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Kurdistan

[857] Kurdistan, das Land der Kurden, eine ausgedehnte, nicht genau zu begrenzende Landschaft in der asiatischen Türkei (s. Karte »Kleinasien«) und in Persien, die jedoch nicht allein von Kurden, sondern auch von Armeniern, Türken und andern Völkern bewohnt wird. Das türkische K., das politisch in die Wilajets Ma'amuret el Aziz, Diarbekr, Bitlis und Wan zerfällt, umfaßt das obere Gebiet des Tigris und das mittlere des Euphrat, während das gesamte von Kurden bewohnte Land noch Teile der Wilajets Erzerum, Aleppo und Mosul sowie der persischen Landschaften Ardilan und Aserbeidschan in sich begreift. Das eigentliche K. bezeichnet Moltke durch eine Linie, gezogen von Diarbekr über Mardin, Nisibin, Dschesiret ibn Omar, Wan, Musch, Palu, Derende, Marasch und Adiaman. Das türkische Gebiet kam zum Teil schon 1470 mit der Eroberung des Königreichs Trapezunt unter die Herrschaft der Osmanen; die Unterwerfung des übrigen wurde von Hafiz Pascha 1837 begonnen und 1847 durch die Gefangennahme des Beis Mahmud von Wan und des Bederchans von Dschesireh beendet. Das persische K. umfaßt den Südwesten der Provinz Aserbeidschan und den Westen von Ardilan bis zum Kerchafluß. Staatlich hat K. keine Bedeutung; es besteht aus vereinzelten Dorfschaften ohne politischen Verband, ohne gebahnte Wege und ohne andern Verkehr als feindliche Raubzüge; so ist denn auch jeder in seinem Hause zur Verteidigung gerüstet. K. ist ein rauhes Gebirgsland, von Parallelketten durchzogen, die wieder ausgedehnte Hochebenen zwischen sich einschließen. Das Gebirge verflacht sich nach SW. zu und geht in die mesopotamische Ebene über. Hauptflüsse sind: der Tigris (Didschle), der Murad (östlicher Euphrat) im NW. mit ihren Zuflüssen und die Quellflüsse des Chabur im S. Zur Kenntnis des Klimas fehlen noch zuverlässige Beobachtungen. In den Bergen folgt oft einem langen harten Winter ein schöner, mäßig warmer Sommer. Im südlichen Teile Kurdistans gedeihen Zitronen- und Granatbäume, auch die Dattelpalme, die hier ihre Nordgrenze hat; nördlicher und an den Bergen hinauf finden sich Oliven, Balamuteichen (die Galläpfel liefert) und Fichten, oft herrliche Waldungen bildend. Mächtige Nußbäume und Platanen umgeben die Dörfer. An Mineralien findet man Silber, Kupfer, Steinkohlen und Naphtha; jedoch findet keine Ausbeute statt. Aus dem Tierreich sind zu nennen: in den Bergen der Bär und Eber, im Tiefland Hyäne und Schakal; auch wilde Esel und Jagdleoparden. Den Grundstock der Bevölkerung bilden die Kurden (s. d.). Neben und zwischen ihnen wohnen Armenier und Türken, im südöstlichen Teil am mesopotamischen Chabur und längs des Westufers des Tigris Araber. Die wichtigsten Städte im türkischen K. sind: Diarbekr, Bitlis und Mardin, im persischen K. Kirmanschahan. Vgl. M. Wagner, Reise nach Persien und dem Lande der Kurden (Leipz. 1852); Binder, Au K.,en Mésopotamie eten Perse (Par. 1887); Naumann, Vom Goldnen Horn zu den Quellen des Euphrat (Münch. 1893); Baron E. Nolde, Reise nach Innerarabien, K. und Armenien 1892 (Braunschweig 1895); Rohrbach, Vom Kaukasus zum Mittelmeer (Leipz. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 857.
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