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Muster

[328] Muster, jeder Natur- oder Kunstgegenstand, der zur Nachahmung aufgestellt wird. Im engern Sinne nennen wir jedoch nur solche Dinge, die absichtlich zum Copiren vorbereitet werden, Muster, und als diese sind den Frauen namentlich die Strick- und Stickmuster interessant. Von Erstern ist, seit man die Perlenstrickerei nur noch lau betreibt, wenig mehr die Rede, auch kann der Unterschied zwischen beiden sich nur auf die Zeichnungen zur Weißstickerei beziehen, indem die farbigen, auf carrirtem Papier ausgeführten Muster, für die Strickerin, wie die Stickende, gleich passend sind. Auf dieselbe Regel des Abzählens gegründet eignet nur[328] die bedeutendere Größe, dieß oder jenes Muster mehr zum Copiren in Canevas, und die dazu anwendbaren sind heut' zu Tage die gesuchtesten. Die Kunsthandlung von Müller am Kohlmarkte in Wien lieferte vor Jahren das Geschmackvollste in diesem Genre, jetzt haben die Berliner Stickmuster ihr den Rang abgelaufen. Muster heißen endlich auch noch die bloß aus Maschen gebildeten Verzierungen und Verschlingungen in Strickgarn, zweitens die ausgenäheten Figuren in Hohlsäumen, oder sogenannten Durchbruch, der mühseligen Arbeit unserer Großmütter, drittens, die Desseins in Spitzen und Blonden, viertens, die Zeichnungen auf Kallicos und andern Anziehstoffen, Shawls, Teppichen etc. Eine neuere, doch nur kurze Zeit gebräuchliche, Erfindung, waren die Muster zum Auszählen in Spitzengrund, welche auf Spitzengewebe vorstellendem Papier entworfen wurden. Unter allen Modellsammlungen für die Weißstickerei, die so selten etwas Gutes enthalten, zeichnen sich die alljährlich in Hamburg erscheinenden Hefte in Querfolio rühmlichst aus. Ganz unbrauchbar sind endlich die kleinen sogenannten Sticketuis, welche von Buchhandlungen gewöhnlich zu Weihnachtsgeschenken ausgeboten werden. Als ein kleiner Vortheil für Alle, die sich ihre Muster zur Weißstickerei selbst entwerfen, stehe hier noch die scheinbar geringfügige Bemerkung, die indeß bei ihrer Anwendung viel Mühe erspart, daß es am kürzesten ist, bei Bogenmustern kleine Geldmünzen zu Hilfe zu nehmen. Man legt z. B. einen Pfennig auf eine gerade, mit dem Linial gezogene Linie, und beschreibt mittelst des Bleistiftes seine halbe Rundung, schiebt ihn dann weiter, doch so, daß er wiederum dicht an den oben gebildeten Bogen trifft, und man erhält auf diese Weise ohne alles Zirkeln die gewünschte Bordure.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 328-329.
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