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Entzündung

[670] Entzündung wird ein Krankheitszustand genannt, der sich durch vermehrte Röthe und Wärme, Anschwellung, Schmerzhaftigkeit und gestörte Verrichtung des von ihm befallenen Körpertheils zu erkennen gibt, meist von mehr oder weniger bedeutenden Fiebererscheinungen begleitet wird und am ganzen Körper vorkommen kann. Bei Entzündungen innerer, dem Auge und der Hand nicht zugänglicher Organe sind natürlich die erstgenannten drei Kennzeichen der Krankheit nicht wahrzunehmen und sie verräth sich blos durch den Schmerz, das meist vorhandene entzündliche Fieber und, wenn schon zur Ader gelassen worden ist oder noch werden muß, durch die auf dem weggelassenen Blute sich bildende sogenannte Speck-oder Entzündungshaut. Außerdem können Berücksichtigung der Ursachen, sowie Beobachtung des Verlaufs der Krankheit die Erkenntniß derselben erleichtern und sichern. Der Schmerz, der bei Entzündungen innerer Organe auf den Sitz und zuweilen auch auf den Grad des Leidens schließen läßt, ist meist stechend, spannend, klopfend und brennend, beschränkt sich auf die entzündete Stelle oder verbreitet sich höchstens von da aus weiter, setzt nicht aus, sondern ist dauernd und wird durch Berührung und Druck des entzündeten Theils vermehrt, steigt und fällt mit der Entzündung, wird dumpf, drückend und klopfend bei dem Übergange in Eiterung und schweigt plötzlich bei dem Eintritte von Brand. Die Störung der Verrichtung dauert so lange als die Entzündung selbst und das dieselbe begleitende Fieber gibt in der Regel einen zuverlässigen Maßstab bei Beurtheilung des Grades derselben. Die Entzündungen lassen regelmäßig einen Zeitraum der Zunahme, der Höhe und der Abnahme unterscheiden, ihre Ausgänge sind aber verschieden. Entweder nämlich enden sie mit vollständiger Genesung, indem sie sich zertheilen, oder sie gehen in andere, gewöhnlich langwierige, mitunter bedenkliche Krankheitszustände über, indem sie zu widernatürlichen Verwachsungen des entzündeten Organs mit seinen Umgebungen Veranlassung geben, Verhärtungen, Vereiterungen, Verjauchungen herbeiführen, oder aber sie werden tödtlich durch Brand, durch Lähmung und Vereiterung zum Leben unbedingt nöthiger Organe, durch Kräfteerschöpfung u.s.w. Nicht selten hinterlassen Entzündungen eine große Neigung zu Rückfällen, langwieriger Schwäche und Reizbarkeit des entzündet gewesenen Organs, Anlage zu öfterm Blutandrange nach demselben, zu Blutflüssen u.s.w. Die Entzündungen gehören zu den am häufigsten vorkommenden Krankheiten, verschonen kein Alter, kein Geschlecht, kein Temperament, keine Körperconstitution und können sich unter jedem [670] Himmelsstriche und bei jeder Witterung entwickeln, indeß befallen sie doch junge Leute von sanguinischem oder cholerischem Temperament, vollsaftiger Constitution und wohlgenährtem, kräftigem Körperbau nicht nur eher als Andere und nach weit unbedeutendern Veranlassungen, sondern sie verlaufen bei ihnen auch heftiger und gefährlicher. Dasselbe ist der Fall in kalten nördl. Klimaten, im Winter bei großer Kälte, bei herrschenden Ost- und Nordwinden und unter dem Einflusse gewisser epidemischer Zustände. Als besondere, Entzündung erzeugende Ursachen verdienen Erwähnung: Erhitzungen, Erkältungen, wie sie z.B. bei erhitztem Körper und plötzlichem Wechsel der Temperatur leicht sich ereignen, heftige Gemüthsbewegungen, Unterdrückung naturgemäßer oder auch nur gewohnter Säfteausleerungen, alle mechanischen oder chemischen Verletzungen der Organe, allzuheftige Anstrengungen u.s.w. Die genannten Anlagen und Gelegenheitsursachen bestimmen theils überhaupt das Zustandekommen und den Grad der Entzündung, theils auch den Sitz derselben, d.h. das Organ, welches von ihr befallen werden soll. Namentlich begründet das kindliche Alter eine Neigung zu Entzündungen des Kopfes und Halses, das jugendliche zu Entzündungen der Brust, das männliche zu Entzündungen des Unterleibes. Außerdem machen die verschiedenen Lebensweisen und Beschäftigungen einzelne Organe geneigter, von Entzündung befallen zu wer den, als andere. So vermögen z.B. Anstrengungen des Geistes, heftige Gemüthsbewegungen und Leidenschaften vorzüglich Gehirnentzündungen, anhaltendes, grelles Licht Entzündungen der Augen, heftiger Knall Entzündungen der Gehörorgane, angestrengtes, langes Sprechen, kalte, trockne Luft, rauhe Nord- und Ostwinde Entzündungen des Rachens, des Kehlkopfs, der Luftröhre und Lungen, heftiger Zorn Leberentzündungen hervorzurufen und sie erscheinen nicht selten im Gefolge anderer Krankheiten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 670-671.
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