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Heldengedicht

[370] Heldengedicht (das) ist eine Art der epischen Poesie (s. Episch), welche ausführlich die Persönlichkeit und die Thaten eines Helden darstellt, also eines Menschen, der durch Macht, Gewaltigkeit, überhaupt durch Größe im Handeln oder auch im Dulden sich auszeichnet. Mit Epos und Epopee ist das Wort Heldengedicht häufig als gleichbedeutend genommen worden, doch ist dem Worte gemäß dem Heldengedichte eigenthümlich, daß es namentlich zur Verherrlichung eines Helden gedichtet ist. Von der Romanze und Ballade (andere epische Dichtungsarten) unterscheidet es sich durch den Umstand, daß in ihm nicht die einzelne That, die einzelne Begebenheit, sondern die durch eine Reihe von Begebenheiten sich hindurch zu einem bestimmten Ziele tragende Persönlichkeit, das Schicksal des Helden geschildert wird. Aus den angegebenen Eigenthümlichkeiten ergeben sich die äußern unterscheidenden, aber mehr zufälligen als nothwendigen Eigenthümlichkeiten des Heldengedichts. Es wird lang sein, weil es Reihen von Begebenheiten darstellt, es wird seinen Helden erheben, ja ihm übernatürliche Eigenschaften beilegen, die födernden und hemmenden Schicksalsmächte in götterhaften Persönlichkeiten auftreten lassen, die erhabenen Thaten in erhabenen Worten schildern, wo möglich einen Helden wählen, dessen Persönlichkeit und dessen Thaten als bedeutend bereits im Bewußtsein der Menschen stehen – alles Dieses um der Aufmerksamkeit der Leser versichert zu sein. Das Heldengedicht braucht jedoch nicht immer ernst zu sein, es kann auch komisch sein, und der komische Effect wird in ihm besonders dadurch hervorgebracht, daß mit Gewandtheit alle die großartigen Mittel in Sprache und Darstellung, deren sich das ernste Heldengedicht zu bedienen pflegt, in Bewegung gesetzt werden, um die kleinen Schicksale eines kleinen Menschen mit lächerlichen Eigenthümlichkeiten darzustellen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 370.
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