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Prosa

[386] Prosa (v. lat. prorsa, sc. oratio, »geradeausgehende Redeweise«) ist die ungebundene, d. h. nicht durch poetische Form (Reim und Rhythmus) der Sprechweise des gewöhnlichen Lebens entrückte Art der Rede, im Gegensatz zu der durch die poetische Form »gebundenen« Rede. Da die P. als Umgangssprache der Hauptsache nach den nüchternen Zwecken der alltäglichen Wirklichkeit dient, so hat sich mit dem Wort prosaisch der Begriff des Nüchternen, Kunstabgeneigten verbunden. Doch ist die P. auch imstande, den Anforderungen künstlerischer Darstellung zu genügen. Sie tut dies, wenn sie im Wortschatz gefällige Abwechselung und die Vermeidung aller Ausdrücke mit niedrigem Gefühlston erstrebt, wenn sie in den Wortgruppen und Sätzen sich durch Klarheit, Leichtigkeit und mannigfaltige Satzmelodie auszeichnet, und wenn sie ferner des Schmucks der »ästhetischen Apperzeptionsformen« (s. d.) nicht ganz ermangelt. Bietet sie deren zuviel und am falschen Orte, so wird sie als poetische P. leicht tadelnswert erscheinen. In den prosaischen Gattungen der Poesie (Roman, [386] Novelle, Erzählung), in denen das erzählende und beschreibende Element vorwaltet, darf ebenso wie in den verschiedenen Formen der Rede (Kanzelrede, Parlamentsrede, Gerichtsrede etc.) sowie auch des Briefes jener Schmuck stärker hervortreten als in der Wissenschaft, da in jenen mehr der Affekt, in dieser mehr das affektlosere, abstrakte Denken zur Geltung kommt. – In der Musik ist P. soviel wie Sequenz (s. d.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 386-387.
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