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Textdaten
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Autor: 3 3 3
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Titel: General Seydlitz
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 348-351
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[348]
General Seydlitz.
Ein Soldatenbild aus früherer Zeit.

In der Stadt Kalkar, im rheinischen Kreise Kleve, wird im September nächsten Jahres, zum zweihundertjährigen Jubiläum der Vereinigung dieses Kreises mit Preußen, das Steinbild des dort gebornen Generals von Seydlitz enthüllt werden, das seine Vaterstadt durch den Bildhauer Julius Bayerle in Düsseldorf ausführen läßt. Es ist uns vergönnt, den Lesern der Gartenlaube schon jetzt eine Abbildung nach dem Entwurfe des Denkmals zu liefern, was, nach den bisherigen Leistungen des Künstlers zu schließen, jedenfalls eine große Zierde der kleinen Stadt werden wird.

Seylitz’ Denkmal in Kalkar.

Unter den Heerführern Friedrichs des Großen ist Seydlitz eine der hervorragendsten Persönlichkeiten. Es kann nicht in der Absicht der Gartenlaube liegen, eine Verherrlichung seiner kriegerischen Thaten zu geben, wir müssen diese, so wie überhaupt seine Lebensgeschichte, als bekannt voraussetzen und haben deshalb mit Bezug auf seine hervorragende militairische Stellung nur zu erwähnen, daß nicht mühvolle Studien, nicht jahrelange Dienste im Generalstab ihn zum Heerführer gemacht, sondern daß, wie man sagt, ihm die Feldherrneigenschaften angeboren waren. Große strategische Combinationen auszusinnen und durchzuführen, dazu war Seydlitz nicht herangebildet und dazu hat ihn auch Friedrich nie verwendet, aber Niemand verstand, wie er, bedeutende Reitermassen von 50–60 Schwadronen auf engen Raum zu concentriren, zu bewegen und dieselben im entscheidenden Moment, den sein Scharfblick stets richtig erkannte, zu unwiderstehlich einherbrausendem Angriffe zu führen, kurz, er war ein Schlachtengeneral, wie es deren nur wenige gegeben hat, und dem z. B. Murat keineswegs an die Seite zu stellen ist. Als solcher rettete er die preußische Armee bei Collin vor gänzlicher Vernichtung, als solcher entschied nur er allein die Siege bei Roßbach und Zorndorf. Aber nicht minder groß ist sein Verdienst, das er sich um die Heranbildung der preußischen Cavallerie erworben hat. Diese Waffe war unter Friedrich WIlhelm I. sehr vernachlässigt worden. Man hat Colosse auf Kameele gesetzt, wie sich Friedrich der Große ausdrückte, und so die Reiterei zu einem schwerfälligen Unding gemacht. Friedrich erkannte in den schlesischen Kriegen bald, wie sehr, besonders der vortrefflichen ungarischen Cavallerie gegenüber, eine Umgestaltung dieser Waffe nothwendig sei. Wenn nun Ziethen hierbei sich das Verdienst erworben hat, zuerst den richtigen Weg betreten zu haben, so übertraf doch Seydlitz bald seinen Meister in allen technischen und taktischen Kunstfertigkeiten. Er wußte der preußischen Reiterei jenen Heldengeist einzuhauchen, der sie zu dieser Zeit charakterisirt, er machte durch unermüdliche Thätigkeit und Umsicht aus den Colossen – Centauren.

Mit 17 Jahren in einem Cürassierregiment als Cornet angestellt, zog Seydlitz bald die Blicke seiner Vorgesetzten und die Aufmerksamkeit des Königs auf sich, der ihn mit richtiger Würdigung seiner glänzenden Eigenschaften in rascher Folge zum Commandeur einer Husarenschwadron, zum Chef eines Cürassierregiments und dann zum Inspecteur der schlesischen Cavallerie ernannte. Dieses schnelle Aufrücken mußte seinen Ehrgeiz mehr stärken, als befriedigen; er fühlte, daß es galt, nicht nur das Errungene zu behaupten, sondern auch fernere Fortschritte zu machen. Das Bewußtsein seines persönlichen Werthes bewirkte bei ihm eine Haltung von Ernst und Würde, die später zu wortkargem, ja schroff abgeschlossenem Verhalten in solchen Gesellschaften führte, wo er, wie bei Hofe, nur ungern erschien. Durch und durch Soldat, und Reiter insbesondere, fand er volle Befriedigung in seinem Dienstberufe; nie strebte er, aus diesem Kreise herauszutreten. Am liebsten war er in Gesellschaft seiner Officiere, denen er der aufmerksamste, liebenswürdigste Camerad war, und mit diesen besonders auf Spazierritten, auf der Jagd, die er leidenschaftlich liebte, und in Gesellschaft schöner Damen, denen er nicht weniger zugethan war, blieb er keineswegs ernst und schweigsam. Er hielt auf geschmackvolle, vornehme Einrichtung und eine gute Tafel, wobei er, sowie des Abends, gern seine Officiere erscheinen sah. Bei solchen Abendzusammenkünften [349] wurde stark Tabak geraucht, aber wenig getrunken und nie gespielt. Man sprach lebhaft über Gegenstände des Dienstes oder Erlebnisse aus den verflossenen Kriegsjahren.


Seydlitz in der Schlacht bei Roßbach.


Während seiner militairischen Laufbahn hat er die beiden schlesischen und den siebenjährigen Krieg, also die Ruhmesepoche Friedrich’s, mitgemacht. Besonders der 1756 ausgebrochene siebenjährige Krieg gab der nach seinen und Ziethen’s Lehren gebildeten preußischen Cavallerie Gelegenheit, ihren großen Meistern Ehre zu machen. Seydlitz selbst wurde durch den Krieg in den Stand gesetzt, seine glänzenden Talente als Reitergeneral leuchten zu lassen. Obgleich die Schlacht bei Collin verloren war, so erkannte doch der König Seydlitz’ Verdienste in derselben durch die Ernennung zum Generalmajor an. Als ihm Ziethen, der zwanzig Jahre älter war, hierzu Glück wünschte, gab er lächelnd zur Antwort: „Wenn etwas [350] aus mir werden soll, so war es Zeit, denn ich bin schon sechsunddreißig Jahre alt.“

Seine Affaire mit dem General Soubise in Gotha ist zu bekannt, als daß wir sie nochmals erzählen sollten, wir erwähnen deshalb auch nur noch seiner glänzenden Waffenthat bei Roßbach, die unser Künstler auf so würdige Weise zur Darstellung gebracht.

Die Kriegsereignisse hatten den König bestimmt, mit seinem höchstens 22,000 Mann starken Heere bei Roßbach ein Lager zu beziehen. Hier, so beschloß Prinz Soubise, sollte der „Marquis von Brandenburg mit seiner Berliner Wachparade“, womit man die im Verhältniß zu der 64,000 Mann starken verbündeten Armee geringe Anzahl seiner Truppen verspottete, gefangen werden. Der Prinz beschloß, den König in seiner linken Flanke zu umgehen, und ihm den Rückzug über die Saale abzuschneiden. Vom Janushügel aus sah Friedrich ruhig die Bewegung des Feindes an, und erst zwei Uhr Nachmittags ließ er die Truppen aufbrechen, und marschirte hinter dem Höhenzuge ungesehen dem Feinde entgegen. Seydlitz erhielt, obgleich jüngster Generalmajor, das Commando der sämmtlichen Cavallerie. Seine Stellung den älteren Generalen gegenüber war eine sehr schwierige, aber mit dem ihm eignen Talent, sich in jede Lage zu schicken, erklärte er den versammelten Generälen, als er die Disposition zu seinem Angriff ausgab, kategorisch: „Meine Herren, ich gehorche dem Könige und Sie gehorchen mir!“ Vorwärts ging es im Trabe bei der Infanterie vorbei bis hinter das Ende des Höhenzuges; hier ließ er aufmarschiren, 15 Schwadronen im ersten, 18 im zweiten Treffen, 5 zur Seite. Kein Signal, kein lautes Wort verrieth der immer noch sorglos vor ihrer Infanterie vorantrabenden feindlichen Cavallerie die Nähe ihres furchtbaren Feindes. Noch waren die Säbel nicht gezogen, da erscheinen die 52 Schwadronen des Herzogs von Broglio. Seydlitz sprengt vor die Front seiner Linien. Hoch empor wirft er die bis dahin noch nicht verlöschte Tabakspfeife, und reißt den Pallasch aus der Scheide. Da schmettern sämmtliche Trompeten, da klirren die Säbel der Reiter, Marsch! Marsch! und mit gellendem Hurrah stürzen sie sich auf den verwirrten, ungeordneten Feind. Kaum berühren die Hufe der Rosse den Boden. Hier die Quartierbillets für den Winter in Berlin, die ihr so sicher zu haben glaubtet, hier der Gruß der Berliner Wachparade! Niedergeworfen und zersprengt sind die 52 Schwadronen, die fast eine Meile weit verfolgt werden. Als die Cavallerie abgefertigt war, wendet er sich zur Infanterie. Ihr Loos war dasselbe, und in wenigen Stunden waren 3000 Feinde getödtet, 5000, darunter 5 Generäle und 300 Officiere, gefangen. Von den 17 preußischen Bataillonen waren nur 7 zum Schuß gekommen, der Sieg also fast nur das Verdienst der Cavallerie, und hier wiederum fast nur das ihres ausgezeichneten Führers. In ganz Deutschland wurde die Demüthigung der verhaßten übermüthigen Franzosen mit dem größten Frohlocken aufgenommen. Deutsche Tapferkeit und Umsicht hatte die Fremdlinge niedergeworfen, und man vergaß darüber die eigne traurige Uneinigkeit. Seydlitz war bei der Schlacht in den linken Arm geschossen worden, und mußte vier Monate lang in Leipzig seine Genesung erwarten.

Im Dienste war Seydlitz ein unerbittlich strenger Vorgesetzter, doch erweckte die Art, mit der er Fehler rügte, stets den guten Willen, solchen abzuhelfen, die Verweise, die er gab, kränkten nie das Ehrgefühl, sondern waren stets dem Charakter des Fehlenden angemessen. Rohheit und Grausamkeit in der Behandlung Untergebener litt er nie, und so kam es, daß die körperlichen Züchtigungen, welche damals noch durchweg gebräuchlich waren, in seinem Regiment nach und nach ganz in Wegfall kamen. Seine hervorragende Persönlichkeit war allein hinreichend, das Große zu vollbringen. Groß waren die Forderungen, die er an seine Reiter stellte; aber was er verlangte, leistete er stets selbst in höchster Vollkommenheit. Noch oft hat er als General die Wagstücke seiner Jugend, das Ueberspringen hoher Hindernisse, das Reiten durch umlaufende Windmühlenflügel u. dgl. wiederholt. Einst traf er beim Spazierenreiten eine Landkutsche, in welcher ein Landprediger mit seiner Familie langsam auf dem Sandwege dahinfuhr. Das langgestreckte Vordertheil des Wagens erweckte in ihm die Lust, darüber hinwegzuspringen. Ein Spornstoß und er war auf der andern Seite des Wagens. Sein ganzes Gefolge schlug zum großen Schrecken der Fahrenden denselben Weg ein. Nicht weniger geübt war er im Pistolenschießen und oft mußte der Glöckner zu Ohlau, der eine kleine am Rathhaus hängende Glocke täglich drei Mal läutete, zu seinem Aerger diese Beschäftigung aufgeben, da der General Seydlitz ihm von seinem Fenster aus mit der Pistole den Strick entzwei schoß.

In seinem Benehmen gegen den König und gegen Vorgesetzte wußte Seydlitz bei aller Bescheidenheit doch stets seine Würde zu wahren. Dies war auch so allgemein anerkannt, daß der Oberstallmeister, Graf Schwerin, den der König bei Tafel nach seiner Gewohnheit zu schrauben suchte, einmal unerwartet mit den Worten losbrach:

„Mir können Ew. Majestät wohl so etwas anthun, aber da sitzt Einer“ – und er zeigte auf Seydlitz – „versuchen Sie’s doch mit dem.“

So sehr der König auch den General Seydlitz achtete, so suchte er doch oft bei ihm etwas zu tadeln. Einst machte er nach der Musterung seines Regiments die Bemerkung:

„Mein lieber Seydlitz, ich dächte, Sein Regiment ritte mit viel längern Bügeln, als meine übrige Cavallerie?“

Seydlitz, der das für richtig Befundene nicht gern als übertrieben tadeln lassen wollte, antwortete:

„Ew. Majestät, das Regiment reitet noch ebenso, wie bei Roßbach.“

Einstmals regte der König die Frage an, ob es besser sei, der Reiterei zweischneidige oder Rückenklingen zu geben. Seydlitz hörte eine Zeit lang dem Streite zu und machte ihm dann, als es ihm zu langweilig wurde, mit den Worten ein Ende:

„Wenn die Reiterei nur eher an den Feind kommt, bevor dieser Zeit hat, die Klingen zu besehen, so wird sie siegen, und wenn sie Spießgerten in der Hand hat.“

Nie aber war Seydlitz furchtloser und freimüthiger, als wenn es galt, einer Ungerechtigkeit zu steuern oder für Jemand die verdiente Belohnung zu fordern. So drängten sich einmal die Invaliden in Breslau zu nahe zum König, so daß sie diesem lästig wurden und er befahl, sie wegzuschaffen. Da sagte Seydlitz:

„Das sind die braven Männer, die ihr Leben und ihre Knochen daran gegeben haben, um Ew. Majestät Sieg und Ruhm zu gewinnen, und die nun betteln gehen mögen.“

Der König wurde gleich freundlicher und entließ die alten Krieger mit Geschenken.

Eine eben so treffliche Antwort gab er in der Schlacht von Zorndorf, als ihm der König den Befehl zuschickte, mit seiner Cavallerie bis zu einer gewissen Stelle vorzurücken. Seydlitz bemerkte mit scharfem Blick, daß dadurch seine Reiter unnütz dem Kanonenfeuer ausgesetzt wurden, und weigerte sich, selbst den wiederholten Befehlen des Königs zu gehorchen. Friedrich sandte nochmals und ließ ihn wissen, er werde es nach der Schlacht mit seinem Kopfe zu verantworten haben, worauf Seydlitz ruhig mit einem Blicke auf seine geschützten Reiter erwiderte:

„Sagen Sie dem Könige, nach der Schlacht steht ihm mein Kopf zu Befehl, in der Schlacht möge er mir noch erlauben, daß ich davon für seinen Dienst guten Gebrauch mache.“

Und er machte einen guten Gebrauch davon, denn nie hat er mit solcher Kühnheit angegriffen, nie unter so ungünstigen Verhältnissen mit solcher Geschicklichkeit die bedeutendste Reitermasse gehandhabt. Der König umarmte nach erfochtenem Siege den Helden mit den Worten: „Auch diesen Sieg habe ich Ihnen zu danken,“ worauf dieser, stets bescheiden und gerecht, antwortete: „Nicht mir, gnädigster König, sondern diesen braven Leuten, die ich anführte.“

Dergleichen kleine Streitigkeiten pflegten wohl dann und wann eine kleine Verstimmung zwischen dem Könige und seinem Reitergeneral zu veranlassen, die jedoch Seydlitz nie in seiner unerschütterlichen Treue und Liebe zu dem großen Friedrich irre machen konnte. Als der Kaiser Joseph II. den König 1769 bei seinen Musterungen in Schlesien aufsuchte und hierbei auch Seydlitz und sein berühmtes Cürassierregiment sah, war er so entzückt von der Ausbildung der schlesischen Cavallerie und insbesondere des Seydlitz’schen Regiments, sowie von der glänzenden Persönlichkeit des Generals, daß er diesem die größten Lobeserhebungen machte und mit den Worten schloß:

„Wenn die Verhältnisse es mir erlaubten, so käme ich zu Ihnen, um den Reiterdienst zu lernen, allein da dies nicht sein kann, so wünsche ich, Sie kämen in meine Dienste,“ worauf Seydlitz erwiderte:

„Ew. kaiserl. Majestät würden an mir eine schlechte Acquisition [351] machen, denn ich weiß nur einem Herrn zu dienen, und das ist mein gegenwärtiger.“

Edelsinn und Großmuth waren hervorragend in dem Charakter unseres Helden; stets hinderte er Grausamkeiten, schützte den Wehrlosen, strafte den Frevler. Dem Landmanne war er besonders freundlich zugethan und schützte ihn, wo er konnte. Nie hat Seydlitz seinen Ruf durch Eigennutz befleckt, obgleich ihm oft Gelegenheit wurde, durch Plünderung und Bedrückung sich zu bereichern. Als ihm der König die Plünderung des Jagdschlosses Hubertusburg, eine Repressivmaßregel für die Verwüstungen der Sachsen in Charlottenburg, übertragen wollte, wies er dieses entschieden von sich, und so kam es, daß er nie mit der Beitreibung von Kriegssteuern u. dgl. in den eroberten Ländern betraut wurde. Die preußischen Verstärkungen, welche der Fürst von Neuwied nach der Schlacht bei Freiberg dem Prinzen Heinrich zuführte, hatten ihren Weg in Sachsen überall durch die größten Ausschweifungen bezeichnet. Seydlitz empfing den General und seine Officiere mit der strengen Anrede, daß ihr Zug dem einer Räuber- und Diebesbande, aber nicht dem einer geordneten Kriegsschaar geglichen habe.

Wenn er auch im Dienste streng und unerbittlich war, so wußte er doch auch wieder einzulenken, zumal wenn es sich um Vergehen handelte, die weniger den Militair als den Menschen angingen.

In Ohlau war eine Familie, deren Kreis durch hübsche, anziehende Töchter belebt wurde, und für eine derselben hatte Seydlitz, aber zugleich einer seiner Officiere, die entschiedenste Neigung gefaßt. Dem General war der Nebenbuhler unbequem und er versetzte ihn deshalb an einen entfernteren Ort. Allein der Verliebte kam nun heimlich um so öfter, wagte sich ohne Urlaub Abends in Bürgerkleidung nach Ohlau und kehrte vor Tage unbemerkt in sein Standquartier zurück. Die Sache wurde jedoch verrathen und Seydlitz ritt an einem nebligen Herbstmorgen sehr früh auf die Jagd, wählte aber den Weg, auf welchem jener heim reiten mußte. Nichts ahnend, galoppirt der Sorglose, in Pikesche und Mütze gekleidet, heran, findet sich unerwartet dem General gegenüber, dem er nicht mehr ausweichen kann, und fängt in größter Zerknirschung Entschuldigungsworte zu stammeln an; doch Seydlitz, begnügt durch diese Verlegenheit und im Gefühl, daß auch seine eigene Rolle hierbei nicht die ganz richtige sei, fällt ihm in die Rede und sagt:

„Reiten Sie nur weiter, ich kenne Sie nicht; aber nehmen Sie sich in Acht, daß es der General nicht erfährt, es möchte sonst nicht gut ablaufen.“

Von dieser Zeit ab gab Seydlitz seine Bewerbungen auf und der Officier heirathete nicht lange darauf das Mädchen.

Unerschütterlich hat sich bei Seydlitz von frühester Jugend an die Achtung vor Gottesverehrung erhalten, und wenn diese auch nicht seine Leidenschaften vollständig zügeln konnte, so hielt er doch viel auf andächtige Gottesverehrung. Er sorgte, so gut es ging, dafür, daß vor jedem vorauszusehenden Gefechte die Soldaten durch den Feldprediger zur Tapferkeit und Ausdauer ermahnt wurden und daß den Sterbenden und Verwundeten der Trost des Geistlichen und der Genuß des heiligen Abendmahls nicht fehlte.

In gleicher Weise, wie bei Roßbach und Zorndorf, hat der berühmte Reitergeneral seinen Namen noch bei Kunnersdorf, Freiberg u. s. w. verherrlicht, so daß er für immer das Muster und Vorbild aller Cavalleristen sein wird, eine Wahrheit, die sein königlicher Herr, als er die Nachricht vom Tode des Helden erhielt, für alle Zeiten durch die Worte feststellte: „Seydlitz ist das schönste Loos geworden, das ein Soldat erreichen kann; er lebte unübertroffen und stirbt, ohne ersetzt werden zu können.“

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