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Politik

Leichterer PVS-Wechsel, ePA als Heilsbringer: Digitalagentur soll Grundlagen schaffen

Freitag, 18. Oktober 2024

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) /picture alliance, Bernd von Jutrczenka

Berlin – Das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) trifft in Regierungskoalition und Opposition gleicher­maßen auf überwiegende Zustimmung. Die Union warnt jedoch vor der Entstehung von Doppelstrukturen. Die Linke fordert eine elektronische Patientenakte (ePA) aus der Hand des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG).

Es sei generell zu begrüßen, dass das Mandat der Gematik durch den im Gesetz vorgesehenen Umbau zu einer Digitalagentur Gesundheit gestärkt werde, erklärte CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel gestern Abend bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag.

Es sei der richtige Weg, die Agentur durch die Bündelung von Aufgaben zu stärken. „Aber wir haben Bedenken bezüglich der Doppelstruktur von Überwachung und Marktbeteiligung“, sagte er. Die neue Digitalagentur wer­de de facto Schiedsrichtet und Spieler zugleich. „Eine Doppelrolle, die Interessenkonflikte nahezu unvermeid­bar macht“, so Rüddel.

Durch die vorgesehene Vergabepraxis bestehe zudem die Gefahr, dass die Innovationskraft der privaten Wirt­schaft durch staatliche Vorgaben ausgebremst wird. „Wir müssen sicherstellen, dass die besten Ideen im Wett­bewerb entstehen“, forderte er.

Durch die nicht ausreichend definierte Vergabepraxis drohe, dass für zentrale Anwendungen nur wenige An­bieter zugelassen werden und dadurch eine Konzentration entstehe, die die Fehleranfälligkeit erhöhe.

Die Digitalagentur müsse als zentraler Koordinator den Wettbewerb fördern, statt sich selbst als Marktteil­nehmer zu positionieren. „Wir dürfen die digitale Transformation des Gesundheitswesens nicht durch falsch verstandene Staatsgläubigkeit ausbremsen“, mahnte Rüddel.

Zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seine Pläne für die Gematik mit Blick auf die elektronische Patientenakte (ePA) erklärt. Deren Einführung sei ein „Durchbruch für unsere Medizin“.

Ausgerechnet das zwanzigjährige Scheitern bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens habe dazu ge­führt, dass Deutschland nun direkt bei Einführung der ePA auf eine besonders moderne Struktur setzen könne. „Hier haben wir sozusagen die Gnade der späten Geburt“, sagte er.

Mit der Neuaufstellung der Gematik solle nun die Grundlage dafür geschaffen werden, dass bei der digitalen Infrastruktur alle Elemente ineinandergreifen: „Das Digitalagenturgesetz ist das Gesetz, das sicherstellen soll, dass die Technologie auch im Alltag schnell, sicher und nutzerfreundlich funktioniert.“

Zu diesem Zweck erhalte die Digitalagentur erweiterte Rechte, um nicht nur die Einhaltung der Spezifikatio­nen zu überprüfen, sondern auch die Anwenderfreundlichkeit. Das werde zu weniger Zeitverlust durch Ab­stürze und andere technische Probleme in den Praxen führen, wodurch mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehe, pflichtete ihm sein Fraktionskollege Matthias Mieves bei.

Zudem solle es das Gesetz erleichtern, dass Ärztinnen und Ärzte entlang dieser Kriterien Anbieter wechseln könnten, erklärte der Grüne Janosch Dahmen. Es schaffe die Voraussetzungen dafür, dass die Unternehmen nicht mehr „mit kneblerischen Verträgen Ärzte erpressen können“.

Auch die Interoperabilität von Praxissoftware werde durch die neuen Vorgaben einen Sprung nach vorn ma­chen, betonte der Sozialdemokrat Mieves. Bisher sei es so, als könne man von einem iPhone nicht auf ein Samsung-Smartphone schreiben. Das müsse sich ändern. Dann werde auch die Struktur für die Terminvergabe besser funktionieren.

Grundsätzliche Zustimmung erhielt der Gesetzentwurf auch von der CSU, kritisierte allerdings die darin enthaltenen Pläne, wonach die Digitalgentur zentrale Komponenten, Dienste und Anwendungen in einem kontrollierten Marktmodell über Ausschreibungsverfahren selbst beschaffen können soll.

Dabei drohe die Gefahr, dass vor allem große Unternehmen zum Zuge kommen. „Das gefährdet unseren Mittelstand“, kritisierte Emmi Zeulner. „Deshalb lehnen wir diese Regelung im Gesetz ab. Wir wollen, dass die Innovation aus Deutschland kommt und auch hier bei uns bleibt.“

Auch die FDP kündigte an, im weiteren parlamentarischen Verfahren genau hinschauen zu wollen. Das Gesetz sei zwar „ein finaler Meilenstein bei der Aufholjagd in Medizin und Pflege“, erklärte der Berichterstatter der Liberalen für E-Health, Maximilian Funke-Kaiser.

„Aber es ist kein Geheimnis, dass staatliche Entwicklungen selten etwas mit Nutzerfreundlichkeit zu tun haben“, sagte er. „Am Ende programmieren immer noch die Unternehmen die besten Anwendungen.“ Deshalb werde man genau darauf achten, dass hierfür die besten Voraussetzungen geschaffen werden.

Das Gegenteil fordert Die Linke. Es habe bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens er 20 Jahre teuren Stillstand gegeben, auf den planloser Aktionismus gefolgt sei, „weil Digitalisierung weder durch den freien Markt noch durch Pattsituationen in der Selbstverwaltung funktioniert“, erklärte Anke Domscheidt-Berg.

Statt eines Marktmodells müsse das BMG eine zentrale ePA-App für das gesamte Gesundheitswesen bereit­stellen. „Denn die ePA eignet sich nicht als Marketingtool der Krankenkassen“, betonte sie. © lau/aerzteblatt.de

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