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Brownsche Molekularbewegung

[105] Brownsche Molekularbewegung, die 1827 von dem englischen Botaniker R. Brown [1] entdeckte Erscheinung, daß sehr kleine, in der Flüssigkeit suspendierte Teilchen unter dem Mikroskop sichtbare vibrierende Bewegungen ausführen. Nach Zsigmondy ist die Brownsche Bewegung eine Eigentümlichkeit sämtlicher kolloidaler Lösungen (s. Kolloide).

Je kleiner ein solches in der Flüssigkeit suspendiertes Teilchen ist, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß die durch die Wärmebewegung bedingten Stöße der einzelnen Flüssigkeitsmoleküle auf das Teilchen sich nicht aufheben, sondern diesem eine mit seiner Kleinheit an Heftigkeit wachsende Bewegung erteilen. Die Theorie der Brownschen Bewegung ist auf Grund kinetischer Betrachtungen von Einstein gegeben worden. Svedberg [3] und Seddig [4] haben diese Theorie experimentell geprüft und sie im Einklang mit der Erfahrung gefunden. Solange man sich auf ein Teilchen beschränkt, stellt die Brownsche Bewegung die Umwandlung aus der ungeordneten Bewegung (Wärme) in eine geordnete dar. Das widerspricht dem zweiten Wärmesatz, und in der Tat hat man hier – bei einem Raum also, der mit optischen Apparaten noch zu erkennen ist – die Grenze für die Gültigkeit dieses thermodynamischen Hauptsatzes. Sobald man aber eine größere Zahl von Partikelchen betrachtet, ist von einer Ordnung nicht mehr zu sprechen: die Gesamtbewegung aller Teilchen ist ebenfalls so ungeordnet wie die der Flüssigkeitsmoleküle selbst. In neuerer Zeit ist die Brownsche Bewegung benutzt worden zur Bestimmung der sogenannten Loschmidtschen Zahl, welche die Anzahl der in einem Mol vorhandenen Moleküle angibt, namentlich von Perrin [5], Svedberg [6] und Fletcher [7]. Das Mittel der von ihnen gefundenen Werte beträgt N = 6,25 • 1023.


Literatur: [1] Edinb. Phil. Journ. 1828, 5, 358; Phil. Magazine 1828, 4, 101; ebend. 1829, 6, 161. – [2] Annalen d. Physik 1905, 4, 549; ebend. 1906, 19, 289; in elementarer Darstellung: Zeitschr. f. Elektrochemie 1908, 14, 235. – [3] Ebend. 1906, 12, 853. – [4] Physikal. Zeitschr. 1908, 9, 465. – [5] Bericht über den »Conseil Solvay, Brüssel 1911«. – [6] Arch. kem. of Sv. Vetens k. Acad. 1906, 2, 29; ebend. 1911, 4, 1. – [7] Physical Review 1911, 33, 101; ferner Nernst, Theoretische Chemie, 7. Aufl., Stuttgart 1913.

Wietzel.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 105.
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