„Dresdner Linksextremismusprozess“ – Versionsunterschied

Als '''ProzessDresdner gegen die Gruppe um Lina E.Linksextremismusprozess''' wird ein [[Strafprozessrecht (Deutschland)|Strafprozess]] vor dem [[Ordentliche Gerichtsbarkeit (Deutschland)#Staatsschutzsenat|Staatsschutzsenat]] des [[Oberlandesgericht Dresden|Oberlandesgerichts Dresden]] bezeichnet, in dem von September 2021 bis Mai 2023 vor allem eine Reihe von [[Linksextremismus|linksextremen]] mutmaßlichÜberfällen politischmit links orientiertenmutmaßlicher [[Gefährliche Körperverletzung (Deutschland)#Mittels eines hinterlistigen Überfalls|Überfällengefährlicher Körperverletzung]] verhandelt wurde. Angeklagt warwaren eine Gruppe vonvier Personen, die an unterschiedlichen Orten in [[Sachsen]] und [[Thüringen]] zwischen 2018 und 2020 nach Ermittlungsergebnissen der Polizei gezielt Personen aus dem tatsächlich oder mutmaßlich [[Rechtsextremismus|rechtsextremen]] Milieu angegriffen haben soll. Bis auf eine Ausnahme sollen die Angriffe nach Ermittlungsergebnissen geplant gewesen sein. Die Studentin '''Lina E.''' und drei weitere Angeklagte wurden schließlich u. a. wegen Mitgliedschaft in beziehungsweise Unterstützung einer [[Bildung krimineller Vereinigungen|kriminellen Vereinigung]] zu [[Freiheitsstrafe (Deutschland)|Freiheitsstrafen]] von knapp zweieinhalb Jahren bis über fünf Jahren verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Stand: 1. Juni 2023).

Gelegentlich wird das Verfahren gänzlich auf Lina E. reduziert und Medien schreiben vom „Fall Lina E.“ oder vom „Prozess gegen Lina E.“<ref>{{Internetquelle |autor=Martin Niewenick |url=https://politik.watson.de/deutschland/analyse/521852278-lina-e-vor-gericht-alles-was-ihr-ueber-die-linksradikale-szene-wissen-muesst |titel=Fall "Lina E": Linksextremismus vor Gericht – das müsst ihr über die Szene wissen |werk=[[Watson.de]] |datum=2021-12-15 |abruf=2023-05-25}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/leipzig/leipzig-leipzig-land/linksextremismus-lina-e-prozess-plaedoyer-100.html |titel=Plädoyers beim Lina E.-Prozess: Verteidiger fordern Freisprüche |werk=mdr.de |hrsg=[[MDR Sachsen]] |datum=2023-05-24 |abruf=2023-05-25 |zitat=Der Prozess gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. geht zu Ende.}}</ref> Das Oberlandesgericht Dresden schreibt von „Staatsschutzverfahren gegen Lina E. u.a.“<ref name="PM-OLG-2023-05-31" /><ref name="PM-OLG-2023-01-06" /> oder kürzer vom „Verfahren gegen Lina E. u.a.“<ref name="PM-OLG-2023-01-06">{{Internetquelle |url=https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1060654 |titel=Verfahren gegen Lina E. u.a. |titelerg=Pressemitteilung |hrsg=Oberlandesgericht Dresden |datum=2023-01-06 |abruf=2023-06-06}}</ref>. Der [[Verfassungsschutzbericht]] für das Jahr 2022 erwähnt den „Strafprozess gegen Lina E. und weitere Angeklagte“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/verfassungsschutzberichte/2023-06-20-verfassungsschutzbericht-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=3 |titel=Verfassungsschutzbericht 2022 |abruf=2023-06-22 |hrsg=Bundesministerium des Innern und für Heimat |datum=2023-06-20 |seiten=133 |format=PDF |kommentar=Redaktion: Bundesamt für Verfassungsschutz}}</ref> Manche Medien schreiben allgemeiner vom „Linksextremismusprozess“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-05/linksextremismusprozess-lina-e-zu-haftstrafe-verurteilt |titel=Linksextremismusprozess: Lina E. zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt |werk=Die Zeit |datum=2023-05-31 |abruf=2023-05-31 |kommentar=Der Haupttext des Artikels beginnt mit: „Im Dresdner Linksextremismusprozess …“}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.deutschlandfunk.de/lina-e-kommt-unter-auflagen-frei-100.html |titel=Linksextremismus-Prozess - Lina E. kommt unter Auflagen frei |werk=Deutschlandfunk |datum=2023-06-01 |sprache=de |abruf=2023-06-06}}</ref> Weitere Bezeichnungen sind „[[Antifa]]-Ost-Prozess“<ref>{{Internetquelle |url=https://taz.de/Prozess-gegen-Lina-E/!5935556/ |titel=Prozess gegen Lina E.: Antifa, weil Staatsversagen |abruf=2023-06-22 |autor=Erik Peter |werk=taz.de |datum=2023-06-02}}</ref> und „Antifa-Ost-Verfahren“<ref>[[Sächsisches Oberverwaltungsgericht]], Beschluss vom 2.&nbsp;Juni 2023, Az. [https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/document.phtml?id=7011 3 B 87/23] = BeckRS 2023, 12525.</ref>.

== Überfälle laut Anklage ==

|caption=Tatorte laut Anklage in Mitteldeutschland

In der Anklage hieß es, die Gruppe habe ab August 2018 als kriminelle Vereinigung das gemeinsame Ziel gehabt, Rechtsextreme „planvoll anzugreifen“. Im selben Monat soll Lina E. nach Anklagevorwurf begonnen haben, das spätere Opfer eines Überfalls Cedric S. auszuspähen.<ref name="taz-prozessauftakt" />

In [[Gohlis (Leipzig)|Leipzig-Gohlis]] wurde der damalige Leipziger Stadtrat ([[Fraktionsloser Abgeordneter|fraktionslos]], früher [[Die Heimat (Partei)|NPD]]) Enrico Böhm morgens beim Verlassen seines Wohnhauses von vier Vermummten verprügelt und mit [[Pfefferspray]] attackiert. Er erlitt einen Bruch der Kniescheibe und Prellungen im Gesicht. Im Prozess sagte Böhm am 21. September 2021 jedoch aus, dass keine Frau beteiligt gewesen sei, und entlastete damit Lina E.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Denise Peikert]] |url=https://www.lvz.de/lokales/leipzig/ex-npd-stadtrat-entlastet-lina-e-YQXWJYLK4YOBRCSDMFTGBFMXUM.html |titel=Ex-NPD-Stadtrat entlastet Lina E. |werk=LVZ.de |datum=2021-09-22 |abruf=2023-05-12}}</ref>

Gegen den rechtsextremen Böhm selbst wird derzeitwurde ebenfalls wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt.<ref name="Litschko" /> Im April 2024 wurde er zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.<ref>{{Internetquelle |autor=Konrad Litschko |url=https://taz.de/Rechtsextremer-Verlag-Der-Schelm/!6007905/ |titel=Die Wegbereiter des Hasses |werk=taz, die Tageszeitung |datum=2024-04-28 |abruf=2024-06-07}}</ref>(Zur Person siehe auch: ''[[Der Schelm]]'')

Am Abend wurde in [[Wurzen]] Cedric S. in einer schlecht einsehbaren Gasse kurz vor seinem Zuhause überfallen. Zwei Vermummte habentraten ihn getreten und auchschlugen ihn mit einem [[Teleskopschlagstock]].<ref name="lvz-prozessauftakt" /> geschlagen. Cedric S. istgilt einals stadtbekannter, bekennender [[Neonazismus|Neonazi]] und wurde im Jahr 2016 wegen seiner Beteiligung am [[Überfall auf Connewitz]] 2016 verurteilt.<ref>{{Internetquelle |autor=Felix Franke |url=https://www.lvz.de/mitteldeutschland/war-lina-e-bei-angriff-auf-wurzener-neonazi-dabei-VIAKVSNZ5BVDW2KTACSMQZB7J4.html |titel=War Lina E. bei Angriff auf Wurzener Neonazi dabei? |werk=LVZ.de |datum=2021-09-29 |abruf=2023-05-12}}</ref>

Der damals 31-jährige [[Kanalreinigung|Kanalarbeiter]] Tobias N. war mit drei Kollegen in der [[Bornaische Straße (Leipzig)|Bornaischen Straße]] in [[Connewitz|Leipzig-Connewitz]] im Einsatz, als ihn fünf Vermummte überfielen, darunter eine Frau. Er wurde am Kopf und Rücken geschlagen und trug lebensgefährliche Verletzungen davon. Im Prozess sagte er am 14. September 2021 aus, er leide weiterhin unter Schmerzen, Nervenschäden und einer Angststörung.<ref name="lvz-zusammenfassung" /> Die Täter habenüberfielen ihn offenbar spontan überfallen, weil er eine Mütze der bekannten rechten Modemarke „Greifvogel Wear“ trug, und sollen gerufen haben: „Das ist ein Nazi, der hat es verdient.“<ref>{{Internetquelle |autor=Josa Mania-Schlegel |url=https://www.lvz.de/lokales/leipzig-lk/prozess-gegen-lina-e-in-dresden-das-ist-ein-nazi-der-hat-es-verdient-AKZOKL3PWAWUAU4EBNRKZWXXUI.html |titel=Prozess gegen Lina E. in Dresden: „Das ist ein Nazi, der hat es verdient“ |werk=LVZ.de |datum=2021-09-14 |abruf=2023-05-12}}</ref>

An diesem Abend stürmte eine Gruppe von 10 bis 15 Vermummten kurz nach Mitternacht die rechtsextreme Szenekneipe „Bull’s Eye“ in [[Eisenach]]. InIm Laufe lediglich einer Minute zerschlugen sie Fensterscheiben und Gläser und griffen den Wirt Leon R. und fünf seiner Gäste an, unter anderem mit einem [[Baseballschläger]].<ref name="lvz-prozessauftakt" />

Leon R. (* 1997 oder 1998) gilt als „zentrale Figur der militanten Neonazi-Szene in Westthüringen“. Gegen R. selbst wird derzeitwurde ebenfalls ermittelt.<ref name="Litschko" /> Am 2.&nbsp;Mai 2023 klagte die Bundesanwaltschaft R. und drei weitere mutmaßliche Mitglieder der Gruppe [[Knockout 51]] u.&nbsp;a. wegen des[[Tatverdacht|hinreichenden VerdachtsTatverdachts]] der BildungMitgliedschaft in einer und Gründung einer kriminellen und [[Bildung terroristischer Vereinigungen|terroristischen Vereinigung]] ermitteltund mehrfacher gefährlicher Körperverletzung an.<ref>{{Internetquelle name|url="Litschko"https://www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/Pressemitteilung-vom-15-05-2023.html |titel=Anklage gegen vier mutmaßliche Mitglieder einer rechtsextremistischen kriminellen und terroristischen Vereinigung erhoben |kommentar=Pressemitteilung |hrsg=Der Generalbundesanwalt |datum=2023-05-15 |abruf=2024-03-29}}</ref> Während erR. bei der polizeilichen Aussage noch keine Frau erwähnte, sagte er im Prozess aus, eine Frau habe Reizgas versprüht und den übrigen Tätern das Kommando zum Rückzug erteilt.<ref name="mdr-leon-r" /> DieseDies soll laut Anklage Lina E. gewesen sein.

In der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember 2019 gegen 3 Uhr ließ sich der Betreiber des „Bull’s Eye“ Leon R. von Bekannten nach Hause fahren, wo er erneut überfallen wurde. NachdemAls er ein [[Cutter (Messer)|Cuttermesser]] und Pfefferspray zog, ließen die Angreifer von ihm ab und attackierten stattdessen den Pkw und die drei Insassen mit Metallstangen und einem Hammer.<ref name="taz-prozessauftakt" /> Dabei sollen die Täter gerufen haben: „Leon soll aufhören mit dem Scheiß, sonst bringen wir ihn das nächste Mal um.“ Am Ende soll die gleiche Frauenstimme wie beim Überfall über das „Bull’s Eye“, laut Anklage Lina E., wieder das Kommando zum Rückzug gegeben haben.

Im Anschluss konnte die Polizei zwei Pkw vom Tatort verfolgen&nbsp;– einer davon der silberfarbene [[VW Golf]] von Lina E., der auf ihre Mutter zugelassen war, an dem aber gestohlene Kennzeichen angebracht waren. Als die Polizei den Wagen im Stadtteil [[Ramsborn]] stoppen konnte, befanden sich darin Lina E. und Lennart A., ein Axtstiel mit Glassplittern und der DNADNS von Lennart A. sowie die Originalkennzeichen. Fünf andere Personen flüchteten mit einem schwarzen [[Škoda Octavia]], der einem weiteren Angeklagten gehörte, über die [[Bundesautobahn 4|A4]] Richtung Frankfurt am Main. undSie konntewurden in [[Wommen]] gestoppt werden, wo drei von ihnen festgenommen wurden. Die anderen beiden konnten fliehen. In einem dritten Auto waren Jonathan Philipp M. und Johannes D.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.welt.de/politik/deutschland/plus239541141/Linksextremismus-Ein-Kronzeuge-versetzt-die-Szene-in-Aufruhr.html |titel=Linksextremismus: Ein „Kronzeuge“ versetzt die Szene in Aufruhr -|werk= WELT |sprache=de |abruf=2023-05-16}}</ref> nach Eisenach unterwegs, die mit ihrem [[Smart Fortwo]] sowohl bei der Hinfahrt, als auch bei der Rückfahrt in einen Blitzer auf der A4 bei [[Jena]] fuhrengeblitzt wurden.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Denise Peikert]] |url=https://www.lvz.de/mitteldeutschland/sonst-bringen-wir-ihn-das-naechste-mal-um-was-geschah-in-eisenach-IAF6AEXV4LIYSI2WHE5A3T524A.html |titel=„Sonst bringen wir ihn das nächste Mal um“ – was geschah in Eisenach? |werk=LVZ.de |datum=2022-01-26 |abruf=2023-05-12}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.tlz.de/regionen/eisenach/ueberfallarticle227914223/Ueberfall-auf-mannMann-in-eisenachEisenach-polizeiPolizei-nimmt-in-thueringenThueringen-und-hessenHessen-vier-personenPersonen-fest-id227914223.html |titel=Mann in Eisenach brutal überfallen: Polizei nimmt vier Personen fest |werk=[[Thüringische Landeszeitung]] |datum=2019-12-14 |abruf=2023-05-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Josa Mania-Schlegel |url=https://www.lvz.de/mitteldeutschland/prozess-gegen-gruppe-um-lina-e-blitzerfotos-sollen-maenner-auf-dem-weg-zu-angriff-zeigen-4ZMUSWB77PVRAKWOQH44TCCCJ4.html |titel=Prozess gegen Gruppe um Lina&thinsp;E.: Blitzerfotos sollen Männer auf dem Weg zu Angriff zeigen |werk=LVZ.de |datum=2022-02-03 |abruf=2023-05-13}}</ref>

Am 13. Dezember, dem Tag vor diesem Überfall, soll Lina E. in einem Leipziger Baumarkt versucht haben, zwei Hämmer zu stehlen. Sie wurde von einem Sicherheitsmitarbeiter ertappt, versetzte ihm einen Stoß in den Bauch und floh, wurde aber später von der Polizei gestellt, unddie ihre Identität erfassterfasste. Danach fuhr sie nach Eisenach.<ref name="sächsische-prozessauftakt" />

Vor diesem Überfall hatte die Polizei keine konkreten Hinweise, welche Einzelpersonen an der Anschlagsserie beteiligt waren,.<ref name="sächsische-prozessauftakt" /> undInsbesondere Lina E. war zuvor nie strafrechtlich in Erscheinung getreten.<ref name="lvz-zusammenfassung" /> DanachErst danach begann sie, die Gruppe zu observieren, und stattete ein Auto von Jonathan Philipp M. mit einem [[Abhörgerät|Abhörmikrofon]] aus.<ref>{{Literatur |Autor=Konrad Litschko |Titel=Prozess gegen Linksradikale in Dresden: Applaus für Lina E. |Sammelwerk=Die Tageszeitung: taz |Datum=2021-09-08 |ISSN=0931-9085 | |Abruf=2023-05-16}}</ref>

Eine sechsköpfige Gruppe von Neonazis wurde nach dem Aussteigen am Bahnhof in Wurzen von 15 bis 20<ref name="sächsische-prozessauftakt" /> Vermummten mit Schlagstöcken und Bierflaschen angegriffen. Vier Opfer erlitten durch die Schläge und Tritte lebensgefährliche Verletzungen.<ref name="tagesspiegel-uhaftverlängerung" /> Die Gruppe der Angegriffenen führte eine [[Reichskriegsflagge]] mit sich und kehrtewar gerade von einem rechten Szeneaufmarsch aus Dresden zurückzurückgekehrt, den ein NPD-Funktionär zum [[Gedenken an den 13. Februar 1945 in Dresden]] organisiert hatte.

Aufnahmen der Videoüberwachung zeigten, dass die Zugpassagiere während der Fahrt von einer Frau und einem Mann ausgekundschaftet worden waren, die die Polizei später als Lina E. und Johann G. identifizierte. DieDiese zwei Personen gaben per Telefon Anweisungen für den Überfall, beteiligten sich aber nicht unmittelbar daran, sondern fuhren mit dem Zug weiter nach Leipzig.<ref>{{Internetquelle |autor=Josa Mania-Schlegel |url=https://www.lvz.de/mitteldeutschland/prozess-gegen-lina-e-spaetere-opfer-erst-im-zug-ausgespaeht-dann-angegriffen-5NQN5XCFYD5ITRWWQC36FAPQKU.html |titel=Prozess gegen Lina&thinsp;E.: Spätere Opfer erst im Zug ausgespäht, dann angegriffen? |werk=LVZ.de |datum=2021-11-11 |abruf=2023-05-12}}</ref>

Lina E. soll im Frühsommer 2020 den angehenden Juristen und rechten Kampfsportler Brian E. als nächstes Opfer ausgewählt und ihn ausgespäht haben. Vor einem Prüfungstermin am 8. Juni 2020 in [[Plagwitz (Leipzig)|Leipzig-Plagwitz]] warnte ihn die Polizei vor einem konkret zu erwartenden Anschlag und gab ihm Begleitschutz. Die Schutzmaßnahmen seien von der Gruppe um Lina E. bemerkt worden, woraufhin die Anschlagspläne verworfen worden seien.<ref name="sächsische-prozessauftakt" />

Brian E. (* 1992) war ebenfalls am Überfall auf Connewitz 2016 beteiligt. Deshalb wurde er Ende 2018 wegen [[Landfriedensbruch|Landfriedensbruchs]] zu einer [[Strafaussetzung zur Bewährung|Bewährungsstrafe]] von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Das Oberlandesgericht Dresden verwarf seine Revision, ermöglichte ihm aber, das [[Rechtsreferendariat]] fortzusetzen. Das wurde mit der [[Berufsfreiheit]] begründet, denn es bestehe keine Möglichkeit, „den juristischen Vorbereitungsdienst außerhalb der Justiz zu absolvieren“. Ein Sprecher des [[JustizministeriumSächsisches SachsenStaatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung|Sächsischen Justizministeriums]] stellte jedoch klar: „Die Übernahme in ein [[Dienstverhältnis|Beamten- oder Richterverhältnis]] in der sächsischen Justiz ist nach einer rechtskräftigen Verurteilung der genannten Art ausgeschlossen.“<ref>{{Internetquelle |autor=Mark Daniel |url=https://www.lvz.de/lokales/leipzig/darum-darf-der-verurteilte-jura-referendar-brian-e-volljurist-werden-JTKNSSSPPGXZCGXGZPOWKBPL6E.html |titel=Darum darf der verurteilte Jura-Referendar Brian E. Volljurist werden |werk=LVZ.de |datum=2020-05-19 |abruf=2023-05-15}}</ref>

Einen2018 Monatzog sie nach dem[[Connewitz]] mutmaßlichum<ref geplantenname="taz-prozessauftakt" Angriff/> aufund Brianbegann E.von wurdedort Linaaus E. am 10.im JuliWintersemester 20202019<ref name="welthna-verlobterradikal">{{Internetquelle |autor=Ibrahim Naber |url=https://www.welthna.de/politikkassel/deutschland/plus226313839/Radikalekassel-Linkeradikalisierung-Polizeifrau-suchtstudentin-Verlobtenlinksextremismus-vonlina-Linafestnahme-Eterrorismus-news-90124639.html |titel=DerLina Mann,E.: denWie sieradikal „Lücke“ist nennendie Studentin aus Kassel wirklich? |werk=[[Welt.deHessische/Niedersächsische Allgemeine]] |datum=2021-0203-1527 |abruf=2023-05-1514}}</ref> festgenommen,ihr aberMaster-Studium nachErziehungswissenschaften fünfan Tagender UntersuchungshaftUniversität wiederHalle-Wittenberg<!-- freigelassenviele Medien schreiben falsch/missverständlich, sie hätte in Leipzig studiert -->.<ref name="mdr-aussage" />

Jonathan Philipp M.<ref>{{Internetquelle |autor=Antonie Rietzschel |url=https://www.sueddeutsche.de/politik/linksextrem-rechtsextrem-prozess-1.5548976 |titel=Möglicher Ermittlungsfehler im Prozess um Lina E. |werk=Süddeutsche Zeitung |datum=2022-03-16 |sprache=de |abruf=2023-05-30}}</ref> (* 19941995 oder 19951996), genannt „Nero“,<ref name="welt-kronzeuge" /> ist Krankenpfleger und kommt aus dem Umfeld der [[Hausbesetzung|Hausbesetzerszene]] in der [[Rigaer Straße]] in Berlin.

Er sollte am ersten Überfall auf das „Bull’s Eye“ im Oktober 2019 und am Überfall in Wurzen im Februar 2020 beteiligt gewesen sein, konnte jedoch für ersteren Belege vorweisen, dass er zur Tatzeit in einer linken Szenekneipe in Berlin saßwar.<ref>{{Internetquelle |autor=Konrad Litschko |url=https://taz.de/Mitangeklagter-im-Fall-Lina-E/!5837047/ |titel=Mitangeklagter im Fall Lina E.: Bröckelnde Anklage |werk=[[Taz.de]] |datum=2022-03-16 |abruf=2023-05-14}}</ref> Er saß eineinhalb Jahre in Haft, weil er 2017 den Piloten eines Polizeihubschraubers mit einem [[Laserpointer]] geblendet hatte.<ref name="lvz-zusammenfassung" />

Mehrfach wurden im Prozess Tonmitschnitte aus Autos von Jonathan Philipp M. abgespielt, die die Polizei hatte sie unbemerkt [[Abhörgerät|verwanzt hatte]]:

Am 17. Juli 2020, wenige Tage nach der ersten Verhaftung von Lina E., unterhielt sich Jonathan Philipp M. mit Johannes D. in seinem [[Smart Fortwo]], mit dem sie im Dezember 2019 bei Jena geblitzt worden waren. Sie überlegten, ob die Polizei sie korrekt identifiziert hätte und sie bereits wegen der Überfälle verdächtigte.<ref name="welt-kronzeuge">{{Internetquelle |url=https://www.welt.de/politik/deutschland/plus239541141/Linksextremismus-Ein-Kronzeuge-versetzt-die-Szene-in-Aufruhr.html |titel=Linksextremismus: Ein „Kronzeuge“ versetzt die Szene in Aufruhr - WELT |sprache=de |abruf=2023-05-16}}</ref>

Jannis R. (* 1985 in [[Freiberg]]) wuchs in Leipzig auf und machte 2003 sein Abitur. Er studierte ohne Abschluss Physik und Kommunikationswissenschaften. Eine spätere Ausbildung zum Erzieher konnte er nicht beenden, weil erbei wegenihm desdie Besitzesgeringe einerMenge geringenvon Menge0,8 Gramm [[Marihuana]] zusichergestellt einerwurde Geldstrafeund verurteiltDrogenkonsum wurdeals Ausschlussgrund für die Arbeit als Erzieher gilt. Zuletzt arbeitete er bei einem Pflegedienst.<ref name="mdr-mitangeklagte" />

Lennart A. (* 1994 in [[Braunschweig]]), genannt „Mio“,<ref>{{Internetquelle |autor=Ibrahim Naber, Lennart Pfahler, Manuel Bewarder, Uwe Müller |url=https://www.welt.de/politik/plus231390455/Linksextremismus-Generalbundesanwalt-erhebt-Anklage-gegen-Lina-E.html |titel=„Dastehen mit der Waffe und Leute abballern“ |werk=[[Welt.de]] |datum=2021-05-28 |abruf=2023-05-22}}</ref>, machte 2014 sein Abitur und studierte ab 2015 Physik, später Mathematik an der [[Universität Leipzig]], weshalb er nach Leipzig-Connewitz zog.<ref name="mdr-mitangeklagte" />

Lennart A. soll sich „spätestens im Dezember 2019“ der Gruppe angeschlossen haben.<ref name="nzz-prozessauftakt" /> Bis zu diesem Prozess hatte Lennart A. keine Vorstrafen.<ref>{{Internetquelle |autor=Konrad Litschko |url=https://taz.de/Prozess-gegen-Linksextreme/!5923100/ |titel=Anklage will Härte für Lina E. |werk=[[Taz.de]] |datum=2023-04-05 |abruf=2023-06-05}}</ref>

Die Bundesanwaltschaft zählte kurz vor Ende des Prozesses im Mai 2023 insgesamt fünfzehn Personen zum „harten Kern“ der Gruppe.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.deutschlandfunk.de/verfahren-gegen-mutmasslich-linksextremes-netzwerk-um-lina-e-ausgeweitet-100.html |titel=Verfahren gegen mutmaßlich linksextremes Netzwerk um Lina E. ausgeweitet |abrufdatum=2023-05-2920 |datumabruf=2023-05-2029}}</ref>

Johann G. (* 1993<ref>Bundeskriminalamt: oder[https://www.bka.de/DE/IhreSicherheit/Fahndungen/Personen/BekanntePersonen/JG/Sachverhalt_JG.html 1994Fahndungsausschreiben G., Johann] vom 25. September 2023</ref> in Halle (Saale)), genannt „Lücke“,<ref name="welt-verlobter" /> und Lina E. sind miteinander [[Verlobung|verlobt]] und sollen gemeinsam die Gruppe angeführt haben. Er saß bereits wegen seiner Beteiligung an linksextremen Ausschreitungen im Januar 2015 über ein Jahr in Haft. Auf seine Finger hat er sich „Hate„HATE Cops“COPS“ (englisch für Hass„[Ich] aufhasse Polizisten“ oder den [[Imperativ (Modus)|Imperativ]] „Hasse PolizistenPolizisten“) und auf seinen Arm „129“ (der [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]]-Paragraf ''Bildung einer kriminellenkrimineller VereinigungVereinigungen'') tätowieren lassen.

Seit Sommer 2020 ist Johann G. untergetaucht, was die Richter bis zum Urteil als Indiz für Fluchtgefahr bei Lina E. ansehenansahen. Er soll sich auch an den Angriffen auf Besucher des Neonazi-Treffens „Tag der Ehre“ in [[Budapest]] um den 11. Februar 2023 beteiligt haben.<ref>{{Internetquelle |autor=Edgar Lopez |url=https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/ermittler-linksextremisten-budapest-verlobter-lina-e-100.html |titel=Flüchtiger Linksextremist wohl an Angriffen in Budapest beteiligt |werk=mdr.de |datum=2023-03-24 |abruf=2023-05-13}}</ref> Schon zuvor hatte das LKA Sachsen Johann G. als linksextremistischen [[Gefährder]] eingestuft.<ref>{{Internetquelle |autor=Alexander Moritz und Edgar Lopez |url=https://www.deutschlandfunk.de/linksextreme-gewalt-prozess-dresden-100.html |titel=Der Fall Lina E. Angeklagt wegen linksextremer Gewalt |werk=[[Deutschlandfunk]] |datum=2022-03-12 |abruf=2023-05-15}}</ref>

Im Juni 2022 wurde bekannt, dass Johannes D. seit dem Frühjahr 2022 bei der Polizei und dem [[Verfassungsschutzbehörde|Verfassungsschutz]] umfassend ausgesagt hatte. Dabei benannte er den Ermittlern drei ihnen zuvor unbekannte Täter und beschrieb die interne Struktur der Gruppe. Seine Aussage wiederholte er auch im Prozess gegen Lina E. an zwölf Verhandlungstagen<ref name="lvz-kronzeuge">{{Internetquelle |autor=[[Denise Peikert]] |url=https://www.lvz.de/lokales/leipzig/kronzeuge-im-fall-lina-e-wie-johannes-d-den-prozess-gegen-leipziger-linksextremisten-veraendert-hat-5XQZWA2HSVBP5KLRHUI7DDT35U.html |titel=Wie der Kronzeuge Johannes D. den Lina-E.-Prozess verändert |werk=LVZ.de |datum=2023-02-16 |abruf=2023-05-13}}</ref> im September 2022.

Weil Johannes D. so umfangreich mit den Ermittlungsbehörden kooperiert hatte und mit dem Verweis auf „verfahrensökonomische Gründe“, verzichtete die [[Thüringer Generalstaatsanwaltschaft#Staatsanwaltschaft Gera|Staatsanwaltschaft Gera]] auf den Vorwurf der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und klagte ihn in einem gesonderten Prozess vor dem [[Landgericht Meiningen]] wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung an. Dank der „[[Kronzeuge|Kronzeugenregelung]]“ wurde er nach nur einem Verhandlungstag am 27. Februar 2023 zu lediglich 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Die militante linke Szene gilt als gegenüber Ermittlungsbehörden extrem verschwiegen gegenüber Ermittlungsbehörden<ref>{{Internetquelle |autor=Hendrik Lasch |url=https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171584.antifaschismus-gruppe-lina-e-ein-hoellenritt-vor-gericht.html |titel=»Gruppe Lina E.«: Ein Höllenritt vor Gericht |werk=[[Nd-aktuell.de]] |datum=2023-03-10 |abruf=2023-05-25}}</ref> und es sei das erste Mal, dass jemand aus diesem Umfeld mit den Ermittlern der [[Sonderkommission|Soko]] LinX gesprochen habe, sagte deren Leiter im Prozess.

Wegen seiner Aussage und weil in der linken Szene seit Oktober 2021 der Vorwurf einer Vergewaltigung gegen ihn kursiert<ref name="lvz-kronzeuge" /> und er Todesdrohungen erhielt, begab sich Johannes D. ins [[Zeugenschutzprogramm]] des [[Landeskriminalamt Sachsen|LKA Sachsen]].<ref>{{Internetquelle |autor=[[Denise Peikert]] |url=https://www.lvz.de/mitteldeutschland/fall-lina-e-gericht-verurteilt-kronzeuge-johannes-d-QWIE525CWZCN5GRW3OJBOC3EXM.html |titel=Prozess im Fall Lina E. – Gericht verurteilt Kronzeugen Johannes D. |werk=LVZ.de |datum=2023-02-27 |abruf=2023-05-13}}</ref><ref name="lvz-zusammenfassung" />

== Prozessverlauf bis zum Urteil ==

ImAm 14. Mai 2021 erhob derdie [[Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof|GeneralbundesanwaltBundesanwaltschaft]] Klage[[Anklage]] vor dem [[Ordentliche Gerichtsbarkeit (Deutschland)#Staatsschutzsenat|Staatsschutzsenat]] des Oberlandesgerichts Dresden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/Pressemitteilung-vom-28-05-2021.html |titel=Anklage gegen vier mutmaßliche Mitglieder einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung erhoben |titelerg=Pressemitteilung |hrsg=Der Generalbundesanwalt |datum=2021-05-28 |abruf=2023-06-06}}</ref> Zu den Anklagepunkten zählenzählten:<ref name="süddeutsche-prozessauftakt" />

* [[Bildung krimineller Vereinigungen|Bildung einer kriminellen Vereinigung]]

* [[Gefährliche Körperverletzung (Deutschland)|Gefährlichegefährliche Körperverletzung]]

* [[Raub (Deutschland)#Räuberischer Diebstahl, § 252 StGB|räuberischer Diebstahl]]<ref name="sächsische-prozessauftakt" />

Im April 2021 erließ der [[Ermittlungsrichter]] des [[Bundesgerichtshof]]s gegen Lina E. einen neuen Haftbefehl. Ihre Verteidiger beantragten, sie nach sechs Monaten Untersuchungshaft freizulassen, weil ein „erheblicher Teil der Vorwürfe nicht haltbar“ sei,. aber derDer Bundesgerichtshof lehnte den Antrag im Juni 2021 ab.<ref name="tagesspiegel-uhaftverlängerung" />

Das [[Zentrum für Politische Schönheit]] forderte im März 2021 auf Twitter eine [[Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland|Bundesverdienstmedaille]] für Lina E. und ihre Freilassung.<ref>Matthias Lohr, Kathrin Meyer: [https://twitterwww.comhna.de/politicalbeautykassel/status/1375720025009577988 kassel-lina-e-linksextremismus-terror-antifaschistin-free-lina-twitter-haft-news-90405770.comhtml ''Fall Lina E.: Immer mehr Rätsel um die vermeintliche Linksextremistin aus Kassel''] www.hna.de, 16. April 2021</ref>

DieIm AbgeordnetenNovember des2022 Sächsischenbeantragte Landtagesdie [[KerstinCDU KöditzThüringen|CDU]]-Fraktion undim [[JulianeListe Nagel]]der (beideUntersuchungsausschüsse Diedes Linke)Thüringer kritisiertenLandtags|Thüringer imUntersuchungsausschuss]] September„Politisch 2021motivierte kurzGewaltkriminalität“ vorEinsicht Beginnin desdie Prozesses,Unterlagen diedes AnklageStrafverfahrens könnein keindiesem GründungsdatumProzess, Gründungsmitgliederum oderErkenntnisse über die Organisationsstruktur einer kriminellen Vereinigung angeben und dieserlinksextreme VorwurfSzene seiin deshalbThüringen nichtzu haltbargewinnen.<ref>{{Internetquelle |autor=[[dpa]]/th |url=https://www.sueddeutsche.de/panoramapolitik/prozesselandtag-dresdenerfurt-prozesscdu-um-linkefraktion-gewaltwill-politikerakten-mahnenzu-sachlichkeitmutmasslichen-anlinksextremisten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210907221124-99-122874646126 |titel=ProzessCDU-Fraktion um linke Gewalt:will PolitikerAkten mahnenzu Sachlichkeitmutmaßlichen anLinksextremisten |werk=sueddeutsche.de |datum=20212022-0911-0724 |abruf=2023-05-1619}}</ref>

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