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Stärke

[277] Stärke, Stärkemehl, Kraftmehl (lat. Amylum) ist ein Bestandtheil vieler Gewächse, namentlich der Getreidearten, Hülsenfrüchte, Knollen und Wurzeln. Bereitet wird sie vorzüglich aus Weizen und Kartoffeln. Die einfachste Art der Bereitung aus Weizen ist folgende. Nachdem [277] die Weizenkörner durchgesiebt worden, läßt man sie in Fässern im Wasser quellen, bis sie so weich sind, daß sie zwischen den Fingern zerdrückt werden können. Hierauf werden sie unter Wasser in Säcken ausgetreten, oder mittelst verticaler Mühlsteine zerrieben, oder endlich mit Quetschwalzen zerquetscht, auch darauf mit Wasser abgeschlemmt. Man erhält hierbei ein milchiges Wasser, welches in Setzfässer abgelassen und so oft erneuert wird, als sich noch Stärke absondert. In den Setzfässern lagert sich die Stärke allmälig ab, die schwerste zu unterst, die feinste zu oberst. Mehrmals wird das darüber stehende Wasser abgelassen, die Stärke mit reinem Wasser aufgerührt und von Neuem niedergeschlagen. Zuletzt lagert sich obenauf eine schmuzige Schicht, welche nur wenig Stärke enthält und als Viehfutter verbraucht wird. Nachdem man die Stärke mehrmals mit Wasser aufgerührt, durch ein Haarsieb geschlagen und abermals niedergeschlagen, wird dieselbe langsam an der Sonne oder in Trockenstuben getrocknet. Man erhält durchschnittlich 30–35 Procent Stärke. Aus Kartoffeln gewinnt man die Stärke in folgender Art. Nachdem die Kartoffeln vollkommen rein gewaschen worden, werden sie zerrieben und dann der Brei in einem in Wasser stehenden seinen Siebe so lange geknetet, bis nur noch Faserstoff übrig bleibt, wobei man fortwährend einen Strahl reinen Wassers auffallen läßt. Hierauf wird das stärkehaltige Wasser in ein Faß geleitet, welches durch eine Röhre mit einem zweiten und dieses mit einem dritten verbunden ist. Die Stärke setzt sich nach und nach ab, sodaß das letzte Faß die feinste enthält. Zuletzt wird auch die Kartoffelstärke geschlämmt und getrocknet wie die Weizenstärke. Vom November bis März geben die Kartoffeln die meiste Stärke, nämlich 18 Proc. Die Kartoffelstärke zeichnet sich durch Körnigkeit und einen glänzenden, fast krystallinischen Bruch aus. Durch starkes Trocknen erhält man aus der Stärke das sogenannte Biscuit- oder Kraftmehl, welches man zu seinen Backwerken anwendet. Man bedient sich übrigens der Stärke zu Kleister, zum Steifmachen der Leinwand, zur Verdickung der Beizen beim Kattundruck, zu Puder, Oblaten, als Substanz für verschiedene Farben, wie Berlinerblau, Neublau u.s.w. Wird die Stärke erhitzt, so färbt sie sich gelb, bläht sich auf und verwandelt sich unter Geruch wie frischgebackenes Brot in eine gummiartige Substanz, Stärkegummi oder geröstete Stär ke. Kurze Zeit mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, bildet sie unter Aufnahme von Wasser eine gummiartige Substanz, Dextrin genannt, welche bei längerer Einwirkung der Säure und steigender Temperatur in Stärkezucker sich verwandelt. Besonders in Halle und Nördlingen gibt es viele Stärkefabriken.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 277-278.
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