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Machiavelli

[20] Machiavelli (spr. mackjawélli), Niccolò di Bernardo dei, einer der größten Staatsmänner und Geschichtschreiber Italiens, geb. 3. Mai 1469 in Florenz aus einer verarmten Patrizierfamilie, gest. 22. Juni 1527, ward 1498 an die Spitze der zweiten Kanzlei der florentinischen Republik gestellt, die dem Rate der Zehn beigegeben war, und mehrmals mit Missionen an den König von Frankreich, den Papst und den Kaiser betraut, über die er ausgezeichnete Staatsschriften an seine Behörde sandte. Als die Mediceer 1512 nach Florenz zurückkehrten, wurde M. abgesetzt und aus Florenz verbannt, ja sogar der Teilnahme an einer Verschwörung beschuldigt, eingekerkert und gefoltert, aber als unschuldig wieder freigelassen. Er lebte nun meist auf einer Besitzung zu San Casciano unweit Florenz und beschäftigte sich mit literarischen Arbeiten. Leo X. erforderte seit 1519 gelegentlich wieder sein Gutachten und verwendete ihn auch zu unbedeutenden Sendungen; auch der Kardinal Giulio de' Medici (Papst Clemens VII.) schenkte ihm Vertrauen; die Gunst seiner Mitbürger vermochte er jedoch nicht wiederzugewinnen. Seine KomödienClizia«, »Mandragola«; letztere deutsch von A. Stern, Leipz. 1881; von Seliger, das. 1904), Nachahmungen des Plautus, zeichnen sich durch scharfe Charakteristik und witzigen Dialog aus, sind aber äußerst anstößig. Die »Istorie fiorentine« (Flor. 1532; deutsch von Neumann, Berl. 1809, 2 Bde., und von Reumont, Leipz. 1846, 2 Bde.) von 1215–1492 sind eins der vorzüglichsten Werke der italienischen Prosa, lebendig, anschaulich, in edlem Stil. Machiavellis berühmteste Werke sind seine »Discorsi sopra la prima decade di Tito Livio« (Wien 1532 und 1630; deutsch von Grüzmacher, Berl. 1871), worin er die Verfassung des alten Rom als die vorzüglichste preist, »Dell' arte della guerra sette libri« und »Il Principe« (Rom 1535 u. ö.; lat., Leiden 1643; deutsch zuletzt von Eberhard, 2. Aufl., Berl. 1873; von Grüzmacher, das. 1870), 1514 abgefaßt und an Lorenzo de' Medici gerichtet, worin M. einen Fürsten schildert, der, wie Cesare Borgia, ohne Rücksicht auf Moral und Religion, durch Klugheit und konsequentes Handeln in dem von ihm unterjochten Staat seine Alleinherrschaft zu begründen weiß. Man hat daher eine Staatskunst, der alle sittliche Grundlage fehlt, und welche die Klugheit zur einzigen Richtschnur ihres Handelns macht, Machiavellismus oder machiavellistische Politik genannt; und gegen sie schrieb Friedrich II. seinen »Antimachiavell«. Demgegenüber haben Neuere, namentlich Herder, Macaulay und Ranke (»Zur Kritik neuerer Geschichtschreiber«), im »Principe« mit Recht ein aus den Verhältnissen der Zeit und den damaligen Zuständen Italiens zu erklärendes politisches Werk erkannt, bestimmt, den italienischen Fürsten Anleitung zur Gewinnung und Erhaltung politischer Macht zu geben, damit auf der Grundlage dieser Macht die Wiedergeburt des von Fremdherrschaft und Bürgerkriegen befreiten Italiens erfolgen könne. »M. suchte die Heilung [20] Italiens, doch der Zustand desselben schien ihm so verzweifelt, daß er kühn genug war, ihm Gift zu verschreiben« (Ranke). Gesamtausgaben von seinen Werken erschienen seit 1531 öfter, so zu Florenz 1813, 8 Bde.; 1826, 10 Bde., und in 1 Band 1833; hrsg. von Parenti, das. 1843; von Polidori, das. 1857; von Passerini u. Milanesi, das. 1873–79, 6 Bde. (nicht vollendet). Eine deutsche Übersetzung lieferte Ziegler (Karlsr. 1832–41, 8 Bde.). Eine Sammlung von Machiavellis Briefen veranstaltete Leo (Berl 1826). Ein Band Gesandtschaftsberichte erschien in Florenz 1858. Vgl. Villari, Niccolò M. ei suoi tempi (Mail. 1877, 3 Bde.; 2. vermehrte Aufl., das. 1894–96; deutsch, Bd. 1 von B. Mangold, Rudolst. 1877, neue Ausg. 1882; Bd. 2 u. 3 von Hensler, das. 1882–83); Amico, La vita di Niccolò M. (Flor. 1877); Tommasini, La vita e gli scritti di N. M. (Rom 1883, nur Bd. 1); Triantafillis, Nic. M. e gli scrittori greci (Vened. 1875) und Nuovi studii su N. M. (das. 1878); Ellinger, Die antiken Quellen der Staatslehre Machiavellis (Tübing. 1888); Thudichum, Promachiavell (Stuttg. 1897); Fester, Machiavelli (das. 1900); Kemmerich, Die Charakteristik bei M. (Leipz. 1902); L. Dyer, M. and the modern State (Boston 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 20-21.
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