[go: up one dir, main page]

Schwimmen

[139] Schwimmen (das) nennt man im Allgemeinen den Zustand des Gleichgewichts, in welchem sich ein tropfbarflüssiger oder fester Körper in einer Flüssigkeit unter gewissen Bedingungen befindet, sodaß er in dieser nicht untersinkt, sondern über die Oberfläche der Flüssigkeit oder bis zu derselben sich erhebt. Das Schwimmen beruht ganz auf denselben Principien wie das Fliegen (s.d.), sodaß dieses vorzugsweise als ein mit Bewegung verbundenes Schwimmen in luftförmigen (oder expansiblen) Flüssigkeiten bezeichnet werden kann. Ein fester Körper, welcher in eine Flüssigkeit von zureichender Menge gebracht wird, schwimmt im Allgemeinen dann, wenn er leichter ist als eine Quantität der Flüssigkeit, welche an Volumen seinem eignen Volumen gleichkommt, oder, was Dasselbe, wenn er ein geringeres specifisches Gewicht hat, als die Flüssigkeit, in welche er gebracht ist. Je geringer der Unterschied des specifischen Gewichts der Flüssigkeit von dem des (leichtern) festen Körpers ist, desto tiefer sinkt dieser unter, nämlich genau so weit, daß der von ihm unter der Oberfläche der Flüssigkeit befindliche Theil eine so große Menge Flüssigkeit verdrängt, als nöthig ist, um seinem ganzen Gewichte das Gleichgewicht zu halten. Aus diesem Grunde kann man z.B. bei Flößen das Gewicht derselben aus der Tiefe berechnen, bis zu welcher sie unter Wasser gehen. Da mit Ausnahme der Platin, des Goldes, des Iridiums und des Wolframs und deren Verbindungen die sämmtlichen bekannten Stoffe specifisch leichter als Quecksilber sind, so schwimmen fast alle Körper auf Quecksilber. Auf geschmolzenem Metalle schwimmen viele Körper, und daher erheben sich beim Läuterungsprocesse erdige und andere den Metallen in ihrem natürlichen Zustande beigemischte Substanzen als Schlacken. Auf der Lava, einer sehr dichten, zum Theil metallischen Flüssigkeit, können Steine von großem Umfange schwimmen, so lange als jene nicht erkaltet und erstarrt ist. Das Meerwasser hat wegen der ihm beigemischten Salze eine größere Tragkraft (d.h. specifische Schwere) als süßes Wasser, und es ist daher vorgekommen, daß beladene Seeschiffe untersanken, sobald sie in die Mündung eines Flusses eintraten. Der menschliche Körper ist im gewöhnlichen Zustande, wo er zum Theil mit Luft angefüllt ist, nicht specifisch schwerer als das Wasser, oder der Unterschied ist doch sehr unbedeutend, er kann daher schwimmen und dieses besonders auf dem Meerwasser. Ist jedoch die Luft aus dem Innern des Körpers entwichen und Wasser eingedrungen, so sinkt der menschliche Körper unter, daher die Ertrunkenen zu Boden sinken. Erst wenn die Leichen in Fäulniß übergehen, wobei sich im Innern derselben Luftarten entwickeln, steigen sie wieder an die Oberfläche des Wassers empor. Wenn ein Mensch in ein tiefes Wasser hineinspringt, so wird er ganz von selbst wieder an die Oberfläche des Wassers emporgehoben, ja er kann sich nur durch besondere Kunst auf dem Grunde desselben erhalten. Dennoch ertrinken die meisten Menschen, wenn sie, ohne die Kunst des Schwimmens zu verstehen, in tiefes Wasser gerathen. Dieses kommt daher, daß der Kopf, an welchem die äußern Athmungswerkzeuge liegen, wegen der vielen Knochen an ihm der verhältnißmäßig schwerste Theil des Körpers ist und daher am geneigtesten ist, unterzusinken, besonders dann, wenn die in der Gefahr des Ertrinkens Gerathenen die Hände emporstrecken und dadurch das Emportauchen der Athmungswerkzeuge unmöglich machen. Schreien sie überdies noch und athmen dadurch die Luft aus, so vermehren sie schnell ihr specifisches Gewicht und versinken. Wer, ohne die Kunst des Schwimmens zu verstehen, in tiefes Wasser geräth, arbeite mit Händen und Füßen nach unten, so wird bald das Gesicht über das Wasser sich erheben und nun hüte er sich zu schreien oder stark auszuathmen, sondern rufe nur mit mäßiger Stimme nach Hülfe. Die Kunst des Schwimmens besteht theils darin, den Körper stets in einer Lage zu erhalten, bei welcher die Athmungswerkzeuge über Wasser bleiben, theils in der geeigneten Bewegung mit Armen und Beinen, um sich willkürlich nach jeder beliebigen Richtung im Wasser fortzubewegen. Wohlbeleibte Menschen sind specifisch leichter als magere, können daher auch leichter schwimmen. Es hat auch Menschen gegeben, welche bedeutend leichter als Wasser waren, und die daher von Natur außerordentlich gut schwimmen konnten. Wenn man [139] einen an sich das Wasser an specifischem Gewicht übertreffenden Körper dennoch zum Schwimmen auf demselben bringen will, so darf man ihn nur in feste Verbindung mit einem andern Körper bringen, welcher so viel leichter als Wasser ist, daß er jenen noch mit zu tragen oder doch um soviel als nöthig ist, damit er selbst schwimmt, zu erleichtern vermag. Daher hat man, um das Schwimmen zu erleichtern, den menschlichen Körper z.B. mit Thierblasen, welche mit Luft erfüllt sind (Schwimmblasen), in Verbindung gesetzt. Gleichen Zweck haben die Schwimmgürtel oder Luftgürtel, welche mit Luft angefüllte Gürtel sind, die Schwimmwesten, welche mit Kork ausgefüttert sind, Schwimmsättel u.s.w. Die sogenannten Kameele (s.d.) leisten Schiffen ähnliche Unterstützung wie den Menschen die Schwimmblasen. Die Fische haben einen derartigen Apparat von Natur in ihrem Innern, die Schwimmblase, welche mit Luft angefüllt ist und willkürlich von dem Thiere zusammengezogen und ausgedehnt werden kann, sodaß es nach Belieben sinken und steigen kann. Eine ähnliche Vorrichtung hat man an den sogenannten Rettungsbooten angebracht, welche eine besondere Schwimmfähigkeit haben müssen, um unter den ungünstigsten Verhältnissen sich über Wasser zu halten und zur Rettung bei Schiffbrüchen benutzt zu werden. Es sind bei denselben nämlich in den Seiten mit Luft gefüllte Zellen angebracht. Es können aber auch Körper von viel bedeutenderm specifischen Gewichte auf einer leichtern Flüssigkeit dann schwimmen, wenn sie eine solche Gestalt haben, daß sie eine gegen ihre Masse sehr bedeutende Menge Wasser beim Eintreten aus der Stelle drängen; so z.B. schwimmt eine Obertasse von Porzellan wegen ihrer gewölbten Form, und eben deshalb schwimmen Schiffe, obschon sie aus hartem Holze bestehen, welches specifisch schwerer als Wasser ist, und die überdies mit schweren Gegenständen beladen sind. Man hat schon früher auch kupferne Kähne hergestellt und in neuerer Zeit Dampfschiffe aus Eisenblech.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 139-140.
Lizenz:
Faksimiles:
139 | 140
Kategorien: