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Klang

[90] Klang, Name für die hörbaren Schwingungen elastischer Körper (s. Schall); die wissenschaftliche Bezeichnung dessen, was der Laie Ton nennt. Die Akustik unterscheidet K. und Geräusch und versteht unter letzterm den durch unregelmäßige, unter ersterm den durch regelmäßige Schwingungen hervorgebrachten Gehörseindruck. Regelmäßige Schwingungen sind solche, die sich mit gleicher Geschwindigkeit der Folge wiederholen, wie die des Pendels einer Uhr; da von der Geschwindigkeit der Folge (Periode) der Einzelschwingungen die Höhe des gehörten Tones abhängt, so geben Schwingungen von sich gleichbleibender Periode Klänge von konstanter Tonhöhe. Diese Klänge sind aus einer Reihe einfacher Töne zusammengesetzt, die bei angespannter Aufmerksamkeit wohl unterscheidbar sind, aber gewöhnlich nicht unterschieden werden. Der K. wird seiner Höhe nach bestimmt und benannt nach der Tonhöhe des tiefsten und (in der Regel) stärksten der ihn zusammensetzenden Teiltöne (Partialtöne). Da alle übrigen Teiltöne höher liegen als der dem K. den Namen gebende Grundton (Fundamentalton, Hauptton), so nennt man diese gewöhnlich Obertöne, versteht aber unter dem zweiten Oberton nicht den dritten Ton der Reihe, sondern den zweiten. Insofern die übrigen Töne für gewöhnlich über den Grundton überhört werden, heißen sie auch Beitöne, sofern sie (wenigstens die ersten fünf stärksten) in einem nahen verwandtschaftlichen (harmonischen) Verhältnis zu jenem stehen, auch harmonische Töne (sons harmoniques), und insofern ihre Schallwellenlängen einfachen Bruchteilen der des Grundtons entsprechen, nennt man sie Aliquottöne (s. d.). Die Reihe der ersten 16 Obertöne ist z. B. für den Ton C:

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Die sich in dem Phänomen der Obertöne offenbarende Verschmelzbarkeit der hinsichtlich der relativen Schwingungszahlen der Reihe der einfachen Vielfachen (1,2,3 etc.) entsprechenden Töne zur einheitlichen Empfindung des Klanges gibt den Schlüssel für das Verständnis der Durkonsonanz (die ersten 6 Teiltöne obiger Reihe stellen einen C dur-Akkord dar).

Die Konsonanz des Mollakkords ist aus der Obertonreihe nicht zu erklären, und alle Versuche, dies dennoch zu tun (Helmholtz), ergeben eine künstliche Ableitung des Mollakkords vom Durakkord (Trübung der Konsonanz des Durakkords durch Erniedrigung der Terz), deren Berechtigung der Musiker in Abrede stellen muß. Dagegen hat eine vollkommen gegensätzliche Betrachtungsweise den gewünschten Erfolg. Diese Auffassung der Mollkonsonanz als polarischen Gegensatzes der Durkonsonanz (deren Herkunft vielleicht auf die sogen. Messel-Theorie der Araber zurückzuführen ist) findet sich zuerst bei Zarlino im 30. Kapitel der »Istitutioni harmonique« (1558), wird auch von RameauGénération harmonique«, 1737), Tartini (1754) und in neuester Zeit seit Moritz Hauptmann (»Die Natur der Harmonik und Metrik«, 1853) durch eine größere Anzahl Theoretiker mit mehr oder minder Konsequenz (O. Kraushaar, O. Tiersch, O. Hostinsky), mit voller Schärfe und Konsequenz von A. v. Öttingen und Hugo Riemann verfochten. Die psychologische Tatsache der der Durkonsonanz völlig ebenbürtigen Mollkonsonanz weist zwingend auf eine der Obertonreihe völlig gegensätzliche Untertonreihe; akustische Phänomene, die eine solche Untertonreihe bestätigen, sind das des Mittönens und das der Kombinationstöne. Ein klingender Ton bringt klangfähige Körper zum Mittönen, deren Eigenton einem seiner Untertöne entspricht oder, was dasselbe ist, von deren Eigenton er Oberton ist. Der tiefste Kombinationston eines Intervalls ist immer der erste gemeinsame Unterton beider Intervalltöne, z. B. für e':g' = C, für c'':d'' ebenfalls C, aber auch für e':d'' = C u. s. f. Doch vermögen die akustischen Phänomene die volle Ebenbürtigkeit der Mollkonsonanz mit der Durkonsonanz nicht zu erweisen, begünstigen vielmehr stark die Auffassung im Dursinne. Das Rätsel der Zweigeschlechtigkeit der Harmonie löst sich durch die Erkenntnis, daß die Durkonsonanz die Töne zum Klangbegriff verbindet, die bezüglich der Schwingungsgeschwindigkeit dem einfachsten Verhältnis entsprechen, die Mollkonsonanz dagegen diejenige, die bezüglich der Schallwellenlängen dieselben einfachen Verhältnisse zeigen. Dur gesellt also dem Ton 1 Töne gesteigerter Intensität, Moll dagegen Töne vermehrter Masse. Das erklärt zugleich den verschiedenen Charakter von Dur und Moll. Die Reihe der 16 ersten Untertöne ist, wenn wir c''' als Ausgangston (Hauptton) nehmen:

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[90] Sowohl in der Ober- als Untertonreihe hängt der Grad der Verschmelzbarkeit (Konsonanz) von der Entfernung vom Hauptton (der 1) ab. Der am vollkommensten verschmelzende, daher keinerlei Verstimmung ertragende Intervall ist die Oktave; bereits minder empfindlich für kleine Verstimmungen (die sie tatsächlich im temperierten System erleiden muß) erweist sich der dritte Ton der Reihe (der Quintton) und noch mehr der fünfte Teilton (der Terzton). Oktavtöne gelten deshalb als identische Töne und sind in unserm Musiksystem gleich benannt. Scheidet man aus der Reihe der Ober- und Untertöne zunächst alle Oktavtöne aus und weiter alle diejenigen, die als Teiltöne von Teiltönen vorstellbar sind (z. B. der neunte als dritter des dritten), so bleiben nur folgende, den primären Zahlen entsprechende als eigentliche konstitutive Elemente des Ober- und Unterklanges übrig:

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d. h. es erweist sich, daß unser Musiksystem nur auf Grund der drei Intervalle Oktave, Quinte und (große) Terz aufgebaut ist und alle weitern primären Intervalle (den 7., 11., 13. und alle weitern Töne der beiden Reihen) außer acht läßt, bez. bei dem etwaigen Versuch, dieselben gleich dem 1., 3. und 5. in Akkorden selbständig hervorbringen, ihnen andre Bedeutung beilegt und sie verstimmt findet. Vgl. Helmholtz, Lehre von den Tonempfindungen (5. Ausg., Braunschweig 1896); K. Stumpff, Tonpsychologie (Bd. 1 und 2, Leipz. 1883–90) sowie die bez. Schriften von Öttingen, Hostinsky und Riemann. Vgl. auch Klangvertretung, Konsonanz und Dissonanz.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 90-91.
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