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Andalusien

[493] Andalusien (span. Andalucia), span. Landschaft, welche die vier ehemaligen maurischen Königreiche von Granada, Jaen, Cordoba und Sevilla umfaßt und somit den südlichsten Teil der Halbinsel bildet, 87,570 qkm (1590 QM.) groß mit (1900) 3,562,606 Einw. A., das Vandalitia oder Vandalusia zur Zeit der Vandalenherrschaft, grenzt im N. an Estremadura und Neukastilien, im S. an das Atlantische und das Mittelländische Meer, im O. an Murcia, im W. an Portugal und zerfällt gegenwärtig in die acht Provinzen: Cordoba, Cadiz, Huelva, Sevilla, Jaen, Malaga, Granada und Almeria (Genaueres s. unter den einzelnen Provinzen). Der Andalusier ist von schöner Körpergestalt, lebhaft und heiter, vergnügungssüchtig, leichtsinnig, aber ehrlich und edel, redselig, voll Verstand und Gewandtheit in der Auffassung, stolz auf sein Land und poetisch begabt, aber arbeitsscheu, dabei genügsam, gastfrei und gefällig, aber auch jähzornig, keck und streitsüchtig, ein Freund des Messers und des Revolvers, wenn auch öfter nur ein prahlerischer Zungenheld. Eine kurze Samtjacke, oben eng anliegende Beinkleider, weiße Strümpfe, ein schneeweißes Hemd mit Krause und offenem Kragen, ein breitrandiger, flacher, steifer Filzhut und gelbe Schuhe bilden die Tracht des echten Andalusiers. Die Frauen, von einer unnachahmlichen Grazie und mit vielem Mutterwitz begabt, sind zwar nicht die schönsten Spanierinnen, aber doch die interessantesten. Am Südabhang der Sierra Nevada (Alpujarras) leben noch reine Nachkommen der Mauren. Viele Tausende von teils ansässigen, teils nomadisierenden Zigeunern (Gitanos) sind über ganz A. verstreut.

In den ältesten Zeiten wurde A. von den Turtern bewohnt, die Gewerbe trieben und einige Kultur besaßen, dabei sanft und friedliebend, aber auch weichlich waren und keinem Eroberer widerstanden, und hieß Bätica (nach dem Bätis, jetzt Guadalquivir) oder Tartessos (phönikisch Tarschisch, nach seinen Bewohnern). Von Fremden ließen sich zuerst die Phöniker hier nieder, um die reichen Silberbergwerke auszubeuten; sie gründeten die Kolonien Hispalis (Sevilla), Gades (Cadiz) u.a. Später nahmen die Karthager diese Gegenden ein. 206 kam das Land in den Besitz der Römer. Unter ihnen bildete A. einen Teil der Provinz Baetica und war der Mittelpunkt römischer Bildung und Sitte in Spanien. Cordoba und Santiponce bei Sevilla (Italica) gaben Rom Dichter, Weltweise und Kaiser, wie Lucanus, Seneca, Trajanus; auch der Geograph Mela und der ökonomische Schriftsteller Columella stammten aus Bätica. Zu Anfang des 5. Jahrh. n. Chr. eroberten die in der Völkerwanderung aus Galicien und Asturien eindringenden Alanen und Vandalen A. beinahe ohne Widerstand und nannten es Vandalitia. Ihnen folgten 412 die Westgoten, die nach einem langen Kampf die Alanen und Vandalen nach Afrika hinüber drängten und seit dem 6. Jahrh. ganz Spanien beherrschten. Schnell entartet, erlag das Reich der Westgoten schon nach einem Jahrhundert den Arabern in der Schlacht bei Jerez de la Frontera 711. Als 755 die spanischen Araber sich von den Kalifen in Asien unabhängig machten, wurde A. der Sitz einer neuen Dynastie von Kalifen, die Cordoba zu ihrer Hauptstadt wählte. Die überwundenen Goten wurden von den Siegern mild behandelt, behielten freie Religionsübung, ihre eignen Gesetze und Sitten und zahlten bloß einen mäßigen Tribut. Die Bevölkerung Andalusiens war damals zahlreich, der Ackerbau blühte; Künste und Wissenschaften, besonders Baukunst, Astronomie, Medizin, wurden von den Arabern mit solchem Erfolg getrieben, daß Wißbegierige aus dem übrigen Europa nach Cordoba reisten. Als aber 1031 die Dynastie der Omaijaden in Cordoba ausstarb und die Mauren, schon längst uneinig, sich in mehrere unabhängige Reiche zerteilten, verfiel auch ihre Macht und der Wohlstand des Landes. In A. entstanden die drei Königreiche Sevilla, Cordoba und Jaen, die nach vielen Kämpfen, von 1233–50, durch König Ferdinand III. von Kastilien den Mauren entrissen wurden. Von jener Zeit an war A. ein Teil des Reiches Kastilien und hatte mit diesem stets gleiche Schicksale.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 493.
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