[689] Feldspat (Feldstein), eine Gruppe von Mineralien, kieselsaure Tonerde-, Kalk-, Natron-, Kaliverbindungen von verschiedener Zusammensetzung.
Die Feldspate stellen isomorphemeist heteromorphe Mischungen der vorgenannten Verbindungen dar und kristallisieren in einander sehr ähnlichen Formen des monoklinen und triklinen Systems, einige in zwei verschiedenen Formen. Die triklinen Feldspate werden allgemein als Plagioklase bezeichnet und neigen in hervorragendem Maße zur Zwillingsbildung. Ihre Härte wechselt zwischen 6 und 6,5. Man unterscheidet sie nach den Kristallformen und chemischen Verhältnissen.
1. Orthoklas, Kalifeldspat = Si3O8AlK (64,68% SiO2, 18,43% Al2O3, 16,89% K2O). Kristallisiert monoklin in prismatischen, meist tafelartigen Formen, auch dicht und derb (Feldstein). Spaltbar nach zwei Richtungen vollkommen. Spröde. Bruch muschelig und splitterig Farblos, wenn in beginnender Umwandlung meist gefärbt, rötlich, gelb, grau, dann auch meist trüb und matt; sonst glasglänzend und durchsichtig. Härte 6. Spez. Gew. 2,52,6. Schwer schmelzbar; von Säuren wird er kaum angegriffen. Unter dem Einfluß der Atmosphärilien (Wasser und Kohlensäure) wird ein Teil der Kieselsaure und das Kali fortgeführt, und zurück bleibt die reine kieselsaure Tonerde, das Kaolin. Wohl die meisten Feldspate in den Gesteinen sind in der Umwandlung begriffen, und daher ist die Bildung von Ton aus dem weitverbreiteten Feldspat eine außerordentlich häufige. In einigen Fällen wird auch ohne wesentlichen Kaliverlust Muskovit aus Orthoklas gebildet. Abarten des Orthoklas sind: a. Adular, farblos und stark glänzend, durchsichtig. In gewisser Richtung gesehen, zeigen manche Adulare lebhaften weißlichen oder lichtblauen Farbenschimmer, der sich beim Drehen des Steins bewegt. Die Abart wird Mondstein genannt. Der Mondstein wird zu Ring- und Nadelsteinen und kleineren Schmucksachen meist en cabochon so geschliffen, daß die Vertikalachse, in welcher der Farbenschimmer zu sehen ist, die Vertikalachse des mugeligen Schliffes bildet. Das Schleifen geschieht auf der Bleischeibe mit Schmirgel, die Politur wird mit Tripel gegeben. Die Mondsteine werden meist in einem Kasten gefaßt. b. Sanidin, glasiger Feldspat, wird der glasige, farblose, glasglänzende, oft rissige Orthoklas genannt, der in jüngeren Eruptivgesteinen (Trachyten) vorkommt und in der Regel etwas natronhaltig ist. c. Sehr reich an Natron ist der sogenannte Natronorthoklas;[689] mit prächtigem blauen Farbenschiller in Augitsyeniten von Fredriksvaern im südlichen Norwegen vorkommend.
2. Mikroklin, Kalifeldspat, aber stets natronhaltig. Aehnelt in der Kristallform dem Orthoklas, zeigt aber die den Plagioklasen eigne Zwillingsstreifung. Kommt in älteren Eruptivgesteinen (Graniten) und Gneisen vor. Ein grüner Mikroklin ist der Amazonenstein (Amazonit). Er ist durchscheinend und besitzt eine grünspanähnliche oder auch apfelgrüne Farbe, die teilweise von Kupferoxyd herrührt; in manchen Fällen zeigt er bläulichen und rötlichen Schiller oder einen perlmutterartigen Glanz. Durch nach zwei verschiedenen Richtungen angeordnete seine Lamellierung und Einschaltungen von Blättchen von Orthoklas und Albit erhält der Amazonenstein eine seine, gitterartige Streifung. Beim Glühen verschwindet die grüne Färbung, so weit sie organischer Natur ist. Alle farbigen Abänderungen des Amazonensteins werden zu Ring- und Nadelsteinen verwendet, auch wohl zu Petschaften, Dosen und Zierat. Man schleift sie auf einer Bleischeibe mit Schmirgel und poliert mit Tripel auf Holz. Die Schlifform ist meist en cabochon, oft auch ein Treppenschnitt (vgl. Edelsteinschleiferei). Schöne Steine kommen aus Miask am Ilmengebirge und werden in Katharinenburg verarbeitet, desgleichen von Pikes Peak (Colorado). Die apfelgrünen Steine werden besonders geschätzt. Der Preis ist ziemlich hoch und beträgt für größere Steine mehrere hundert Mark.
3. Albit, Natronfeldspat = Si3O8AlNa (68,2% SiO2, 19,56% Al2O3, 11,82% Na2O), kristallisiert triklin; farblos, weiß und gefärbt, glasglänzend und auf gewissen Flächen perlmutterglänzend, durchsichtig. Härte 66,5, Spez. Gew. 2,592,64. Schwer schmelzbar und von Säuren nicht angreifbar. Nicht sehr verbreitet.
4. Anorthit, Kalkfeldspat = Si6O16Al2Ca (43,08% SiO2, 30,82% Al2O3, 20,10% CaO), kristallisiert triklin. Spröde. Glas- bis fettglänzend; durchsichtig bis durchscheinend, farblos oder trüb und gefärbt. Härte 66,5, Spez. Gew. 2,72,8. Schwer schmelzbar. Durch Salzsäure zersetzbar, überhaupt leicht zur Verwitterung geneigt. Nicht sehr verbreitet.
5. Oligoklas, Kalknatronfeldspat mit wechselnder Menge von Ca und Na (6266% SiO2). Kristallisiert triklin. Fettglänzend, meist trüb und selten durchsichtig. Härte 6, Spez. Gew. 2,602,66. Leichter schmelzbar als Orthoklas und Albit. Von Säuren schwer angreifbar, wenn kalkarm. Vornehmlich Gesteinsgemengteil und als solcher weit verbreitet. Als Sonnenstein und Aventurinfeldspat (Wasseropal, Wolfsauge) wird ein halbdurchsichtiger Oligoklas bezeichnet, der, in regelmäßiger Weise verteilt, kleine, durchsichtige, rotbraune Schüppchen von Eisenglanz enthält. Auf den Spaltflächen bemerkt man daher einen goldroten Schimmer. Er wird wie Mondstein verwendet, geschliffen und poliert und flammt zumeist von Tvedestrand in Norwegen. Vielfach nachgeahmt durch einen mit Kupferspänen versetzten Glasfluß (Aventuringlas), hergestellt in Murano bei Venedig.
6. Andesin, ebenfalls Kalknatronfeldspat, aber kalkärmer als Oligoklas und diesem sehr ähnlich. Meist Gemengteil jüngerer und älterer Eruptivgesteine.
7. Labrador, Labradorit, Kalknatronfeldspat mit mehr Kalk als Oligoklas und dem Anorthit nahestehend. Der Kieselsäuregehalt schwankt zwischen 50 und 55%. Glasglänzend, farblos oder trübe und gefärbt, meist nur durchscheinend. Spez. Gew. 2,682,74. Schmilzt leichter als Oligoklas, wird von konzentrierter Salzsäure in der Wärme zersetzt. Der Labrador bildet einen Hauptgemengteil aller plagioklasführenden Eruptivgesteine. Manche Labradore zeigen auf einer bestimmten Fläche eine eigentümliche Farbenwandlung (Labradorisieren) in Blau, Gelb, Rot, Grün und Violett. Die Erscheinung der blauen Töne wird auf einen dem Mineral selbst eigentümlichen Lichtschein zurückgeführt, während die gelben und roten Töne durch Reflexe von eingeschlossenen schwarzen Mikrolithen und gelbroten Lamellen von Diallag erzeugt werden sollen. Solche farbenschillernde Labradore sind seit lange von der Küste Labrador (Nain) und der Insel St. Paul, dann von Kanada und in neuester Zeit in größerem Maße aus der Umgebung von Kiew (Rußland) in den Handel gekommen (vgl. Gabbro). Sie werden zu Schmucksachen und Kunstgegenständen, so zu Ring- und Nadelsteinen (meist in flachen, tafelartigen Formen), Dosen, Vasen u.s.w. verarbeitet. Das Schleifen und Polieren geschieht wie bei den übrigen Feldspaten. Der Farbenschimmer zeigt sich nur auf gewissen Spaltflächen (Brachydoma), worauf der Schleifer Rücksicht zu nehmen hat. Das Material von Kiew ist eigentlich ein Gestein, in dem nur große Labradorkristalle einen Hauptgemengteil bilden. Es wird zu Kunstsachen, Säulen, Postamenten, auch zu Wandverkleidungen verwendet. Dem Labradorit nahe steht der Saussurit, ein zähes, dichtes, weißes oder grünliches Mineral von ähnlicher Zusammensetzung, häufig in Gabbro vorkommend, und eine Umwandlungsform des Feldspates darstellend, deren Endprodukt in vielen Fällen aus Zoisit besteht.
Neben den Anwendungen der Feldspate zu Schmucksachen und Kunstgegenständen werden besonders die kalihaltigen noch in der Porzellan- und Steingutherstellung und zu Glasuren und Email verwendet. Auf der Verwitterung der Feldspate beruht die Bildung des Kaolins oder Tons. Durch mit Kohlensäure geschwängertes und nach E. Weinschenk im Gefolge von Einwirkungen- der die Eruptionen begleitenden Gase und heißen Wasser wird ein Teil der Kieselsäure, dann die Alkalien und der Kalk gelöst und fortgeführt, und das Endprodukt der Verwitterung bildet der Kaolin, der vom Wasser in schwebendem Zustand aufgenommen und im Ruhezustand als Tonlager wieder abgesetzt wird. Alle Tonlager verdanken der Umwandlung von Feldspat, der einen Hauptgemengteil vornehmlich der älteren Eruptivgesteine und auch der kristallinen Schiefer bildet, ihre Entstehung, und somit hat der Feldspat für die Technik die größte Bedeutung. Auch für die Bodenkultur sind in erster Linie die kalihaltigen und in zweiter die kalkreichen Feldspate von Wichtigkeit.
Literatur: Naumann-Zirkel, Elemente der Mineralogie, 12. Aufl., Leipzig 1885; Tschermak, Lehrbuch der Mineralogie, 4. Aufl., Wien 1894.
Leppla.
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