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Marat

[262] Marat (spr. -rá), Jean Paul, eins der berüchtigtsten Häupter der französischen Revolution, geb. 24. Mai 1744 in Boudry bei Neuchâtel von protestantischen Eltern, gest. 13. Juli 1793, studierte Medizin und erwarb sich dann, meist auf Reisen befindlich, die Mittel zu seiner Existenz durch Schriftstellerei und Sprachunterricht. In dieser Zeit erschien von ihm die revolutionäre Schrift »The chains of slavery« (Edinb. 1774; franz., Par. 1792). Die philosophische Schrift »De l'homme, ou des principes et des lois de l'influence de l'âme sur le corps et du corps sur l'âme« (Amsterd. 1775, 3 Bde.) wurde die Veranlassung zu einem Streit mit Voltaire. In seinen an paradoxen Behauptungen reichen physikalischen Schriften aus dieser Zeit: »Découvertes sur le feu, l'électricité et la lumière« (1779), »Recherches physiques sur le feu« (1780), »Découvertes sur la lumière« (1782), »Recherches physiques sur l'électricité« (1782), trat er namentlich gegen Newton auf; in Deutschland wurden sie durch eine Übersetzung von Weigel (Leipz. 1782–84) bekannt. Hierauf erhielt er in Paris eine Anstellung als Arzt der Leibgarde des Grafen von Artois. Nach dem Ausbruch der Revolution trat M. bald als einer der extremsten Demagogen hervor. Gemein und roh wie sein Äußeres war auch sein Inneres. Durch seine ungezügelten Worte, durch seine Gabe niedrig-populärer Darstellung und durch seine niederträchtigen Denunziationen wußte er das Volk zu Raub und Mord aufzureizen und sich zum Schrecken aller Parteien zu machen. Genußsüchtig und sittenlos, führte er mit dem auf unrechtmäßige Art erworbenen Geld ein üppiges Leben. Sein Organ war seit 12. Dez. 1789 der »Publiciste parisien«, später der »Ami du peuple«, endlich das »Journal de la République«. Nachdem er sich im August 1792 in den Pariser Stadtrat gedrängt hatte, wurde er einer der Haupturheber der Septembermorde und setzte auch unter deren Eindruck 1792 in Paris seine Wahl zum Mitgliede des Konvents durch. Hier forderte er mit wilden Drohungen den Tod des Königs und aller Gemäßigten sowie Plünderung der Besitzenden und Maximaltaxen für die Lebensmittel. Wegen einer tollen Adresse, in der er die Bürger gegen den Konvent zu den Waffen gerufen hatte, wurde von dem Revolutionstribunal eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet; doch sprach ihn dasselbe 24. April 1793 einstimmig frei. Von nun an erstrebte M. mit allen Mitteln die Vernichtung der Gironde, die er durch Aufwiegelung des Pöbels 2. Juni durchsetzte. Doch wurde er zuletzt den Führern des Wohlfahrtsausschusses selbst lästig. Daß Robespierre den Genossen nicht dem Beil des Henkers überlieferte, verhinderte nur die Tat der Charlotte Corday (s. d.), die M. im Bad erstach. Er wurde vom Pöbel als Märtyrer der Freiheit verehrt. Der Konvent ließ durch einen Beschluß den Überresten Marats die Ehre des Pantheons zuerkennen (4. Nov. 1793), aber schon im Februar 1795[262] wurde die Leiche wieder hinausgeworfen und gleichzeitig sein Bild aus dem Konvent entfernt. Vgl. Chevremont, Jean Paul M. (Par. 1880, 2 Bde.); Cabanès, M. inconnu. L'homme privé, le médecin, le savant (das. 1891); Bax, Jean Paul M., people's friend (Lond. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 262-263.
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