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Eine alte Kinderfrau

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Eine alte Kinderfrau.
Author: Fritz Reuter
Text type: Gedicht
Comment:

from: Polterabend-Gedichte

1855

:

Ach Götting! Nee! Wo lang' is't hea?
Dunn was sei noch en lüttes Jöah,
Un nu, nu is't 'ne grote Bruut!
Un ach, wo schmucking süht sei ut!
Wo is dat doch woll mäglich? Neeking!
Dat hahr ick doch mendag nich dacht!
Wo süht sei schmucking ut? Herr Jeking!
Wat is sei nüdlich doch getacht! –
Ick hew di up den Arm rüm dragen,
Du olles, leiwes, säutes Jöah,
Bet mi tauletzt de Schullern möah
Un sich mien Puckel krumm hett bagen.
Dunn nehm'ck di von den Arm heraf
Un leet di in dei Stuw 'rümkrawweln.
Un wenn du di mal dehrst besawweln,
Denn putzt ick di dien Näsing af.
Denn hew'ck di in den Wagen führt,
Un nahsten hew'ck di loopen liehrt:
Ganz leining, leining, ganz alleining
Up diene leiwen, flinken Beining,
Bet du so fixing loopen liehrst,
As wenn du 'n lütten Kiewitt wierst.
Un as du man ierst loopen künnst,
Dunn liehrt ick di dei schönen Künst:
Wo gröting büst du?, Kaukenbacken
Un Soltveköpen, Hukepacken,
Un endlich liehrt ick di dat Schnacken.
Dat duurte denn ok goa nich lang',
Dunn künnst du nüdlich plattdütsch rehren.
Doch dunn kehm dien Mama mit mang,
Dei hett dat Plattdütsch sich verbeeren,
Dat süll nu idel Hochdütsch sin.
Un as dei ierst doamang is kamen,
Herr Gott, wat kohltst du dunn tausamen!
Dat die kein Minsch vestahen künn.
Bet ick't för gaut inseihen dehr
Un mi ok up dat Hochdütsch lähr.
Un was du davon hast geliehrt,
Das kommt von mich,
Das lernt ich Dich,
Das hast von mich du profentirt.
Das sollt' nu aber doch nich gellen
Un die Mama füng wieder an zu schellen,
Daß allens, was ich tät un sähr,
Kein richtig Hochdütsch wesen dehr.
Sie ließ 'ne Guwernantin kommen,
Un die hat dich denn fürgenommen.
Das aber kann ich nu nich wissen,
Was du da all hast lernen müssen,
Un was du profentirt bei sie,
Denn ich kam bei das Haunervieh. –
Na, dat is vähle Johren hea,
Mi äwer is't, as wier dat hüt.
Wenn wi ierst olt, kümmt't uns so vöa,
Un rasch vergeiht uns denn dei Tied.
Ein Joah is goa tau bald vebi! –
Na, gistern kehm denn uns' Zaphie,
Wat nu uns' Stubenmäten is,
Dei sähr tau uns för ganz gewiß,
Dat hüt süll Pulterabend sin,
Un morgen süll dat Kinting friegen.
Ach Götting, nee! Wo würr mi dunn tau Sinn!
Dei Tranen dehren in dei Ogen stiegen.
Dat Kind sall friegen! Jere bringt
Die taum Geschenk ein Angedenken,
Dei ein, dei danzt, dei anne singt,
Un wat hew ick woll di tau schenken?
Gott un dien Öllern utgenamen,
Bün ick di doch dei alleneegst;
Un wenn du ok dat Schönste kreegst
Von all dei feinen Herrn und Damen,
Ehr Gaaw, dei wier nich half so groot
As mien – as dit, dit leiwe Brod.
(Sie enthüllt ein noch warmes Brot.

Zu den Umstehenden.)
Oh, lach ji nich! Mien Brod is bete
As all jug Sülwe, all jug Gold.
Oh, lach ji nich! Mien Gaw is gröte;
Mien Brod is warm, jug Gold is kolt.
Un weit ji, wat an't Brod all hackt?
Vähl Tranen sünd doarinnen backt,
Vähl Tränen, dei dei Armut rohrt,
Dei sünd in dit leiw Brod vewohrt.
Vähl Arbeit un vähl suuren Schweit
In dit leiw Brod sich bargen deiht.
Un weit ji denn, wat Arbeit heit?
Ja Arbeit, Armut, Sorg und Not,
Dei sünd vebackt in dit leiw Brod!
Dat Brod is heilig! seggt dei heil'ge Schrift,
Un wenn 'ne olle Fru ehr letztes gift,
Denn gift sei't Hart mit weg, ehr ganzes Leben.
Un so vähl hett von jug nich eine geben.

(Zur Braut:)
Un di, mien Kind, will ick nu noch wat seggen,
Wenn ick dat Brod in diene Hand dauh leggen:
(Sie überreicht das Brot.)

Denn denk doaran, dat dat 'ne schlimme Tied,
Un keine weit, wat noch geschüht;
Dat an dien Döah so männigeine steiht,
Dat männig friert und männig hungern deiht,
Dat du möst Recknung leggen morr'n
Von dat, wat di hüt geben worr'n.

Un nu lew' woll, mien säutes Kind!
Dien Glück wes' warm as Sommewind,
Dien Hart bliew' jung as Vagelsang,
Un duurt dien Leben noch so lang!

So still un ruhig as dein Mahn,
So as dei Stiern an'n Heben gahn,
So as dei Wolk' bi Sommetied,
So as dei Sommemetten tüht,

So as dörch Gras un Blaumen bunt
Dei Bäk sich schmiegt dörch gräunen Grund,
So rein un frisch un hell un kloa,
So fleit dien Leben Joah för Joah.

Lew' woll! Lew' woll! Ick bün tau En'n.
Uns' Herr Gott legg' up di sien Hän'n,
Hei holl' di fiern von alle Not
Un gew' di stets dien däglich Brod.