bedeutung der Versicherungsform wider: Bisher sind etwas mehr als die Hälfte aller privaten Hausbesitzer:innen gegen zusätzlich Elementarschäden versichert. Bestimmte Risiken wie Sturmflut und steigendes Grundwasser sind bisher nicht versicherbar. Der vzbv setzt sich dafür ein, dass Verbraucher:innen sich bezahlbar, verlässlich und umfassend gegen Naturkatastrophen absichern können.
Der vzbv fordert
- Alle Neu-Verträge von Gebäudeversicherungen sollen automatisch neben Feuer, Leitungswasser, Hagel und Sturm künftig auch gegen die heute bereits versicherbaren Risiken Überschwemmung wegen Hochwasser und Starkregen, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck, Lawinen und Vulkanausbruch absichern.
- Für alle Neu-Verträge soll darüber hinaus der Schutz um Sturmflut, Trockenheit und Austrocknung, steigendes Grundwasser und Durchfeuchtung erweitert werden.
- Um ein einheitliches Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten und um Neu- und Altkunden gleichzubehandeln, sollte der neue Versicherungsschutz über eine Stichtagsregelung auch auf alte Verträge angewendet werden.
- Damit diese Absicherung bezahlbar bleibt, sollten Verbraucher:innen in Hochrisikobereichen die Prämien durch Selbstbehalte und Präventionsmaßnahmen deutlich reduzieren können.
Begleitend sind folgende Maßnahmen umzusetzen:
- eine breitangelegte Informationskampagne zur Einführung des neuen Versicherungsschutzes,
- finanzielle Unterstützung zur Versicherungsprämie für wirtschaftlich Schwache insbesondere in Hochrisikogebieten,
- eine steuerliche Förderung von Hochwasserschutzmaßnahmen analog zur energetischen Gebäudesanierung,
- insbesondere Präventionsmaßnahmen der öffentlichen Hand (etwa gegen Hochwasser, Sturmflut und Erdrutsch) sowie begleitende Maßnahmen im Bauordnungs- und Bauplanungsrecht und
- eine gesetzliche Regelung, dass die Absicherung des Elementarschadensrisikos nicht auf die Betriebskosten umlagefähig ist.
Mit einer Elementarschadenversicherung können sich Verbraucher:innen im Rahmen einer Wohngebäudeversicherung als Zusatzkomponente gegen bestimmte Naturgefahren absichern. Die Elementarschadenversicherung schließt Schäden durch Starkregen, Hochwasser, Schneedruck, Lawinen, Erdrutsch, Erdbeben und Vulkanausbruch ein. Hagel und Sturm deckt die normale Wohngebäudeversicherung ab. Andere Risiken wie Sturmflut, steigendes Grundwasser oder Dürre sind nicht versicherbar.
Etwa 95 Prozent der Wohngebäude sind versichert. Aber nur 54 Prozent dieser Wohngebäudeversicherungen verfügen auch über den Zusatzbaustein „Elementarschaden“. Dabei ist eine Elementarschadenversicherung bei Wohngebäuden essentiell, weil nur eine umfassende Risikoabsicherung vor den wirtschaftlichen Folgen durch Gebäudeschäden schützen kann. Das Risiko wird größer, dass das eigene Haus von einem naturgefahrenbedingten Schadensereignis betroffen sein könnte. Gleichzeitig nehmen Verbraucher:innen diese Gefahr für sich selbst nicht so wahr – und sichern sich trotz diverser Informations- und Aufklärungskampagnen nicht in einem stärkeren Maße dagegen ab.
Zusätzlich nehmen einige Verbraucher:innen irrtümlich an, bereits mit der Wohngebäudeversicherung gegen Naturgefahren abgesichert zu sein.
Der Klimawandel stellt Immobilienbesitzer vor große Herausforderungen, Wetterextreme häufen sich. Die Wohngebäude müssen besser an Wetterextreme angepasst werden. Klimaanpassung bedeutet aber auch, dass sich Verbraucher:innen verstärkt gegen Klimarisiken absichern müssen. Die Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre verdeutlichen diese Dynamik.
Der Gesetzgeber kann den Mindestumfang des Versicherungsschutzes definieren, von dem der Versicherer nicht einseitig zulasten der Verbraucher:innen abweichen darf. Im Fall der Gebäudeversicherung muss die Bundesregierung also vorgeben, in welchem Umfang Gebäude durch eine entsprechende Versicherung mindestens abgesichert werden müssen. Der vzbv schlägt vor:
- Alle Neu-Verträge sollen automatisch neben Feuer, Leitungswasser, Hagel und Sturm künftig auch gegen die heute bereits versicherbaren Risiken Überschwemmung wegen Hochwasser und Starkregen, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck, Lawinen und Vulkanausbruch absichern.
- Darüber hinaus soll dieser obligatorische Versicherungsumfang um einen Schutz auch der Risiken erweitert werden, die heute noch nicht versicherbar sind. Für alle Neu-Verträge soll der Schutz um Sturmflut, Trockenheit und Austrocknung, steigendes Grundwasser und Durchfeuchtung erweitert werden.
Vereinfacht gesagt: Wer eine Wohngebäudeversicherung hat, ist automatisch auch gegen Naturgefahren abgesichert.
Die Erweiterung des Versicherungsschutzes ist nicht zum Nulltarif zu haben, sondern die Prämien werden steigen. Der vzbv spricht sich dafür aus, dass sich die Prämie nach dem Risiko bemisst: Wer in den Bergen wohnt, muss für die Sturmflut de facto nichts bezahlen, dafür für das Risiko des Erdrutsches mehr. Um Fälle wirtschaftlicher Überforderung zu vermeiden, sollte es insbesondere für Bestandsbauten in Hochrisikogebieten eine wirtschaftliche Unterstützung im Bedarfsfall geben.
Durch Selbstbehalte können Verbraucher:innen ihre Prämie senken. Verbraucher:innen sollen selbst entscheiden können, welchen Anteil der Risiken sie selbst tragen wollen. Für die spezifischen Risiken, die sich aus dem Hochrisikobereich (bspw. Hochwasserrisikogebiet) ergeben, sollen Verbraucher:innen sehr hohe Selbstbehalte vereinbaren können. Diese Selbstbehalte sollen aber nicht für die restlichen Risiken gelten.
Im Rahmen der Beantragung des Versicherungsschutzes im Hochrisikobereich sollten mit den Eigentümer:innen auf das Wohngebäude bezogene Präventionsmaßnahmen individuell als Obliegenheiten vereinbart werden. Technische Sachverständige müssen dann regelmäßig die Einhaltung der vertraglichen Obliegenheiten überprüfen.
Um ein einheitliches Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten sowie Neu- und Altkunden gleich zu behandeln, hält der vzbv es für angemessen, eine Stichtagsregelung einführen, nach der zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Altverträge auf den neuen, erweiterten Versicherungsschutz umgestellt werden. Dies bietet gleichzeitig die Chance, den Versicherungsschutz insgesamt auf den aktuellen, verbesserten Stand zu bringen.
Mit der automatischen Umstellung ihrer Verträge bliebe den Verbraucher:innen in den Fällen, in denen sie die Prämien nicht zahlen können, nur die Möglichkeit, die gesamte Wohngebäudeversicherung zu kündigen. Damit würden sie auch die Absicherung gegen Feuer, Leitungswasser, Hagel und Sturm verlieren. Deshalb schlägt der vzbv für soziale Härten einen finanziellen Ausgleich, etwa über das Wohngeld, vor.
Der vzbv hat seine Position aus dem Verbraucherbedarf heraus entwickelt: Es gibt Einzelfälle, wo eine Wohngebäudeversicherung wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint, weil das Gebäude nicht mehr genutzt werden und damit verfallen soll. Eine Pflicht hieße, dass diese Verbraucher:innen trotzdem eine Versicherung abschließen müssten.
Jeder Eingriff in die Grundrechte muss verhältnismäßig sein. Eine Versicherungspflicht würde einen Grundrechtseingriff bedeuten. Deshalb muss kritisch hinterfragt werden, ob das Ziel einer höheren Versicherungsdichte mit einem milderen Mittel erreicht werden kann. 95 Prozent der Wohngebäude sind versichert. Gelänge es für diese Wohngebäude auch den Elementarschutz abzusichern, wäre dies ein großer Erfolg. Dies ließe sich mit einer automatischen Erweiterung des Versicherungsschutzes deutlich einfacher erreichen.
Der vzbv schlägt vor eine Kombination aus einer privatrechtlichen Erstversicherung, die durch private Rückversicherungen abgesichert ist, und einer begrenzten staatlichen Deckungszusage, wenn eine bestimmte Schadensgrenze überschritten wird.
Insbesondere die Umstellung der Altverträge sollte mit einer breit angelegten Informationskampagne begleitet werden, mit der für eine entsprechende Absicherung geworben wird. Das soll Verbraucher:innen auch motivieren, Vergleichsangebote von Versicherern einzuholen. Dabei muss Informationsdefiziten mit einer adressatenbezogenen, gezielten Aktivierung der Verbraucher:innen begegnet werden.
Für den Neubau und im Falle der Sanierung von Bestandsgebäuden sollten Verbraucher:innen den Schutz gegen vermehrte Starkregenereignisse und Hitzetage bestmöglich mitdenken. Dafür sollten bauliche, präventive Schutz- und Anpassungsmaßnahmen steuerlich oder direkt gefördert werden.
Begleitend zu den individuellen Präventionsmaßnahmen ist die öffentliche Hand gefordert, ihrerseits für einen wirksamen Katastrophenschutz zu sorgen. Das Nationale Hochwasserschutzprogramm ist ein Element, aus dem sich die Aufgaben der öffentlichen Hand ableiten. Anpassungen im Bauplanungs- und Bauordnungsrecht sind erforderlich.
Die Absicherung des Elementarschadensrisikos sollte nicht auf die Betriebskosten von Mieter:innen umlagefähig sein: Eine automatische Einbeziehung der Absicherung gegen Naturgefahren hätte zur Folge, dass auch die erhöhte Prämie durch den erweiterten Versicherungsschutz auf Mieter:innen umgelegt werden würde. Das würde zu einer Steigerung der Warmmiete führen. Deswegen sollte die Absicherung des Elementarschadenrisikos nicht umlagefähig sein.