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Julianus Apostata

[513] Julianus Apostata Apostata, d.h. der Abtrünnige. röm. Kaiser 361–3633 n. Chr., geb. 331 zu Konstantinopel, Sohn des Julius Konstantius, eines Stiefbruders Konstantins d. Gr. Von Natur eitel und phantastisch, flößten ihm traurige Erlebnisse (er war 6 Jahre alt, als seine nächsten Anverwandten von dem christlichen Kaiser Konstantius, dem Sohne Konstantins d. Gr., ermordet wurden und er selbst mit seinem Bruder Gallus dem Tode kaum entrann), eine durch und durch verkehrte Erziehung, welche ihn für die Hofreligion durch Absperrung von classischen Studien und heidnischen Lehrern herandressieren sollte, endlich der Eckel vor der Niederträchtigkeit vieler Hofbischöfe, tiefen Haß gegen das Christenthum und eine Begeisterung für den alten Götterglauben ein, die einer bessern Sache werth gewesen wäre. J. war längst die Hoffnung der noch mächtigen heidnischen Partei und ihrer Philosophen, in denen er die wahren Patrioten erblickte, als er 355 n. Chr. zum Cäsar von Gallien, Spanien und Britannien gemacht wurde. Durch das Schaugepränge seiner Tugenden bezauberte er das Volk, durch Siege über die gefürchteten Alemannen und Franken das Heer. Letzteres rief ihn zum Augustus aus, Konstantius Tod machte ihn ohne Verwandtenkrieg 361 zum Alleinherrscher. Noch am 6. Januar 361 hatte er in der Kirche zu Vienne mit seiner christlichen Frömmigkeit geprunkt, jetzt umgab er sich mit seinen Neuplatonikern und widmete, eifriger und durch wirksamere Mittel als je einer der heidnischen Cäsaren, seine Thätigkeit einer vermeintlich zeitgemäßen Neugestaltung des Heidenthums. Einerseits ahmte er die Christen in Vielem nach, indem er von seinen Opferpriestern Bildung und Sittlichkeit forderte, eine eigenthümliche Bußzucht, Predigt und Kirchengesang, sogar Formaten einführte und Klöster errichtete, dazu vor allem Wohlthätigkeitsanstalten schuf und förderte; anderseits zeigte er sich als der gefährlichste Feind der Christen, nicht etwa durch blutige Verfolgung, sondern indem er sie im offenen Widerspruch mit seinen Proclamationen finanziell benachtheiligte, aus allen höheren Stellen zu verdrängen und ihren Glauben als den des ungebildeten Pöbels (Christen sollten gar keiner classischen Bildung mehr theilhaftig werden, ihre Theologen durch vermeintliche Silbenstechereien sich selbst zu Tode hetzen u.s.f.) verächtlich zu machen strebte. Er appellierte gegen das Christenthum an alle menschlichen Leidenschaften und es gelang ihm Vieles in kurzer Zeit, aber der Wiederaufbau von Jerusalem mißlang, ein mit großem Pomp und mit viel unnützer Grausamkeit [513] begonnener Feldzug gegen die Neuperser endete damit, daß er selbst auf dem Rückzuge am 26. Juni 363 n. Chr. durch einen persischen Pfeil den Tod fand. Im Morgenlande war das Uebergewicht der Perser, in der röm. Welt das Uebergewicht des Christenthums über alle andern Religionsformen fortan entschieden. Auch als Schriftsteller ist J. aufgetreten: Caesares, Misopogon, 65 Briefe, 8 Reden, die Winterabende in Antiochien (letztere besonders gegen das Christenthum gerichtet). Gesammtausgabe durch Petavius (Paris 1583), Spanheim (Leipz. 1696, 2 Fol.). Vgl. Dr. D. Strauß: Der Romantiker auf dem Throne oder Julian der Abtrünnige, Halle 1847. – J. Marcus Didius Salvius, ein reicher Senator, wurde 193 n. Chr. durch die Prätorianer röm. Kaiser, weil er das größte Geldgeschenk hergab, und 194 ermordet, weil andere Heere auch Kaiser ausriefen und der Punier Septimius Severus die Oberhand errang.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 513-514.
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