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Pfeffel

[694] Pfeffel, Gottlieb Konrad, deutscher Dichter, geb. 28. Juni 1736 in Kolmar, gest. daselbst 1. Mai 1809, besuchte das evangelische Gymnasium seiner Vaterstadt, darauf 1751 die Universität Halle, wurde aber durch ein Augenleiden genötigt, seine Studien nach zwei Jahren zu unterbrechen, und hatte, 1754 nach Kolmar zurückgekehrt, das Unglück, 1758 ganz zu erblinden. Nachdem er sich trotzdem 1759 mit einer jungen Verwandten verheiratet, der er den Werbungsbrief selber diktiert hatte, gründete er 1773 mit Genehmigung Ludwigs XV. in Kolmar unter dem Namen einer Kriegsschule ein akademisches Erziehungsinstitut für protestantische adlige Jünglinge, denen damals noch die königlichen Militärschulen unzugänglich waren. Das Institut bestand bis zur französischen Revolution fort, und etwa 300 Jünglinge aus den verschiedensten Ländern erhielten in ihm ihre Ausbildung. Seine schriftstellerische und pädagogische Wirksamkeit brachte ihn mit vielen hervorragenden Persönlichkeiten in Berührung (vgl. Pfannenschmid, Pfeffels Fremdenbuch, Kolmar 1893). Bei der Reorganisation der Kulte in Frankreich wurde P. zum Mitglied des Oberkonsistoriums und 1806 zu dem des Direktoriums der Kirche Augsburgischer Konfession ernannt. 1859 wurde ihm in Kolmar ein Denkmal errichtet. P. ist besonders als Fabeldichter bekannt und gehört als solcher der Gellertschen Schule an, doch hat er auch französische Vorbilder benutzt (vgl. Poll in den »Straßburger Studien«, 1888). Einige seiner Gedichte, wie »Ibrahim« und »Die Tabakspfeife«, wurden volkstümlich. P. gab auch »Theatralische Belustigungen nach französischen Mustern« (Frankf. u. Leipz. 1765–74, fünf Sammlungen) sowie »Dramatische Kinderspiele« (Straßb. 1769) heraus. Seine prosaischen und poetischen Werke erschienen in 10 Bändchen (Tübing. 1810 bis 1812), seine »Fabeln und poetischen Erzählungen«, in Auswahl von H. Hauff, in 2 Bänden (Stuttg. 1840, neue Ausg. 1861) und von Min or (in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur«, Bd. 73). Vgl. Lina Beck-Bernard (Pfeffels Urenkel in), Théophile Conrad P. de Colmar (Lausanne 1866); A. Stöber, Pfeffels Verdienste um Erziehung und Schule (Straßburg 1878).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 694.
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