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Mysia

[611] Mysia, nordwestliche Landschaft Kleinasiens, grenzte an die Propontis, das Ägäische Meer, Lydien, Phrygien u. Bithynien, davon durch den Rhyndakos getrennt, u. begriff die jetzige Provinz Karasi u. den westlichen Theil von Khodawendkiar im Ejalet Anadoli. In der ältesten Zeit theilte man die Landschaft ein in: Kleinmysien od. wegen seiner Lage am Hellespont M. hellespontiăca, auch wegen seiner Ausdehnung bis zum Berge Olympos, M. olympēne, der kleinere, nördliche Theil mit dem Apischen Gefilde, Morene u. Abrettene, letzteres an Bithynien grenzend; u. Großmysien od. M. pergamēne, wozu Troas, Äolis u. Teuthrania gerechnet wurden, der größere südliche. Die Grenzen zwischen beiden sind nicht genau bekannt. M. war gebirgig durch Zweige des Tauros; die beiden Gebirge waren der Ida im Westen mit den Spitzen Gargaros u. Kotylos u. der Temnos im Osten mit der nordöstlichen Fortsetzung im Olympos u. den südlichen Zweigen des Pindassos, Teuthras u. Sardene; Vorgebirge, von Nordost nach Südwest waren: Abarnos, Trapeza, Dardanis, Rhötelôn, Sigeion, Lektra, Kane u. Hydra. Meerbusen des Ägäischen Meeres waren der Adramyttenische u. E lätische; bewässert wurde es von dei (Flüssen Rhyndakos mit Makestos u. Tarsios, Äsepos mit Karesos, u. Granikos, welche nach der Propontis gingen; Päsos, Perkotes, Praktios, Rhodios mit dem Selleïs, ferner Simois mit dem Skamandros od. Xanthos, Andrios u. Thymbrios, welche in den Hellespont mündeten; der Satnioïs, Euenos, Kaïkos mit den Mysios, Ketios u. Selinos, welche dem Ägäischen Meere zuflossen. Laudseen waren der große Apolloniatis u. die kleinere Miletopolites od. Artynia u. Pteleos. Die vorzüglichsten Städte waren in Kleinmysien, an der Küste: Plakia, Kyzikos, Parion, Lampsakos, Abydos; im Innern: Apollonia, Miletopolis, Zeleia, Gerglthos, Perkote etc.; in dem übrigen Lande: Dardanos, Rhötelôn, Sigeion, Alexandria, Larissa, Hamaxitos, Myrikos, Assos, Gargaros, Adramyttion, Ilion, Arisbe, Thymbra; die äolischen Bundesstädte (s.u. Äolis) Pergamon, Parthenion, Halifarna etc. Da M. gebirgig, waldreich u. mehrfach sumpfig war, so fehlte ihm eine größere Fruchtbarkeit, bes. beliebt waren die Morcheln u. Trüffeln, am Hellespont gab es gute Austern u. in den Bergen wurde reines Silber gewonnen.

Ursprünglich wohnten in dem östlichen Theile Phryger, in dem westlichen aber Pelasger; nach dem Trojanischen Kriege erfolgten nach den verschiedenen Theilen Einwanderungen aus Europa. So namentlich die Myser aus Thrakien, welche sich nach Vertreibung der Phryger in dem östlichen Bergland an der Propontis westlich bis zum Rhyndakos u. südlich bis in die Gegend von Pergamum, östlich bis Lykien ansiedelten. Ihre Sprache gehörte zu dem Thrakisch-kleinasiatischen Sprachstamm, war aber mit lykischen u. phrygischen Elementen gemischt. Gleichzeitig mit ihnen wanderten die Teukrer od. Troer ein, welche sich an der Küste in Troas niederließen u. sich durch Bildung u. Wohlstand auszeichneten; durch den Trojanischen Krieg wurde dies Volk hier vertilgt. Die Äoler kamen aus dem Peloponnes, ließen sich erst in Troas u. auf den benachbarten Inseln nieder u. gründeten dann die Städte an der Küste, welche nachher den Äolischen Bund bildeten (s. Äolien). Als die Äoler einwanderten, stifteten Myser im Süden des Landes ein Reich, welches nach seinem Fürsten Teuthras Teuthranien genannt wurde, aber wahrscheinlich bald von den Lykiern unterworfen wurde. Die übrigen Myser lebten als einzelne kleine Völkerschaften, während die Städte des Äolischen Bundes durch ihren Handel za Macht u. Reichthum kamen. Ganz Mysien theilte nachher das Schicksal Vorderasiens, mußte namentlich nach dem Sturz des Lydischen Reiches durch Kyros die Oberherrschaft Persiens anerkennen, daher stellten die Äoler im Persischen Kriege 60 Schiffe zu der persischen Flotte. Zur Zeit der persischen Herrschaft hieß die Satrapie, zu welcher Troas u. der größte Theil M-s gehört, Kleinphrygien, weil an der nördlichen Küste noch Phryger wohnten. Mit dem Persischen Reiche kam dann auch M. an Alexander den Großen; nach dessen Tode war langer Streit zwischen Bithynien u. dem Pergamenischen Reiche um M. u. zuletzt riß Bithynien die nördliche Küste des Landes bis zum Rhyndakos an sich, während die Küstenstrecken am Hellespont an Pergamum kam. Äolien dagegen unterwarfen sich die Könige von Syrien, dann Mithridates von Pontos. Schließlich kam das ganze Land an die Römer u. bei der Theilung des Römischen Reiches zum Byzantinischen Kaiserthum, u. nun bildete das einstige Troas u. das nördliche M. die Provinz Hellespontus, die südlichen Striche aber wurden zur Provinz Asia geschlagen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 611.
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