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Droste-Hülshoff

[212] Droste-Hülshoff, Annette Elisabeth, Freiin von, namhafte deutsche Dichterin, geb. 10. Jan. 1797 auf Hülshoff, dem Stammhaus ihrer altwestfälischen, speziell altmünsterschen Familie, gest. 24. Mai 1848 auf Schloß Meersburg am Bodensee. Sie siedelte nach dem Tod ihres Vaters mit ihrer Mutter nach dem Witwensitz Ruschhaus bei Münster über und lebte seit 1840 größtenteils bei ihrem Schwager, dem gelehrten Freiherrn Jos. v. Laßberg, auf Schloß Meersburg am Bodensee, wo ihr 1898 ein Denkmal (von Stadelhofer) errichtet wurde. Ein andres Denkmal (von Ant. Rüller) ist ihr im November 1896 in Münster gewidmet worden. Sie zeigte eine höchst eigenartige Individualität voll der reichsten poetischen Anlage und war ausgestattet mit seltenem Verständnis für die geheimsten Reize der Natur wie des Seelenlebens. Kaum berührt von den Ideen der Zeit, wurzelt die Dichterin in dem stillen Milieu ihrer Heimat und in den Anschauungen ihrer streng katholischen Umgebung, denen sie, wenn auch von gelegentlichen Zweifeln gequält, die Treue bewahrte. Annette von D. trat zuerst mit »Dichtungen« (Münster 1837) hervor, deren erzählender Teil das außerordentliche Schilderungstalent und die realistische Energie der Dichterin bekundete. Voll ausgereift erschien dann ihr Talent in ihren »Gedichten« (Stuttg. 1844, 6. Aufl. 1900), durch die sie sich trotz der vielfach harten, spröden und von knorrigen Auswüchsen und sprachlichen Provinzialismen getrübten Form zum Rang der hervorragendsten deutschen Dichterin erhob. Namentlich bekundete sie ihre Meisterschaft auf dem Gebiete des farbengesättigten Stimmungsbildes sowie auf dem der poetischen Erzählung (»Die Schlacht im Loener Bruch«, »Das Fräulein von Rodenschild«, »Der Geierpfiff«, »Die Krähen«, »Sommernachtstraum«, »Die Schwestern«, »Die Vergeltung« u.a.). Von packender Vollendung ist ihre Novelle »Die Judenbuche« (zuerst im »Morgenblatt« 1842). Aus ihrem Nachlaß erschienen: die religiöse Liedersammlung »Das geistliche Jahr« (Stuttg. 1850, 3. Aufl. 1876) und »Letzte Gaben« (Hannov. 1860); ferner »Briefe« (Münst. 1877, 2. Aufl. 1880); »Lieder mit Pianofortebegleitung« (das. 1877). Ihre »Gesammelten Schriften« gaben Levin Schücking (Stuttg. 1879, 3 Bde.; neue vermehrte Aufl. 1898, 3 Bde.) und die Romanschriftstellerin Elisabeth, Freiin von D. (geb. 1845) mit Biographie von Kreiten (Münst. 1884–87, 4 Bde.; 2. verbesserte Aufl. 1900) heraus; jetzt liegen ihre Gedichte in zahlreichen Einzelausgaben vor; eine Auswahl gab W. v. Scholz heraus (Leipz. 1901). Ihr Briefwechsel mit Levin Schücking aus den Jahren 1840–46 erschien Leipzig 1893. Vgl. Schücking, Annette von D., ein Lebensbild (2. Aufl., Hannov. 1871); Hüffer, Annette von D. und ihre Werke (Gotha 1887); Riehemann, Erläuternde Bemerkungen zu A. v. Droste-Hülshoffs Dichtungen (Osnabr. 1896–98, 2 Hefte); Wormstall, A. v. D. im Kreise ihrer Verwandten und Freunde (Münst. 1897); Zottmann, Deutschlands größte Dichterin (Frankf. a. M. 1897); W. v. Scholz, Annette v. D. als westfälische Dichterin (Mün ch. 1897); Bankwitz, Die religiöse Lyrik der A. v. D. (Berl. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 212.
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