„Es ist dieser Ferenc jetzt“ und er präsentiert sich als facettenreicher MC mit einer Affinität für dichte Soundbilder, gut ausgewählte Samples und einem Händchen für glaubwürdige Szenarien.
Ference The Ji malt mit der ganzen Palette. Als Grundierung wählt er meistens eine dicke dröhnende Baseline, rahmt seine Werke mit trappigen Snares ein und würzt sie mit einer guten Prise Adlibs. Außerdem kann man zwischen durch vergessen, dass man einem deutschsprachigen Rapper vor sich hat – sowohl was den Sound angeht als auch durch die englischen Parts, die sich durch das komplette Werk ziehen. Ferenc führt den Hörer über den See. Was viele nicht wissen: Der Wiener hat einen großen Teil seiner Kindheit in den USA verbracht – das hört man durchaus.
Zu Beginn bedankt The Ji sich bei seiner Mutter für all die Mühe und Liebe, die sie in ihn investiert hat. So gehört sich das für jemanden mit guter Kinderstube. „Mama Made A God“ knüpft außerdem den blasphemischen Faden, der sich durch das komplette Album zieht – aber was ist ein Rapper, der sich nicht für den Größten hält? Die organischen Drums gepaart mit dem ersten 16er acapella zeigen auch gleich mal, was einen raptechnisch erwartet: Einen jungen Typen, der wortgewandt und ordentlich spitten kann.
„Level 2“ fährt mit seinem asiatisch klingenden Sample und den Knarrensounds ein filmreifes Szenario auf – bei vielen Tracks hört man nicht nur die Musik, sondern hat sofort Bilder dazu im Kopf.
So auch bei „#sovielbesseralsihr“. Hier sieht man Ferenc vor dem inneren Auge mit dicken Ketten und dunkler Sonnenbrille im Benzer anrollen – mit keinem Geringeren als Ali As auf dem Beifahrersitz. Stimmlich passen die beiden so gut zusammen, dass ich geneigt bin, eine geheimgehaltene Verwandtschaft zu vermuten. Richtigen G-Rap gibt’s mit dem Track „Kanye“ – an wen bietet sich eine Ode besser an, wenn man im gleichen Atemzug seine finanziellen Mittel und sein Swah unter Beweis stellen möchte. Unterstrichen wird das ganze durch einen abrupten Beatwechsel und ein heftiges 150 BpM Hardstyle Outro. (Beim ersten Hören habe ich überprüft, ob ich noch im Album bin, weil ich mich so erschrocken habe.)
Einen Liebestrack gibt es auch: Der Wiener hat sich „Verliebt in die Pussy“. Auch hier in der Mitte des Tracks einen schönen Cut, in dem der Beat sich verlangsamt und man durch Ferenc‘ Rosa Brille schauen kann, wenn man bei dem entspannten Sound nicht sowieso die Augen schließt. Dramaturgisch ist das Album unglaublich intelligent aufgebaut: Zu Anfang setzt er einem eine Portion Vergangenheit und Kindheit vor, um danach arrogant reinzubrettern und sich selbst zu beweihräuchern. In der Mitte liegt dann das ganz große Gefühl mit „Ehrlich“, wobei er anschließend direkt wieder auf die Kacke haut. „Seien wir mal ehrlich“ klingt deephousig und wavy. Ein sehr dichter Soundteppich, der direkt unter die Haut fährt – mein persönliches Highlight. Auch raptechnisch ist dieser Ferenc hier so on point, dass es einem die Härchen im Nacken hochstellt.
Mit Frauenarzt als Feature kann man sich vorstellen wohin es geht: Genau das meine ich damit, dass Ferenc ein Händchen hat Bilder, ganze Filme mit seinem Sound zu kreieren. „Clap Dat“ führt uns in die erste Reihe eines dunkel-feuchten Strip Clubs, in dem man vor lauter Ärschen meint, an einer Fleischtheke zu stehen. Das Pianosample zusammen mit dem Clap-Beat könnte ein echter Club Hit á la „Rack City Bitch“ sein – bringt die Bitches safe zum twerken, wobei Frauenarzt ja eh dafür bekannt ist, nackte Mädels an den Start zu bringen.
Im zweiten Teil vom titelgebenden Song „Dieser Ferenc jetzt“ treffen wir auf eine Businessman-Attitude, deren Ernsthaftigkeit von dem wunderschönen Cello Sample im wahrsten Sinne des Wortes unterstrichen wird. Inbrünstig und fast schon verbissen wirkt er auf diesem Track – aber das Ding hat Druck ohne Ende. The Ji beweist, dass er als Rapper bislang unterschätzt ist und hat mit „Dieser Ferenc jetzt“ ein Album abgeliefert, mit dem er sich sehen und vor allem hören lassen kann. Er ist authentisch und deswegen kauft man ihm sowohl die Eier-auf-den-Tisch Geschichten als auch die großen Gefühle ab. Man gewinnt nicht den Eindruck, dass hier ein Blaupausen ein-Lied-für-die-Street-eins-für-den-Club-und-eins-für-meine-Stadt Album zusammengewürfelt wurde – Ferenc ist einfach ein vielseitiger Künstler, dessen verschiedene Facetten hervorragend ineinander greifen.