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Fruchtknoten

[181] Fruchtknoten (Germen, Eierstock, Ovarium, Stempel, Pistill), das die Samenanlagen umschließende Organ in der Blüte der Angiospermen (s. Blüte, S. 87), das aus einem oder mehreren an sich oder miteinander verwachsenen Fruchtblättern besteht und in seinem obern, oft zu einem säulenförmigen Griffel ausgewachsenen Teil die zum Aufsaugen des Blütenstaubes bestimmte Narbe trägt (s. Blütenbestäubung). Ist der F. im Zentrum der Blüte höher an der Blütenachse eingefügt als die übrigen Blütenteile, so heißt er oberständig, der mittelständige F. steht im Grund eines becherförmigen Achsengebildes, an dessen Rand Blütenhülle und Staubblätter entspringen. Der unterständige F. trägt die äußern Blütenteile direkt auf seiner Wand, an deren Aufbau außer den Fruchtblättern ein mit ihnen völlig verwachsener Teil der Blütenachse beteiligt ist. Ist in einer Blüte nur ein einziges Fruchtblatt vorhanden, so wird nur ein einziger F. gebildet, in dem das Fruchtblatt mit seinen Rändern verwächst. Sind mehrere Fruchtblätter vorhanden, so bildet entweder jedes derselben für sich einen (einteiligen, monomeren) F., oder es entsteht ein aus mehreren Fruchtblättern verwachsener (mehrteiliger, polymerer) F. Im letztern Fall erscheint häufig der F. durch die nach innen eingeschlagenen Ränder der verwachsenden Fruchtblätter nach der Zahl der letztern in einzelne Fächer abgeteilt. Die mit den Samenanlagen besetzten Stellen der Fruchtblätter, die Samenleisten oder Placenten, nehmen meist den Innenwinkel der Fruchtknotenfächer (zentralwinkelständige Placentation) ein; sie erscheinen als mehr oder weniger vorspringende Leisten und teilen sich bisweilen auch in zwei Schenkel. Wenn dagegen die Fruchtblattränder nur wenig nach innen vorspringen, vereinigen sich ihre Ränder zu einer gemeinsamen Placenta, und die Samenanlagen sitzen dann auf der Innenwand des einfächerigen Fruchtknotens (parietale oder wandständige Placentation). Springen die verwachsenen Fruchtblattränder gegen das Innere des Fruchtknotens etwas weiter vor, so erscheint der letztere unvollständig gefächert oder gekammert (germen incomplete locellatum). Tritt die Scheidewandbildung nur im untern Teil des Fruchtknotens ein, während der obere Teil ungefächert bleibt, so zerfällt auch jedes Fruchtblatt in einen obern sterilen und einen untern fertilen Abschnitt, der mit seinen Rändern bis in das Zentrum der Blüte hineinreicht und hier zentralwinkelständige Samenanlagen trägt. Unterbleibt schließlich die Scheidewandbildung ganz, so bleibt der fertile Teil der Fruchtblätter mit der Blütenachse verbunden, und es hängt von der Wachstumsart der letztern ab, welche äußere Form die Placenta annimmt. Bleibt die Blütenachse flach, so erscheinen die Samenanlagen im zentralen Grunde des einfächerigen Fruchtknotens (grundständige oder basiläre Placenta). Wächst aber die Blütenachse kegelförmig oder zylindrisch aus, so sitzen die Samenanlagen an einer frei in die Höhlung des einfächerigen Fruchtknotens hineinragenden Mittelsäule (Columella), in diesem Falle wird die Samenleiste als freie Zentralplacenta bezeichnet, an deren Bildung auch die Blütenachse Anteil hat. Die oberhalb der fertilen Abschnitte der Fruchtblätter befindlichen Teile des Fruchtknotens, Griffel und Narbe (s. Blüte, S. 88), liegen über den verwachsenen Rändern (Kommissuren) der Fruchtblätter (kommissurale Griffel und Narben) oder über der Medianlinie derselben (karinale Griffel und Narben). Bei manchen Pflanzengattungen fehlt ein eigentlicher Griffel, so daß die Narbe sitzend (stigma sessile) erscheint. Bisweilen bildet der F. in schmalen Spalten zwischen seinen Scheidewänden honigabsondernde, nach außen geöffnete Drüsen (Septaldrüsen) aus, oder er sondert an seiner freien Oberfläche Nektar ab und lockt dadurch tierische Blütenbestäuber an. Nach der Befruchtung tritt der F. in das Stadium der Fruchtbildung, Narbe und Griffel schrumpfen in der Regel nach der Bestäubung ein. Die Wand des Fruchtknotens wird zur Fruchtwand (s. Frucht, S. 176), indem innerhalb derselben allmählich z. B. steinharte, fleischigwerdende oder austrocknende Gewebeschichten u. dgl. zur Ausbildung gelangen. Mit der Fruchtreife hat der F. seine biologische Aufgabe erfüllt und trennt sich dann von der Mutterpflanze, oder er öffnet sich, um die Samen frei zu geben.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 181.
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