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Hämoglobinämīe

[706] Hämoglobinämīe (griech.-lat.) der Pferde und Rinder (Kreuzlähmung, Nierenschlag), eine akute Erkrankung der Kruppenmuskeln, bei der sich Muskelfarbstoff (Myohämoglobin) auflöst. Dieser wird durch die Nieren ausgeschieden und färbt den Urin rot bis kaffeebraun (schwarze Harnwinde). Die H. zeigt sich in plötzlicher Bewegungsstörung; oft stürzen die Pferde im Freien zusammen und müssen in den Stall gefahren werden. Sie können sich auch später nicht erheben und stehend erhalten. Die charakteristische Urinfärbung kennzeichnet die H.; der Appetit kann normal bleiben, Fieber fehlt meist. Die Genesung kann in wenigen Tagen von selbst erfolgen, meist dauert die Krankheit länger und führt in 40–50 Proz. der Fälle zum Tode. Spezielle medikamentöse Heilmittel gibt es nicht. Vor allem kommt es darauf an, das im Stall liegende Pferd auszurichten und in einen Hängegurt (s. d.) zu bringen, weil das Liegen den tödlichen Ausgang (auch durch Lungenstauung und Druckbrand der Haut) begünstigt; im übrigen werden die Nebenerscheinungen behandelt. Die H. entsteht bisweilen nach übermäßiger Anstrengung, meistens jedoch, wenn Pferde mehrere Tage untätig und gut gefüttert im warmen Stall gestanden haben (z. B. während des Osterfestes, daher Osterkrankheit) und dann bei rauher regnerischer Witterung wieder schwer zu arbeiten anfangen. Augenscheinlich wirken dabei zwei Ursachen zusammen, eine Erkältung (rheumatische Störung, daher Wind- oder Kreuzrehe) und die vorhergegangene längere Untätigkeit bei reichlicher Haferfütterung. Es wird angenommen, daß aus den nicht wie gewöhnlich bei der Arbeit verbrauchten Eiweißstoffen des Körnerfutters sich im Körper giftige Spaltprodukte bilden, die unter Mitwirkung der Erkältung die Entzündung und Lähmung der Muskeln veranlassen (ein analoger Vorgang entsteht bei der Gebärparese, s. d.). Man kann daher die H. fast sicher verhüten, wenn man die Pferde auch an Ruhetagen bewegt oder ihnen an solchen Tagen den Hafer ganz oder teilweise entzieht. Auch bei Rindern kommt eine rheumatische H. durch Erkältung, namentlich bei Beginn des Frühjahrsweideganges, vor, die mit der durch Piroplasma erzeugten Hämoglobinurie (s. d.) nichts gemein hat.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 706.
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