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„Institutiones Gai“ – Versionsunterschied

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Die '''Institutiones Gai''' sind eine Juristenschrift aus dem [[Klassik (Jurisprudenz)|klassischen Zeitalter]] des [[Römisches Recht|römischen Rechts]]. Bezugnehmend auf den Urheber [[Gaius (Jurist)|Gaius]] wird sie auch als ''Gaii Institutiones'', ''Liber Gai'', häufig nur als die ''Institutionen'' bezeichnet. Das Werk diente als Anfängeranweisung für den juristischen Lehrbetrieb ab Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. und wurde vom [[spätantike]]n Kaiser [[Justinian I.|Justinian]] im Rahmen der Schaffung des [[Corpus iuris civilis|''Corpus iuris'']] kompiliertes Bestandteil der ''[[Institutiones Iustiniani]]'' und zählt daher zur Erklärungsliteratur. Außerdem findet es sich in [[Nachklassisches Recht|nachklassischen]] Paraphrasierungen der ''[[Epitome Gai]]''.
 
Die Schrift ist das einzige nahezu vollständig erhaltene Werk, das unmittelbar aus der bedeutenden Klassikklassisch-rechtlichen Zeit des [[Prinzipat]]s herrührt. Erhalten geblieben ist ein Exemplar, das etwa um 160/161 n. Chr. entstanden ist.
 
== Bedeutung ==
Die Institutionen wurden 1816 von [[Barthold Georg Niebuhr|Niebuhr]] in Form eines [[Palimpsest]]es in [[Verona]] entdeckt (''Codex Veronensis''). Unter dem augenscheinlichen Text, welcher die Briefe des [[Hieronymus (Kirchenvater)|Kirchenvaters Hieronymus]] enthielt, fand man eine ausradierte, um 500 n. Chr. erstellte Abschrift der ''Institutionen des Gaius'', die bis dato nur in wenigen Fragmenten der ''[[Pandekten|''Digesten'']]'' belegt waren. Diese wurden um etwa 160/161 n. Chr., also noch unter [[Antoninus Pius]], angefertigt und gelten als die „in der Antike am meisten verbreitete und in der Spätantike, Mittelalter und Neuzeit weitaus einflußreichste elementar-systematische Darstellung des römischen Privatrechts“.<ref>{{KlP|2|660|662|Gaius 1|Theo Mayer-Maly||Fundstelle=hier Sp.&nbsp;660}}</ref>
 
Nahezu alle heutigen Kenntnisse des römischen Rechts entstammen der justinianischen Tradition. Aus diesem Grund haben die gaianischen Institutionen hinsichtlich Art und Umfang der Repräsentation des klassischen Zeitalters nahezu Alleinstellungscharakter. Geboten werden die Vorzüge eines zusammenhängenden Schulvortrags, verteilt auf vier Bücher, der durch seine Klarheit und Verständlichkeit, seinen strukturierten systematischen Aufbau und historischen Unterfütterung besticht.<ref>Michel Humbert: ''Faktoren der Rechtsbildung.'' In: [[Ulrike Babusiaux]], [[Christian Baldus]], [[Wolfgang Ernst (Rechtswissenschaftler)|Wolfgang Ernst]], [[Franz-Stefan Meissel]], [[Johannes Platschek]], [[Thomas Rüfner]] (Hrsg.): ''Handbuch des Römischen Privatrechts''. Mohr Siebeck, Tübingen 2023, ISBN 978-3-16-152359-5. Band I, S.&nbsp;3–31, hier S.&nbsp;29 (Rnr.&nbsp;53).</ref> Dem Rechtsdenken Gaius’des Gaius wird zuerkannt, der dogmatischen Tradition kontinentaler [[Jurisprudenz]] (also dem Systemstreben, der Bemühung um Begriffsbildung und Einteilung sowie der Tendenz zur Abstraktion) näher gekommen zu sein, als die Methode irgendeines anderen antiken Juristen.<ref>{{KlP|2|660|662|Gaius 1|Theo Mayer-Maly||Fundstelle=hier Sp.&nbsp;660}}</ref> Inwieweit die Institutionen als allein von Gaius verfasstes Werk gelten dürfen, und was an ihnen etwa [[Glosse (Erläuterung)|Glossen]]n oder [[Interpolation (Literatur)|Interpolationen]] sind, unterliegt bis heute lediglich wissenschaftlichen Spekulationen. [[Max Kaser]] weist die Schrift keinem der großen Klassiker zu, sondern einem kleinformatigeren Schuljuristen.<ref>Max Kaser: ''[[Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte|SZ]]'' Band 70 (1953). S. 127 ff.</ref> Die Wissenschaft ist sich allerdings über die enorme Bedeutung des Fundes einig, da „zahlreiche Rechtsinstitute, die die justinianische Kommission als veraltet unerwähnt ließ, nur durch den neuen Fund bekannt“ sind.<ref>{{Literatur | Autor=Éva Jakab, Ulrich Manthe | Titel=Recht in der römischen Antike | Hrsg=Ulrich Manthe | Sammelwerk=Die Rechtskulturen der Antike. Vom Alten Orient bis zum Römischen Reich | Verlag=Verlag C.&nbsp;H. Beck | Ort=München | Datum=2003 | ISBN=3-406-50915-0 | Seiten=239–317, hier S.&nbsp;256 }}</ref>
 
Der Neuzeit ist das gaianische Werk in mehrfacher Form indirekt überliefert,<ref name="Nelson">Hein L. W. Nelson: ''Überlieferung, Aufbau und Stil von Gai Institutiones.'' 1981, S. 80 und 96 ff.</ref> da das Werk während des 5. und des 6. Jahrhunderts häufiger als Vorlage für diverse Rechtsschriften verwendet wurde. Verhältnismäßig geringfügige Einblicke gewährt dabei die so genannte [[Fragmente von Autun|''augustodunensische Handschrift'']]. Größere Bedeutung für die Forschung erlangten die [[spätantike]]n Manuskripte der [[Mosaicarum et Romanarum legum collatio|''Collatio'']] und der ''[[Epitome Gai]]'' (enthalten in der ''[[Lex Romana Visigothorum]]'') sowie der ''regulae [[Ulpian|Ulpiani]]''. Später bekannt als Bestandteile des [[Corpus iuris civilis|''CIC'']], fanden die gaianischen Einflüsse im Rahmen der justinianischen Rechtsordnung Einlass in die ''Digesten'' und die ''Institutiones Iustiniani''.<ref name="Nelson" />
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* ''Gai institutiones. Editio minor.'' (= ''Studia Gaiana.'' 1), hrsg. von M. David, Brill, Leiden 1964.
* [[Johann Friedrich Ludwig Göschen]] (Hrsg.): ''Gaii Institutionum commentarii IV.'' Reimer, Berlin 1820, ([https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/display/bsb11276833_00005.html Digitalisat]).
* ''Die Gaianischen Institutionen-Commentarien.'' Übersetzt von Friedrich Beckhaus. Henry und Cohen, Bonn 1857 ([https://books.google.at/books?id=_p5GAAAAcAAJ&newbks=1&newbks_redir=0&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false Digitalisat]).
 
== Literatur ==