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Akte [1]

[235] Akte (lat.), über einen wichtigen Vorgang aufgenommene Urkunde, insbes. Staatsurkunde, z. B. in Deutschland die Bundesakte (s. Deutscher Bund), in England die Parlamentsakte. Akten (acta, gesta) nennt man die Sammlung der auf eine gewisse Angelegenheit, z. B. eine Prozeßsache, bezüglichen Schriftstücke. Die einzelnen Gattungen der Akten werden nach der Stelle, wo sie geführt werden (z. B. Ratsakten, Gerichtsakten, Landtagsakten), vorzugsweise aber nach[235] ihrem Gegenstand (z. B. Prozeßakten, Zivilprozeßakten, Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Grundakten, Hypothekenakten, Nachlaßakten, Personalakten) benannt. Den von Staatsbehörden angelegten (öffentlichen) Akten setzt man die Manual-, Hand- oder Privatakten der Parteien und Sachwalter entgegen. Der Anwalt einer Partei ist berechtigt (deutsche Rechtsanwaltsordnung, § 32), diese Handakten so lange zurückzubehalten, bis er von ihr wegen seiner Gebühren und Auslagen befriedigt ist (Aktenretention). Je nachdem der Akteninhalt allgemeine Angelegenheiten oder spezielle Fälle betrifft, wird zwischen General- und Spezialakten unterschieden. Man pflegt die Akten zweckmäßig in der Weise einzurichten, daß die zu einem Aktenband (Aktenfaszikel) gehörigen Stücke in chronologischer Ordnung zusammengeheftet und die Blätter, seltener die Seiten mit fortlaufenden Zahlen versehen (foliiert, paginiert) werden.

Aktäon (Britisches Museum in London).
Aktäon (Britisches Museum in London).

In einzelnen Ländern, z. B. in Österreich, sind auch noch vielfach die ungehefteten oder sogen. Zettelakten gebräuchlich, die in den Umschlag oder bei größerm Umfang in einen Karton lose eingelegt werden. Das erste Aktenblatt enthält häufig ein Inhaltsverzeichnis (Aktendesignation, Rotulus), und jeder Faszikel ist regelmäßig mit einem Umschlag (Tektur) versehen, worauf das Rubrum, kurze Angabe des Inhalts, so benannt nach der frühern Gewohnheit, dasselbe mit roter Tinte zu schreiben. Händigt eine Partei ihre Handakten an die Gegenpartei oder an das Gericht aus, so nennt man dies Aktenedition, und überschickt ein Untergericht seine Akten an das ihm vorgesetzte Obergericht, so heißt dies Akteneinsendung, die auf Veranlassung des letztern geschehen kann (Aktenavokation). Werden den eine Sache betreffenden Akten andre mit ihr in irgend einer Verbindung stehende Akten, z. B. des bessern Verständnisses halber, beigelegt, so findet Aktenadjunktion oder Aktenadhibierung statt. Werden verlorne oder beschädigte Akten (soweit möglich) wiederhergestellt, so spricht man von Aktenredintegration. Aktenmäßig oder aktenkundig nennt man einen in den Akten beurkundeten Vorgang. Das ältere Prozeßverfahren legte auf die Akten ganz besondern Wert, indem es den Richter verpflichtete, nur Aktenmaterial bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (»Quod non est in actis, non est in mundo«), ein Grundsatz, der jedoch im modernen Gerichtsverfahren, das durch das Prinzip der Mündlichkeit beherrscht wird, aufgegeben ist. Erklärte der Richter in dem frühern Prozeßverfahren, daß alles für den betreffenden Prozeßabschnitt Erhebliche zu den Akten gebracht sei, so wurde dies Aktenschluß genannt, demgemäß spricht man auch im gewöhnlichen Leben nicht selten davon, daß die Akten über einen Gegenstand geschlossen seien, sobald er vollständig klargestellt ist. S. Ad acta (legen).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 235-236.
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