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Politik

Knappe Abstimmung zur Krankenhausreform im Bundesrat erwartet

Mittwoch, 23. Oktober 2024

/DÄ

Berlin – Die ausstehende Abstimmung im Bundesrat zur Krankenhausreform wird voraussichtlich sehr knapp ausfallen. Sechs Länder wollen zum aktuellen Stand den Vermittlungsausschuss anrufen, das Saarland will es nicht tun und der Rest hat diese Entscheidung noch nicht final getroffen.

Der Bundestag hatte das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vergangene Woche beschlossen. Es ist ein zustimmungsfreies Gesetz, dem die Länder aber durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses Ein­halt gebieten können.

Zur Anrufung des Vermittlungsausschusses werden mindestens 35 Stimmen der insgesamt 69 Länderstimmen im Bundesrat benötigt. Der Vermittlungsausschuss besteht aus 16 Ländervertretern – hauptsächlich den Minis­terpräsidenten- und präsidentinnen – sowie 16 Bundestagsabgeordneten.

In diesem Ausschuss sollen Änderungen an Gesetzen verhandelt werden, die zwischen Bund und Ländern strittig sind. Sollte es zu einer Einigung im Vermittlungsausschuss kommen, muss über diese im Bundesrat nochmal ab­gestimmt werden.

30 Stimmen für Vermittlungsausschuss stehen bereits fest

Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thürin­gen wollen nach aktuellem Stand den Vermittlungsausschuss anrufen. Das hat eine Abfrage des Deutschen Ärzteblattes unter den Bundesländern ergeben.

Zusammen hätten die sechs Länder 30 Stimmen. Es könnte sein, dass etwa Sachsen (vier Stimmen) ebenfalls den Vermittlungsausschuss anrufen wird. Für eine absolute Mehrheit bräuchte es damit noch ein weiteres Land.

Das Saarland und Niedersachsen zeigten sich zufrieden mit dem Gesetz. Niedersachsen will aber für eine finale Entscheidung noch die Ergebnisse der Auswirkungsanalyse abwarten. Diese Ergebnisse seien aus diesem Grund insbesondere auch für Brandenburg, Bremen, Hessen und Sachsen wichtig.

Die restlichen Länder haben ebenfalls noch nicht entschieden, wie sie voraussichtlich am 22. November im Bun­desrat zu dieser Frage verhalten werden.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den Ländern versprochen, ein Simulationsmodell zur Analyse der Auswirkung der Reform vor dem Bundesratsbeschluss zur Verfügung zu stellen. Diese Woche soll es so weit sein.

Bislang haben die Länder aber noch keinen Zugang erhalten, erfuhr das Deutsche Ärzteblatt aus Länderkreisen. Am morgigen Donnerstag soll es eine Einführungsveranstaltung für die Länder zu diesem Instrument geben.

Das Modell basiert auf einem vorerst nicht zertifizierten Grouper, der vom Institut für das Entgeltsystem im Kran­kenhaus (InEK) entwickelt wird. Dieser Grouper soll alle stationären Fälle in die 65 Leistungsgruppen zuordnen können.

Die Länder sollen das Tool nutzen können, um damit ihre geplante Reform, also wie viele Leistungsgruppen sie auf wie viele Krankenhausstandorte aufteilen wollen, zu analysieren. Auch die geplante Finanzierungsänderung soll damit überprüft werden können.

Einige Bundesländer sehen Forderungen berücksichtigt

Viele Bundesländer erkennen Verbesserungen in der finalen Version des KHVVG im Vergleich zum vorherigen Ka­binettsentwurf an. Das im Bundestag verabschiedete Gesetz wurde durch die Koalitionsfraktionen noch einmal modifiziert und enthalte nun auch wichtige Forderungen der Bundesländer, erklärte die Berliner Gesundheits­senatorin Ina Czyborra (SPD) auf Nachfrage.

Auch Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) erklärte, im parlamentarischen Verfah­ren seien deutliche Korrekturen erzielt worden. „Das sind konkrete Verbesserungen, für die sich auch Branden­burg sehr stark eingesetzt hat. Besonders die beschlossenen Ausnahmen für kleine Krankenhäuser der Grund­versorgung und Fachkliniken begrüße ich sehr“, sagte Nonnemacher.

Zudem machte sie deutlich: „Die Krankenhausreform ist notwendig. Wir brauchen die Reform.“ Einen weiteren Aufschub können man sich nicht leisten. Mit dem vom Bundestag beschlossenen Krankenhausversorgungsver­besserungsgesetz würden Brandenburgs Krankenhausstandorte gestärkt, erklärte Nonnemacher weiter. Damit könnte es gut sein, das Brandenburg nicht für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen wird.

Die Gesundheitsministerin aus Mecklenburg-Vorpommern sieht das Gesetz zwar nicht als perfekt an, jedoch sei es ein großer Erfolg, dass etwa der erhöhte Sicherstellungszuschlag für kleinere Kliniken im ländlichen Bereich sowie der Erhalt der flächendeckenden Notfallversorgung nun Teil des Gesetzes ist, erklärte Stefanie Drese (SPD). Für das ebenfalls große Flächenland Niedersachsen sind diese Änderungen ebenfalls positiv zu bewerten.

Verschiebung des Gesetzes führt zu großen Gefahren

Drese wirbt weiter dafür, das Gesamtpaket des KHVV zu sehen. Sie warnt vor großen Gefahren, die durch eine Verschiebung des Gesetzes entstünden. „Die Krankenhausreform darf nicht zum Spielball des bevorstehenden Bundestagswahlkampfes werden. Wir haben jetzt ein Gesamtpaket mit einigen Zusagen des Bundes an die Länder vorliegen.“

Ob dieses Paket in ein paar Monaten noch Bestand haben würde, bezweifelt sie. „Deshalb sollten die Wochen bis zum Bundesrat am 22. November für begleitende Zusicherungen des Bundes genutzt werden, anstatt bereits jetzt mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses zu drohen“, betonte Drese. Die Aussage lässt erahnen, dass es unwahrscheinlich ist, dass Mecklenburg-Vorpommern für den Weg in den Vermittlungsausschuss stimmen wird.

Ähnlich bewertet das Gesetz der Gesundheitsminister aus Rheinland-Pfalz, Clemens Hoch (SPD). Die Reform ginge in die richtige Richtung, erklärte er. Zu begrüßen sei vor allem die kurz vor der Verabschiedung eingefügte Regelung, Bundeswehrkrankenhäuser zu stärken und für die ambulante ärztliche Behandlung zu ermächtigen. Dies stärke das Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz, sagte Hoch.

Für Sachsen sei es ebenfalls positiv, dass eine ganze Reihe von Änderungsvorschlägen eingearbeitet worden seien, erklärte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD). Vor allem die koordinierende Funktion auch für Maximalversorger wie Chemnitz statt nur für Unikliniken begrüßte sie. Die weiteren Änderungen im Gesetz wolle man zunächst genau prüfen, erklärte sie weiter.

Für die saarländische Landesregierung sei es besonders wichtig, dass die Fachkrankenhäuser ihre Arbeit sinnvoll fortführen könnten und man Zugang zu Mitteln aus dem Transformationsfonds bekomme. „Dafür hatten wir uns auch beim Besuch des Bundesgesundheitsministers im Saarland vor zwei Wochen nachdrücklich eingesetzt“, erklärte der Gesundheitsminister Magnus Jung (SPD). Beides sei nach aktuellem Stand gesichert. „Bis zur Sitzung des Bundesrates werden wir weiterhin dafür werben, dass der Bund den Ländern insbesondere zusätzliche Zusagen zur Übergangsfinanzierung macht“, betonte Jung.

Fehlende Überbrückungsfinanzierung und Ausnahmeregelungen

Für einige Länder ist das vorliegende Gesetz hingegen nicht ausreichend. „Mit dem vorliegenden Gesetz befindet sich der Bund im Blindflug bei der Reform der Krankenhausstrukturen“, heißt es vom hessischen Gesundheits­minis­terium.

Der Gesetzentwurf stelle eine Gefahr für die flächendeckende und qualitätsgesicherte Versorgung in Hessen dar. „Eine Überarbeitung der Vorschläge ist dringend erforderlich, damit die Krankenhausreform für Hessen zu einem guten Ergebnis führen kann.“ Damit ist die Tendenz Hessens klar, vermutlich wird das Land den Vermittlungsaus­schuss anrufen.

Einige Länder kritisieren weiter vor allem eine fehlende Überbrückungsfinanzierung, bis die Krankenhausreform finanzielle Auswirkungen zeigt. Dazu gehören unter anderem Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen.

Für Baden-Württemberg und Bayern fehlen zudem weitere Ausnahmemöglichkeiten bei den Leistungsgruppen, um sinnvolle Kooperationen zu ermöglichen. „In Baden-Württemberg haben wir unsere Krankenhausstrukturen bereits konsolidiert und Strukturbereinigungsprozesse vorangetrieben. Das muss auch honoriert werden“, schreibt das baden-württembergische Gesundheitsministerium. „Leider fehlen dazu bislang noch finanzielle Regelungen im KHVVG“, lautet die Kritik weiter.

Ähnlich argumentiert die Gesundheitsministerin aus Sachsen-Anhalt, Petra Grimm-Benne (SPD). Auch sie sieht eine Überarbeitung des Gesetzes als dringend notwendig an. Sie fordert mehr Kooperationsmöglichkeiten.

Zudem brauche es mehr Konzentration von bestimmten Leistungen auf hochmoderne Standorte, ohne dabei die flächendeckende Grundversorgung aus dem Blick zu verlieren. „Ich behalte mir vor, einen Vermittlungsausschuss anzurufen, damit die Krankenhäuser auch in der Fläche zukunftsfest aufgestellt werden“, kündigte Grimm-Benne an.

Gesetz gefährdet Krankenhauslandschaft

Vor allem Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Thüringen stehen dem Gesetz kritisch gegen­über. „Mit dem bisher bekannten Gesetzesentwurf ist die Sicherung der Grund- und Notfallversorgung gerade im ländlichen Raum akut gefährdet und unkontrollierte Klinik-Insolvenzen werden sich fortsetzen“, sagte die Ge­sundheitsministerin aus Schleswig-Holstein und Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Kerstin von der Decken (CDU).

Ihr Kollege aus Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU), erklärte vergangene Woche vor dem Bundestag, er wolle das Gesetz nicht stoppen. Aber er wolle ein Gesetz, in dem Landesplanung und Finanzierung zusamm­en­passen würden. „Deswegen fände ich es eine gute Sache, wenn wir im Vermittlungsausschuss darüber spre­chen und es noch besser machen würden“, so Laumann.

Auch die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) betonte, die letzten Änderungen des KHVVG be­seitigten nicht die grundlegenden Defizite. „Sie sind in weiten Teilen eher Kosmetik denn inhaltliche Verbesse­rung.“ Bayern werde sich deshalb im Bundesrat für die Anrufung des Vermittlungsausschusses einsetzen, um dringend notwendigen Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf herbeiführen zu können, so Gerlach.

Die Krankenhausreform sieht 65 Leistungsgruppen vor, die künftig bundeseinheitlich Strukturvorgaben zu Perso­nal und technischer Ausstattung definieren sollen. Eine Vorhaltevergütung soll künftig 60 Prozent der bisherigen diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) ausmachen.

Zudem sind sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen vorgesehen, die die wohnortnahe Versorgung sicherstellen sollen. Mit diesen Maßnahmen soll eine Zentralisierung und Spezialisierung von Kliniken ange­strebt werden, um die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. © cmk/aerzteblatt.de

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