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Digital Marketing Monitor 2019

Fachartikel BODYMEDIA 06/2019

9 Fitness-Clubs unter den Top-5.000-Unternehmen


Digitales Marketing ist längst in der Fitnessbranche angekommen, aber wo befindet sich die Branche zum Herbst 2019 im Benchmark mit anderen Branchen tatsächlich? Im Oktober 2019 wurde von absolit Dr. Schwarz Consulting und dem Deutschen Dialog Verband e. V. die Studie „Digital Marketing Monitor“ veröffentlicht, die das digitale Marketing von 5.000 Top-Unternehmen aus neun Branchen und insgesamt 155 Sektoren im deutschsprachigen Raum analysiert hat.

Die Kategorie „Fitnesscenter“ findet sich in der Branche „Gesundheit“ als Sektor wieder und insgesamt neun Ketten wurden im Rahmen der Studie unter die Lupe genommen. Um die digitalen Marketingaktivitäten möglichst objektiv bewerten zu können, wurden insgesamt 79 Kriterien aus vier Bereichen erhoben: Website, Suchmaschinen, Social Media und E-Mail. Für jeden dieser vier Bereiche wurde ein einzelner Index erstellt, der den jeweiligen Stand der Unternehmen in diesen Teilbereichen darstellt. Der Mittelwert dieser vier Bereiche bildet den Digital-Index. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Erkenntnisse der 280 Seiten umfassenden Studie zusammen und betrachtet dabei jeweils speziell die Ergebnisse der untersuchten Fitnessunternehmen. Die Datenbasis der Studie wurde durch absolit Dr. Schwarz Consulting, Acoonia GmbH, Publicare Marketing Communications GmbH und Searchmetrics GmbH erhoben und in Kooperation mit dem Deutschen Dialog Verband e. V. bearbeitet.

Sieger und Verlierer

Die Bandbreite des Rankings im Digital-Index der untersuchten 5.000 Unternehmen reicht von schwachen 18 bis sehr starken 97 Punkten. Der Durchschnittswert über alle Unternehmen liegt bei 61 Index-Punkten. Auffällig ist dabei die Verteilung nach Sektoren: Die vier erfolgreichsten Sektoren und deren Digital-Index-Durchschnittswerte sind Heimtierbedarf (83), Kinderwarenhandel (82), Buchhandel (80) und Modehandel (79). In diesen Sektoren herrscht durch internationale Konzerne wie Amazon ein besonders hoher Druck hinsichtlich Digitalisierung und Innovation, der offenbar zu stark überdurchschnittlicher Performance bei den Marktbegleitern führt. Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Fitnesscenter liegen mit einem durchschnittlichen Index-Wert von 64 sehr nahe am allgemeinen Mittel aller Unternehmen, scheinbar gibt es hier trotz Mitbewerbern im Bereich Apps wie Runtastic, Freeletics & Co. oder Sportangeboten wie Urban Sports Club, Gympass uvm. noch zu wenig Leidensdruck, um sich aus dem Durchschnitt zu lösen. Die vier Sektoren mit dem niedrigsten Index sind Schifffahrt (46), Lebensmittel B2B (45), Forderungsmanagement (41) und Bäckereien (40). In diesen Sektoren ist auch 2019 der Fokus stark im Offlinebereich und die mögliche Hebelwirkung des digitalen Marketings wird häufig nicht erkannt.

Fitness First erreichte in der Studie „Digital Marketing Monitor“ eine hervorragende Performance und landete auf Platz 1 der Fitness-Studios. Den zweiten Platz belegt Meridian Spa, vor dem Drittplatzierten McFit

Die Fitnesscenter unter den Top 5.000

Die Studie möchte aufzeigen, wie professionell der Status quo deutscher Unternehmen im Umgang mit digitalem Marketing aktuell ist. Dabei wurden die vier Standpfeiler des Online-Marketings untersucht: Die unternehmenseigene Website, die Präsenz in Suchmaschinen, der Auftritt in sozialen Medien und der Einsatz von E-Mail-Marketing. Die Daten der Studie wurden im Zeitraum von Juni bis August 2019 erhoben. Im Bereich „Gesundheit“ wurden 338 Unternehmen untersucht, darunter die neun Fitnesscenterketten clever fit, Fitness First, FitX, Holmes Place, Jumpers Fitness, Kieser Training, McFit, Meridian Spa und VeniceBeach. Der durchschnittliche Digital-Index dieser Unternehmen liegt bei 64, auffällig ist jedoch die Spreizung: Fitness First erreicht mit 83 Punkten eine hervorragende Performance, die mehr als 20 Punkte über dem deutschen Durchschnitt liegt. Bereits der Zweitplatzierte Meridian Spa (68) und der Drittplatzierte McFit (67) sind schon nahe am Durchschnitt angesiedelt, sodass für die weiteren untersuchten Unternehmen rechnerisch nur unterdurchschnittliche Werte möglich sind. Es ist stark davon auszugehen, dass kleinere Ketten sowie Einzelanlagen noch entsprechend höheren Nachholbedarf in der Abdeckung der Werkzeuge im digitalen Marketing haben. Betrachten wir nachfolgend die einzelnen Faktoren im Detail, die in der Gesamtbetrachtung zum Index-Wert führen.

In der Studie wurden Kriterien aus den vier Bereichen Website, Suchmaschinen, Social Media und E-Mail erhoben, woraus dann der Digital-Index gebildet wurde. Die Abbildung zeigt zudem, wie die Fitness-Studios im Vergleich zu anderen Sektoren abgeschnitten haben.

Website

1. Faktor:

Um die Performance der Website zu messen, wurde unter anderem geprüft, welche Arten zur Gewinnung neuer Leads genutzt werden und ob die Website technisch ausreichend gesichert ist. Insgesamt wurden 17 Kriterien definiert, die für jedes der betrachteten Unternehmen ausgewertet wurden. Der Durchschnitt aller Unternehmen im Bereich B2C liegt bei 72 Punkten für die Website-Performance. Die Fitnessbranche ist hier mit 76 Punkten leicht überdurchschnittlich aufgestellt. Spannend ist unter anderem der Blick auf den Bereich Leadgenerierung: Nur bei 70 % der untersuchten Unternehmen gibt es die Möglichkeit, sich auf der Website für das Angebot des Unternehmens per Leadformular zu registrieren. Nur 46 % bieten die Möglichkeit, bereits auf der Startseite Leads zu generieren. Besonders gering ist die Nutzung von Layover-Elementen, um Leads beispielsweise für Probetrainings oder Mitgliedschaften einzusammeln. Nur ganze 4 % aller untersuchten Unternehmen setzen aktuell solche Layovers zur Leadgenerierung ein. Auf technische  Seite fällt auf, dass die Wahl des Content-Management-Systems ebenfalls eine Auswirkung zu haben scheint: Das bei kleineren Unternehmen beliebte System Wordpress kommt bei keinem der neun untersuchten Fitnesscenter-Websites zum Einsatz, jedoch nutzen mit fünf von neun Installationen über 50 % der untersuchten Fitnesscenter TYPO3 zur Generierung der Website. Die verbleibenden vier Websites verteilen sich auf weitere Systeme wie Drupal und Contao.

Suchmaschinen

2. Faktor:

Besucherquellen für die Website gibt es viele. Egal ob Suchmaschinen, Verweise anderer Websites, bezahlte Online-Werbung oder die klassische E-Mail. Wichtig ist vor allem, herauszufinden, welche Quellen dabei besonders hochwertigen Traffic für die eigene Webseite generieren und wie man diesen im Optimalfall noch weiter steigern kann. Die Untersuchung zeigt, dass Suchmaschinen im Schnitt noch immer den höchsten Anteil an den Besucherquellen haben. So kommen im Schnitt vier von zehn Usern über die organischen Suchergebnisse und rund jeder zehnte Besucher durch Suchmaschinenwerbung. Die Kanäle E-Mail und Social Media sind vergleichsweise noch weniger stark ausgeprägt – jeweils 2 % des Traffics gelangen über diese zwei Kanäle auf die Webseite des Unternehmens. In der Fitnessbranche liegt der Fokus auf Suchmaschinen als Besucherquelle auf Basis eigener Erfahrungen noch weitaus höher, häufig kommen 60 – 75 % aller Besucher über Google & Co. Um den Faktor „Suchmaschinen“ objektiv zu bewerten, wurde unter anderem geprüft, wie gut die Sichtbarkeit in den organischen Suchergebnissen ist, wie hoch der Grad der Suchmaschinenoptimierung ausgeprägt ist und ob das Unternehmen Online-Advertising nutzt. Insgesamt wurden 13 Kriterien definiert, die den Search-Index bilden. Der Durchschnitt für diesen Teilbereich liegt im Bereich B2C bei 61, in der Fitnessbranche werden im Schnitt 66 Punkte erreicht, somit ebenfalls ein leicht überdurchschnittliches Ergebnis für die Fitnesscenter. Online-Advertising ist mit dem Segment Suchmaschinenwerbung im Fitnessmarkt angekommen, bereits 60 % der untersuchten Unternehmen schalten Werbeanzeigen über Google Ads und ähnliche Produkte.

Die Fitnessbranche ist im Bereich Social Media überdurchschnittlich aktiv

Social Media

3. Faktor:

Social Media ist in der Fitnessbranche vor allem hinsichtlich der Mitgliederbindung, der Senkung der Fluktuation sowie digitaler Mundpropaganda ein wichtiger Kommunikationskanal. Um dieses Medium in die Bewertung einfließen zu lassen, wurde unter anderem geprüft, auf welchen sozialen Netzwerken das Unternehmen präsent ist und wie professionell der jeweilige Social-Media-Auftritt ist. Insgesamt entstanden 28 Kriterien, die unter anderem die Channels Facebook, Twitter, Instagram, YouTube und Xing einschließen. Der Social-Index liegt im Durchschnitt aller bewerteten Unternehmen bei 77, die Fitnessbranche erreicht hier sehr gute 85 Punkte und ist somit aktuell deutlich überdurchschnittlich in Social Media aktiv. Hinsichtlich Trends sind vor allem YouTube und Instagram auf dem Vormarsch: Während sich viele Unternehmen bei der Nutzung von Instagram als Marketingkanal noch schwertun, ist YouTube bei dem Großteil der Unternehmen bereits Teil der Unternehmenskommunikation – gerade einmal 13 % verzichten darauf. 7 % nutzen Instagram (Fitnessbranche: 89 %), 87 % nutzen YouTube (Fitnessbranche: 100 %). Beachtet werden muss hier allerdings, dass YouTube in der Fitnessbranche häufig noch stiefmütterlich in den Marketingmix integriert ist, meist finden sich nur einige Imagevideos, während echte Aktivität und regelmäßige Video-Uploads eher die Ausnahme als die Regel sind. YouTube als zweitgrößte Suchmaschine der Welt (nach Google) bietet hier noch viel Potenzial für Fitness-Studios, das erschlossen werden kann.

E-Mail

4. Faktor:

E-Mail-Marketing ist Stand Herbst 2019 in der Fitnessbranche eher ein Randthema. Um diesen Bereich zu bewerten, wurde unter anderem geprüft, wie umfangreich E-Mail-Marketing umgesetzt wird und ob der Newsletter professionell gestaltet wird. Im Gesamten wurden 21 Kriterien definiert, die den E-Mail-Index ergeben. Im Bereich B2C erreichen alle Unternehmen im Schnitt 56 Punkte, die Fitnessbranche kommt hier aktuell nur auf 40 Punkte. Diese Analyse bestätigt auch eigene Erfahrungen, die besagen, dass E-Mail-Marketing in den vergangenen Jahren vor allem durch Suchmaschinenoptimierung (Kunden gewinnen) und Social-Media-Marketing (Kunden binden) stark an Relevanz verloren hat.

Fazit

Die Autoren der Studie mussten für den branchenübergreifenden Blick auf über 5.000 Unternehmen Prioritäten bei Anzahl und Auswahl der Teilnehmer je Branche setzen. Daher ist eine statistisch valide Aussage auf Basis der nur neun konkret bewerteten Teilnehmer aus der Branche der Fitness-Clubs nicht zulässig. Allerdings kommt doch klar zum Ausdruck, dass Fitness-Studios im Zweifelsfall nur durchschnittlich gut im digitalen Marketing aufgestellt sind. Im Bereich Social-Media-Marketing ist ein überdurchschnittlich positiver Ausschlag zu belegen, während im E-Mail-Marketing unterdurchschnittliche Nutzung vorherrscht. Das bestätigt auch meine Erfahrung aus der Betreuung von über 500 Fitness-Clubs im digitalen Marketing: Das Bewusstsein für Website, Suchmaschinen und Social Media ist zwischenzeitlich gut bis sehr gut vorhanden, für weitere digitale Marketingmaßnahmen fehlt häufig der Fokus. Aber auch in den Bereichen, die bereits Aufmerksamkeit erhalten, werden Potenziale, wie beispielsweise die Leadgenerierung mittels Lay-over, oft nicht genutzt. Umgekehrt lässt sich sagen, dass vor allem Betreiber einzelner Fitness-Clubs, egal welchen Segments, zukünftig ohne mindestens durchschnittlich professionelles digitales Marketing zunehmend vom Wettbewerb abgehängt werden. Ein Blick auf die Websites der drei Gewinner des Digital-Marketing-Index (Fitness First, Meridian Spa, McFit) zeigt schnell, wie professionell die Marktteilnehmer arbeiten und welche Minimalerwartungen ein Interessent bei der Online-Recherche nach einem Fitness-Studio bereits mitbringt. Wer die Hausaufgaben nicht macht, muss bald vielleicht nicht mehr nur nachsitzen, sondern die Schule verlassen. Die 56-seitige Kurzversion der Studie ist auf der Website absolit.de kostenlos verfügbar, ausführliche Daten- blätter sowie die vollständige 280-seitige Studie ist über den Shop bei absolit Dr. Schwarz Consulting erhältlich.

Nikolai Tauscher

Zum Autor:

Nikolai Tauscher hat sich seit 1999 auf digitales Marketing in der Fitness- & Gesundheitsbranche spezialisiert. Er ist Geschäftsführer der igroup Internetagentur, mit der er im deutschsprachigen Raum das digitale Marketing von über 450 Clubs betreut. Zudem ist er Referent auf Workshops und Fachkonferenzen sowie Dozent für Informationsdesign an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Darüber hinaus ist er Autor zahlreicher Fachartikel und arbeitete unter anderem am Europäischen Health Club Industry Web & Social Media Report mit.