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Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz - SAG)

Artikel 1 G. v. 10.12.2014 BGBl. I S. 2091 (Nr. 59); zuletzt geändert durch Artikel 10 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 411
Geltung ab 01.01.2015, abweichend siehe Artikel 10; FNA: 660-10 Bundesbürgschaften
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Teil 4 Abwicklung

Kapitel 1 Abwicklungsbefugnis, Voraussetzungen und weitere Befugnisse

§ 78 Allgemeine Befugnisse der Abwicklungsbehörde; Prüfungen vor Ort



(1) Wenn die Abwicklungsvoraussetzungen vorliegen, kann die Abwicklungsbehörde

1.
gegenüber dem Institut oder dem gruppenangehörigen Unternehmen und den in § 45 Absatz 1 Satz 1 genannten Unternehmen anordnen, sämtliche Informationen zu übermitteln, die erforderlich sind, um eine Abwicklungsmaßnahme zu beschließen und vorzubereiten, einschließlich Aktualisierungen und Nachträgen zu den für die Abwicklungspläne gelieferten Angaben;

2.
das Institut oder das gruppenangehörige Unternehmen verpflichten, eigene Prüfungen durchzuführen oder die Vornahme von Prüfungen vor Ort durch die Abwicklungsbehörde oder von ihr beauftragte Personen zu dulden und zu unterstützen, wobei die Kosten der Prüfungen von dem Institut oder dem gruppenangehörigen Unternehmen zu tragen sind;

3.
die Fälligkeit der von einem Institut oder gruppenangehörigen Unternehmen ausgegebenen Schuldtitel und anderen bail-in-fähigen Verbindlichkeiten oder den auf Grund der entsprechenden Schuldtitel und der anderen bail-in-fähigen Verbindlichkeiten zahlbaren Zinsbetrag oder den Zeitpunkt, an dem die Zinsen zu zahlen sind, ändern, insbesondere durch eine zeitlich befristete Aussetzung der Zahlungen;

4.
Rechte zum Erwerb weiterer Anteile oder anderer Eigentumstitel an dem Institut oder gruppenangehörigen Unternehmen aufheben;

5.
die Geschäftsleiter, die Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans sowie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der nachgelagerten Führungsebene eines in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens abberufen oder ersetzen.

(2) 1Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sind die Bediensteten der Aufsichtsbehörde und der Abwicklungsbehörde oder von der Aufsichtsbehörde oder der Abwicklungsbehörde beauftragte Personen befugt, zu einer Prüfung vor Ort nach Absatz 1 Nummer 2 Geschäftsräume auch außerhalb der üblichen Betriebszeiten zu betreten und zu besichtigen. 2Die Bediensteten der Aufsichts- und der Abwicklungsbehörde oder von der Aufsichts- oder der Abwicklungsbehörde beauftragte Personen dürfen die Geschäftsräume durchsuchen und Kopien und Auszüge aus Büchern und Aufzeichnungen anfertigen, soweit dies für die Durchführung der Prüfung erforderlich und angemessen ist. 3Das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes wird durch die Sätze 1 und 2 eingeschränkt.

(3) 1Die Durchsuchungen der Geschäftsräume dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Abwicklungsbehörde oder die Aufsichtsbehörde angeordnet werden. 2Zuständig für die richterliche Anordnung ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die Räume befinden. 3Gegen die richterliche Entscheidung ist die Beschwerde zulässig; die §§ 306 bis 310 und 311a der Strafprozessordnung gelten entsprechend. 4Für Durchsuchungen ohne richterliche Anordnung gilt § 98 Absatz 2 Satz 1, 2 und 5 der Strafprozessordnung entsprechend; zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Durchsuchung der Geschäftsräume stattgefunden hat.

(4) 1Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. 2Sie muss die verantwortliche Dienststelle, den Grund, die Zeit und den Ort der Durchsuchung und ihr Ergebnis enthalten sowie, falls keine richterliche Anordnung ergangen ist, auch die Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben.




§ 79 Unterstützende Maßnahmen



(1) Die Abwicklungsbehörde kann Maßnahmen nach den Absätzen 2 bis 7 anordnen, wenn dies erforderlich ist, um Abwicklungsanordnungen wirksam anzuwenden oder die Abwicklungsziele zu erreichen.

(2) 1Die Abwicklungsbehörde kann vorbehaltlich des Absatzes 3 durch Anordnung Rechte Dritter an Gegenständen ändern und beseitigen, die sich im Vermögen des in Abwicklung befindlichen Instituts befinden. 2Unbeschadet der Befugnisse der Abwicklungsbehörde nach den §§ 82 bis 84 und 144 kann ein Sicherungsrecht nicht umgestaltet werden, soweit die gesicherte Verbindlichkeit hierdurch unbesichert würde, es sei denn, es handelt sich bei den Verbindlichkeiten um gedeckte Einlagen und die Umgestaltung ist erforderlich, um die Verfügbarkeit der gedeckten Einlagen zu gewährleisten.

(3) Soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist, kann die Abwicklungsbehörde den Handel von Finanzinstrumenten aussetzen oder einstellen, die an einem Handelsplatz im Sinne des § 2 Absatz 22 des Wertpapierhandelsgesetzes oder durch einen systematischen Internalisierer im Sinne des § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b des Wertpapierhandelsgesetzes gehandelt werden oder gemäß der Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen (ABl. L 184 vom 6.7.2001, S. 1) amtlich notiert sind und die das von Abwicklungsmaßnahmen betroffene Institut ausgegeben hat.

(4) 1Die Abwicklungsbehörde kann unter anderem für die Zwecke des § 118 Absatz 3 anordnen, dass der übernehmende Rechtsträger so behandelt wird, als wäre er das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen. 2Diese Gleichbehandlung bezieht sich insbesondere auf Rechte oder Verpflichtungen des in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens, einschließlich der Rechte oder Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Marktinfrastruktur oder deren Nutzung.

(5) Die Abwicklungsbehörde kann in Bezug auf einen Vertrag, bei dem das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen Vertragspartei ist,

1.
alle oder einzelne Regelungen umgestalten;

2.
die weitere Erfüllung ablehnen;

3.
einen übernehmenden Rechtsträger als Vertragspartei einsetzen.

(6) 1Eine Maßnahme nach Absatz 5 berechtigt die anderen Parteien des Vertrags nicht zur Kündigung oder sonstigen Beendigung oder Änderung des Vertrags. 2Unbeschadet der Befugnisse der Abwicklungsbehörde gemäß den §§ 82 bis 84 und 144 erstreckt sich die Befugnis nach Absatz 5 nicht auf Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes, Aufrechnungsvereinbarungen, Saldierungsvereinbarungen, Verbindlichkeiten aus gedeckten Schuldverschreibungen einschließlich von in Deckung befindlichen Derivategeschäften im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 2 des Pfandbriefgesetzes und Verbindlichkeiten aus begebenen Verbriefungstransaktionen.

(7) 1Bei Systemen im Sinne des § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes darf eine Maßnahme nach Absatz 5 nicht die Funktionsweise von unter die Richtlinie 98/26/EG fallenden Systemen berühren oder den Bestimmungen der Richtlinie zuwiderlaufen. 2Sie darf insbesondere nicht zu einem Widerruf von Übertragungsaufträgen im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 98/26/EG führen und muss die rechtliche Verbindlichkeit von Übertragungsaufträgen und Aufrechnungen gemäß den Artikeln 3 und 5 der Richtlinie 98/26/EG, die Verwendung von Guthaben, Wertpapieren oder Kreditfazilitäten im Sinne von Artikel 4 der Richtlinie 98/26/EG und den Schutz dinglicher Sicherheiten im Sinne von Artikel 9 der Richtlinie 98/26/EG unberührt lassen.

(8) Die Abwicklungsbehörde kann Maßnahmen anordnen, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass die Abwicklungsmaßnahme wirksam ist und gegebenenfalls die übertragene Tätigkeit vom übernehmenden Rechtsträger wahrgenommen werden kann (Kontinuitätsmaßnahmen).

(9) Folgende Rechte bleiben von Maßnahmen nach den Absätzen 4 und 8 unberührt:

1.
das Recht eines Geschäftsleiters oder einer Geschäftsleiterin sowie eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin des in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens, seinen oder ihren Arbeits- oder Anstellungsvertrag zu kündigen;

2.
vorbehaltlich der §§ 82 bis 84 und 144 das Recht einer Vertragspartei, von ihren vertraglich vorgesehenen Rechten Gebrauch zu machen, einschließlich von ihrem Recht auf Kündigung, sofern ein vertragliches Kündigungsrecht für den Fall einer bestimmten Handlung oder Unterlassung des in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens vor der entsprechenden Übertragung oder des übernehmenden Rechtsträgers nach der Übertragung vereinbart ist.




§ 80 Bereitstellung von Diensten und Einrichtungen



(1) Die Abwicklungsbehörde kann bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen gegenüber dem in Abwicklung befindlichen Institut oder gruppenangehörigen Unternehmen oder gegenüber einem anderen Unternehmen der Gruppe, dem das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen angehört, anordnen, Informationen, Dienstleistungen, Einrichtungen sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bereitzustellen, die ein übernehmender Rechtsträger für den effektiven Betrieb des auf ihn übertragenen Geschäfts benötigt.

(2) 1Die Abwicklungsbehörde kann auf Ersuchen der Abwicklungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union Maßnahmen auf Grundlage des Artikels 65 Absatz 1 der Richtlinie 2014/59/EU, die nach der Anordnung dieser Abwicklungsbehörde für ein gruppenangehöriges Unternehmen mit Sitz im Inland gelten sollen, dadurch anerkennen, dass sie gegenüber dem betroffenen gruppenangehörigen Unternehmen mit Sitz im Inland eine entsprechende Anordnung trifft. 2In den Fällen des Satzes 1 gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) 1Ein Institut sowie ein übergeordnetes Unternehmen und deren nachgeordnete Unternehmen haben bei wesentlichen Auslagerungen in Auslagerungsverträgen Vereinbarungen zu treffen, die den Anordnungsbefugnissen im Sinne der Absätze 1 und 2 Rechnung tragen. 2Die Anforderungen gemäß § 25b des Kreditwesengesetzes bleiben unberührt.

(4) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 berechtigen die Abwicklungsbehörde nicht dazu, das Institut oder das gruppenangehörige Unternehmen zu einer finanziellen Unterstützung zu verpflichten.

(5) 1Die Gegenleistung richtet sich bei Vereinbarungen über Dienstleistungen und Einrichtungen im Sinne der Absätze 1 und 2, die im Zeitpunkt der Anordnung einer Abwicklungsmaßnahme bereits bestehen, nach der bestehenden Vereinbarung. 2In allen anderen Fällen bestimmt die Abwicklungsbehörde eine angemessene Gegenleistung.

(6) 1Wird über das Vermögen des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens ein Insolvenzverfahren eröffnet, bestehen die aus einer Anordnung nach Absatz 1 folgenden Verpflichtungen gegenüber dem Insolvenzverwalter fort. 2Die Anordnung kann auch gegenüber dem Insolvenzverwalter erfolgen. 3Die Absätze 2 bis 5 gelten entsprechend.


§ 81 Befugnis in Bezug auf in Drittstaaten belegene Gegenstände



(1) Erstreckt sich eine Abwicklungsmaßnahme auch auf Gegenstände oder Verbindlichkeiten, die in einem Drittstaat belegen sind oder die dem Recht eines Drittstaats unterliegen, kann die Abwicklungsbehörde bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen oder der Voraussetzungen nach § 65 anordnen, dass

1.
die Geschäftsleitung, ein Sonderverwalter im Sinne des § 45c des Kreditwesengesetzes, ein vorläufiger Verwalter im Sinne des § 38, ein Sonderverwalter im Sinne des § 87 oder eine andere Person, die die Kontrolle über das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen ausübt, und der übernehmende Rechtsträger alle geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit die Übertragung, die Herabschreibung, die Umwandlung oder sonstige Abwicklungsmaßnahmen für die betreffenden Gegenstände und Verbindlichkeiten wirksam werden;

2.
die Geschäftsleitung, ein Sonderverwalter im Sinne des § 45c des Kreditwesengesetzes, ein vorläufiger Verwalter im Sinne des § 38, ein Sonderverwalter im Sinne des § 87 oder eine andere Person, die die Kontrolle über das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen ausübt, sicherstellt, dass das Institut oder gruppenangehörige Unternehmen die betreffenden Gegenstände hält oder die betreffenden Verbindlichkeiten im Namen des übernehmenden Rechtsträgers begleicht, bis die Abwicklungsmaßnahme wirksam wird;

3.
die Aufwendungen des übernehmenden Rechtsträgers, die diesem bei der Durchführung der unter den Nummern 1 und 2 vorgeschriebenen Maßnahmen entstanden sind, soweit sie angemessen sind, nach § 142 Absatz 2 ersetzt werden.

(2) 1Wenn nach Einschätzung der Abwicklungsbehörde die in Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht geeignet sind, eine nach dem Recht des Drittstaats wirksame Übertragung, Herabschreibung, Umwandlung oder sonstige Abwicklungsmaßnahme herbeizuführen, obwohl die Geschäftsleiter, Sonderverwalter im Sinne des § 45c des Kreditwesengesetzes, vorläufigen Verwalter im Sinne des § 38, Sonderverwalter im Sinne des § 87 oder anderen Personen, die die Kontrolle über das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen ausüben, die nach Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen ergreifen, verzichtet die Abwicklungsbehörde insoweit auf die Übertragung, Herabschreibung, Umwandlung oder sonstige Abwicklungsmaßnahme. 2Hat die Abwicklungsbehörde die Übertragung, Herabschreibung, Umwandlung oder sonstige Abwicklungsmaßnahme bereits angeordnet, so hebt sie diese rückwirkend auf.


§ 82 Befugnis zur Aussetzung vertraglicher Pflichten



(1) 1Die Abwicklungsbehörde kann anordnen, dass alle oder einzelne Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen eines in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens aus Verträgen, bei denen es Vertragspartei ist, ausgesetzt werden für den Zeitraum von der öffentlichen Bekanntgabe dieser Aussetzung gemäß § 137 Absatz 1 bis zum Ablauf des auf diese Bekanntgabe folgenden Geschäftstages. 2Bei der Anordnung der Aussetzung berücksichtigt die Abwicklungsbehörde die möglichen Auswirkungen auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte. 3Bei der Festlegung des Umfangs einer Aussetzung berücksichtigt die Abwicklungsbehörde die Umstände des Einzelfalls. 4Dabei bewertet die Abwicklungsbehörde insbesondere, ob die Erstreckung der Aussetzung auf entschädigungsfähige Einlagen, insbesondere auf gedeckte Einlagen, die von natürlichen Personen, Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen gehalten werden, angemessen ist. 5Im Fall einer Erstreckung der Aussetzung auf entschädigungsfähige Einlagen hat die Abwicklungsbehörde für jeden Tag der Aussetzung einen angemessenen Betrag festzusetzen, der von der Aussetzung ausgenommen ist. 6Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht bezüglich eines Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens ausgeübt werden, sofern von der Anordnung nach § 66a Gebrauch gemacht wurde.

(2) Von einer Aussetzung gemäß Absatz 1 Satz 1 ausgenommen sind Zahlungs- und Lieferverpflichtungen gegenüber Systemen im Sinne des § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes, Systembetreibern im Sinne des § 1 Absatz 16a des Kreditwesengesetzes, zentralen Gegenparteien im Sinne des § 1 Absatz 31 des Kreditwesengesetzes, die gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der Union zugelassen sind, sowie gegenüber von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemäß Artikel 25 der genannten Verordnung anerkannten zentralen Gegenparteien aus Drittstaaten und gegenüber Zentralbanken.

(3) Werden die Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen eines in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens aus einem Vertrag gemäß Absatz 1 Satz 1 ausgesetzt, so sind die Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen der Gegenparteien des in Abwicklung befindlichen Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens aus diesem Vertrag für den gleichen Zeitraum ausgesetzt.

(4) Eine Zahlungs- oder Lieferverpflichtung, deren Fälligkeit in den Aussetzungszeitraum fällt, wird unmittelbar nach Ablauf des Aussetzungszeitraums fällig.

(5) Hat die Abwicklungsbehörde eine Abwicklungsmaßnahme angeordnet, sind die §§ 46 und 46g des Kreditwesengesetzes in Bezug auf das betroffene Institut nur mit Zustimmung der Abwicklungsbehörde anzuwenden.




§ 83 Befugnis zur zeitweiligen Untersagung der Durchsetzung von Sicherungsrechten



(1) 1Bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen kann die Abwicklungsbehörde den Gläubigern eines in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens, deren Forderungen besichert sind, die Durchsetzung von Sicherungsrechten untersagen für den Zeitraum von der öffentlichen Bekanntgabe dieser Beschränkung gemäß § 137 Absatz 1 bis zum Ablauf des auf diese Bekanntgabe folgenden Geschäftstages. 2Bei der Untersagung berücksichtigt die Abwicklungsbehörde die möglichen Auswirkungen auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte. 3Die Untersagung kann nicht bezüglich eines Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens ausgeübt werden, sofern von der Anordnung nach § 66a Gebrauch gemacht wurde.

(2) Von einer zeitweiligen Untersagung der Durchsetzung von Sicherungsrechten sind Sicherungsrechte ausgenommen, die das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen gegenüber Systemen im Sinne des § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes oder Systembetreibern im Sinne des § 1 Absatz 16a des Kreditwesengesetzes, zentralen Gegenparteien im Sinne des § 1 Absatz 31 des Kreditwesengesetzes, die gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der Union zugelassen sind, sowie von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemäß Artikel 25 der genannten Verordnung anerkannten zentralen Gegenparteien aus Drittstaaten und Zentralbanken an seinen Vermögenswerten bestellt hat.




§ 84 Befugnis zur vorübergehenden Aussetzung von Beendigungsrechten



(1) Bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen kann die Abwicklungsbehörde das Recht einer Partei, einen Vertrag mit einem in Abwicklung befindlichen Institut oder gruppenangehörigen Unternehmen zu beenden, aussetzen für den Zeitraum ab der öffentlichen Bekanntgabe dieser Aussetzung gemäß § 137 Absatz 1 bis zum Ablauf des auf diese Bekanntgabe folgenden Geschäftstages.

(2) Die Abwicklungsbehörde kann das Recht einer Partei, einen Vertrag mit einem gruppenangehörigen Unternehmen zu beenden, das derselben Gruppe angehört wie ein in Abwicklung befindliches gruppenangehöriges Unternehmen, aussetzen für den Zeitraum ab der öffentlichen Bekanntgabe gemäß § 137 Absatz 1 bis zum Ablauf des auf diese Bekanntgabe folgenden Geschäftstages in dem Mitgliedstaat, in dem das gruppenangehörige Unternehmen, mit dem der betreffende Vertrag besteht, seinen *) Sitz hat, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1.
die Erfüllung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen wird von dem in Abwicklung befindlichen gruppenangehörigen Unternehmen garantiert oder auf andere Art und Weise sichergestellt;

2.
das Beendigungsrecht knüpft ausschließlich auf das Vorliegen von Insolvenzgründen oder die Abwicklungsvoraussetzungen oder die Anordnung oder Durchführung von Abwicklungsmaßnahmen an und

3.
für den Fall, dass eine Übertragung in Bezug auf das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen angeordnet wurde oder angeordnet werden kann,

a)
alle mit diesem Vertrag verbundenen Rechte und Pflichten des in Abwicklung befindlichen Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens wurden auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen und von ihm übernommen oder können auf ihn übertragen und von ihm übernommen werden oder

b)
die Abwicklungsbehörde kann einen anderweitigen Schutz der Ansprüche der anderen Vertragsparteien bewirken.

(3) Bei einer Anordnung nach Absatz 1 oder 2 berücksichtigt die Abwicklungsbehörde die möglichen Auswirkungen auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte.

(4) Eine Anordnung nach Absatz 1 oder 2 erfolgt nicht gegenüber

1.
Teilnehmern von Systemen im Sinne des § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes,

2.
Systembetreibern im Sinne des § 1 Absatz 16a des Kreditwesengesetzes,

3.
zentralen Gegenparteien im Sinne des § 1 Absatz 31 des Kreditwesengesetzes, die gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der Union zugelassen sind,

4.
zentralen Gegenparteien aus Drittstaaten, die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemäß Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 anerkannt sind, und

5.
Zentralbanken.

(5) Eine Vertragspartei kann vor Ablauf des in Absatz 1 oder 2 genannten Zeitraums von einem Beendigungsrecht nur Gebrauch machen, wenn sie von der Abwicklungsbehörde die Mitteilung erhält, dass die mit dem Vertrag verbundenen Rechte und Pflichten weder auf einen übernehmenden Rechtsträger übertragen werden noch Gegenstand einer Herabschreibung oder Umwandlung bei der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung sind.

(6) 1Auf eine Mitteilung der Abwicklungsbehörde nach Absatz 5 besteht kein Anspruch. 2Eine Vertragspartei kann nach Ablauf des in Absatz 1 oder 2 genannten Zeitraums, sofern keine Mitteilung nach Absatz 5 ergangen ist, von einem Beendigungsrecht vorbehaltlich der Regelungen der §§ 82 und 144 Gebrauch machen, wenn

1.
in Fällen, in denen die mit dem Vertrag verbundenen Rechte und Pflichten auf einen übernehmenden Rechtsträger übertragen wurden, die vertraglichen Voraussetzungen für eine Beendigung des Vertrags auch nach Übertragung an den übernehmenden Rechtsträger noch vorliegen;

2.
in Fällen, in denen die mit dem Vertrag verbundenen Rechte und Pflichten bei dem in Abwicklung befindlichen Institut oder gruppenangehörigen Unternehmen verbleiben und die Abwicklungsbehörde das Instrument der Gläubigerbeteiligung nicht auf das in Abwicklung befindliche Institut oder ein gruppenangehöriges Unternehmen angewendet hat, die vertraglichen Voraussetzungen für eine Beendigung des Vertrags bei Ablauf des in Absatz 1 genannten Zeitraums noch vorliegen.

(7) 1Die Absätze 1 bis 6 gelten entsprechend für sämtliche Beendigungstatbestände, die sich aus einem Vertrag mit einem in Abwicklung befindlichen Institut oder gruppenangehörigen Unternehmen ergeben. 2Die Aussetzung kann nicht erfolgen, wenn bezüglich des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens bereits von der Anordnung nach § 66a Gebrauch gemacht wurde.


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*)
Anm. d. Red.: Die nicht durchführbare Änderung in Artikel 10 Nummer 24 G. v. 22. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411) wurde sinngemäß konsolidiert.




§ 85 Streichung des Gesamtbetrags variabler Vergütungen und zurückbehaltener variabler Vergütungen



(1) 1Die Abwicklungsbehörde kann bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen gegenüber dem Institut oder gruppenangehörigen Unternehmen anordnen, dass das Institut oder das gruppenangehörige Unternehmen den Jahresgesamtbetrag, der für die variable Vergütung aller Geschäftsleiter und Geschäftsleiterinnen sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vorgesehen ist (Gesamtbetrag der variablen Vergütungen), auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränkt oder vollständig streicht. 2Von der Beschränkung nach Satz 1 ausgenommen sind variable Vergütungsbestandteile, die vereinbart sind

1.
durch Tarifvertrag oder

2.
im Geltungsbereich eines Tarifvertrags durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung.

(2) Die Abwicklungsbehörde kann bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen gegenüber dem Institut oder dem gruppenangehörigen Unternehmen anordnen, dass das Institut oder gruppenangehörige Unternehmen sämtliche bereits zurückbehaltene variable Vergütungen von Geschäftsleitern und Geschäftsleiterinnen sowie von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Sinne des § 25a Absatz 5 Satz 3 des Kreditwesengesetzes und des § 20 Absatz 1 und 2 der Institutsvergütungsverordnung reduziert oder streicht.




§ 86 Kontrollbefugnisse



(1) Bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen kann die Abwicklungsbehörde zur Vornahme einer Abwicklungsmaßnahme direkt oder über einen Sonderverwalter im Sinne des § 87 die Kontrolle über das in Abwicklung befindliche Institut und gruppenangehörige Unternehmen übernehmen, um

1.
das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen mit allen Befugnissen der Anteilsinhaber, der Geschäftsleitung und des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans des in Abwicklung befindlichen Instituts betreiben und die Tätigkeiten und Dienstleistungen des Instituts erbringen zu können,

2.
Vermögenswerte und Eigentum des in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens verwalten und über diese Vermögenswerte und das Eigentum verfügen zu können.

(2) Die Abwicklungsbehörde und der Sonderverwalter gelten nicht als Geschäftsleiter im Sinne des § 25c des Kreditwesengesetzes und nicht als Aufsichts- oder Verwaltungsorgan im Sinne des § 25d des Kreditwesengesetzes.