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Unsere Geschichte

Die Geschichte unseres Vereins

1990 – eine Zeit des Umbruchs
Die DDR ist dabei, sich selbst aus dem Geschichtsbuch zu streichen. Die Gesellschaft ist komplett im Umbruch. Gerade die unlösbar erscheinenden Probleme mobilisieren das Engagement vieler Bürger. Es ist die Zeit der runden Tische. Initiativen, Parteien und Vereine gründen sich zu Tausenden. 1989 schon hatte das Fernsehen der DDR eine keineswegs nur rhetorische Frage gestellt: Ist Leipzig noch zu retten? Viele der erschreckenden Bilder dieser Dokumentation entstammten den östlichen Stadtteilen. Besonders prekär ist die Situation rund um den Neustädter Markt. Längst hat der Stadtrat beschlossen, das traditionsreiche Arbeiterviertel mit seiner hundertjährigen, verschlissenen Bausubstanz abzureißen und durch Plattenbauten, wie in Volkmarsdorf, zu ersetzen. Vor allem die komplizierter werdende wirtschaftliche Situation des Landes haben die Abrisspläne verzögert. Kritische Distanz dazu hatte es, wohl auch im zuständigen Wohnbezirksausschuss, schon vor der Wende gegeben. Schon 1989  berufen engagierte Bürger unterschiedlicher sozialer Herkunft und poltischer Überzeugung eine Einwohnerversammlung in der POS Wilhelm Wander ein. Im Ergebnis gründet sich 1990 unter großer Beteiligung der Bürgerverein Neustädter Markt e.V., der sich in der nächsten Zeit noch wahlweise mit den Attributen Bürgerinitiative und Mieterverein versieht. Schon die Wahl des Namens weist darauf hin, dass es eine Stadtteilidentität zu den Ortsteilen Neustadt oder Neuschönefeld kaum mehr gibt. Die Aufgaben denen sich der Verein gegenübersieht sind gigantisch. Bereits in dieser Gründungsphase bewirkt der Problemdruck eine städtebauliche und soziale Orientierung des jungen Vereines.  Eine der ersten Leistungen besteht in der Entrümpelung des Platzes gegenüber der Kirche und die Schaffung bzw. Wiederherrichtung des Spielplatzes auf der Brachfläche.

1991 – Das Neustädter Markt Journal entsteht
In der Stadtverwaltung Leipzig wurde das Amt für Stadtsanierung und Wohnungsbauförderung (ASW) gegründet. Das zweite Sanierungsgebiet, das es für Leipzig ausweist, heißt Neustädter Markt. Dem Geist der Umbruchzeit folgend, sucht es Ansprechpartner in der Bürgerschaft. Der Bürgerverein erweist sich als solcher Partner. Vorstellungen der Bürger sollen in Sanierungspläne einfließen. Aber der größte Teil der Aufgaben ist elementarer Natur. Das verwahrloste Wohngebiet ist zu entrümpeln. 115 Grobmüllcontainer werden durch eine Beschäftigungsgesellschaft abgefahren. Der tägliche Kampf gilt den Taubenzecken, den Auswirkungen der um sich greifenden Arbeitslosigkeit und dem beginnenden Mietwucher. Finanziert durch die Stadt Leipzig gibt der Bürgerverein eine Stadtteilzeitung heraus, das Neustädter Markt Journal. Die Zeitschrift will Bürger informieren und aktivieren, aber auch, besonders mit den gut recherchierten historischen Beiträgen Dr. Harald Steins, eine Stadtteilidentität herstellen. Erinnert wird auch an den 125. Jahrestag Neustadts. Das erste Stadtteilfest wird, vorrangig als Kinderfest, auf dem Schulhof der Wilhelm-Wander-Oberschule organisiert. Eine soziologische Studie wird erarbeitet und erste ABM werden ausgeschrieben.

1992 Die Stammtische beginnen


Um 1992: der Blick auf die Häuser Neustädter Markt 1-4,
im Vordergrund die kläglichen Überreste vom Gaskandelaber

Das Thema Straßenverkehr rückt in den Mittelpunkt. Ein aus den frühen achtziger Jahren stammender Verkehrsplanungsentwurf sieht vor, die Eisenbahnstraße in eine Fußgängerzone umzugestalten, die gewaltigen Verkehrsströme der Magistrale dagegen durch die Wohngebietsstraßen zu lenken. Der Verein kämpft für Tempolimitierung und eine Fußgängerampel auf der Eisenbahnstraße. Der Verein lädt zu Stammtischen zu den Themen Verkehrsberuhigung, Kinder, Gewerbe und Stadtsanierung ein. Gabriele Oertel berät im Journal zu Wohngeldanträgen. Bürgersprechstunden bieten im Büro Hedwigstraße 2 Rat und Hilfe. Nach der Schließung des Wintergarten Kinos beginnt der Kampf um den Erhalt des historischen Ostbades.  Das Wohngebietsfest findet, unterstützt vom Kulturamt, erstmals im Rabet statt und wird mit einem Sanierungsforum des ASW verbunden. Die kulturelle Aufwertung des Viertels bildet einen immer stärkeren Arbeitsschwerpunkt. Der Verein gibt Postkarten mit Motiven aus dem Wohngebiet heraus und erstmals erfolgt eine Einladung zum Stadtteilflohmarkt.

1993 Die Krise zeichnet sich ab
Erstmals findet in der Wilhelm-Wander-Oberschule ein Tag der offenen Tür statt. Die Auseinandersetzung mit der Stadtverwaltung um die Verkehrsplanungen gewinnt an Schärfe, da sich die Stadtoberen in Schweigen hüllen. Während den Verein erstmals Briefe zu Konflikten mit Ausländern erreichen, eröffnet in der Hedwigstraße das Galerie-Hotel Leipziger Hof. Die kulturelle Arbeit im Wohngebiet erfährt durch die Ansiedlung des KunstStück e.V. in der Neustädter Straße 36 einen Aufwind und der Verein organisiert erstmals ein Stadtteilfest auf dem Neustädter Markt. Die  Straßen im Wohngebiet erhalten zur gleichen Zeit endlich Telefon und Kabelanschlüssse. Die Beratungsangebote in der Hedwigstraße 2 gelten weiter Sanierungs-, Miet-, Geldanlage- und Versicherungsfragen. Aber auch die Taubenzecken gehören noch zur unangenehmen Lebenswirklichkeit. Insgesamt wird das Klima für den Verein jedoch rauer. Da der Mietvertrag in der Hedwigstraße ausläuft, werden intensiv neue Büroräume gesucht, die eine intensivere Seniorenarbeit ermöglichen sollen. Zudem enden in diesem Jahr sechs der bisher sieben ABM – Perspektive ungewiss. Besser sieht es im Bereich der Jugendarbeit aus. Die Heilig-Kreuz-Kirchgemeinde, jetzt wieder mit besetzter Pfarrstelle, stellt dafür im Rahmen des SOJA-Projektes Räume zur Verfügung. Mit Pfarrer Grunow gewinnt die Heilig-Kreuz-Kirche als Ort der Kultur an Bedeutung. Die  erste Euphorie ist längst verflogen, die Sanierung des Wohngebietes erweist sich aus eigentumsrechtlichen und finanziellen Gründen als zäher Prozess, die erhoffte Mitbestimmung muss täglich neu errungen werden und die Einwohnerzahl sinkt beständig, wobei weitgehend die Starken gehen und nur die Schwachen bleiben.

1994 Das Sterben der Handels- und Gewerbebetriebe
Das Neustädter Markt Journal zeigt sich in einem moderneren Outfit. Ein Foto ziert die Umschlagseite und die Artikel entstehen statt auf der Schreibmaschine jetzt auf der Computertastatur. Sanierungsmittel stehen in größerer Höhe zur Verfügung. Konkrete Planungen für die Umgestaltung des öffentlichen Raumes nehmen Gestalt an, z.B. für den Grünzug nördlich der Schulze-Delitzsch-Straße. Die Planungen der Nordtangente nehmen Gestalt an. Der geplante Anschluss der Schulze-Delitzsch- an die Torgauer Straße trifft jedoch weiterhin auf den Widerstand der Neustädter. Der Wegzug der Bewohner verstärkt das Gewerbesterben im Gebiet und auf der Eisenbahnstraße. Auch die Druckerei Pöge, die das Neustädter Marktjournal von Anbeginn druckt, verlässt den Neustädter Markt und bezieht neue Räume in Mölkau. Das Stadtteilfest bezieht erstmals ausländische Gewerbetreibende und kulturelle Angebote von Einwanderervereinen ein. Das Referat des Ausländerbeauftragten ist mit einem eigenen Stand vertreten. Die Heilig-Kreuz-Gemeinde begeht den hundertsten Geburtstag Ihrer Kirche.

1995 Die Umgestaltung des öffentlichen Raumes beginnt


Um 1995: von außen (fast) nicht zu erkennen, das Ostbad in der Konradstraße

Das ASW fördert die Wohneigentumsbildung und Gebäudesanierung. Das Ende des Immobilienboomes, ungeklärte Eigentumsfragen und Abwanderung belasten den Sanierungsprozess. Für die am Original orientierte Neugestaltung des Neustädter Marktes werden 620.000,00 DM zur Verfügung gestellt. Das Haus Hedwigstraße 20, ehemaliger Sitz der Druckerei Pöge soll saniert und für Wohn und Gewerbezwecke nutzbar gemacht werden. Als erste Straße Neustadts soll der Umbau der Hedwigstraße, auf Plänen des „Ostraumprojektes“ zu einer „fußgängerfreundlichen Straße mit Aufenthaltsqualität“ erfolgen. Noch einmal flammt der Kampf um die Erhaltung des Ostbades auf. Der Bürgerverein engagiert sich für mehr Ordnung und Sicherheit. Der Verein setzt sich für eine Tempo-30-Zone in Neustadt ein. Mit der Eröffnung des Gasthauses „Zur Tenne“ im Hof der Schulze-Delitzsch-Straße 19 findet sich ein Vereinslokal und ein neuer Kommunikationspunkt im Stadtteil.

1996 Aus der Traum
Der Bürgerverein versucht sich in die Umgestaltungsplanung der Hedwigstraße, des sogenannten Ostbadkarrés und des Stadtteilparks Rabet einzubringen. In Zusammenhang mit dem 150. Jubiläums arbeitet man die Geschichte Neuschönefelds auf, das zwischenzeitlich auch den Status eines Sanierungsgebietes erhalten hat. Dort soll die Rietzschke frei gelegt werden. Das Stadtteilfest wird von ASW und Kulturamt auf dem Neustädter Markt organisiert. In der Dezemberausgabe des Neustädter Markt Journales erscheint auf Seite 1 ein Artikel, der die Einstellung der Zeitschrift und die geplante Auflösung des Bürgerverein bekannt gibt und beides mit Auszehrungserscheinungen begründet. Auf der letzten Seite des gleichen Heftes gibt ein Mitarbeiter des „Ostraumprojektes“ der Hoffnung Ausdruck, dass sich Bürger finden, die die Projekte des Vereins fortsetzen.

1997-98 Das Interim
Drei Neustädter Bürger lesen am Tresen des Gasthauses Zur Tenne die vorerst letzte Ausgabe des Neustädter Marktjournales. Eine erste Recherche befasst sich mit Geschichte und Zukunft des Torsos eines offensichtlich historisch bedeutsamen Gaskandelabers auf dem Neustädter Markt. Beim zweiten Bier beschließen sie die Zeitschrift fortzuführen. Der Erfolg ist außergewöhnlich. Der Torso verschwindet über sprichwörtlich über Nacht völlig und die erhoffte Förderung des Zeitschrift wird vom ASW abgelehnt. Die Probleme des Wohngebietes haben nicht abgenommen. Vor allem die zukünftigen Verkehrsführungen und die geforderte Tempobegrenzung erregen die verbliebenen Einwohner. Kulturamt und ASW haben die alleinige Organisation des Stadtteilfestes übernommen, suchen aber dringend Ansprechpartner vor Ort. Um das gescheiterte Journalistenteam versammeln sich weitere interessierte Neustädter und begründen eine lose Bürgerinitiative Neustädter Markt zur Wahrung der Interessen der Bewohner. In Versammlungen zeichnet sich weiterer Handlungsbedarf ab, etwa auf den Gebieten der Ordnung und Sauberkeit, der Stärkung kultureller Angebote vor Ort oder dem Umgang mit verwahrlosten Abrissflächen. Die Bürgerinitiative wird durch die Stadtverwaltung durch beharrliche Arbeit zunehmend als lokaler Ansprechpartner akzeptiert.

2000 Neuanfang
Die Arbeit der letzten beiden Jahre hat die Bürgerinitiative an ihre Grenzen geführt. Die sich erfolgreich gestaltende Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und anderen Akteuren des Leipziger Ostens lässt die Erkenntnis reifen, dass eine weitere Institutionalisierung unerlässliche Voraussetzung der weiteren Arbeit ist. Im Sommer löst sich die Initiative auf. Alle Mitglieder treten in den Bürgerverein ein und wählen einen neuen Vorstand. Aufgrund der nun vorhandenen Fördermöglichkeiten ist die Anmietung eines preisgünstigen Büros in der ersten Etage der Schulze-Delitzsch-Straße 19 möglich. Mit Unterstützung des ASW erhält der Verein zwei Mitarbeiterinnen. Der Bürgerverein steigt als Mitveranstalter wieder in die Organisation des Stadtteilfestes und anderer kultureller Aktivitäten ein. Im Rahmen der Bürgerbeteiligung bringt er seine Vorstellungen in die Umbauplanungen der öffentlichen Flächen ein. Die Kontakte zu Wilhelm-Wander-Schule und Heilig-Kreuz-Gemeinde und der im Vorfeld des geplanten Umbaus der Eisenbahnstraße gegründeten Händlergemeinschaft IG Lok-Meile werden intensiviert. Es finden monatlich öffentliche Stammtische im Gasthaus Zur Tenne statt.

2001 Das Neustädter Markt Journal meldet sich zurück

Mai 2001: S.4 im wiederauferstandenen Journal, ob sich alle daran gehalten haben?

An der Südseite der Eisenbahnstraße entstehen Parkplätze, um die Situation der dortigen Händler zu verbessern. Im nunmehrigen Fördergebiet Soziale Stadt hat sich das Forum Leipziger Osten als Schnittstelle zwischen Stadtverwaltung und lokalen Akteuren etabliert. Der Verein erkennt es als effektives Mitspracheinstrument. Im Rahmen des Forums kreieren Bürger das neue Logo des Leipziger Ostens – Im Osten geht die Sonne auf. Das Stadtteilfest endet mit einem Lagerfeuer auf einer riesigen Abrissbrache an der Meissner Straße, deren sinnvolle Nutzung in den Blickpunkt des Vereins rückt. Nutzungsideen werden öffentlich gesucht. Nach dem Hotelier des Galerie-Hotels Leipziger Hof entdeckt mir der März Galerie ein zweiter Galerist den Leipziger Osten. Das Projekt eines Fischer-Art-Künstler-Hauses im ehemaligen Bankgebäude Eisenbahnstraße, Ecke Hedwigstraße wird geboren. In Neustadt beginnt der grundhafte Ausbau der Mariannenstraße und bewegt die Anwohner. Am 11.11. wird in Neustadt-Neuschönefeld wieder der Martinstag begangen und der Weihnachtsmarkt beschert dem Stadtteil anlässlich des Adventsmarktes den Beginn der Lösung eines rutschigen Problems, das erste Neustädter Hundeklo. Vom Grünflächenamt aus Kostengründen abgelehnt, entstand das Unikat in der Werkstatt der Wander-Schule aus „Sero“-Material.

2002 Die Kunst im Blick
Das Neustädter Markt Journal entdeckt die vom Stadtbeleuchtungsamt versteckten Teile des historischen Gaskandelabers in einer Kunstgießerei in Wurzen und setzt sich seine Rekonstruktion und Wiederaufstellung zum Ziel. Im Frühjahr erklingt auf dem Markt bereits zum dritten Mal Jazz-Musik und auf der Hedwigstraße initiiert die IG Lo©k-Meile das erste Kunstfest mit Fischer-Art und Loser Skiffel Gemeinschaft und die Idee einer Kunstmeile Hedwigstraße wird vom Hotelier und Galeristen Prof. Eberhardt favorisiert. Das Jugendkulturzentrum O.S.K.A.R. führt schon zum zweiten Mal Spaziergänger im Rahmen „experimenteller Stadtteilrundgänge“ durch den Leipziger Osten. Und Kulturfestival „OstEntdeckungen – Kult(o)ur im Leipziger Osten“ initiiert.  Auf der Eisenbahnstraße entsteht in den Räumen der eben geschlossenen Commerzbank-Filiale mit dem IC-E wieder ein Informationsbüro des ASW in Neustadt-Neuschönefeld. Pläne zur Umgestaltung des Rabet-Parks werden auch dort öffentlich diskutiert und auf Initiative des ASW richtet des Selbstnutzerprojekt Immothek seinen Blick nach Neustadt. Die Einwohnerzahl des Stadtviertels beginnt zu steigen. Da weitgehend sozial Schwache und Einwanderer zuziehen, werden immer größere soziale Verwerfungen sichtbar. Den Kampf gegen die permanente Vermüllung des Stadtteiles hat das ABM-Projekt S.O.S. aufgenommen und der Bürgerverein schenkt den bellenden, vierbeinigen Neustädtern ein zweites öffentliches „TC“.  Der Verein vermittelt zwischen lärmgeschädigten Anwohnern der Hedwigstraße und den im Jugendtreff Tante Hedwig betreuten Jugendlichen. Auch auf Initiative der Bewohner wird die Umgestaltung des Schulhofes der Wilhelm-Wander-Schule möglich.

2003 Integration gerät in den Blick
Auf Initiative des Vereins verbindet das zweite Kunstfest die Hedwigstraße und den Neustädter Markt. Leerstehende Gebäude werden als Ausstellungs- und Aktionsflächen entdeckt. Während des Festes entstandene Kunstwerke finden Platz im öffentlichen Raum. Lene Voigt, sächsische Mundartdichterin und zeitweise auch Neustädterin, wird Namensgeberin einer Reihe unterschiedlichster Kulturveranstaltungen. Ihr Wohnhaus wird mit einer Hinweistafel versehen. Hinweistafeln an anderen historisch oder kulturell bedeutsamen Gebäuden folgen Dank der Unterstützung eines Förderers, der auf Anonymität besteht. Für die Rekonstruktion des historischen Gasleuchters beginnen Spendenaktionen. Die Wilhelm-Wander-Schule feiert 125 Jahre Schule in Neustadt und im Rahmen des Festumzuges kehrt der Lutherplatz ins Stadtteilbild zurück. In einer Arbeitsgruppe des Forums ringt der Bürgerverein um ein besseres Image des Leipziger Ostens. Erfolgreicher verläuft der Ausbau der neuen Vereinsräume durch Mitarbeiter im Erdgeschoss der Schulze-Delitzsch-Straße 19. In Neuschönefeld werden Brachflächen mit Unterstützung des Quartiersmanagements versuchsweise gärtnerisch genutzt. Der Anteil der ausländischen Bewohner hat die 15-Prozent-Marke überschritten. Ausländische Geschäfte prägen immer stärker das Bild der Eisenbahnstraße. Beschäftigung mit Integration rückt zwangsläufig in das Betätigungsfeld  des Bürgervereins.

2004 Großbaustelle Eisenbahnstraße
Die Umgestaltung der Eisenbahnstraße beginnt. Die Magistrale soll ruhiger und attraktiver werden. Belastungen für Händler und Anwohner sind unvermeidlich, werden aber im Dialog weitgehend gemeistert. Die geplante Umgestaltung des Otto-Runki-Platzes bewegt die Gemüter. Die Planungen für Um- und Anbau des Offenen Jugendtreffs Rabet werden vorgestellt. Die Heilig-Kreuz-Kirche wird 110 Jahre alt und im Rahmen der Feierlichkeiten sind fast alle Leipziger kirchenbauten in Neustadt zu Gast, wenn auch nur im Format 1:100 und aus Papier. Der Bastler Lothar Poetzsch zeigt erstmals öffentlich seine Sammlung. Die Grundschule im Rabet feiert als Nachfolgerin der Bürgerschule auf der Moritzbastei ihren 200. Geburtstag. Neben Hundehinterlassenschaften beschäftigen streunende Katzen die Bewohner. Eine der "Katzenmütter", Hildegard Wölfel, wird Mitglied des Bürgervereins und mir ihr die Katzen. Die Händlervereinigung organisiert erstmals Leipigs längsten Weihnachtskalender.

2005 Ein Garten für Bürger


Mai 2005: Der Bürgergarten kurz nach seinem Entstehen

Am Neustädter Markt wird wieder Erde bewegt. Nach mehrjähriger Vorbereitung entsteht auf einer verwahrlosten Großbrache auf Initiative und in Trägerschaft des Bürgervereins der Bürgergarten. Neben Grünanlagen, Bänken und Tischtennisplatten schließt er einen Schul- und Anwohnergarten ein. Anlässlich des Kunstfestes bereichert das JKZ O.S.K.A.R. den Garten mit einem Windradbaum. Das Kunstfest wird um eine Galeriewoche erweitert und läuft zum ersten Mal unter der Marke „Kunst am Markt“. Der Termin wird mit den Stadtteilfesten Volkmarsdorfs und Neuschönefelds vereinigt und es entsteht das „Ostlicht-Fest“. Den Jugendlichen wird ihr Offener Treff Rabet übergeben, renoviert und räumlich erweitert. Um ihre Situation dreht sich auch das erste Neustädter Gespräch. Eine neue Veranstaltungsreihe des Neustädter Markt Journals, die versuchen soll Probleme zu benennen, Lösungsansätze zu suchen und Lobbyarbeit für den Stadtteil zu leisten. Das zweite Gespräch beschäftigt sich mit dem Verlust der Pfarrstelle an der Heilig-Kreuz-Kirche. Als Folge dieses Neustädter Gespräches entsteht das Projekt Stadtteilakzent in Zusammenarbeit von Kirche und Stadt. Premiere feiert auch der „Kneipen-Gottesdienst“ im Tenne-Hof, den die Junge Gemeinde Leipzig ausrichtet, die seit kurzem ihre Gottesdienste am Neustädter Markt feiert. Eine weitere Premiere ergibt sich aus der Zusammenarbeit mit der Immothek. Mit dem Kleinpariser Flair Neustadts sollen potentielle Selbstnutzer  auf die gründerzeitliche  Bausubstanz Neustadts aufmerksam gemacht werden. Die erste Kleinpariser Woche bringt auch das Boule-Spiel in den Leipziger Osten.  Das Thema der Integration erlangt eine immer größere Bedeutung in der Öffentlichkeit und beherrscht die Berichterstattung im Neustädter Marktjournal. Als gutes Beispiel internationaler Zusammenarbeit legen französische, amerikanische und deutsche Jugendliche  anlässlich des katholischen Weltjugendtages den Versammlungsplatz im „wilden Teil“ des Bürgergartens an. In den Mittelpunkt der Zusammenarbeit mit den Stadtplanern rückt die Arbeit an den Projekten „Internationales Quartier“ öffentlich leider zu „Chinatown“ verkürzt, und „Gründerzeit erleben“.

2006 Ein Garten für die Kunst


Juni 2006: Das Verlagshaus Gaebler an der Ecke Neustädter Str./Meißner Str.
ist eines der verbliebenen leerstehenden Häuser

Pfarrer Grunow verabschiedet sich von der Heilig-Kreuz-Gemeinde. Das „Stadtteilakzent“-Projekt übernimmt Stephan Lübke und wird gleichzeitig Verbindungsmann zum Bürgerverein. Auf der Eisenbahnstraße sorgen Herzen zum Vallentinstag, Osterhasen in den Baumscheiben für positive Schlagzeilen. Unter der Leitung Uwe Krügers ist das Neustädter Markt Journal modernisiert worden. Mit einem kleinen Pressefest feiert es sein fünfzehnjähriges Bestehen. Eine Jugendredaktion erweitert es um das vierseitige Jugend Journal „Soisses“. Erstmals wird auch ein Stadtteil-Kalender gedruckt, den Motive von Künstlern zieren, die sich am Kunstfest beteiligen.  Premiere feiert das „Neustädter Frühstück“. Auf Initiative der Immothek und des Bürgervereins laden über vierzi Gastgeber, ihre Gäste dazu ein, gemeinsam in der Atmosphäre der Gründerzeit zu frühstücken. Dem Verein gelingt es die „Stötteritzer Spielkiste“ als Kooperationspartner zu gewinnen und auf einer LWB-eigenen Brachfläche an der Ludwigstraße den „Kunstgarten“ zu begründen. Gemeinsam mit einer Nachfahrin und dem Westermann-Verlag wird der Neustädter Verleger Eduard Gaebler geehrt und das ehemalige Verlagshaus mit einer Informationstafel versehen. Im Rahmen eines Neustädter Gesprächs wird die Frage „Ausländer Katastrophe oder Chance?“ aufgeworfen. Auf Initiative des Forums Leipziger Osten entsteht die Arbeitsgruppe „Integration im Leipziger Osten“.

2007 Der „Wiedergründungsmythos“ erfüllt sich
Nach dem Pfarrer droht sich auch die Orgel der Heilig-Kreuz-Kirche zu verabschieden. Die Gemeinde leitet die Restaurierung der historischen Eule-Orgel ein. Dank der Mitarbeit Steffi Böttgers, einer Leipziger Schauspielerin und Autorin, unterstützt der Bürgerverein die Bemühungen durch die Veranstaltung einer „Langen Nacht der Orgel“. Im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit einem berühmten Neustädter, Hans Reimann, dem Vater der „Feuerzangenbowle“, entsteht die Idee zu einem Feuerzangenbowlenmuseum. Das Neustädter Markt Journal ehrt die „Jungs vom Runkiplatz“, die Gruppe um Karli Krüger, ohne die längst keine Veranstaltung des Bürgervereins mehr denkbar wäre. Im Herbst geht ein Licht an am Neustädter Markt. Nach jahrelangen Bemühungen und Aktivitäten, kehrt der von einer polnischen Firma restaurierte Gaskandelaber auf seinen angestammten Platz zurück. Damit erfüllt sich so etwas wie der Gründungsmythos des  wiederbelebten Bürgervereins. In Zusammenarbeit mit dem „Internationalen Frauenverein“ entsteht mit dem „Statt-Garten“ das dritte Brachflächenprojekt in Neustadt. Dank der maßgeblichen Unterstützung des Mitarbeiters Michael Hildebrand geht der Bürgerverein mit einer eigenen Web-Seite ins Netz.

2008 Kampf dem Drogenhandel

Das Bemühen um die Verbesserung von Ordnung und Sicherheit gewinnt immer größere Bedeutung. Im Rahmen eines Aktionsbündnisses thematisiert der Verein den illegalen Drogenhandel auf der Eisenbahnstraße. Ein Neustädter Gespräch widmet sich diesem Thema. Auch die Zerstörung des Stadtbildes durch illegale Grafitys beschäftigt den Verein. Gemeinsam mit den anderen Bürgervereinen beginnt das Ringen um einen modernen Ersatzbau für die durch ein Feuer zerstörte Sporthalle im Rabet.   Überregionale Beachtung findet die Ausstellung „Animals“ im „Pöge-Haus“ anlässlich des Kunstfestes. Die Aufmerksamkeit vor Ort erreicht sie nur bedingt. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Verein Kultur und Initiative im Leipziger Osten (K.I.L.O.) beteiligt sich der Verein an der Organisation des ersten Fahrradspaziergangs durch den Leipziger Osten unter dem Titel „Radkult(o)ur“. Zum dritten Mal findet im Rahmen des Kulturfestivals „Ostentdeckungen“ eine Wandellesung an ungewöhnlichen Orten in Neustadt-Neuschönefeld statt.

Sommer 2009: der Flohmarkt entwickelt sich zur festen Größe im Stadtteil


Das „Superwahljahr“ beschäftigt den Bürgerverein. Im Auftrag der AG Integration übernimmt er die Trägerschaft für das Beteiligungsprojekt „Wähle! … Deine Art zu leben.“ Die Wahlbeteiligung erreicht trotz des Projektes Negativrekorde. Der ebenfalls im Auftrag der AG Integration durchgeführte Stadtteilflohmarkt auf der Eisenbahnstraße entwickelt sich zur festen Institution. Das Kunstfest erfährt unter Projektmanager Thorsten Hinz eine erfolgreiche Neuausrichtung. Es gelingt, die Studenten der Hochschule für Grafik und Buchkunst und des Kunstpädagogischen Institutes des Universität Leipzig einzubinden und gleichzeitig wieder die Akzeptanz der lokalen Akteure zu finden. Die Neugestaltung des Durchganges zum Grünzug Schulze-Delitzsch-Straße zeigt, dass Graffiti-Kunst nicht destruktiv sein muss. Die Idee zu einem studentischen Atelier- und Gründerhaus im „Pöge-Haus“ entsteht. Eine Radioausstellung des Sammlers Norman Kretzschmar findet große Anerkennung und Beachtung.

Henry Hufenreuter

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