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Manheim

[44] Manheim, die zweite Residenz des Großherzogthums Baden und Hauptstadt des bad. Unterrheinkreises, liegt am linken Ufer des hier mit dem Rhein sich vereinigenden Neckar fast in der Mitte der Ebene zwischen den dies- und jenseitigen Rheingebirgen und hat 21,000 Einw. Von den Schiffbrücken, welche über beide Flüsse führen, ruht die über den Rhein auf 28 Kähnen und wird von Baden und Baiern gemeinschaftlich unterhalten. M. gehört zu den am regelmäßigsten gebauten aber auch jüngsten deutschen Städten, indem das frühere gleichnamige Dorf erst unter der Regierung Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz, der 1606 hier ein festes Schloß anlegte, hauptsächlich durch ausgewanderte Niederländer sich zur Stadt erweiterte, welche wegen Religionsverfolgung ihre Heimat verließen. Im dreißigjährigen Kriege hatte es bei mehrmaligen Eroberungen viel zu leiden, 1688 aber ward es auf Ludwig XIV. Befehl mit 11 andern pfälz. Städten von den Franzosen unter Melac gänzlich verheert. Es erstand jedoch wieder aus den Trümmern, wurde befestigt und seit 1720 die blühende Residenz der Kurfürsten von der Pfalz, bis diese nach dem Erbe von Baiern nach München 1777 zogen. Auch während der franz. Revolutionskriege litt M. durch wiederholte Belagerungen und ward endlich 1801 im lüneviller Frieden an Baden abgetreten; seine Festungswerke mußten jedoch geschleift werden und die Stelle derselben nehmen jetzt anmuthige Gärten ein. Die Stadt hat eine länglichrunde Gestalt und wird durch 10 längs- und 10 querlaufende, schnurgerade Straßen in 112 Quadrate getheilt. Die ganze nach dem Rheine gelegene Seite nimmt das 750 F. lange prächtige Schloß ein, welches eins der umfänglichsten in Deutschland ist und aus drei Vierecken besteht, von dessen linkem Flügel aber seit der franz. Belagerung von 1796 blos noch die äußern Mauern stehen. Von den andern öffentlichen Gebäuden gehören zu den ausgezeichnetsten: das auf 72 Bogen ruhende Kaufhaus, das Zeughaus, das Schauspielhaus, die vormalige Hof- oder Jesuitenkirche und die Sternwarte; unter den öffentlichen Plätzen sind der große Marktplatz und der Paradeplatz die vorzüglichsten. M. ist der Sitz der Kreisbehörden, einer Handelsakademie und anderer Bildungsanstalten, und es werden mancherlei Gewerbe und Fabriken, darunter die Bereitung des sogenannten manheimer Wassers, eines versüßten Anisbranntweins, hier betrieben, auch sind Handel und Schifffahrt, die ein Freihafen begünstigt, nicht unwichtig.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 44.
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