[297] Byzantinisches Reich, auch Oström., Morgenländ. oder Griech. Reich genannt, entstand 395 n. Chr., als Theodosius d. Gr. das Röm. Reich unter seine Söhne Arcadius und Honorius teilte und dem ältern, Arcadius, die Präfektur des Orients mit der Hauptstadt Konstantinopel gab. [Karte: Die Alte Welt I, bei Altertum.] Auf Arcadius folgte dessen minderjähriger Sohn Theodosius II. (408-450), seit 414 unter Leitung seiner Schwester und Mitregentin Pulcheria, die sich nach des Theodosius Tod mit Marcianus (450-457) vermählte. Leo I. (457-474) regierte kräftig. Auf seinen Tochtersohn Leo II., welcher bereits nach einigen Monaten starb, folgte dessen Vater Zeno (474-491). Unter Anastasios I. (491-518) zerrütteten das Reich religiöse Kämpfe, zu denen noch äußere Kriege kamen. Justinus I. behauptete sich namentlich durch Gunst der Geistlichen 518-527. Ihm folgte sein Neffe Justinian I. (527-565), berühmt durch seine Gesetzgebung (s. Corpus juris) wie durch die Siege seiner Feldherren Belisar und Narses, die den Vandalen und Ostgoten Afrika und Italien entrissen. Justinus II. (565-578) verlor 568 einen Teil Italiens an die Langobarden. Tiberius I. (578-582) besiegte die Perser durch seinen Feldherrn Mauritius, der ihm 582 auf dem Throne folgte. Er wurde 602 ermordet, gleich seinem Nachfolger, dem lasterhaften und untüchtigen Phokas (602-610), worauf Heraklius (610-641) den Thron bestieg, der die Länder am Euphrat, Syrien und Ägypten an die Araber verlor. Sein Sohn Konstantin III. starb bald; dessen Stiefbruder Herakleonas verlor die Krone im Aufruhr. Konstans (641-668), der Sohn Konstantins, ward das Opfer einer Verschwörung. Unter seinem Sohne Konstantin IV. Pogonatos (668-685) setzten sich seit 679 die Bulgaren an der untern Donau fest; die Araber griffen seit 679 selbst Konstantinopel mehrmals an und eroberten unter Konstantins Sohn Justinian II. (685-711) seit 692 die ganze Nordküste Afrikas.
Nachdem Philippikos 713 abgesetzt worden war, folgten Anastasios II., der 716 ins Kloster ging, und dann Theodosius III., der 717 die Krone niederlegte, als der Feldherr der Truppen Leo III., der Isaurier (717-741), anrückte. Leo behauptete Konstantinopel 718 gegen die Araber, gab aber Anlaß zum Ausbruch des Bilderstreites, der über ein Jahrhundert das Reich zerrüttete. 728 ging das Exarchat von Ravenna verloren. Auf Leos Sohn Konstantin V. (741-775) folgte Leo IV. (775-780), auf diesen Konstantin VI. Porphyrogennetos, welcher 797, von seiner herrschsüchtigen Mutter Irene geblendet, starb. Irene selbst ging in ein Kloster, nachdem von ihrer Gegenpartei 802 Nikephoros auf den Thron gehoben worden war, der 811 gegen die Bulgaren fiel. Sein Sohn Staurakios verlor die Krone an Michael I., der wiederum 813 seinem Feldherrn Leo V., einem kräftigen Regenten, weichen mußte. Als letzterer 820 das Opfer einer Verschwörung geworden, behauptete sich Michael II. bis 829. Unter ihm gingen Kreta und Sizilien an die Araber verloren. Auf Michael folgte der strenge und gerechte Theophilos (829-842), hierauf Michael III. (842-867).
Basitios I., der Mazedonier (867-886), welcher Michael töten ließ, gewann Cypern zurück. Auf seinen Sohn Leo VI., den Philosophen (886-912), folgten Konstantin VII. Porphyrogennetos (912-959), welcher 920-944 den Thron mit seinem Feldherrn Romanos I. Lekapenos und dessen Söhnen teilen mußte, dann der ausschweifende Romanos II. (959-963), unter dem Kreta 961 zurückerobert wurde, Nikephoros Phokas (963-969) und Johannes Tzimiskes (969-976), die siegreich gegen die Araber in Kleinasien, die Bulgaren und Russen kämpften. Basilios II. (976-1025), der Sohn des Romanos, machte 1018 das Bulgar. Reich zur Provinz; ihm folgte sein Bruder Konstantin VIII. (1025-28). Romanos III. (1028-34) bestieg als Gatte der Zoë, einer Tochter Konstantins, den Thron. Die ausschweifende, aber staatskluge Fürsten erhob nach Vergiftung ihres Gemahls 1034 Michael IV., 1041 Michael V. und 1042 Konstantin IX. auf den Thron. Letzterer starb 1055, worauf Theodora, die Schwester der Zoë, bis 1056, Michael VI. 1056-57 regierten. Isaak I. Komnenos (1057-59) war der erste Kaiser aus der [297] Komnenischen Dynastie. Ihm folgten Konstantin X. Dukas (1059-67), hierauf Romanos IV. Diogenes (1067-71), der durch Vermählung mit Eudokia, der Witwe Konstantins, die Krone erhielt und mit den Seldschuken zu kämpfen hatte, Michael VII. (1071-78), Nikephoros III. (1078-81), Alexios I. (1081-1118). Unter letzterm ging fast das ganze innere Kleinasien an die Seldschuken verloren, während der Normannenherzog Robert Guiscard von Unteritalien aus Einfälle in Epirus, Thessalien und Mazedonien unternahm. Alexios' Sohn und Nachfolger Johannes II. (1118-43) und dessen Sohn Manuel I. (1143-80) waren tüchtige Fürsten. Letzter komnenischer Kaiser war Andronikos, der 1183 Manuels Sohn Alexios II. ermordet hatte, selbst aber schon 1185 in einem Aufruhr umkam. Sein Nachfolger Isaak II. Angelos, unter welchem 1186 die Bulgaren sich wieder unabhängig machten und die Kreuzfahrer unter Richard Löwenherz 1191 Cypern eroberten, wurde 1195 von seinem Bruder Alexios III. gestürzt, aber 1203 nebst seinem Sohn Alexios IV. von den Kreuzfahrern wiedereingesetzt. Als die Konstantinopolitaner Alexios V. Murzuphlos zum Kaiser ausriefen und dieser Alexios IV. ermordete, rückten die Kreuzfahrer 1204 wieder vor Konstantinopel, eroberten die Stadt 13. April und gründeten, durch Erhebung des Grafen Balduin von Flandern zum Kaiser, das Lat. Kaisertum (1204-61). Daneben behaupteten sich einzelne griech. Dynasten. So gründete Theodoros Laskaris, von Nicäa aus, im westl. Kleinasien das Kaisertum Nicäa; im NO. Kleinasiens machte sich zu Trapezunt Alexios Komnenos zum unumschränkten Herrn, dessen Nachfolger Johannes Komnenos, gest. 1254, den Kaisertitel annahm.
In Konstantinopel folgten auf Balduin dessen Bruder Heinrich (1206-16), dann Peter, Graf von Auxerre und Courtenay (1216-21), Robert (1221-28), Balduin II. (1228-61), der 1231-37 unter der Vormundschaft des Titularkönigs von Jerusalem, Johann von Brienne, stand. Unter Balduin II. eroberte Johannes Dukas Vatatzes von Nicäa (1222-55) einen großen Teil des Lat. Kaisertums. Seinem Nachfolger Michael VIII. Paläologos gelang es dann mit Hilfe der Genuesen, 25. Juni 1261 auch Konstantinopel zu nehmen und der Herrschaft der Lateiner ein Ende zu machen; mit ihm begann die Dynastie der Paläologen. Auf Michael folgte sein Sohn Andronikos II. (1282-1328), der seit 1321 den Thron mit seinem Enkel Andronikos III., gest. 1341, teilen mußte, dann Johannes V. (1341-91), unter dem die Türken zuerst festen Fuß in Europa faßten und Sultan Murad I. 1360 Adrianopel einnahm. Sein Sohn Manuel II. (1391-1425) wurde von den Türken in Konstantinopel belagert, ebenso Manuels Sohn Johannes VIII. (1425-48), der 1444 von Sultan Murad II. auf Konstantinopel beschränkt und zur Tributzahlung gezwungen wurde. Der letzte byzant. Kaiser Konstantin XI. Päläologos fiel bei der Eroberung Konstantinopels durch Sultan Mohammed II. 29. Mai 1453, womit das B. R. ein Ende fand. – Vgl. Hertzberg (1883), Gelzer (in Krumbachers »Geschichte der byzant. Literatur«, 1897).
Adelung-1793: Reich, das · Reich · Mineral-Reich, das
Brockhaus-1809: Das Tausendjährige Reich · Das Babylonische Reich · Das alte Römische Reich
Brockhaus-1837: Reich · Römisches Reich · Birmanische Reich · Osmanische Reich
Brockhaus-1911: Oströmisches Reich · Reich Gottes · Osmanisches Reich · Neubabylonisches Reich · Orrhoenisches Reich · Römisches Reich · Türkisches Reich · Weströmisches Reich · Tausendjähriges Reich · Russisches Reich · Samorys Reich · Heiliges röm. Reich deutscher Nation · Himmlisches Reich · Fränkisches Reich · Angloindisches Reich · Deutsches Reich · Indobritisches Reich · Muata Jamvos Reich · Mutiamvos Reich · Msidis Reich · Lotharingisches Reich · Matiamvos Reich
DamenConvLex-1834: Osmanisches Reich
Herder-1854: Byzantinisches Reich · Reich [2] · Reich [1] · Weströmisches Reich · Tausendjähriges Reich · Ottomanisches Reich · Heiliges römisches Reich · Deutsches Reich · Oströmisches Reich · Osmanisches Reich
Kirchner-Michaelis-1907: Reich
Meyers-1905: Byzantinisches Reich · Anglo-indisches Reich · Arzneibuch für das Deutsche Reich
Buchempfehlung
In Paris ergötzt sich am 14. Juli 1789 ein adeliges Publikum an einer primitiven Schaupielinszenierung, die ihm suggeriert, »unter dem gefährlichsten Gesindel von Paris zu sitzen«. Als der reale Aufruhr der Revolution die Straßen von Paris erfasst, verschwimmen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit. Für Schnitzler ungewöhnlich montiert der Autor im »grünen Kakadu« die Ebenen von Illusion und Wiklichkeit vor einer historischen Kulisse.
38 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro