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Porträt

laut.de-Biographie

Kollegah

"Kollegah macht Musik für alle, die sich cool fühlen wollen." "Geld machen und ausgeben, großartige andere Interessen hab' ich eigentlich nicht." "Vorbilder habe ich keine, das Wort Vorbild existiert in meinem Wortschatz nicht." "Ich stecke keine Arbeit in meine raptechnische Entwicklung, es ist von ganz alleine Weltspitze."

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Aussagen wie diese findet man, wo immer Kollegah den Mund aufmacht. Wasser auf den Mühlen derer, die dem Mainzer Mangel an Themenvielfalt, Originalität und Glaubwürdigkeit sowie grenzenlose Arroganz unterstellen. Doch auch seine Kritiker müssen anerkennen: Kollegah mag stimmlich wie inhaltlich kaum Variationen bieten, was Reimkonstruktion, Technik und Tempo angeht, ist er nicht von dieser Welt.

Kollegah versteht sich selbst als den einzigen Vertreter von "Zuhälter-Rap". "Da ich nie was anderes gemacht habe, als mich darauf zu konzentrieren, Geld zu generieren, muss ich diese Leute repräsentieren", verkündet er im Interview mit hiphop.de. "Es geht um Gewalt und Geld, ist aber nicht primitiv sondern edel und eloquent", brüstet er sich gegenüber dem Clubbers Guide. Kollegahs Reime entstehen für die überdimensionierten Stereoanlagen in den Luxuskarossen der Pimp- und Hustler-Zunft. Wie kommts?

Toni erblickt das Licht der Welt in Frankfurt. Sein kanadischer Vater ist größtenteils abwesend. Es ist der algerische Stiefvater, der ihm den Spitznamen Kollegah anhängt. An Geld mangelt es, insbesondere nach der Scheidung der Mutter, an allen Ecken und Enden (Hobby-Psychologen mögen hier nach den Wurzeln seiner späteren Besessenheit vom schnöden Mammon suchen). Wer über die Runden kommen will, muss sich etwas einfallen lassen.

Nun, Kollegah kommt zurecht: "Ich geh' arbeiten, mache dies und das, und es bringt Geld rein." Solange er denken kann, begleitet ihn der Hip Hop auf seinen Wegen. Ami-Rap, versteht sich. Für die einheimische Szene hat Kollegah nichts als Verachtung übrig. Eher aus Langeweile beginnt er 2004 zu rappen und siehe da: Der Knabe kann was.

In der Reimliga Battle Arena erntet der Frankfurter für seine harten Punchlines, Double- und Tripletime-Flows in Online-Battles die ersten Lorbeeren. Elf von 14 Battles entscheidet er für sich. Um sich weiter zu entwickeln, nimmt er 2005 mit zarten 21 Jahren das erste "Zuhältertape" auf und bringt es gratis unters Volk. Schon bald wird Kollegah an Straßenecken und auf Schulhöfen als der Geheimtipp schlechthin gehandelt.

Glaubt man seinen Ausführungen, kann sich Kollegah daraufhin vor Anfragen von Labels kaum retten. Mit Slick One, dem Kopf hinter Selfmade Records, steht er allerdings schon längere Zeit in Kontakt. Zudem überzeugen ihn hier die anderen Signings: "Das beste Label für den besten Rapper: Ein einfaches Gesetz der Logik."

Kollegah unterschreibt und veröffentlicht noch im gleichen Jahr eine um sechs Tracks erweiterte "X-Mas Edition" seines Zuhältertapes. Hinter dem Dobermann im Pelzmantel, der das Cover ziert, verbergen sich harte, reglos servierte Battlestyles und Rapsalven, deren Tempo dem Zuhörer den Atem nimmt.

Kollegah - Still King
Kollegah Still King
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Im Juni des Folgejahres legt Kollegah mit dem Street-Album "Boss Der Bosse" nach. Mit Zigarre in der Hand setzt er sich vorm dicken Mercedes als Zuhälter-König Westdeutschlands in Szene. Gut die Hälfte der Beats stammt vom Selfmade-Hausproduzenten Rizbo. Am Mikrofon erfährt Kollegah Unterstützung von seinen Labelgenossen Slick One und Shiml sowie Sängerin Sarah.

Der Hype um die Mixtapes beschert ihm eine Einladung zum Juice-Festival, wo er auf der MZEE-Bühne eine durchwachsene Vorstellung abliefert, die er später mit einer Erkältung entschuldigt.

Im Februar 2007 begibt er sich gemeinsam mit K.I.Z. und Prinz Pi auf "Donnerwetter!"-Tour. In der gleichen Zeit platzt ihm der Kragen, nachdem der Mainzer Lokalrivale Separate wiederholt in den Rapmedien gegen Kollegahs 'gefaktes Image' gewettert hat.

Der Track "Ein Guter Tag Zum Sterben", benannt nach dem Album, an dem der Buckwheats zu jener Zeit arbeitete, avanciert zum besten deutschen Disstrack seit Savas' "Urteil" über Eko Fresh. Der so Angegriffene verteidigt sich zwar leidlich, sieht aber letztendlich gegen Kollegahs überragende Technik kaum Land. Spätestens seit dem Splash! 2007, auf dem Kollegah für seinen verpatzten Auftritt vom Vorjahr entschädigt, ist der Beef jedoch beigelegt.

2009 gibt es den nächsten, diesmal zunächst mit Fler, woraus aber schnell eine Rap-Battle zwischen den thematisch ähnlich aufgestellten Labels der beiden, Selfmade Records bzw. Aggro-Berlin, erwächst. Als praktisch stellt sich heraus, dass sowohl Kollegah als auch Fler gerade neue Alben (im Fall von Kollegah ein Selfmade-Records-Sampler) am Start haben, die nun ausreichend Promotion bekommen.

Doch zurück ins Jahr 2007: Endlich kommt das Debüt "Alphagene" in die Läden. Es erfüllt die hohen Erwartungen voll und ganz. Als rappende Gäste sind K.I.Z., Toony, Bass Sultan Hengzt und DeinEltan geladen, die Instrumentals stammen größtenteils von Rizbo und RBA-Homie.

Was es an Beats zu wünschen übrig lässt macht es mit Metaphern und Technik wett: "Die Wortspiele sind abgedreht wie Hollywoodfilme, intelligenter, verspielter als es die Backpacklegenden aus Hamburg und München je zustande brachten. Kollegah zeigt sich nicht nur witzig, sondern gewitzt, und seine Punchlinedichte raubt mir den Atem", beschreibt laut.de-Autor Phillip Gässlein die Stärken des Rappers.

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Der Zweitling "Kollegah" macht genau dort weiter, die Reaktionen auf das Album können als mittlerweile typisch gelten: Der Einfallsreichtum der Reime und die Delivery werden gelobt, die Einseitigkeit der Themen und die Qualität der Beats bemängelt.

"Kollegah" bekommt aber insgesamt gute Noten, besonders für die "unmenschliche[n] High-Speed-Passagen" seiner Doubletime-Raps. Trotzdem bleibt das Album "absolute Geschmackssache" (rap.de), schließlich spalten sich bei sexistischem und gewaltverherrlichendem Rap schon immer die Gemüter der Hip Hop-Gemeinde.

An der Seite von Farid Bang erreicht Kollegah einen ersten Tiefpunkt. "Es scheint, als weiche die coole Arroganz eines hungrigen Newcomers nach und nach der gelangweilten Müdigkeit eines neureichen Pimpfs, der sich nun auf seinen - zu recht verdienten - Lorbeeren ausruht", schreibt Max Brandl auf laut.de. Statt sich gegenseitig zu pushen büßten beide auf "Jung, Brutal, Gutaussehend" ihre jeweiligen Stärken ein. Immerhin: Die exzessiven Gewaltdarstellungen führen dazu, dass das Album drei Jahre später indiziert wird und noch einmal einen kleinen Aufmerksamkeitsschub bekommt.

Auf dem "Zuhältertape Vol. 3" zeigt sich Kollegah allerdings wieder in Höchstform. Thematisch gibt es nichts Neues, die Ideen für so treffende wie überraschende Metaphern sind ihm aber noch lange nicht ausgegangen. Mit Erscheinen des Mixtapes erklärt er die Zuhälter-Reihe zur Trilogie und damit für beendet.

Schon im Jahr darauf beginnt die Ära der "Hoodtapes". Kollegahs Geschäftssinn ist es wohl zu verdanken, dass man "Hoodtape Vol. 1" nur als limitierte "Steelbox Edition" zusammen mit der "Zuhälter-Trilogie" erwerben kann. Im "Intro" bringt er auf den Punkt, was das von ihm erfundene Genre ausmacht: "Du Crackbitch hältst es für 'ne Dichtungsgattung / Aber Zuhälterrap ist Berichterstattung."

Ob das wirklich so ist, oder ob er all das, worüber er rappt, nur aus Filmen kennt, darüber wird jedoch weiter heftig debattiert. Was die Reime und die Delivery angeht, ist Kollegah jedenfalls nach wie vor in Bestform. Die Beats übernehmen schon lange andere als Rizbo, deren Einschätzung schwankt aber nach wie vor zwischen "08/15-Beats" (rap.de) und "abwechslungsreich" (meinrap.de). Außerdem - das unterscheidet die "Hoodtapes" von den "Zuhältertapes" - nähert sich Kollegah vorsichtig dem Storytelling. Auch wenn es natürlich Waffen, Drogen und Frauen sind, über die er Geschichten erzählt.

Mit "Bossaura" (2011) kommt auch der ganz große kommerzielle Erfolg, das Album steigt auf Platz fünf der deutschen Charts ein. Kollegah - mittlerweile Jura-Student - ließ den Großteil des Albums von Jay-Ho, Mitglied der Gruppe Sunset Mafia, produzieren. Das Ergebnis: die Beats orientieren sich stark an kommerziell erfolgreichen US-amerikanischen Produktionen der Zeit, sogar vor Auto-Tune schreckt Kollegah nicht zurück.

So derbe die Themen, Bilder und Reime seiner Songs ausfallen, er selbst versteht sich als Vorbild für die junge Generation. Was er über sein erstes Album sagte, würde er sicher auch noch lange danach ohne zu zögern unterschreiben:

"Ich lebe ihnen auf dem Album den erhabenen, bosshaften Kollegah-Lifestyle vor und biete somit auch vor allem der perspektivlosen Jugend etwas zum Festhalten, zum daran Orientieren. Auf dass sie mit mehr Selbstbewusstsein und Coolness durch das Leben schreiten mögen, um so in allen Bereichen des täglichen Lebens erfolgreicher zu sein. Es geht hier also nicht nur um Musik, nein, es geht um ein neues Lebensgefühl."

Dieses Lebensgefühl promotet Kollegah auch in der Folgezeit mit erfolgreichen Alben wie "King" (2014), "Imperator" (2016) oder "Legacy" (2017) und leider mit "Das ist Alpha! Die 10 Boss-Gebote" auch in gedruckter Form.

Für die nun vermehrt auftretenden Skandale steht Kollegah immer wieder stark in der Kritik. Neben der Debatte rund um die Echoverleihungen 2018, bei denen Kollegah und Farid Bang trotz antisemitischer Zeilen auf dem gemeinsamen Album "Jung Brutal Gutaussehend 3" gewinnen und damit eine Welle der Empörung lostreten, die schlussendlich noch im selben Jahr zur Abschaffung des Musikpreises führt, sorgen auch die Nähe zu Verschwörungstheorien in seinen Texten ("Free Spirit, 2022), Ghostwriting-Vorwürfe und das Anbieten von überteuerten Coachings für Kopfschütteln.

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Kollegah - Still King: Album-Cover
  • Leserwertung: 3 Punkt
  • Redaktionswertung: 2 Punkte

2024 Still King

Kritik von Dominik Lippe

Der selbsternannte Weltmonarch entschwindet in die Dunkelheit. (0 Kommentare)

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Pressebilder Neue Fotos vom "King".

Neue Fotos vom "King"., Pressebilder | © Selfmade (Fotograf: Laion) Neue Fotos vom "King"., Pressebilder | © Selfmade (Fotograf: Laion) Neue Fotos vom "King"., Pressebilder | © Selfmade (Fotograf: Laion) Neue Fotos vom "King"., Pressebilder | © Selfmade (Fotograf: Laion)

Live In Wien Kollegah auf der Bühne und backstage.

Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic) Kollegah auf der Bühne und backstage., Live In Wien | © laut.de (Fotograf: Engelen / Lukic)

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