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Ariadne

Fig. 35: Ariadne
Fig. 35: Ariadne

[65] Ariadne, (Gr. M.), Tochter des Minos und der Pasiphaë. Des Königs Sohn war in Athen erschlagen worden. Minos zwang den Beherrscher zu dem bekannten schimpflichen Tribut, den er ihm durch Uebersendung von sieben Jungfrauen und sieben Jünglingen für den furchtbaren Minotaurus entrichten musste. Bei der zweiten Sendung befand sich Theseus unter den Jünglingen. A. sah ihn und ward durch des Liebesgottes Pfeil getroffen; sie beschloss, ihn dem Tode, der seiner harrte, zu entreissen. Theseus, welcher freiwillig mit dem Tribut bringenden Schiffe nach Creta gegangen war, beabsichtigte, den Minotaurus zu tödten, und so sein Vaterland von der schmählichen Abgabe zu befreien, ergriff daher die sich darbietende Gelegenheit zur Flucht nicht, wohl aber das einzige Mittel, um sich aus den verschlungenen Gängen des Labyrinths heraus zu finden, einen Fadenknäuel, den ihm A. gab, und den er am Eingange in das Labyrinth befestigen und abwickeln, beim Zurückkehren aber wieder aufwinden sollte. - Theseus fand den Minotaurus, erlegte ihn, kehrte durch der A. Hülfe zurück und entfloh mit ihr; allein falsche Scham hielt ihn ab, das reizende Mädchen, das sich ihm hingegeben, nach Hause zu bringen, da es eine Schande war, ein fremdes Weib als Ehefrau nach Athen zu bringen; er verliess daher in der Nacht die schöne A. und gab sie auf dem wüsten Felsen von Naxos allen Schrecknissen der Verlassenheit Preis, und verzweiflungsvoll machte sie ihrem Leben ein Ende. Indessen weichen die Sagen hier sehr von einander ab: nach dem Einen soll Diana die A. mit plötzlichem Tode hinweggerafft, nach Andern Bacchus die Verlassene gefunden, entzückt von ihrer Schönheit sich mit ihr verbunden, sie zu seiner Gemahlin gemacht haben, und so stellen auch viele Gemälde, geschnittene Steine, Reliefs von der ausgezeichnetsten Schönheit, so stellen antike Gruppen A. in Gesellschaft des Bacchus dar. Dieser nahm sie darauf mit sich auf seinen Zügen, ging mit ihr nach Indien (so entstand das neueste Kunstwerk über diesen Gegenstand, Ariadne, von Dannecker, auf einem Panther sitzend, jetzt in Frankfurt), und erhielt von ihr drei Söhne, Oenopion, Staphylus und Evanthes. Des Gottes Liebe war nicht so vergänglich, als die des Menschen; bis zu ihrem Tode blieb er ihr getreu, und um auch dann ihrer nicht verlustig zu gehen, vermochte er Zeus, sie unter die Götter aufzunehmen. Unser Bild zeigt eine Statue der Ariadne, eine Trinkschale in der Linken haltend und mit Epheu und Weintrauben bekränzt.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 65.
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