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Thales

[397] Thales, einer der sieben Weisen Griechenlands und zwar derjenige, den man mit Recht als den Vater aller wahren Philosophie anerkennt, wurde 640 v. Chr. oder 629 v. Chr. zu Milet in Ionien geboren, widmete sich anfangs dem Staatsleben, zog sich aber bald zurück, um sich allein wissenschaftlicher Betrachtung zu widmen. Er unternahm mehre Reisen nach Ägypten, ward hier mit ägypt. Priesterweisheit bekannt und starb in hohem Ansehen als Weiser 548 oder 543 bei den olympischen Spielen, indem er der Schwäche des Alters und der Anstrengung des Aufenthalts bei dem Feste erlag. Er soll bedeutende astronomische und physikalische Kenntnisse besessen haben, wie denn erzählt wird, daß er den Ioniern eine Sonnenfinsterniß vorausgesagt und daß er das Jahr zuerst auf 365 Tage bestimmt haben soll. Als Philosoph lehrte er, daß allem Erscheinenden Eins zu Grunde liege, als dessen Umwandlungen Alles erscheine. Dieser Satz ist als Grundgedanke aller Philosophie stehen geblieben, indem alle Philosophie nichts Anderes thut, als daß sie die Mannichfälligkeit der Erscheinungen auf die Einfachheit des Gedankens reducirt. Wenn Thales als dieses Eine Zugrundeliegende das Wasser bezeichnete, und die Umwandlung des Einen in die Vielheit der Dinge als Verdichtung und Verdünnung bezeichnete, so waren dies Ansichten, welche der Anfänglichkeit seines Standpunktes angehörten und im Verlauf der griech. Philosophie ihre Widerlegung fanden. Zunächst war T. der Stifter der sogenannten ionischen Philosophie, deren Bebauer auch als Physiker bezeichnet werden. Wie von den andern Weisen Griechenlands wurden auch von Thales gewisse Sinnsprüche oder Gnomen überliefert, unter denen der »Erkenne dich selbst« der bezeichnendste ist, indem er als Symbol aller Philosophie betrachtet wer. den kann, wie weit die Philosophie selbst auch noch von dem Bewußtsein entfernt war, daß Selbsterkenntniß der Zweck der Philosophie sei.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 397-398.
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