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Bremen [2]

[660] Bremen, freie Stadt mit einem Gebiete von 4,6 QM. zu beiden Seiten der Weser, von Hannover und Oldenburg umschlossen, eingetheilt in Ober und Nieder-Vieland. Hollerland, Borgfeld u. Werderland, Vegesack u. Bremerhafen, 75737 E., von denen 55600 in der Stadt, die übrigen in 2 Flecken, 12 Kirchdörfern und 45 Dörfern leben. B. bildet mit den 3 anderen freien Städten die 17. Stimme am Bundestage, hat mit Lübeck ein Oberappellationsgericht gemeinschaftlich und seine 485 Mann Contingent bilden mit dem gleich starken Lübecker ein Bataillon und eine Schwadron. Die Verfassung ist demokratisch; oberste vollziehende u. verwaltende Behörde ist der Senat (16 Mitglieder) unter dem jährlich wechselnden Vorsitze zweier Bürgermeister; die gesetzgebende Gewalt liegt bei der Bürgerschaft. Nach dem Budget von 1852 betrugen die Staatseinkünfte 989706 Thlr. und die Ausgaben 978277 Thlr., die Staatsschuld beläuft sich auf 2600000 Thlr. Die Stadt B. liegt an beiden Seiten der Weser, 14 M. von ihrer Mündung, die alten Wälle sind in Spaziergänge verwandelt. Ausgezeichnete Gebäude: [660] der Dom, 1050 von Erzbischof Adalbert erbaut, mit dem Bleikeller, wo die Leichen nicht verwesen, die Liebfrauenkirche, die Ansgariuskirche, das gothische Rathhaus mit dem berühmten Weinkeller (der älteste Rheinwein ist von 1624), der Schütting etc. B. hat reiche Stiftungen und wohlthätige Anstalten, Vereine u. Institute für Wissenschaft, Kunst, Handel und Gewerbe. Die Industrie besteht großentheils in dem Schiffsbau mit seinen mannigfaltigen Hilfsgewerben. in der Fabrikation von Essig, Bleiweiß, Stärke, Seife etc., Tabak und Cigarren; letztere hat aber durch den Anschluß Hannovers an den deutschen Zollverein sehr Schaden gelitten. Der Seehandel B.s ist großartig; eigentliche Seeschiffe können jedoch nicht bis zur Stadt herauf, sondern müssen in Vegesack u. Bremerhafen anlegen. Die Zahl der angekommenen Seeschiffe betrug 1852 = 2665 mit 204817 Tonnen, die der abgegangenen 3125 mit 214378 Tonnen; die Handelsmarine von B. betrug 252 Schiffe mit 105026 Tonnen; der Werth der Einfuhr 40401804 Thlr. L.dʼor, der Ausfuhr 37398139 Thlr. L.dʼor. In neuester Zeit hat B. einen bedeutenden Antheil an der Spedition deutscher Auswanderer nach Amerika gewonnen. – B. verdankt sein Dasein als Stadt dem 788 von Karl d. Gr. gegründeten Bisthume, seit 845 Erzbisthum, von dem die Bekehrung des europ. Nordens größtentheils ausging. Wie die Bürgerschaft wohlhabender und mächtiger wurde, entzog sie sich allmälig der geistl. Oberherrschaft, trat 1284 in die Hansa, wurde 1522 protestantisch, aber erst 1648 förmlich reichsfrei, nachdem der 30jährige Krieg Unheil genug gebracht hatte; das übrige Gebiet des Erzbisthums wurde 1648 an Schweden als Herzogthum abgetreten, das es unter Karl XII. an Hannover verlor. Die Stadt blühte durch Handel neu auf, litt aber unsäglich viel unter der franz. Herrschaft von 1808–13; der Friede gab B. seine städtische Freiheit zurück und brachte eine bis jetzt dauernde Periode des materiellen Aufschwunges.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 660-661.
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