|
Es wird dem Menschen von heimathswegen ein guter Engel beigegeben, der ihn, wann er ins Leben auszieht, unter der vertraulichen Gestalt eines Mitwandernden begleitet; wer nicht ahnt, was ihm Gutes dadurch widerfährt, der mag es fühlen, wenn er die Grenze des Vaterlands überschreitet, wo ihn jener verlässt. Diese wohlthätige Begleitung ist das unerschöpfliche Gut der Märchen, Sagen und Geschichte. –
Grimm, Deutsche Sagen, Vorr. V.
Was für den Astronomen die Sternwarte, ist für den Völkerpsychologen die Kinderstube. Hier am Himmel des Kindergemütes erkennt der geschärfte Blick leicht die Bahnen, die des Volkes Geschick beschreibt. Hier lassen sich für seine Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit kulturgeschichtliche Konstellationen berechnen. Ja, noch mehr! Wie sonst nirgends nähert sich hier die Völkerpsychologie dem Ideal aller Seelenkunde: der experimentellen Forschung. Denn das Mittel, das ihr hier zur Verfügung steht, heisst Erziehung.
Dies frühzeitig erkannt und für seinen Zweck fruchtbar gemacht zu haben, ist ein Ruhmestitel des Judentums. »Unterweisen sollt ihr eure Kinder1! Erzählen sollst du deinem Kinde2!« So lauten die Leitmotive der Lehre Israels. Unterweisung durch Unterhaltung, Erziehen durch Erzählen, das ist die beispiellose Kunst der heiligen Geschichte. Und hierin das Muster aller Volkserziehung[1] zu bewundern, war man lange vor Lessing bereits in jüdischen Kreisen gewohnt3.
Doch blieb man nicht bei der Bewunderung stehen. Man lernte nicht allein diese Geschichte, man lernte auch von ihr. Die erziehliche Macht des lebendigen Beispiels, welche in den Idealgestalten der Urvätergeschichte all' ihre Zauberkraft spielen liess und die alten wie die jungen Herzen zu bannen wusste, begnügte man sich nicht feierlich anzuerkennen, in dem man die teuren Namen einschloss in den Segenswunsch für die Zukunft des Kindes. Man bahnte auch diesen Worten den Weg zum Kindesherzen. Mehr als lebendig, wo möglich lebend wollte man diese Beispiele vor Augen führen. Jedes neue Geschlecht suchte seine Sonderart zu leben und zu denken auf diese Modelle zuzuschneiden. Und waren auch unter solchem Auftrag die Züge des Urbilds mitunter kaum noch zu erkennen, man hatte jedenfalls allgemein menschliche Typen geschaffen, sie dem Herzen erhalten. Was schadet's Raffaels oder Rembrandts Bibelbildern, dass sie in Beiwerk und Gewandung nicht historisch sind? Und was hindert die Modernsten, an den Weg nach Emmaus die nordische Eiche zu pflanzen?
Was vom Beispiel, gilt noch mehr vom Worte. Aus persönlicher Erfahrung, aus dem geschichtlichen und Naturleben gewann man dem Schriftwort Stützen und Belege. In immer neuem Geiste und immer wechselnden, oft seltsamen, Formen versuchte sich jüdische Erziehungskunst daran, seinen Sinn zu vertiefen, seine Anwendung zu erweitern. Wie Qoheleth den ethischen Niederschlag einer ganzen Kulturepoche und zugleich die Summe eines reichen Menschenlebens, so geben uns die »Kernsprüche der Väter«,4 späterhin ihre »Testamente«,5 den Kern, das Bleibende in der Lebenserfahrung sowohl wie in den Zeiterlebnissen »der Weisen.« Die Axen aber, um die sich diese Kristalle schliessen, sind, mehr oder minder deutlich erkennbar, Gedanken und Worte des Buches der Bücher; ihr Bildungsgesetz der Geist »des Gesetzes« So wird die Volksgeschichte zu einer Perlenschnur höchster sittlicher Erkenntnisse, die alle den Faden, der sich am Sinai entsponnen, durchschimmern lassen.
Denn wie den Gestalten und Worten der Bibel, so erging es den Helden und Lehren des späteren jüdischen Schrifttums. Bei aller Nüchternheit, die eher zu Anthropomorphismen als zur Apotheose neigte, wusste doch die raslos und unerschöpflich schaffende Sage ihre Lieblinge in einen Nimbus literarischer Unsterblichkeit zu weben. Hand in Hand gingen Märchen, Fabel und Geschichte, um Gesetz und Brauch auf psychologischen Unterbau zu stützen. Das Maschal, das altbiblische Gleichnis,[2] wurde hervorgeholt, zumal wo die Umgebung Muster lieferte. Die Ma'asse, das geschichtliche Ereignis, wurde zur Zeugenschaft aufgerufen. Hier liegen die Anfänge der jüdischen Geschichtsschreibung, wobei freilich noch oft genug Sage zur Geschichte, wie Geschichte zur Sage wird.
An Lust und Anregung zum Erzählen konnte es nicht fehlen da, wo dem Gebote: »Erzählen sollst du deinem Kinde!« die Mahnung entgegenkam: »Frage deinen Vater, dass er dir erzähle6!« Und um Stoff war man nicht verlegen. Persien und Rom, Hellas und Arabien, Deutschland und Aegypten, Spanien und Polen, die Judengasse und das naturwüchsige Dorfleben7, sie lagen ja dem jüdischen Streben nach Brot und Lehre nicht weit genug auseinander, um sie nicht alle mit geistigem Bande umfassen zu können. Wer als Kaufmann oder fahrender Schüler8 fast beständig unterwegs war, wer anderen Völkern fremde Geistesschätze, und ganz besonders ferne Märchenwelten, erschliessen konnte9, wer an der Volksdichtung der Zeitgenossen regen, thätigen Anteil nahm10, der hatte wohl auch zu Haus den Seinen etwas zu erzählen, der wusste wohl auch hier in der Kinderstube Orient und Occident, die alte und die neue Heimat zu verschmelzen, der besass wohl auch Sinn für die alte Sanges- und Sagenwelt der Väter.
Auch hier bewährte sich wieder der alte Grundsatz jüdischer Erziehung. Das Erzählen war dem Vater ja nicht nur Vergnügen, nicht blosse Lust am Fabuliren. »Erzählen sollst du!«, das war ein Gebot, ein Gebot Gottes. So hatte er denn wohl darauf zu achten, ob auch, was er dem Kinde erzählte, der heiligen Aufgabe entsprach, die er als erste Vaterpflicht betrachten musste: der Erziehung zum Gottesdienste.
»Nicht zu leinen aus dem Buche von Kühen11
Und von Dieterich von Bern und Meister Hildebrand sollt ihr auch nicht euch thun mühen.
Nun es sein wärlich eitel Schmitz,
Sie geben euch nicht noch Wärm' noch Hitz.
Auch sein sie nicht gütlich darbei,
Ihr bedarft wohl, dass euch Gott verzeih.
Unsere Sofĕrim schreiben, es ist ein' Sünd' as ein Haus,
Zu leinen an den heiligen Schabboth daraus.
Wollet ihr aber euer Zeit mit Leinen vertreiben,
Aso will ich ein schön Ma'assebuch schreiben.«
In dieser Absicht geht der Verfasser des Ma'assebuches12 an die Arbeit, und mit ihm viele Gleichstrebende13. Die Quellen, aus denen sie schöpften, waren die wiederholt zusammengestellten Märchen und Legenden in Talmud und Midrasch, das Sefer ha-qabbala, die Mussarbücher, die kabbalistischen Schriften und[3] vor allem die mündliche Ueberlieferung. Da diese meist an bestimmte örtliche und zeitliche Verhältnisse anknüpfen und bestimmte Personen zu Trägern der Handlung machen, lässt sich hier schwerer als sonst zwischen Märchen und Sage scheiden.
Der Ton der Erzählung ist durchaus volkstümlich14, die Form die bekannte Märchenart: zunächst die Frage »woher kommt das Sprichwort usw.?«, »weshalb führt diese Stadt diesen Namen?« und dann die Antwort mit einem »es war einmal«, »Ma'asse von einem, der usw.« Den Schluss bildet die mitunter gereimte Moral der Geschichte, oft in einem Schriftvers wiedergegeben. Die Sprache ist die bei den damaligen deutschen Juden gebräuchliche mittelhochdeutsche, Reminiscenzen aus dem jüdischen Leben und Schrifttum sind im hebräischen Original beibehalten15. Die Zeit ihrer Entstehung lässt sich bei den meisten Erzählungen, soweit nicht geschichtliche Vorgänge zu grunde liegen, ebensowenig mit Sicherheit bestimmen, wie bei den deutschen Sagen und Märchen, denen sie nachgebildet oder als beachtenswerte Ergänzungen an die Seite zu stellen sind16.
So erkennt man auf den ersten Blick in (N. 2) »den drei Waffenschmieden« zu Worms die Brüder Gunther, Gernot Giselher, in der vom Drachen befreiten Königin Brunhilde wieder. Der wackere Volker von Alzey findet sein Ebenbild in dem »getreuen Lautenschläger« (N. 9). Auch der Geiger in »Frau Holle« begegnet uns da.
An Gudruns Treue und Horants List wie an den »getreuen Johannes« erinnert N. 3. »Der grünende Stab« (N. 5) ist uns aus dem Tannhäuser und dem Märchen »Die drei grünen Zweige« bekannt. Das »goldene Frauenhaar«, welches eine Schwalbe dem Könige zuwirft, giebt den Anlass zu Tristans Fahrt wie zu Chaninas Abenteuern (N. 4), in denen, wie im »Fernand getrü« die Treue der »dankbaren Tiere« den Boten zum Ziele führt.
In den weiten Kreis der Faust- und verwandten Sagen, welche besonders nachhaltig auf die jüdische Phantasie eingewirkt haben, gehören N. 6, 7, 18 u.a. So zeigt fast eine jede der hier wiedergegebenen Erzählungen, wenn auch bunt durch einander, wie im Kaleidoskop, Beziehungen zur deutschen Volksdichtung.
Jedenfalls gewinnen wir so einen Einblick in die altjüdische Kinderstube und den Erziehungsplan des deutschen Ghettojuden.
1 | V M. 11, 19. |
2 | II M. 13, 8 |
3 | z.B. Sota 14a: Gott kleidet die Nackten (Adam u. Eva), besucht die Kranken (Abraham), tröstet die Trauernden (Isak) u. bestattet die Toten (Mose): Baba m. 86b; Wajjiqra r. 22, Zohar zu IV M. 9, 1; Maimuni More III, 32 (vgl. Cassel, Kusari 129) u.a.m. |
4 | Pirqe aboth. |
5 | Zawwa'oth, vgl. Zunz, Zur Gesch. |
6 | V M. 32, 7. |
7 | Es ist verkehrt, den Juden der Väterzeit ausschliesslich im Ghetto oder auf der Landstrasse zu suchen. Das Leben des »Rendars« (Arrendators) u. in ähnlichen Berufen gab reichlich Gelegenheit zu innigem Verkehr mit der Natur. |
8 | bachur. |
9 | Die Juden waren, wie sie an der Schwelle der Neuzeit an den grossen Entdeckungen Anteil haben (vgl. Kayserling, Chr. Columbus, Berl. 1894), im Mittelalter die Hauptvermittler zwischen den Arabern u. dem Occident (vgl. Steinschneider, D. hebr. Uebersetz., S E G 434 u. Karpeles, Sechs Vorträge, Berl. 1896, S. 32, 33, 38). Vier Juden haben in Europa oriental. Märchen eingeführt, B P I S. 2. 6, vgl. S. XXVI u. 10. – Ueber Juden u. Inder: Formstecher, Rel. d. Geistes 161, 173, 291, 328, 345; Orient III, 856 I; M. 1860 S. 321 ff. |
10 | vgl. A L 207: » ... wie tief das Judenthum sogleich bei seinem ersten Erscheinen auf deutschem Boden in Wesen und Sprache des deutschen Volkes eingedrungen ist und wie die wunderbare innere Zähigkeit und wiederum die ebenso wunderbare Fügigkeit des Judenthums das auf deutschem Boden Erworbene beständig treu und zäh festgehalten hat, vielfach sogar treuer und zäher als das deutsche Volk selbst, dass man das in der Verkehrssprache des deutschen Volkes längst aufgegebene und vergessene Althochdeutsch und Altniederdeutsch mit überraschender Kundgebung im Jüdischdeutschen aufbewahrt findet.« |
11 | Vgl. S E G 462; A L 210; Bodl. 3923 u. sonst (Saforet in Schwabs »die 4 Heimonskinder« [Meyers Volksb. S. 33] = Sefarad). |
12 | Die ältesten Ausgaben (Bodl., vgl. S E G 462): a) Maasebuch oder S. ha-ma'ase (mehr als 300 Geschichten). Waldkirch 1602. (Buxt. Bibl. Rabb. Serap. 379.) – b) (254 Gesch.) Prag 1665. – c) Wilmersd. 1670–80. – d) Ein schön neu teutsch Maasebuch. Dyhr. 1697. Vgl. Steinschn. Volkslitt. 20. Eine deutsche Uebersetzung einiger Geschichten (nicht nach der unten angeführten Ausgabe) lieferte Christoph. Helvicus »Erster u. ander Theil jüdischer Historien ... Darauss dieses verstockten Volcks Aberglauben u. Fabelwerk zu ersehen.« Giessen 1617. (H. der Verf. des »Syst. controvers. theol.« Giess. 1612.) Einzelnes, wie N. 4, von Tendlau bearb. in J.H. Jacobsons Rimmonim, Leipz. 1859. |
13 | Z.B. Maase malkhuth beth Dawid von Isak b. Abraham Akrisch, jud.-deutsch. von Dawid b. Josef Teplitz. 1705. Darin: R. Bostonais Garten. Die 10 Stämme (deutsch in Sipp.). Das Gespenst mit dem Kranz. (Deutsch H. I, 35) Die Juden in Vorderindien (vgl. G. Oppert über die jüd. Colonien in Indien in Kohuts Semitic Studies 1897.) – Am Schluss ein deutscher Jehi racon (Gebet). – Vgl. Bodl. 3881. – Chelcq rischon oder Ma'ase ha-Schem von Simon Aqiba Baer b. Josef, Frkf. a.O. 1707. Quellen: Schalsch, Zohar chadasch, Emeq ha-melekh, Ec chajjim, Juchasin. »Solches sefer auf teutsch is noch nit in keiner druk gekommen.« – Vgl. B P I 488 u. Perles 140. – »Märchen aus dem Ghetto« bringt auch Kom. I. 284 ff. – Uebersetzungen älterer Sagen lieferten: Herder, Sachs, Krafft, Hurwitz, Steinschneider, Stein, Sanders u.a. |
14 | Vgl. A L 412 f. 417 u.K. Maass, Das deutsche Märchen, Hamb. 1866 (Virch.-Hol.), bes. S. 8. – Reime s. unt. N. 15. – H. I, 145: »Derhalben Mensch bewahr dein Mund, Das ist dir gewiss gar gesund. Lass jederman schaffen das sein, Schlag dein Maul nicht allzeit darein. So magstu mit Ehren bleiben Und im Paradiss die Zeit vertreiben. – Orient II (1864), 690: »Und wäre der Schwanz nicht abgebrochen, so wäre das Märchen länger geworden.« Vgl. Mitt. 49, N. 96. |
15 | Jedenfalls klingt die Sprache unserer Märchen mindestens ebenso rein u. deutsch wie das Kauderwelsch der Gelehrten im 17. u. 18. und manches »Gebildeten« im 19. Jahrhundert. Man braucht Gri. nur aufzuschlagen, um auf Schritt u. Tritt ähnlichen Wortbildungen u. Redewendungen zu begegnen; z.B. n 126 (asso, Antwoerd), III S. 180 (Teite, Tatta), III S. 218 (mutterseelenallein), 259 (Schwieger). – Avé-Lallemant giebt folgende Kennzeichnung des Judendeutschen (S. XIII ff.): »Eine freudige Genugthuung hatte der Verfasser, ... dass er mit vollem Fug die jüdischdeutsche Sprache als deutsches Eigenthum vindiciren und in der überaus reichen jüdisch deutschen Literatur unser deutschen Nationalliteratur einen integrirenden grossen Theil zuweisen konnte ... Das von Juden auf deutschem Boden geschaffene merkwürdige Sprachgefüge war durch das ganze deutsche Volk u. dessen Leben hindurchgerankt, hatte sich diesem Leben u. seiner Sprache aufs innigste angeschlossen u. selbst die deutschen Sagenkreise durchdrungen, sodass die deutschen Volksbücher in der That auch zu Volksbüchern der Juden wurden u. dass z.B. der Wigalois im »König Artus u. sein Hof« und manche andere deutsche Sage den poetischen Bearbeiter im deutschen Judenvolke finden konnte ... gerade in dieser jüdischdeutschen Literatur lag das weitgreifende historische Zeugniss vom deutschen Leben des jüdischen Volkes, welches trotz der absolutesten Verleugnung, trotz der unmenschlichsten Verfolgung mit wunderbarer innerer Kraft festhielt an diesem Leben. Mit welchen Mühen u. Opfern diese Literatur von den Juden gefördert wurde ... Und dies wunderbar reiche geistige Streben ... blieb Jahrhunderte lang unerkannt, unbeachtet! (Vgl. S. 207.) Steinschneiders Zusammenstellungen (Serapeum u. Bodl.) ergänzen: I. a) Dise hipsche thechinna scha'are dema'ôt (Gebetbuch: Thore der Thränen) ist (!) geschriben gewor'n von lĕschon ha-qodesch auf teutsch über setzt, welches vil müh gekost hat in solche druck zu stellen bidfus (in Druck von) Amsterdam, alein aber ich habe mir die zeit nicht (!) lasen verdriesen zu zeigen meine hant schrift, wie auch ich denken thu da mit eines present zu ma chen an (o.h.) die erbare.. Frau Freudche, Gattin des Herrn Mose Löb aus Anklam 1782. (Der Prat lässt auch 1582 zu. Doch ist das erste judendeutsche Gebetbuch nach Serapeum 1849 S 80 erst 1609 zu Amsterdam gedruckt worden.) Chajjim Sofer. b) Ein thechinna vor das Schofarblasen. Ms. Pergam. Kl. 8. Titel mit Leisten, in grünen Feldern Rosetten. – Im Besitz des Herrn Dr. H.B. Levy, hier. – Hebräische u. franz. Flickwörter. II. a) Sefer scha'alot ha-neschama (Seelenfragen). Achtzehn arlei freg un' entweit auf der neschama, ver teutscht auf das aler best das es ver sten kan frou un' man. der darinen wert leien, der wert sich gewis ver eien (freuen) (dieser Reim auch auf dem Titelblatt des Ma'ase malkuth beth Dawid) wie sich die neschama tut der meien (ergötzen) Is woren ver teutscht (o.h.) von Isak b. Chajjim Prag 1598. (Vgl. Serap. 1849 S. 46 n. 280: Sch'aalôt neschama.) »amar« er sagt Israel b. Josef Kohn: es is gewesen auf mich die macht un' sterk des ibelsten un' hat mich auf gewekt as ein schlafdigen von schlaf. (Fragen u. Antworten im Sinne der neuplatonischen Psychologie. Fast reines Deutsch. 5b: lei meinen leib, vgl. Mitt. 42.) – Lange gereimte Titel auch bei Görres, Volksb. 43. b) Orekh jamim. Ein schön sefer (Buch) ser nützlich var junge un alten, hat es gemacht ein köstlicher rabh (Rabbiner) von erec Iisrael (Palästina) R. Samuel Benveniste in leschon ha-qodesch nu' hat es gehasen Orekh jamim un' izunder hat es verteutscht in der teutschen Sprach durch hant R. Jakob Heilpern etliche frome und erbare Weiber zu lieb ... gedruckt hie zu Venedig in haus von di Gara. 1599. (Im Besitz des Herrn Dr. H.B. Levy, Hbrg. Diese Sammlung enthält auch ein Machzor, auf dessen Einbanddecke eine Freudle b. Jequtiel, die sich Serap. 1869 S. 135 wiederzufinden scheint. Jedenfalls bestätigt es sich auch hier, dass das Judendeutsche in Oberitalien von sefard. Juden gepflegt wurde, vgl. Serap. 1869 S 135) Gewidmet [als »präsent« (!) der »cousine« (!)] der Frau Rosa, Gattin des Nechemja Luzzatto, Tochter des Gemeindevorstehers Abraham Simcha, beide in Venedig, von ihrem Geschwisterkind Jakob b. Elchanan Heilpern. Ursp. hebr., auf Wunsch frommer Frauen verdeutscht. »Hie zu Bern« (Verona). – »Der erst pereq (Abschnitt) wert reden von derzieh'n un' köstigen die kleinen. Der ander pereq.. von die midda (Eigenschaft) von der hofartigkeit. Der dritt ... von die demhaftigkeii« 6b. Der Schlag des Jähzornigen verbindet sich mit »der makka (Schlag) von der maggefa« (Verhängnis). Das Gesinde nicht schelten! 10. Wer unnütz schwört, soll jedesmal »ein pfenig geben zu thalmud thora« (Gesetzesstudium). 11. Gegen das Decolletiren u. über das »Tour« (vgl. »Chalebi« bei Frankl. I, 210) – Tragen. 12. Gegen das Benehmen der Frauen im Gotteshause. Rühmt die Züchtigkeit der arabischen Frauen, den Anstand Andersgläubiger in ihrem Gotteshause (vgl. Perles 175). c) Dinim weseder (Vorschrift u. Vorgang) wie men sol das fleisch wässern un' salzen un' parsen ... abgenomen von thorat ha-chattath, verteutscht durch hant Jak. b. Elch. Heilpern.« – Gewidmet der achtjährigen Moscita m »b»t (vgl. Ri. 5, 25), die, tüchtig im »leien teutsch un' galches« (latein), ihm geholfen, »maggiah sein (revidiren) ein sefer thora« (Gesetzesrolle). Ihr Vater ist Chisqija Printozo, die Mutter die Tochter des Berman Cohen, ihr »mum schwester âch ein rebbezin (Bile)«, ihr »ätten schwester âch ein rebbezin (Lea)«. – 2a: »das du alt bist lang mit lieb« (noch heut in Süddeutschl gebräuchlich). 4a. weiken. 6b. »flanke« (hierfür in Polen gebräuchl.: polke). 7a. »die eiter mus man schneiden celemweis«. – Es folgt ein Klagelied auf den Tod des Abhigedor Zividal. 8. »Aso mit wein dige augen hab ich angehoben Zu sagen un' zu loben mit den niggun (Melodie) das man sagt die Cijonim (Zijoniden am 9. Abh): Allmächtiger Gott, mein stimm vernimm! – Zwen brüder alle beid, ... in drie wochen is ir zil gewesen ... Mardokhai ein parnes un' der bruder stadtrabh der lesen ...« – Nun folgen einige Gebete bezw. religiöse Lieder mit Angabe dreier Melodien, nach denen sie vorgetragen wurden. (Die letzte: 'Ani hu ha-scho'el s. auch oben S. 39 b. – Andere jüdische oder für jüdische Volkslieder gebräuchliche, meist deutsche Melodien bei: Steinschneider im Serapeum 1848 S. 351 (vgl. 1849 S. 32 n. 254; 43 n. 265; 44 n. 271); 1848 S. 319 n. 13; 332 n. 60, 61, 61a, 61b; 333 n. 63; 352; 1849 S. 76. Musiktexte: Simchat ha-nefesch (Serap. 1849 S. 74 n. 294); Immanuel Chaj Ricchi, Hôn 'oschîr, Amst (Proops) 1731 (letzte Seite); (Bernstein, Mendel Gibbor S. 54:) Echod elohenu von Meierel Jorberger; Flamms Handbuch für Cantoren, Prag 1877; Jafets Pesachhaggada; vgl. A J H E S. 98 f. 203 n. 202–213; Mitt. p.X. d) Sefer mischle chakhamim (Sprüche der Weisen, vgl. Serap. 1849 n. 34. 210,.. das sefer is in'ibhri (hebräisch) gereimt gar fein un' ver teutscht das ir wert euch darüber verwundern.. Prag 1590. Verf. Jehuda b. Israel Regensburg, der da is geheissen Löb Scherbel von Lumpenburg. – »Das buch ret von einem könig, der hat 70 chakhomim von jüdischer samen.« – Jeder von ihnen verkündet dem Könige seine Weisheit. – p. 70: »Ein chokhom war über seiner hausthür schreiben: Gott geb', dass alls bös von seiner thür sollt aussen bleiben. Da war ein anderer chokhom dar für gefohr'n, das thut ihm bang un' zorn un' schrieb drunter: wenn du dich das hast für genommen, wenn dein weib ausgeht, zu welcher thür soll sie wieder heimen kommen?« Schluss: Er habe im hebr. Original nur 50 Weise vorgefunden und sie zur Zahl der Mitglieder des Synhedriums (70) ergänzt. – Es folgt ein Gebet für alle Tage. Am Schluss: Bezalel b. Mardokhai (k''c = kohen cedeq) mechoqeq Schallit und Salomo b. Mard. ha-Kohen mech. sch. – Schlussvignette: Ein Mann zu Pferde, voran ein Schofarbläser, wie in der Haggada cod. Hamb. 37 f. 37b, ed. (Ven. 1640), u. sonst, vgl. Jes. 27, 13. III. Jak. b. Meir Maarssen (vgl. SEG 458), die sieben weisen Meinster (vgl. Gri. III, 440). Berl. 1709 (vgl. Serap. 1849 S. 10 n. 194). IV. Jos. Maarssen b. Jakob, s. chanok lana'ar. (Kaufmännisches, Handbuch.) Vgl. Serapeum 1848 S. 335 n. 72, 1849 S. 80 n. 332 (Amst. 1714). AL 241 (vgl. 3141), 3161), 4441), 495). V. Mose b. Josef Heida, s. maase choresch wechoscheb. Frkf. a.M. 1711 (vgl. Ser. 1849 S. 11 n. 198. – Jedi'at ha-cheschbon, Amst. 1699, auch Serap. 1848 S. 345). VI. Zebi Hirsch Chajjim, s. darke noam. Wilmersd. 1723. (Reisegebete. Verz. der Posten u. Boten für Nürnberg, Frankf. u. Leipz. S. 44: Deutscher Wegzeiger von Dresden aus u.s.w. Jahrmärkte u. Messen. Birkat ha-lĕbana.) VII. Der neue Handels-Artikel oder de Jagd ... Als Zugob: In Polterabend-Gedicht. Hamburg. (Mit einem Titelbild. Aus der Franzosenzeit.) – Von diesem Judendeutsch, welches bis auf Mendelssohn, der es selbst noch mitunter in Privatbriefen gebraucht (vgl. Jahrb. f.j. Gesch, u. Lit. 208 [218]), meist die Schrift- und Umgangssprache der deutschen Juden war, alsdann aber vom »Hochdeutschen« verdrängt wurde, dessen Genius einem Mendelssohn, Mich. Sachs, Dan. Sanders und vielen anderen Juden wie wenigen vertraut war, weicht deutlich die Entwickelung ab, welche das Deutsche bei den Juden in den östlichen Ländern genommen hat. Hier sind es nicht nur neue, ausser den hebräischen u. aramäischen auch noch slawische Worte, sondern ganz neue Konstruktionen, die, wenn auch nicht in dem Masse, wie manche deutsche Mundarten, dem hochdeutschen Hörer und Leser nicht ohne weiteres verständlich sind. Diese Sprachfärbung ist alsdann durch die polnischen Lehrer, für die man einst in Deutschland grosse Vorliebe zeigte, den deutschen Juden vielfach zu eigen geworden. Es lassen sich in diesem Deutsch, während das Judendeutsche fast durchweg gleichförmig auftritt (AL gegen Jost in Ersch. u. Gruber), Mundarten, hauptsächlich die litauische, polnische und südrussische unterscheiden. Seit der Mitte dieses Jahrhunderts hat sich diese Sprache, welche übrigens an Wortreichtum jede andere europäische Sprache übertrifft, allmählich einen grossen Literaturkreis, selbst Journalistik, Schauspiel und Oper erobert. Das Nähere s. bei L. Wiener a.a.o. |
16 | Obwohl man im allg. bei der Erforschung solcher Beziehungen zwischen Orient und Occident grosse Vorsicht walten lassen muss, so verdient doch folgendes Erwähnung (vgl. Schauer, Wandernde Sagen [Geigers Jüd. Ztschr. V. Jahrg.]:) Gri. III, 180 – 1001 Nacht VII, 277; Gri. III n. 19 S. 187 – 1001 Nacht I, 107; Gri. n. 136 – Gri. III n. 142 -1001 Nacht VI, 342; Gri. III n. 155 die Asmodaisage; pers. Erzählung bei BP; Gri. III S. 266 – BP II S. 9; Gr. I 338 – Mitt. S. 72 n. 1; Gr. I 168 – die Sage vom Sambation; Gr. II, 33 (Nicht ich hab's gesagt) – Tod des R. Jehuda ha-nasi; Gri. III n. 117 S. 205, Urquell 1897 S. 208 (Herauswachsen der Hand aus dem Grabe) – Komp. VI 101; Gri. III 201 – H. 2 u. 3; Gri. n. 109 III 198 (Totenhemdchen), vgl. Mitt. 96 n. 6 – Sipp.: (die Belelesgasse); Gri. I 30 – Urquell VII 13; Gri. I n. 77 – Urquell VII 346; BP II 91 (vgl. 137): die drei Fische – Berakh. 61; BP II 93 (vgl. 138): Vogel, der das Meer ausfüllen will – Ehrmann (über den Phönix s. Kohut Aruch s.v. chol), BP 376; Beresch. r. 38 vgl. Pfeiffer Germania II 481; Weiber von Weinsberg – Schir haschir. r. 1 (Ehrmann 262); Ring des Polykrates – Sabb. 119 (Ehrmann 261); Ekha r. (Teilung des Huhnes) vgl. Ehrmann 263; Aeolsharfe – Berakh. 3; Bürgschaft: Mag. f.d. Lit. des Ausl. 1845 S. 208; Armillussage vgl. Güdemann, Erz. II, 332 Romulussage – Midr. wajjoscha (II M. 14,30 fg.), vgl. SEG 381; Nedar. 25 (Ehrmann: Der hohle Stock, wie noch heut hessische Händler beteuern: »bei meine Seel'!« und dabei ein Seilchen anfassen, welches sie zu diesem Zwecke an Rock oder Weste geknüpft haben) vgl. Don Quixote; Mitt. d. Schles. Ges. f. Volksk. 1897 S. 62; Gri. III 276 – Mitt. 77 n. 6; Gri. III 315 (Hahnenschrei), Schw. 221 – Mitt. 70 n. 5, 76 n. 4; Argus – Aboda zara 20, chibbut hakebher (Mitt. 96 n. 13) bei den Arabern: SEG 376, 443 vgl. Serap. 1849 S. 26, 333 f.); Chagiga 13b (Engelschöpfung) – Schw. 70. Aehnl. Beziehungen zeigt auch das Volkslied: Chad gadjo in der Pesachhaggada – »Es schickt der Herr den Jokel (vgl. Gri. III, 59 u. Cass.); »Der Däumling« (vgl. Gri. III, 379) – Mitt. 54 n. 14; (Gri. III, 66:) Hansel und Gretel Zwei lustige Leut; Hansel ist närrisch, Gretel nicht gescheidt. Vgl. Mitt. 56 n. 5. Dasselbe gilt vom Sprichwort u.s.w. Vgl. die Schildburger bei Serap. 1847 S. 288, AL 477, Mitt. 62 n. 1. 2 ff. [S. 63 vgl. Gri. III, 196]; Eulenspiegel: Serap. 1848 S. 318 n. 10, AL 485, Mitt. 67 n. 10a BV S. 1. |
Buchempfehlung
Während seine Prosa längst eigenständig ist, findet C.F. Meyers lyrisches Werk erst mit dieser späten Ausgabe zu seinem eigentümlichen Stil, der den deutschen Symbolismus einleitet.
200 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro